(Heimatarchiv.de) |
PLZ:
49740GPS:
N 52° 36,646', O 7° 32,392'Standort:
"Herzlaker Straße", ab Lengerich ca. 8km nordwärts, dann links: Beschilderter Abzweig "Querdamm" mit Hinweisschild: "Steinernes Kreuz", dann 1km westlich weiter beschilderter Abzweig nordwärts (zu einer alleinstehenden Baumgruppe).Größe / Material:
172:78:20 / SandsteinGeschichte:
Das Kreuz steht auf einem steinernen Altar, der Altar ist 410cm breit und 145cm hoch. Zwei vormals angebrachte Klammern im unteren Bereich fehlen jetzt.KIRCHHAUS STÄTTE DER KATH. GEMEINDE LENGERICH IN DER ORANISCHEN GLAUBENS VERFOLGUNG. VOM IAHRE 1715 BIS 1718 ERRICHTET 1862 |
ANDENKEN DER GLAUBENSTREUE DER NIEDERGRAFSCHAFT LINGEN |
Sage:
In alter Zeit ist in dem damals großen Sumpfgebiet ein Hochzeitswagen vom Wege abgekommen, wobei seine drei Insassen den Tod fanden. Zum Gedenken wurden ihnen drei Steinkreuze gesetzt und in späterer Zeit noch vier weitere hinzugestellt. Den Bauern waren sie im Wege und so hat man sechs von ihnen zu Bauzwecken verwenden lassen. (Lütgers 1951 / 1954)Quellen und Literatur:
Einsam an Wäldern und Feldern, an Weg- und Straßenrändern findet man, versteckt unter Heide und
Gebüsch verwitterte Steinkreuze. Der Sage nach hängen sie meistens mit Unglücksfällen oder Verbrechen zusammen. Ihr
ursprünglicher Zweck ist aber längst in Vergessenheit geraten. Viele Jahrhunderte hat man diese Steine für Symbole des
Marterkreuzes des Heilands gehalten, bis man in der Neuzeit nachgewiesen hat, daß ihr Ursprung nicht im Christentum, sondern
weit vor dessen Einführung zu suchen ist.
Oft hat man diese Kreuze auch an Wege gesetzt, um den Spuk, der nach dem Glauben der Menschen auf dieser Straße sein
Unwesen treibe, zu verbannen.
Die Frage, wozu, wann und von wem die Steinkreuze ursprünglich gesetzt worden sind, läßt sich schwer beantworten. "Man
wird sich damit begnügen müssen, sie als ehrwürdige, altersgraue Erinnerungsdenkmale der Ahnen zu betrachten und sich der
Sagen zu erfreuen, die ein volkstümlicher Mythos um sie ranken läßt."
In Handrup standen früher nahe dem Hofe des Bauern Tieke sieben solcher Kreuze ohne Inschrift, von denen heute kein
einziges mehr vorhanden ist. Nur der Name "Krüsters" für einen Fastabend erinnert noch an diese Steinkreuze.
Die Sage berichtet über diese Denkmäler folgendes:
Vor vielen, vielen Jahren war diese Gegend ein großes Sumpfgebiet, durch das einst ein Kutscher einen Hochzeitswagen zu
fahren hatte. Dabei scheuten die Pferde vor einer nahen Schießerei, kamen von der Straße ab, und fanden mit den Hochzeitern im
Sumpfe den Tod. Alte Leute munkeln und erzählen heimlich, daß der Kutscher infolge großen Alkoholgenusses die Herrschaft über
den Wagen verloren hafte. Diesen Menschen zum Gedenken setzte man drei Steinkreuze; die anderen vier wurden der Geschichte
nach später hinzugesetzt.
Aber wie so viele Denkmale standen auch diese sieben den Bauern im Wege. So wurden sechs von ihnen 1791 zur Reparatur
des westlichen Giebels der alten Lengericher Kirche verwandt. Das siebente Kreuz
befindet sich heute im "Haselünner Felde" jenseits der Grenze des Kreises Lingen
auf Meppener Kreisgebiet. Dieses Steinkreuz ist zum Andenken an das einstmals dort stehende Gotteshaus gesetzt. Zur Zeit der
Glaubensverfolgung unter der Herrschaft der Oranier war es den Katholiken verboten in der Grafschaft Lingen ihren Gottesdienst zu
halten. Die Einwohner des Kirchspiels Lengerich errichteten 1715 auf der Kreisgrenze eine Kirche und warfen von drei Seiten gang-
und fahrbare Dämme auf, die heute fast ganz verschwunden sind. Zwar benutzten sie dieses Gotteshaus nur drei Jahre; denn dann
wurde es ihnen erlaubt im Dorfe wieder die Messe zu feiern. 1862 errichtete man dann dort das Kreuz, nachdem man es aus Handrup
geholt hatte. Man setzte es damals in den Grundstein des Altars.
Das Steinerne Kreuz |
Die Inschrift allein sagt uns, daß es ein seltenes Steinkreuz war. Sie läßt uns den Zweck dieses Denkmals
erkennen.
(Lengericher Geschichte(n), Nr. 2, Heimatverein für das alte Kirchspiel Lengerich e.V., Lengerich 1996, S.4-6)
Das Steinerne Kreuz im Lengericher Bruch wurde als Gedächtnisstätte an die Glaubsensverfolgung, die von 1597
bis 1702 andauerte, der Katholiken in der Niedergrafschaft Lingen errichtet. Lingen fiel danach an Preußen, wodurch es 1718 den
Christen insofern erleichtert wurde, daß man ihnen die Abhaltung des Gottesdienstes in Privathäusern gestattete. Die Privathäuser
durften jedoch nichts kirchenähnliches wie Kreuz oder Turm aufweisen.
Zur Vorgeschichte:
An einem Sonntag im Juli 1674 wurde der Pastor Hopfgarten aus Lengerich vorn Altare vertrieben. Er mußte mit dem
Allerheiligsten in die Sakristei fluchten, in der er sich einschloß. Glücklicherweise hielt die Tür den Beilhieben der Verfolger stand. In
fremder Kleidung flüchtete er in das Kirchspiel Haselünne, wo er auf dem Hof des Bauern Harrenjans in Lotten eine Zufluchtsstätte
fand.
Er wohnte dort in einem Heuerhaus und hielt auf der Diele des Harrenjansschen Bauernhauses für seine Pfarrgläubigen, von
denen manche auch einen weiten Weg von 12 - 15 km nicht scheuten, an Sonn- und Feiertagen den Gottesdienst ab. Dies tat er trotz
Verbot und der spionartigen Verfolgung durch die Oranier. Pfarrer Hopfgarten starb dann später in der Verbannung.
Noch heute erinnert auf dem Harrenjans'schen Hof eine sogenannte Trag - Muttergottes an jene Zeit als auch die Inschrift vor
dem als Schuppen benutzten Gebäude: "Anno 1704, Joanes Harden et Catarina Jaspers conjuges me posuerunt et Lengeriano
Pastonri locaverunt."
Darüber steht: "Weisheit ist besser, denn Starke. Ein Fürsichtiger Mann übertrifft den Starken. Ecil a Egestas a Domino in domo
impig. Tabernacia autem justorum benedicentur."
Im Jahre 1715 gelang es an der Kirchspielgrenze Lengerichs im Lager Bruch eine Parzelle von 7,9 ar käuflich zu erwerben. Man
errichtete dort in der Heide ein scheunenartiges Kirchhaus ohne jedes religiöses Kennzeichen. Drei Jahre hielten nun die Gläubigen
aus Lengerich dort ihren Gottesdienst. Eine mündliche Überlieferung weiß zu berichten, daß trotz schlechter Wege und weiter
Entfernung die Gottesdienste gut besucht waren.
Die Katholiken in Lengerich erhielten im Jahr 1718 die Erlaubnis, ihren Gottesdienst im Dorf zu halten. Sie benutzten zunächst
als Stätte das Brauhaus auf der Burg. Im Jahr 1720 errichteten sie gegenüber dem heutigen Maria-Anna-Hospital ihr Kirchhaus, das
sie bis zur Fertigstellung der neuen Pfarrkirche im Jahre 1873 benutzten. Heute weist noch ein Kreuz auf das alte Kirchhaus hin.
Das Steinerne Kreuz im Bruch tragt die Inschrift: "Andenken an die Glaubenstreue der Niedergrafschaft Lingen und
Kirchhausstätte der Kath. Gemeinde Lengerich in der oranischen Glaubensverfolgung von 1715 - 1718, Errichtet 1862."
Der Bauer Stolte, Andrup, schenkte der Pfarrgemeinde das umliegende Grundstück, sodaß das zum Steinernen Kreuz
gehörende Grundstuck heute eine Fläche von 64,8 ar umfaßt.
(Informationsblatt der Samtgemeinde Lengerich - Nr. 17, Lengerich September 1979)