Deutschland Bremen Kreisfreie Stadt Bremen

Bremen (I)


undatierte Aufnahme
von Original-Standort

Abbildung bei
Müller / Baumann
(1988)

Original im Museum
Foto: G. Marx (2007)

PLZ: 28203

GPS:

Standort: Im Bremer Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte (Focke-Museum), Schwachhauser Heerstraße 240 befindet sich das Original.
Am alten Standort in der Straße "Beim steinernen Kreuz" zwischen Nr.10 und 12 ist der original Sockel verblieben, darauf wurde eine Kopie gesetzt.

Größe / Material: 213:84:21 / Sandstein

Geschichte: Ursprünglicher Standort war in der Straße "Beim steinernen Kreuz" zwischen Nr.10 und 12. Der Sockel des Steinkreuzes befindet sich noch an dieser Stelle.
Das Steinkreuz ist aus einem Stück gefertigt. Die Breitseiten des Schaftes zeigen in Halbrelief den Kruzifixus mit Evangelistensymbolen an den Kreuzarmenden, am unten etwas verbreiterten Schaftteil einen barhäuptigen Mann mit langem Gewand in Adorantenhaltung, darunter Stechhelm mit Federkleinod über einem Wappenschild. Die auf gemauertem Fundament ruhende sechseckige Sockelplatte (Höhe: 28cm) trägt die in zwei Zeilen umlaufende gotische Minuskelinschrift:
In deme iare unses heren m cccc an deme xxx iare des dinxedaghes vor iohanis baptiste ward her johan vasmer borghermester hir ghedodet. biddet got vor de sele.
Hinweis: Das Originalkreuz befindet sich also im Museum und steht in einer Sockelnachbildung. Der Originalsockel befindet sich noch am alten Platz mit eingesetzter Kreuznachbildung. Bei Restaurierung gefundene Farbreste gaben Anlaß zu erneuter farbiger Gestaltung des für die bremische Stadtgeschichte bedeutsamen Denkmals. Es ist ein Sühnekreuz und mußte vom Rat der Stadt als Sühnebeweis und zur Aussöhnung mit der Familie Vasmer, neben anderen Wiedergutmachungen, erstellt werden. Bürgermeister Johan Vasmer wurde am 20.6.1430 wegen angeblichen Verrats nach recht fragwürdigem Prozeßverlauf auf der damaligen Richtstatt am Paulskloster (vor dem Ostertor) hingerichtet. Sechs Jahre später ist das Steinkreuz errichtet worden. (Müller / Baumann 1988)

Sühnekreuz für den hingerichteten Bürgermeister Johann Vasmer:
1426 erzwangen Bremens Bürger den Rücktritt des Rats, um dessen Zusammensetzung selbst zu bestimmen. Ein neuer Rat wurde gewählt und 1428 ein neues Ratswahlrecht verkündet, das die Beteiligung von Bürgervertretern vorsah. Wegen dieser Umwälzung war Bremen inzwischen aus der Hanse ausgestoßen worden. Außerdem wurde es in die Reichsacht erklärt. 1430 entwich Bürgermeister Johann Vasmer aus der Stadt, um sich den Gegnern des neuen Rarts anzuschließen, wurde jedoch ergriffen und vor dem Ostertor enthauptet.
Schließlich lenkte der neue Rat ein: Die Eintracht von 1433 ersetzte die Verfassung von 1428 und bedeutete im wesentlichen die Rückkehr zu den alten Verhältnissen. Bremen wurde wieder in die Hanse aufgenommen.
Erst 1436 erreicht sie die Lösung aus der Reichsacht nach erheblichen Sühneleistungen. Zu ihnen gehörte die Errichtung des Kreuzes an dem Platz wo Vasmer hatte sterben müssen.
Auf beiden Seiten sieht man den Gekreuzigten und die Symbole der Evangelisten, unten mit Wappen des betenden Johnann Vasmer.
Die niederdeutsche Umschrift der Sockelplatte fordert Vorübergehende auf, für dessen Seelenheil zu beten. (Focke Museum Bremen)

Sage:

Quellen und Literatur:
Müller / Baumann - Kreuzsteine und Steinkreuze in Niedersachsen, Bremen und Hamburg, 1988, Nr. 2919.1
Focke Museum Bremen
Ergänzungen von Gunter Marx, Löhne



Bremen (II)


Gesche Gottfried
Lithografie von
R. Suhrland
aus der Zeit
ihrer Gefangenschaft
(1829)

GPS: N 53° 4.546', O 8° 48.542'

Standort: Nahe der Nordseite des St. Petri-Domes auf dem Parkplatzgelände des Domhofs, in das Strassenpflaster eingelassen.

Größe / Material: 30:30:? / Basalt

Geschichte: Der quadratische, die vierfache Größe eines normalen Pflastersteines aufweisende Basaltblock zeigt, in sehr schmaler Rillung, ein schlichtes gleicharmiges Kreuz. Es markiert die Stelle, auf die das Haupt der Mörderin Gesche Margarete Gottfried geb. Timm bei der Hinrichtung am 21.4.1831 fiel. Der 46jährigen Bremerin hatte man mindestens 14 Giftmorde, begangen in einem längeren Zeitraum, nachgewiesen. Unter den Toten waren u.a. ihre Eltern, ihr Bruder, ein Verlobter, zwei Ehemänner und drei eigene Kinder gewesen. Diese letzte Exekution in Bremen fand im Beisein von ca. 30000 Zuschauern statt. Bald danach setzte man den Kreuzstein und einen zweiten, inzwischen verschwundenen Stein, zur Erinnerung an das makabre Ereignis. An dem Kreuzstein wird seither von manchen Bremer Bürgern beim Vorübergehen zum Zeichen des Abscheus die Spucksitte verübt. 1932 bewog dies einen Mann, wohl aus politischen Gründen, die Kreuzarmenden durch Winkelschläge in ein Hakenkreuz zu verwandeln. Die Bevölkerung sollte beim Anspeien des zwar uralten, vom aufkommenden Nationalsozialismus aber neu erwählten Symbols Verachtung zeigen. Bald danach wurde der Stein entfernt und kam ins Focke-Museum. 1935 brachte man ihn, auf Anregung des Rechtshistorikers Prof. Dr. Freiherr Eberhard von Künßberg, nach Abschleifen der alten Oberfläche mit neuem gleichschenkligem Kreuz versehen, an seinen früheren Platz zurück. (Müller / Baumann 1988)

Sage:

Quellen und Literatur:
Müller / Baumann - Kreuzsteine und Steinkreuze in Niedersachsen, Bremen und Hamburg, 1988, Nr. 2918.1
RadioBremen.de
Staatsarchiv Bremen
Bekanntmachung der Polizei-Direktion Bremen vom 18. März 1831
recherchiert und bebildert von Gunter Marx, Löhne



Bekanntmachung

Die am nächsten Donnerstag, den 21sten d.M. auf dem Domshofe, dem Stadthause gegenüber, zu vollziehende Hinrichtung, der bekannten Giftmischerin, Michael Christoph Gottfried Witwe, Gesche Margarethe, geborne Timm, und der zu erwartende große Andrang von Zuschauern, macht es der unterzeichnenden Behörde zur Pflicht, mit Genehmigung des Senats, nachstehende Ordnungs- und Sicherheits-Maßnahmen zur Nachachtung bekannt zu machen:

  1. Die Straßen, welche vom Gefangenenhause zum Richtplatze führen, so wie der Domshof und die angrenzenden Straßen und Plätze, von welchen aus die Hinrichtung gesehen werden kann, bleiben am Tage der Execution, bis nach Vollziehung derselben, für Karren, Wagen und Fuhrwerke aller Art, gleich wie für Reiter gänzlich gesperrt.

  2. Alle Inhaber und Bewohner der an diesen Straßen und Plätzen belegenen Gebäude werden, bei eigener Verantwortlichkeit, verwarnt, nicht zu dulden, dass auf den Dächern und an den Giebeln oder anderen Gefahr drohenden Stellen ihrer Gebäude Zuschauer Platz nehmen.

  3. Alles gewaltsame Eindringen in die Häuser oder Gebäude, welche am Executionsplatze oder in der Nähe desselben belegen sind, ist bei schwerer Strafe verboten, gleich wie auch das übermäßige Drängen, auf dem Executionsplatze selbst und dem Wege dahin, untersagt ist.

  4. Die von der bewaffneten Wache besetzten Punkte und namentlich der um das Schafott zu bildende Kreis sind genau zu beachten, und darf sich kein Zuschauer unterfangen in den Kreis einzudringen.

  5. Die Aeltern und Vorgesetzten werden ernstlich erinnert, ihre unerwachsenen Kinder von dem Executionsplatze entfernt zu halten und sie nicht unbesonnen der Gefahr auszusetzen, welche aus dem Zusammenschlusse einer großen Menschenmenge für die nothwendig entstehen muß. Auch werden Frauenzimmer und schwächliche Personen erinnert, sich nicht unter die Menge zu wagen.

  6. Die Zeit der Hinrichtung ist auf Morgens acht Uhr angesetzt, und ist zu dieser Zeit auf dem Wege vom Dtections-Gefängnisse durch die Oberthorsstraße bis zum Gradehause, die Mitte der Straße soweit frei zu lassen, dass der Wagen mit der Deliquentin ungehindert passieren kann.

  7. Niemand darf, bei ernster Ahndung, die Deliquentin auf dem Wege zum Richtplatze, oder auf dem Richtplatze selbst, auf irgend eine Weise instruieren, auch ist es bei schwerer Strafe verboten, dem Scharfrichter in der Ausrichtung der ihm übertragenen Execution zu hindern, oder falls solche, wieder Erwarten, missglücken sollte, sich an ihm oder seinem Gehilfen zu vergreifen.

   Uebrigens wird mit Zuversicht erwartet, dass diese ernste handlung der Gerechtigkeit nicht durch Ausbrüche einer zügellosen Roheit werde gestört, sondern mit der geziemenden Ruhe und Ordnung werde vollzogen werden.

Die Polizei-Derection

(Quelle: RadioBremen.de / Staatsarchiv Bremen)


Sühnekreuze & Mordsteine