Deutschland Hessen Lkr. Bergstraße

Gorxheim (I / II) / OT von Gorxheimertal
Zur Einzelansicht die Steinkreuze anklicken.

Gorxheim I Landsturm-Denkmal Gorxheim II

Foto: Sanitätsrat
Dr. J. Maurer, Darmstadt
VÖ in: Rebensburg, H.
Das Deutsche Dorf
Süddeutschland,
München 1913

Ehrenmal des
Odenwälder Landstrums
Foto: Heinrich Winter
(ca. 1966)

Inschrift am Denkmal

PLZ: 69517

GPS: N 49° 32,514', O 8° 42,370'

Standort: Am Ortseingang an der Einmündung des "Buchklinger Weges", im Bereich der Gemarkungsgrenze zu Weinheim.

Geschichte: Der Denkstein erinnert an das Gefecht, das hier der Odenwälder Landsturm am 20. April 1792 französischen Soldaten lieferte. 16 Bauern sind damals getötet worden.
In den 1960er Jahren wurde die Anlage bei einer ersten Straßenverbreiterung zurück versetzt. Dabei ergab sich, dass das rechte Kreuz auf einem kreuzförmigen Sockel saß, der im Boden versenkt war. Der Denkstein trägt die gleiche Inschrift wie dieser Sockel:
Zum Andenken
deren, die dahier im
Jahr 1799,
den 20ten Aprill
im Streit für das
Vaterland gebliebenen
tapfere Odenwäl-
der gewidmet.
1862 war offenbar nur das Kreuz als Denkmal bekannt, denn in Hermann Flachslands Gedicht "Bauerntreue" heißt es:
Bei Gorxheim, in dem Thale,
dicht am Wege, liegt ein Kreuz,
das von dem Tod der Helden spricht,
seit manchem Jahr bereits.

Sage: Vor langer Zeit war bei uns und überall eine große Hungersnot. Es gab kein Fleisch und keine Kartoffeln, nichts. Da gelang es einem von zwei Brüdern, eine Maus zu fangen, um ein wenig Fleisch zu haben. Über die Teilung konnten sie sich aber nicht einigen. Im Zorn erschlug der Ältere den Jüngeren. Zur Sühne für diese Bluttat mußte er das Kreuz setzen. Als er starb, wurde das zweite Kreuz gesetzt, und das alles wegen einer Maus.
Diese Sage ist eine Steinkreuzwandersage, die in Variationen von vielen Kreuzen erzählt wird.

Quellen und Literatur:
Bormuth, Heinz - Die alten Steinkreuze im Landkreis Bergstraße, 1975, S.51-53
Mößinger, Friedrich - Steinkreuze zwischen Rhein, Main und Neckar, 1936, S.59
Riebeling, Heinrich - Steinkreuze und Kreuzsteine in Hessen, 1977, S.194, Ziff.6418.3 / 6418.4
Winter, Heinrich - Heimatliches Erbe, Bd. 1 - Am Wegrand. Heppenheim, ca.1966, S.138-140
Winter, Heinrich - Vom Odenwälder Landsturm, in Heimatliches Erbe, Bd. 1 - Am Wegrand. Heppenheim
, ca.1966, S.138-140
Recherche, Wegbeschreibung, aktuelle Infos und Aufnahme von Leopold Hessek, Mosbach
zusammengestellt und bearbeitet von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach



Gorxheim (I) / OT von Gorxheimertal
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Abbildung bei
Bormuth (1975)

Rückseite

Größe / Material: nach Bormuth: 53:53:17 / Sandstein

Geschichte: Es handelt sich wahrscheinlich um ein mittelalterliches Steinkreuz. Bei der Neuaufstellung des Denkmals in den 1970er Jahren war es vergraben worden.

Sage:



Gorxheim (II) / OT von Gorxheimertal
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Abbildung bei
Bormuth (1975)

Inschrift am
neuen Kreuz

Größe / Material: Kunststein

Geschichte: Bei diesem Kreuz handelt es sich anscheinend um das ursprüngliche Denkmal des Odenwälder Landsturms. Auf der Rückseite trug es vermutlich die Namen der Gefallenen.
Bei der Aufstellung der jetzigen Gedenkplatte wurde der kreuzförmige Inschriftteil im Boden versenkt, so dass nur der Kreuzaufsatz sichtbar war, dem ein Arm fehlte. Dieser wurde um 1950 ergänzt.
In den 1970er Jahren soll das Kreuz dann zerschlagen worden sein.
Bei der Neuanfertigung wurde der frühere Text in moderner Schriftform angebracht.

Sage:



Vom Odenwälder Landsturm
Heinrich Winter

Am Ortseingang von Gorxheim, wo die alte Straße nach Buchklingen abzweigt, steht ein schlichtes Denkmal: ein größeres Steinkreuz in der Form des eisernen Kreuzes, zu seinen Füßen zwei kleine Steinkreuze, umgeben von einem niedrigen Eisengitter in klassizistischen Formen. Die noch recht gut leserliche Inschrift verrät, daß dieses Denkmal für die am 20. April 1799 für das Vaterland gefallenen Odenwälder Landstürmer errichtet ist.

Zwar hat der verstorbene Birkenauer Heimatforscher Rektor Pfeifer in "Die Starkenburg" im zweiten Jahrgang ihres Erscheinens (1925) ausführlich über die kriegerischen Geschehnisse berichtet, die zur Errichtung des Denkmals geführt haben. Seine Darstellung aber ist den wenigsten Lesern zugänglich und nach bald vierzig Jahren kaum noch in lebendiger Erinnerung. Das Denkmal lockt wegen seiner eigenartigen Gestaltung, besonders wegen der Form seiner Umgitterung, die meisten Wanderer zum kurzen Verweilen. Doch die wenigsten, die seine Inschrift entziffern, vermögen das darin angedeutete Geschehen mit den gleichzeitigen Ereignissen der großen Geschichte zu verbinden. Koalitionskriege sind allgemein Kriege mehrerer Verbündeter gegen einen gemeinsamen Gegner, insbesondere versteht man darunter den Krieg der europäischen Mächte einschließlich Englands gegen die französische Revolution und Napoleon l. So wurde der erste Koalitionskrieg 1792-1797 als Kampf um Prinzipien: "Krieg den Palästen, Friede den Hütten" von der neugebildeten französischen Republik gegen die älteren Monarchien geführt. Er endete zugunsten Frankreichs nach Ausscheiden Preußens (1795) durch das siegreiche Vordringen Bonapartes in Italien mit dem Verzicht Österreichs auf Belgien und Mailand im Frieden von Campo Formio 1797. Der zweite Koalitionskrieg 1799 bis 1801 war ein Werk des englischen Ministerpräsidenten Pitt, der den Aufenthalt Napoleons in Ägypten ausnutzen wollte. Nach anfänglichen Erfolgen der Koalitionsarmeen wandte sich das Kriegsglück mit der überraschenden Rückkehr Napoleons aus Ägypten und der staatlichen Umformung Frankreichs zur Militärdiktatur zugunsten Frankreichs. Im Frieden von Luneville 1801 mußte infolgedessen das linke Rheinufer an Frankreich abgetreten werden. Der dritte Koalitionskrieg 1805 stellte den vergeblichen Versuch Rußlands, Österreichs, Schwedens und Englands zur Wiederherstellung des europäischen Gleichgewichts dar. (Auszug aus Lux: Historisches Lexikon, 1953.) - Das Denkmal des Odenwälder Landsturms erinnert an den zweiten dieser Koalitionskriege und hierbei an ein Gefecht, das am 20. April 1799 im Gorxheimer und Birkenauer Tal stattfand.

Am 1. März 1799 - noch war Napoleon mit seiner Armee in Ägypten - überschritten die Franzosen den Rhein. Am 2. März nahmen sie Mannheim ein. Kurz darauf zeigten sich die ersten französischen Dragoner an der Bergstraße. Die französische Infanterie folgte dichtauf. Der französische Kommandant versuchte durch einen Aufruf, die Odenwälder Bevölkerung nicht nur neutral zu halten, sondern auch für die Ideen der französischen Revolution zu gewinnen. Doch waren die Segnungen der Revolution nicht überzeugend. Es waren nämlich die Franzosen zum Teil ohne Schuhe gekommen, die kontributionsweise erst eingetrieben werden mußten. Anfangs ließen sich die französischen Patrouillen von den Odenwälder Bauern nur gut bewirten. Bald verlangten sie hohe Kontributionen. Da begannen (nach einem zeitgenössischen Bericht) die "sonst so kaltblütigen, druckenen Odenwälder Bauern sich zur Wehr zu setzen und für die Sache ihres Eigentums, für Religion, Sitten und Gesetze zu streiten". Die weiter zurückgelegenen mainzischen, pfälzischen und erbachischen Dörfer waren der Herd der eigentlichen Widerstandsbewegung. Wald-Michelbach wurde dessen Mittelpunkt und Hauptquartier des Odenwälder Landsturms. Am 14. April 1799 drangen die Landstürmer von hier zu Hunderten bis nach Birkenau vor und zwangen die dortigen Bewohner, die sich bisher gegen die aus Weinheim vordringenden französischen Patrouillen neutral verhalten hatten, auf die Seite des Landsturms zu treten. Der Birkenauer Amtmann Bouthelier wurde, ob er wollte oder nicht, vom Amtsvogt Kraus aus Fürth und dem Oberamtsverwalter Mack aus Lindenfels zum Oberbefehlshaber des Landsturms und zum Kommandanten des Birkenauer Tales bis nach Fürth ernannt. Als Adjutanten waren ihm die Schultheißen von Reisen und Mumbach beigegeben. Nun wurden im Birkenauer und Gorxheimer Tal starke Verhaue errichtet, die dem Feind jedes Eindringen in die Täler unmöglich machen sollten. Entsprechend wurden die Höhen und Pässe mit Feldwachen und Scharfschützen besetzt. Diese Stellungen griff der Franzose am frühen Morgen des 20.April, gleich nach 2 Uhr, mit über 2000 Mann an. Der erste Angriff richtete sich gegen die Stellungen des Landsturms im Gorxheimer Tal. Die dort befindlichen, anfänglich überraschten Scharfschützen schlugen durch ihre Standhaftigkeit und ihren Mut den Feind mit Verlusten zurück. Dessen zweiter Angriff unmittelbar darauf war gegen die Birkenauer Stellungen gerichtet. Es wurde höchst erbittert gekämpft. Die feindliche Attacke dauerte bis gegen 5.30 Uhr morgens; dann trommelte der Feind zum Rückzug. Die Verluste an Toten und Verwundeten waren auf der Odenwälder Seite im Gorxheimer Tal 14 Mann, im Birkenauer Tal zwei Tote und zwei Verwundete. Die Franzosen sollen auf der Weinheimer Brücke 42 Tote und Verwundete aufgeladen haben, alle nur aus dem Birkenauer Gefecht.

Groß kann der Erfolg des Landsturms nicht gewesen sein, sonst hätte er sich nach dem Gefecht nicht wieder in den Odenwald zurückgezogen. Nach alten Berichten waren die Bauern recht mutlos geworden. Sie hatten die französische Übermacht gespürt, von der sie als Freischärler behandelt wurden. Sie fürchteten nicht nur für sich, sondern auch für ihre Familien und Höfe. Dem ausgebildeten französischen Heer hatten sie letztlich nur ihren Mut und "schlechte Gewehre" entgegenzustellen. Bevor jedoch die Franzosen von Weinheim aus zu einem neuen Versuch ansetzten, erhielten die Odenwälder Verstärkung. Am 15.Mai 1799 trafen 500 kaiserliche Szekler Husaren ein, die in Fürth und Mörlenbach stationiert wurden. Dazu kamen 2000 Mann Kavallerie und Infanterie nach Erbach. Den weiteren Verlauf der nun folgenden Kämpfe, in denen der Landsturm nicht mehr allein auf sich gestellt war, und mit denen deshalb eine andere Etappe im Widerstand und der Befreiung unserer Heimat begann, können wir hier nicht mehr schildern, obwohl darüber ausführliche Berichte, auch aus Heppenheim, vorhanden sind. Nun konnten die Odenwälder Landstürmer, die sich selbst „Soldaten des Vaterlandes" nannten, von den Franzosen nicht mehr als Freischärler (Partisanen) behandelt werden.
(Winter, Heinrich - Heimatliches Erbe, Bd. 1 - Am Wegrand. Heppenheim, ca.1966, S.138-140)


Sühnekreuze & Mordsteine