Deutschland Baden-Württemberg Lkr. Calw

Schömberg


Abbildung bei
Losch (1981)

Abbildung bei
Azzola (1996)

PLZ: 75328

GPS: N 48° 47,282', O 8° 38,577'

Standort: An der ev. Kirche.

Größe / Material: 72:66:17 / Buntsandstein

Geschichte: Das Kreuz erhielt am 18.4.1991 an der Südseite der evangelischen Kirche seinen neuen Platz. Das Zeichen am linken Balken des Kreuzes ist die Schlicht- oder Breitaxt eines Wagners, die auch als Schlichtbeil bezeichnet wird. Das Zeichen auf dem rechten Kreuzbalken wurde lange Zeit als Hammer gedeutet. Es ist aber zweifeilos eine Zwerchaxt. Die Schlichtaxt im linken Kreuzbalken mit der Zwerchaxt auf der rechten Seite sind als eine Einheit zu betrachten. Die Zwerchaxt allein ließe auf einen Zimmermann schließen. Beide Zeichen zusammen kamen aber sicher für einen Wagner an das Kreuz, denn die links wiedergegebene Axtform war bei den Zimmerleuten nicht gebräuchlich.Das Kreuz könnte etwa zwischen 1450 und 1550 entstanden sein.(Hentschel 1992)

Das spätmittelalterliche, inschriftlose, bald nach 1500 errichtete Schömberger Steinkreuz erinnert aufgrund seines kurzstieligen, doch zugleich langschneidigen Doppelbartbeiles, kombiniert mit einer Zwerchaxt, als historisches Handwerkszeichen an einen plötzlich und unvorbereitet umgekommenen, also nicht mit dem Sterbesakrament versehenen Zimmermann (nicht Wagner!). Sicherlich stand es einst bei Schömberg im Nordschwarzwald an einer vielbegangenen Altstraße, damit die Vorübergehenden innehielten, um für die arme, eben nicht mit dem Sterbesakrament versehene Seele des Umgekommenen zu beten. Erst später, als sich der Brauch verlor, dürfte das Steinkreuz zum alten Schömberger Friedhof gebracht worden sein. An seinem neuen Standort bei der Schömberger Kirche kommt das spätmittelalterliche Denkmal eines Zimmermanns wieder voll zur Geltung. (Azzola 1996)

Die unterschiedliche Deutung (Wagner / Zimmermann) ergibt sich letztlich aus der Länge Schlichtaxtstieles (kurz = Zimmermann / lang = Wagner). Das dargestellte Stielende ist "offen", das wirkliche Ende nicht ersichtlich. Somit wird sich bis zur Auffindung einer Urkunde die auf den Beruf des Erschlagenen eingeht, nicht zweifelsfrei feststellen lassen, ob das Steinkreuz einem Zimmermann oder Wagner gesetzt wurde.

Im alten Teil des erweiterten Sanatorium-Parks der Schwarzwald-Kurklinik BVA, Hugo-Römpler-Straße 12, an die einstige Umfassungsmauer angelehnt. Bearbeitungsspuren. Kopfende leicht beschädigt. Längsbalkenansicht leicht betont, sonst gleichmäßig. Außenseite des rechten Armes leicht zum Kopf hin geneigt.
Zeichen: Dachdeckerhammer oder Pickel, Stiel nach rechts. Im linken Arm weitere Einrillung, nicht genau erkennbar. Datierung: ca. Ende 16./17. Jh. (Losch 1981)

Sage:

Quellen und Literatur:
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981
Azzola, Friedrich Karl / Güse, Ernst - Das spätmittelalterliche Steinkreuz in Schömberg, Kreis Calw: Das Denkmal eines Zimmermanns, 1996
Hentschel, Karl-Heinz - Das Schömberger Wagnerkreuz, 1992, in: Hierzuland, 7. Jahrgang (1992), Heft 14, S.6-10
aktuelle Aufnahme von Karl-Heinz Hentschel



Das Schömberger Wagnerkreuz
von Karl-Heinz Hentschel

Steinkreuze ohne Inschriften regten schon immer die Phantasie des Volkes an, führten mitunter zu eigentümlichen Geschichten, die sich zumeist um Mord und Sühne rankten. Sühnekreuze, als Sühne für einen Totschlag erstellt, lassen sich bis ins 13. Jahrhundert nachweisen. Das Material für diese Kreuze war nicht immer vorgeschrieben, aber nur Steinmale konnten die Jahrhunderte überdauern. Als Mahnmal waren sie Teil einer Kirchenbuße, neben den manchmal an die Hinterbliebenen und an das "Gotteshaus" zu entrichtenden Geldbeträgen. Außerdem mußten Seelenmessen für die Erschlagenen gelesen werden, denen dann noch mindestens drei vorgeschriebene Wallfahrten zu folgen hatten.
   Überwiegend deuten an Sühnekreuzen angebrachte Zeichen den Berufsstand des Getöteten an. Zuweilen werden aber die Darstellungen nach der Überlieferung als die eigentlichen Mordwerkzeuge gedeutet. In manchen Abbildungen sind nach der volkstümlichen Meinung überdies die Gegenstände zu sehen, die zum Streit und damit zum Tod führten. Da nur selten die zugehörigen Sühneverträge oder "Totschlagbriefe" in den Archiven überliefert wurden, bleibt uns die Geschichte dieser größtenteils mittelalterlichen Rechtsdenkmäler mehrheitlich verschlossen.

Das Wagnerkreuz neben der evangelischen Kirche in Schömberg.
(Foto: Hentschel)

Nachruf auf einen Wagner im Jahre 1424.
(Repro: Hentschel)

Ulrich von der Hul, der 109. Bruder der Mendelschen Stiftung, 1451.
(Repro: Hentschel)

   Dies gilt auch für ein altes Steinkreuz in Schömberg bei Neuenbürg im Enzkreis, das nach der Volksmeinung als Sühnekreuz für einen begangenen Mord errichtet wurde. Über die an ihm angebrachten Zeichen gab es bislang keine beweiskräftigen Aussagen. Das Kreuz stand "seit alter Zeit" neben dem Haupteingang des alten Friedhofes an der Kirchhofsmauer. Dr. Bernhard Losch hat es dort noch Ende der siebziger Jahre vorgefunden und erfaßt (B. Losch, Steinkreuze in Baden-Württemberg, S.202, Abb.346, S.44). Mit dem Neubau der BfA-Klinik wurde das Kreuz entfernt und lag mehrere Jahre im Bauhof der Gemeinde. Nach langen Vorbereitungen und Überlegungen erhielt es am 18.4.1991 an der Südseite der evangelischen Kirche seinen neuen Platz. Dank gebührt dafür besonders dem Heimat- und Geschichtsverein Schömberg.
   Das Zeichen am linken Balken des Kreuzes ist die Schlicht- oder Breitaxt eines Wagners, die auch als Schlichtbeil bezeichnet wird. Eine gleichartige Axt findet sich in einer Illustration der Nürnberger Zwölfbrüderstiftung. Die genannte Stiftung bot jeweils zwölf alten, armen, arbeitsunfähigen Männern Unterkunft und Verpflegung. Für die alten Herren ("Brüder") wurde nach deren Tod, gleichsam als Nachruf, eine Zeichnung mit der Darstellung ihrer früheren Berufstätigkeit angefertigt.
   In dem Hausbuch der Stiftung wird 1424 der 26. Bruder genannt. Der Text über der Darstellung eines Wagners lautet: "Der xxvj bruder der do starb der hyeß wagendreyn". Das Bild zeigt'einen Wagner, der mit der Schlichtaxt ein großes Wagenrad bearbeitet. Mit solchen Äxten wurde Krummes gerade, glatt oder eben gemacht. Es ist eine Axt, deren Schneide parallel zum Holm verläuft. Sie ist asymmetrisch, d.h. die dem Holze zugewandte Seite ist plan. Die Schärfe entsteht durch den Schliff auf der Gegenseite. Der damalige Zeichner hat diese Eigenart in dem Bild eindeutig wiedergegeben. Vergleichen wir die Einrillung am linken Kreuzbalken mit der Axt auf dem Bild, so werden letzte Zweifel ausgeräumt. Der Axt des Schömberger Kreuzes diente eine Axt als Vorlage, wie sie in der im Jahre 1424 entstandenen Berufsdarstellung zu sehen ist.
   Für das Jahr 1451 findet sich in der Chronik der Stiftung nochmals das Bild eines Wagners, der ebenfalls mit dem zweihändig geführten Schlichtbeil ein Wagenrad bearbeitet. Sein Beil hat fast noch alle Merkmale des früheren, ist aber etwas "gefälliger", leichter gestaltet. Noch sehen wir den selben Tüllenansatz, der an späteren Wagnerbeilen nicht mehr vorkommt. Ein Nachruf auf den am 23. Dezember 1572 gestorbenen Wagner Hans Freyholz zeigt schon eine geänderte Beilform. Dargestellt wird ein Mann, der einhändig ein Breitbeil mit einer runden Schneide handhabt. Abgesehen von der starken Rundung der Schneide und ihrer sehr breiten Ausführung, hat das Beil schon die uns heute geläufige Form. Im Fordergrund des Aquarells liegt eine Quer- oder Zwerchaxt auf der Erde.
   Eine Zwerchaxt ist eine hammerartige Axt mit zwei sehr kurzen Schneiden, die einen rechten Winkel bilden. Auf einer Seite ist ein Spaltbeil, die andere Seite gleicht einem ungewöhnlich schmalen Dechsel oder Dachsbeil. Die Zwerchaxt war früher vorzugsweise das Werkzeug der Zimmerleute. In Zedlers Universallexikon von 1732 wird darauf hingewiesen, daß jeder Zimmergeselle dieses Werkzeug selbst haben und mitführen müsse. Bis etwa gegen Ende des letzten Jahrhunderts wurden mit dieser Axt die Zapfenlöcher in die Pfosten und Schwellen geschlagen. Später schlugen die Zimmerleute die Löcher mit dem Stemmeisen und dem Klopfholz. Inzwischen hat der maschinelle "Kettenstemmer" die Funktion des Stemmeisens übernommen. Heute ist es schon ein Glücksfall, eine allenfalls zur Erinnerung aufbewahrte Zwerchaxt zu finden.
   Die Quer- oder Zwerchaxt gehörte früher aber auch zur Ausstattung des Wagners. Er schlug damit die Zapfenlöcher in die Felgenteile der großen Leiterwagen und vielleicht auch in deren Leiterholme. Sie war also keineswegs nur das Werkzeug der Zimmerleute. Das Zeichen auf dem rechten Kreuzbalken wurde lange Zeit als Hammer gedeutet. Es ist aber zweifeilos eine Zwerchaxt. Die Schlichtaxt im linken Kreuzbalken mit der Zwerchaxt auf der rechten Seite sind als eine Einheit zu betrachten. Die Zwerchaxt allein ließe auf einen Zimmermann schließen. Beide Zeichen zusammen kamen aber sicher für einen Wagner an das Kreuz, denn die links wiedergegebene Axtform war bei den Zimmerleuten nicht gebräuchlich.
   Für das Alter des Kreuzes lagen bisher keine Erkenntnisse vor. Die Darstellungen der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung aus den Jahren 1424 und 1451 geben erste Anhaltspunkte. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß diese Bilder in einer Stadt, nämlich Nürnberg, entstanden. Dort änderten sich die Formen der Werkzeuge vermutlich rascher, als dies in ländlichen Bereichen geschah. Das Kreuz neben der Kirche könnte somit etwa zwischen 1450 und 1550 entstanden sein. Sein guter Erhaltungszustand und der angenommene langsamere Formenwandel in den kleineren Landgemeinden sprechen für den Beginn des 16. Jahrhunderts. Später findet sich diese Art der Schlichtaxt, die nur dem Wagnerhandwerk zuzuschreiben ist, in keiner anderen Berufsdarstellung wieder.
   Es bleibt jedoch die Frage, ob es sich bei dem Schömberger Kreuz um ein Gedenkkreuz oder um ein Sühnekreuz handelt. Gedenkkreuze sind Male der Erinnerung an einen Toten, der durch einen Unglücksfall oder durch Gewalt sein Leben einbüßte. Die ersten Gedenkkreuze für Gewalttaten errichtete man vermutlich nur dann, wenn der oder die Täter unbekannt waren oder entkommen konnten und die Tat somit ungesühnt blieb. Sie scheinen erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts, ja, vielleicht erst im 17. Jahrhundert aufgekommen zu sein. Mit der "Peinlichen Gerichtsordnung" Kaiser Karls V. von 1532 setzte sich nach und nach eine neue Rechtsordnung durch, die den althergebrachten Sühneverträgen und damit auch dem Sühnekreuz im Weg stand. Bei den in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhundertserstellten Kreuzen ist eine Trennung zwischen Sühnekreuzen und Gedenkkreuzen nicht immer möglich. So kündet ein Steinkreuz mit der Jahreszahl 1595 im Landkreis Pforzheim, zwischen Tiefenbronn und Mühlhausen, von einem Totschlag an Jerg Pfefflin. Das an dem Stein angebrachte Weberschiffchen spricht für den Beruf des Erschlagenen. Ob es sich aber bei diesem Kreuz noch um ein Sühnekreuz handelt, muß offen bleiben.
   Die Mehrzahl der alten Steinkreuze ist offenbar als Sühne für einen begangenen Totschlag vom Täter errichtet worden. ln der Regel wurde zwischen dem Täter und der Sippe des Getöteten ein Vertrag abgeschlossen. In diesen Verträgen ging es vorrangig um das Seelenheil des Verstorbenen, aber eine Reihe von Bedingungen sollten den Täter auch zutiefst demütigen. Für manchen Täter war es gewiß nur mit Hilfe seiner Angehörigen möglich, die finanziellen Verbindlichkeiten solcher Verträge zu erfüllen. Mehrheitlich werden solche Verträge als "Totschlagbriefe" bezeichnet. In den ehemaligen vorderösterreichischen Gebieten Badens waren es "Urfehdebriefe". Die Uhrfehde war ein eidlich gelobter Verzicht auf Rache für erlittene Feindschaft. Wer diese Zusage nicht einhielt, galt als Meineidiger.
Auf zwei im Badischen Generallandesarchiv vorliegende "Urfehdebriefe" sei hier eingegangen.

Zwei Urfehdebriefe

   Am 21. Februar 1481 wurden die Sühnebedingungen für einen von Hans Fricker in Tenningen begangenen Totschlag ausgehandelt. Zugegen waren alle vier Brüder des Beschuldigten sowie vier Brüder des Erschlagenen. Die Brüder Frickers nannten dabei die wohl schon zuvor festgelegten Bedingungen. Zunächst sollte Hans Fricker zwei Wallfahrtsorte in der Nähe in einem Gang barfuß und mit einem Pfund Wachs aufsuchen. Weiteren, kleineren Wallfahrten hatte dann ein Bußgang nach Einsiedeln in der Schweiz zu folgen.
   In der Zeit zwischen dem Vertragsabschluß und dem folgenden Pfingstfest sollte Fricker dreißig Messen lesen lassen und dafür dreißig halbpfündige Kerzen bereitstellen. Schließlich hatte er noch ein Steinkreuz in Auftrag zu geben. Der Originaltext dazu lautet: "Item laße er machen und setzen ein Stain Krütz nach brach sytt und gewonhait deß Landes".

Jürgen Schroth, der Juniorchef einer Schömberger Zimmerei mit einer selten gewordenen Zwerchaxt.
(Foto: Hentschel)

   Um "sträfliche Pein" zu verhüten, mußte Hans Fricker dem Markgrafen, den Amtleuten und dem Gotteshaus 15 Pfund Pfenninge Freiburger Währung zu St. Martin zahlen. Danach aber jährlich fünf Pfund Pfennig auf jeden St. Martinstag.
   Über einen Totschlag, den Hans Schmidt in Todtnauberg an Hans Brender, Sohn des Altvogts Lorenz Brender, begangen hatte, kam es am 15. Oktober 1504 in Todtnau zu einer Verhandlung. In dem Sühnebrief werden zunächst sechs Schiedsleute namentlich genannt. Zusammen mit dem Täter Hans Schmidt sind drei weitere Personen aufgeführt. Vermutlich begleiteten sie ihn als Freunde oder Verwandte. Es wird dann noch darauf hingewiesen, daß viele fromme, ehrbare und biedere Leute, Freunde, Gesellen und gute Gönner auf beiden Seiten ihre Meinung zu diesem Brief kund taten.
   In der Einleitung zu den einzelnen Bedingungen erfahren wir wiederum, daß fromme, ehrbare Leute "zu einem freundlichen gütlichen Tag" gekommen seien. Ferner wird vermerkt, daß sich die obengenannten Schiedsleute der Sache mit Fleiß und Gütlichkeit nach bestem Verständnis angenommen haben.
   Dann folgen im Brief die Sühneauflagen für den Täter Hans Schmidt. So mußte er auf seine Kosten für die arme Seele des Erschlagenen durch vier Priester eine gesungene Seelenmesse lesen lassen, der sich drei weitere Seelenmessen anzuschließen hatten. Zu den vier genannten Messen gehörten vier Baumkerzen von je einem Pfund. Damit aber 30 Messen erreicht und gehalten werden, "der armen Seel zu Trost und Hilfe", waren nochmals 26 Messen fällig. Als nächstes forderte der Vertrag eine Wallfahrt zu den Lieben Frauen in Todtmos mit einem Pfund Wachs. Dem schloß sich eine Wallfahrt zu den Lieben Frauen in Einsiedeln an, wozu ebenfalls ein Pfund Wachs gehörte. Für den Besuch der beiden Orte "In zweyen mondten" war eine Bestätigung vorzulegen.
   Wie in den meisten Sühneverträgen jener Zeit durfte auch das Steinkreuz nicht fehlen. Der dazugehörige Text lautet: "So soll er loß noch ein steine creuz sechs Schuh lang und drey Schuh breit". Weiter heißt es: "So soll er mit seinem eigenen leib ein fart (machen) zu des lieben Heiligen Kloster Sanct Peter und Paulj zu Rom in eines Jars frist." Wenn aber Hans Schmidt innerhalb eines Jahres "abgieng" (sterben sollte), so sind dies seine Erben schuldig. Auch für die Wallfahrt nach Rom war eine beglaubigte Bescheinigung vorzulegen. Zuletzt bekam Hans Schmidt den Auftrag, die Kosten für den Scherer zu übernehmen und den Schreiber des Sühnebriefes zu bezahlen. Der Scherer (Barbier) versah in jener Zeit auf dem Land noch das Amt des Chirurgen. Vermutlich wurde nach der Tat noch seine Hilfe in Anspruch genommen.
   Hans Schmidt hatte für die dreißig Messen einen Monat Frist, "daß er mag wandeln zu Todnau und ihm niemand schadt soll sein, weder seinem lib noch seinem guet." Im Anschluß hatte er unverzüglich dem Vater des Erschlagenen über sein bisheriges Tun zu berichten.

Schömberger Kreuz als Sühnezeichen

   Die Geschichte des Schömberger Kreuzes kennen wir nicht, aber dennoch läßt sich zusammenfassend feststellen: Die Stilmerkmale der am linken Balken eingerillten Schlichtaxt weisen in die Zeit um 1500. Es kann überdies als sicher gelten, daß das Kreuz zu dieser Zeit als Sühnezeichen für den Totschlag an einem Wagner errichtet wurde.
   Dann hat es aber auch einmal den zugehörigen Totschlagbrief gegeben. Ferner ist davon auszugehen, daß der frühere Platz des Kreuzes neben der alten Friedhofsmauer nicht der ursprüngliche Standort gewesen ist.
   Es war schon immer üblich, aus der Flur entfernte Kreuze an Kirchhofsmauern oder bei nahegelegenen Kapellen wieder aufzustellen und damit zu sichern. Wenngleich das Schömberger Kreuz nach der volkstümlichen Überlieferurg "seit uralter Zeit" an der Mauer des alten Friedhofs stand, so ist dies keinesfalls gewiß. Jetzt nachdem für das ungefähre Alter des Kreuzes Belege vorliegen, sind gezielte Nachforschungen denkbar. Zu beachten ist dabei die Tatsache, daß die Gemeinde Schömberg von 1399 bis 1603 zum Amt Liebenzell und damit zu Baden gehörte. Baden trat im Jahre 1603 in einem Kauf- und Tauschvertrag die Ämteder Liebenzell und Altensteig an Württemberg ab.
   In den Archiven von Schömberg und Bad Liebenzell reichen die vorhandenen Urkunden nur bis in das 18. Jahrhundert. Bei den großen Bränden, die beide Orte mehrmals heimsuchten, ist anzunehmen, daß viele alte Urkunden vernichtet wurden. Das Generallandesarchiv Karlsruhe besitzt keine Urkunden, die sich mit dem Schömberger Kreuz in irgend einer Form verbinden lassen. Die letzte Möglichkeit, das Geheimnis vielleicht noch zu ergründen, wäre eine Suche im Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Wahrscheinlich wird uns aber die Geschichte des Schömberger Wagnerkreuzes für immer verborgen bleiben.

Quellen:
Losch, B. (1981): Steinkreuze in Baden-Württemberg - Stuttgart.
Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüder-Stiftung, 1388-1799.
Beschriftete, kolorierte und gemalte Bildnisse der Brüder und Pfleger - Nürnberg.
Zedler, J.H. (Hrsg.) (1732-1750): Großes Vollständiges Universallexikon. - Leipzig.
Generallandesarchiv Karlsruhe: Abteilung 21/7246, Abt. 21/7382

(Hierzuland, 7. Jahrgang (1992), Heft 14, S.6-10)


Sühnekreuze & Mordsteine