Deutschland
Baden-Württemberg
Lkr. Böblingen
Weissach
PLZ:
71287
GPS:
N 48° 50,831', O 8° 55,523'
Standort:
Porschestraße 4, auf dem Gehweg an einer Hauswand.
Größe / Material:
34:43:12 / Sandstein
Geschichte:
Auf dem Längsbalken querlaufende, auf dem
Querbalken senkrecht verlaufende Bearbeitungsrillen. Ecken leicht abgestoßen; Ecke links am Kopf abgebrochen. Schaft in den
Gehweg eingelassen. Form: Klein, regelmäßig. Zeichen: Abtstab.
Inschrift: Initialen M und B mit gemeinsamem Schluß- bzw. Aufstrich = Monogramm des Klosters Maulbronn.
Der untere Teil des Abtstabs führt durch das M. Große Jahreszahl (1212) im Querbalken; Zifferngruppen durch Abtstab und Initialen
getrennt. Datierung: Das Kreuz wurde "nach dem Brande von 1791 an die Stelle eines älteren, damals abgegangenen Denksteins
gesetzt" (Seebold). Dieser sollte als Sühnekreuz an den geächteten Maulbronner "Gegenabt" Johannes von Neipperg erinnern, der
laut Eintrag im Kirchenbuch Weissach von 1599 im Jahr 1212 in Weissach von seinen Untertanen erschlagen worden war. (Losch 1981 / Seebold 1955)
Sage:
An dieser Stelle soll im Jahr 1212 der für vogelfrei
erklärte Maulbronner Gegenabt Johann von Neipperg von Weissacher Bürgern erschlagen worden sein. Diese Begebenheit wird
auch im Weissacher Kirchenbuch von 1599 erwähnt. Das Maulbronner Pflegeamt in Wiernsheim zahlte der Gemeinde Weissach
seit unerdenklichen Zeiten jährlich einen Gulden, als "Abtsgulden" geführt, "wegen eines 1212 getöteten, geächteten Abts", bis der
Gemeinderat im Jahr 1819 gegen die Bezahlung des 20fachen Betrags auf dieses Recht verzichtete (Seebold). Seebold zitiert aus
"100 Jahre der Enzbote 1930": "[...] die Gemeinde wurde damals zur Erhaltung des Sühnekreuzes verpflichtet. Hierfür zahlte das
Kloster Maulbronn an die Gemeinde jährlich einen Gulden (den sogenannten Abtsgulden), es dürfte daraus hervorgehen, daß die
Mörder entweder Maulbronner Mönche waren oder wenigstens vom Kloster angestiftet worden sind."
Seebold berichtet weiterhin von zwei unterschiedlichen Versionen der Sage zum Mord an dem Maulbronner Abt:
1. Nach der Sage soll der Gegenabt Johann von Neipperg anläßlich seiner Anwesenheit in Weissach von seinen Untertanen
hart angegriffen worden sein, so daß er die Flucht ergreifen mußte. Er versuchte, nach dem Freihof Flachter Straße 12 (dort
Asylrecht) zu entkommen, auf dem Weg dorthin wurde er aber von seinen Verfolgern eingeholt und in den Keller eines Hauses in
der Mönsheimer Straße 57 [heute Porschestraße, Anm. d. Verf.] geschleppt und dort angeblich von dem Schultheißen mit einer
Hacke erschlagen.
2. Die Gemeinde habe in einer großen Notlage Teil von Waldungen in Bonlanden und Maisental an das Kloster Maulbronn
verpfändet mit der Klausel, daß bei Rückzahlung der geliehenden Summe das Geld persönlich dem Abte zu übergeben sei. Termin
hierzu war ein bestimmter Tag um 12 Uhr Mittags.
Der Schultheiß und Magistrat von Weissach trafen rechtzeitig im Kloster Maulbronn ein, wobei ihnen erklärt wurde, der Abt wäre
im Augenblick nicht da, komme aber bald wieder, sie mögen sich so lange gedulden.
Als der Abt dann erschien, erklärte er ihnen sofort, der Termin sein nicht eingehalten worden, er hätte das Geld um 12 Uhr nicht
erhalten, somit seinen die Waldungen dem Kloster verfallen. Aus Rache hätten dann die Weissacher den Abt bei einem Besuch in
Weissach umgebracht.
Quellen und Literatur:
• Seebold, Eduard - Der Schlaue Abt von Maulbronn und dessen tragisches Ende, in: Chronik der Gemeinde Weissach im Kreis Leonberg, 1955, S.94f
• Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981
• recherchiert und bebildert von Jiří Hönes, Stuttgart
Der Schlaue Abt von Maulbronn und dessen tragisches Ende
von Wilhelm Schlag
Einst waren schwere Zeiten
in unserm Vaterland,
als Mönch und Adel
noch in der Blüte stand.
Da ward in seinen Rechten
das Landvolk schwer beengt,
von Klöstern ausgesogen,
vom Adel hart bedrängt.
Die Klöster reich erblühten
im Lande rings umher,
die Bäuerlein sich mühten
in Frohnen hart und schwer.
Und manche Dorfgemeinde
schien zu erliegen fast
der überschweren Bürde
von Zins und Steuerlast.
Auch die Gemeinde Weissach
in Zahlungsnöte kam,
zu Maulbronns Klosterpforten
sie ihre Zuflucht nahm.
Fünfhundert Silbergulden
als Anleih ward begehrt
und war von Klosters Hulen
mit hohem Zins gewährt.
Bis zum Michaelistage
des Jahrs zwölfhundertzehn
bis Schluß der zwölften Stunde
sollt der Credit bestehn.
Ein Waldteil war verpfändet,
daß wenn zu dieser Frist
die Zahlung nicht vollendet
und nicht erledigt ist:
Sodann der Wald Bonlanden
dem Klostergut verfällt,
dies war in Dokumenten
urkundlich festgelegt.
Der armen Dorfgemeinde
gelangs mit viel Müh
die Summe aufzubringen
zum fälligen Termin.
Just grad am letzen Tage
da wandern in der Fruh
der Schultheiß mit dem Büttel
dem Kloster Maulbronn zu.
Dort zeitig angekommen
ward ihnen der Bescheid:
Hochwürden ist verhindert,
zur Messe ging er heut.
Mögt ihr zunächst euch stärken
nach langer Wegesfahrt,
noch beut die Klosterküche
Erquickung mancher Art.
Dies war den beiden Männern
gewiß nicht unerwünscht,
den längst erschöpften Magen
zu stärken nach Verdienst.
Mit Butter, Wildbret, Schinken
ward reichlich aufgetischt,
Elfinger Wein zum Trinken,
der Herz und Geist erfrischt.
Wie das den beiden schmeckte,
sie griffen wacker an,
wobei der süff'ge Elfer
wirksamen Zuspruch fand.
Sie ließen gern sich dienen,
sie wurden nicht gewahr
die schadenfrohen Mienen
der schlauen Mönchesschar.
Die Zeit naht sich allmählich
dem folgenschweren Schluß,
die beiden waren selig
im Wein und Überfluß.
Da tönen helle Schläge
vom Turme nebenan,
es zeigte die Klosterglocke
die zwölfte Stunde an.
Das Ziel war nun verfallen,
verstrichen war die Frist,
jedoch die beiden dachten
nicht ihrer Zahlungspflicht.
Da kam hereingeschritten
der Abt, des Klosters Herr:
Willkommen ihr lieben Leute!
Was führt euch denn hierher?
Hochwürden wolln geruhen,
Empfehln uns Eurer Huld!
Wir kommen abzuzahlen
die heut vertagte Schuld.
Da zog ein boshaft Lächeln
durchs feiste Mönchsgesicht,
in salbungsvollem Tone
er zu den beiden spricht:
Ach nein Ihr lieben Leute,
so war der Handel nicht,
zu spät habt ihr erinnert
Euch Eurer Zahlungspflicht.
Ich will Euch nunmehr zeigen
die Urkund klar und echt,
der Wald ist klostereigen
jetzt, nach Gesetz und Recht.
Ihr habt die richtge Stunde
verpaßt in leckrem Schmaus,
so geht in Gottes Namen
denn wiederum nach Haus.
Und sollt Euch einstmals wieder
bedrücken Zins und Schuld,
mögt Ihr Euch keck bedienen
der klösterlichen Huld.
Die beiden andern stehen
verblüfft in Angst und Schmerz,
kein Bitten und kein Flehen
erweicht des Pfaffen Herz.
Verzweifelnd traten beide
den langen Heimweg an,
ich würd sie nicht beneiden,
das war ein schwerer Gang.
Durch allzugroß Vertrauen
kam Weissachs schönster Wald
durch Möncheslist und Ränke
in klösterlich Gewalt.
Es wird ja wohl dem Menschen
so übel nicht vermerkt
wenn er, Erfrischung heischend
nach langem Weg sich stärkt.
Allein in solchen Fällen
denk erstlich deiner Pflicht,
an deine eignen Nöte,
wenn sie erledigt ist.
Ob sie's wohl besser machten
die heutigen Geschlechts?
denn traun, nicht zu verachten
ist Elfinger Gewächs.
Zwei Jahre war'n vergangen
seit jenem Waldbetrug,
als auch dem schlauen Abte
die Schicksalsstunde schlug.
Da war das Kloster Maulbronn
bekriegt mit fester Hand,
das schlaue Äbtlein aber
geriet in Acht und Bann.
Als Bauersmann verkleidet
durchirrt er nun das Land,
so kam er einst nach Weissach
und wurde dort erkannt.
Der Abt! Der Abt ist hiesig!
erscholls von Mund zu Mund,
ergreift ihn, den Betrüger!
Auf! Schlagt ihn tot, den Hund!
Noch hofft er zu erreichen
im Dorf ein schützend Haus,
doch unter schweren Streichen
haucht er sein Leben aus.
Ein steinern Kreuz bezeichnet
den Ort am Straßenrand,
wo einst der schlaue Priester
ein schmählich Ende fand.
(Seebold, Eduard - Chronik der Gemeinde Weissach im Kreis Leonberg. Leonberg 1955)