Beiträge zur Geschichte der Steinkreuze


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Steinkreuze
von H. Lütgers

Einsam in Wäldern und Feldern, an Weg- oder Straßenrändern findet man, versteckt unter Heide und Gebüsch, verwitterte Steinkreuze. Der Sage nach hängen sie meistens mit Unglücksfällen oder Verbrechen zusammen. Ihr ursprünglicher Zweck ist aber längst in Vergessenheit geraten. Kaum ein Zeichen und kaum eine Inschrift sagen uns, von wem, für wen und warum diese Steine errichtet worden sind. Sie sind jahrhundertelang der Wissenschaft ein Rätsel gewesen, bis die Forscher seit etwa hundertvierzig Jahren manches über sie in Erfahrung gebracht haben.
   Nicht nur in Deutschland treffen wir sie an; wir finden sie von Italien bis Norwegen, von Böhmen bis zu den Britischen Inseln, überall dort, wo Germanen vorübergehend oder dauernd seßhaft gewesen sind.
   In unserer engeren Heimat stehen sie oft an Ackergrenzen. Aus wirtschaftlichen Gründen hat man sie aus dem Acker entfernt und hier erneut aufgestellt. Andere Steinkreuze sind in Mauern eingefügt und so vor der Vernichtung bewahrt worden. Frommer Sinn hat dafür gesorgt, daß solchen Denkmalen, die nach damaliger Ansicht das untrügliche Zeichen des Christentums, das Kreuz, trügen, sichere Plätze angewiesen wurden. Viele Jahrhunderte hat man diese Steine für Symbole des Marterkreuzes des Heilands gehalten, bis man in der Neuzeit nachgewiesen hat, daß ihr Ursprung nicht im Christentum, sondern weit vor dessen Einführung zu suchen ist. Oft hat man diese Kreuze auch an Wege gesetzt, um den Spuk, der nach dem Glauben der Menschen auf dieser Straße sein Unwesen treibe, zu verbannen.
   Nicht selten sehen wir diese Steinkreuze auch an unseren Dorfgrenzen; denn hier hatte man ein neutrales Gebiet, in dem man ermordete Handelsleute oder Handwerksburschen, die mit den Einheimischen in Streit geraten waren, begraben konnte. Die Verse des Heimatdichters Hermann Löns erinnern daran:


Es steht ein Stein am Wege,
ein alter, grauer Stein;
es grub in ihn der Steinmetz
Kreuz und Beil hinein.

Als Untatsangedenken
er dort am Wege steht;
so meldet die Bauernkunde,
die von dem Steine geht.

Keiner wurde vergessen,
jedem ward sein Teil:
Ein Kreuz bekam der eine,
der andere das Beil.


   Die Frage, wozu, wann und von wem die Steinkreuze ursprünglich gesetzt worden sind, läßt sich schwer beantworten. "Man wird sich damit begnügen müssen, sie als ehrwürdige, altersgraue Erinnerungsdenkmale der Ahnen zu betrachten und sich der Sagen zu erfreuen, die ein volkstümlicher Mythos um sie ranken läßt."

   Auf der Höhe des Sunderhügels in Ahlde stehen an der Westseite, ca. dreißig Meter von der Straße nach Salzbergen, drei Steinkreuze, von denen das eine noch ziemlich gut erhalten ist. Sie stehen versteckt unter Gebüsch und Gesträuch.
   Ähnlicher Art wie diese drei Steinkreuze sind jene in Beesten. In der Nähe des Bahnhofs, da wo einst der Heideturm von Kaplan Bormann stand, liegt heute Feldmanns Hof. Ein sehr merkwürdiges Bild geben hier die zwei Steinkreuze, Schwedensteine genannt, ab. Ursprünglich standen sie an der Landstraße zwischen Messingen und Beesten, bis sie ihren Platz einem Haus räumen mußten.
   Vor langer Zeit - vermutlich im Dreißigjährigen Kriege - sollen zwei schwedische Offiziere auf dem Wege zwischen Beesten und Messingen gefallen sein. Diesen zum Gedenken hat man die Steine gesetzt. Es gibt neben dieser Sage, nach der die Steinkreuze Schwedensteine genannt werden, noch eine andere, die von zwei Brüdern berichtet, die sich auf hundert Meter Entfernung im Zweikampf getötet haben.
   Ein dritter ähnlicher "Schwedenstein" befindet sich im Dorfe Beesten gegenüber der Schule vor dem Hause des Julius Burrichter.
   Der Volksmund weiß von diesem Kreuz nur, daß sich dort einmal irgendein Unglück zugetragen hat. Und wenn die Menschen auch nichts weiter wissen, so bekunden sie doch eine gewisse Achtung, indem die Männer bei diesem Kreuz die Hüte abnehmen und ein Leichenzug, der hier vorbeizieht, anhält und für den Verstorbenen betet, der zum Friedhof gebracht wird.
   Ein recht gut erhaltenes Steinkreuz steht in Bernte in "Schulten Tannen" nahe der Elberger Grenze rechts der Straße von Lingen nach Emsbüren.
   Der Sage nach hat sich dort folgendes zugetragen:
   Zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges oder der oranischen Kriege lebten im Hause Imming zu Bernte drei Söhne, von denen der eine allgemein als Schnelläufer bekannt war. Dieser arbeitete eines Tages auf der sogenannten Roggenwiese, als ein feindlicher Reiter ihn nach dem Weg nach Lingen fragte. Da ersterer glaubte, schneller laufen zu können, antwortete er nur: "Nase nach!" und wandte sich den Sandbergen zu. Etwa fünfhundert Meter lief er und erreichte fast das rettende Gehölz, da stolperte er über eine Baumwurzel, und der zornige Reiter ereilte und durchbohrte ihn.
   Diesem Toten und dieser Tat setzte man das Steinkreuz, das uns erinnern und mahnen soll, nicht leichtsinnig und selbstgefällig zu sein.
   Auch in Bramsche ist noch solch ein Steinkreuz erhalten geblieben. Es steht am Dorfausgang an der Straße nach Mundersum auf der Grenze der Höfe des Bauern Lambers und des Kötters Janning hinter einem Zaun, der bis zum Querbalken reicht. Ursprünglich stand das Kreuz nicht hier, sondern an der Straße nach Lingen. Um 1900 wurde es in dieses Fundament gesetzt, als das dazugehörige Steinkreuz beim Fällen eines Baumes zerschmettert wurde.
   Die um das zerstörte Denkmal sich spinnende Sage hat das Volk später auf das heute dort stehende Steinkreuz übertragen.
   In der Nähe des Dorfes Brümsel, da, wo die Straße von Beesten zum Plantlünner Flugplatz nach Messingen überquert, steht ein Steinkreuz auf dem Waldgebiet des Bauern Dümmer. Vor 1932 stand es dort, wo heute die Landstraße zum Flugplatz herführt, bei deren Bau es umgeworfen wurde.
   Niemand weiß etwas über dieses Kreuz zu erzählen, und keine Sage kündet von ihm.
   In Handrup standen früher nahe dem Hofe des Bauern Tieke sieben solcher Kreuze ohne Inschrift, von denen heute dort kein einziges mehr vorhanden ist. Nur der Name "Krüster" für einen Fastabend (eine Nachbargemeinschaft) erinnert noch an diese Steinkreuze.
   Die Sage berichtet über diese Denkmäler folgendes:
   Vor vielen, vielen Jahren war diese Gegend ein großes Sumpfgebiet, durch das einst ein Kutscher einen Hochzeitswagen zu fahren hatte. Dabei scheuten die Pferde vor einer nahen Schießerei, kamen von der Straße ab und fanden mit den Hochzeitern im Sumpfe den Tod. Alte Leute munkeln und erzählen heimlich, daß der Kutscher infolge großen Alkoholgenusses die Herrschaft über die Pferde verloren hatte. Diesen Menschen zum Gedenken setzte man drei Steinkreuze; die andern vier wurden der Geschichte nach später hinzugesetzt.
   Aber wie so viele Denkmale standen auch diese sieben den Bauern im Wege. So wurden sechs von ihnen 1791 zur Reparatur des westlichen Giebels der katholischen Kirche in Lengerich verwandt.
   Das siebente Kreuz befindet sich heute im Haselünner Felde jenseits der Grenze des Kreises Lingen auf Meppener Kreisgebiet.
   Dieses Steinkreuz ist zum Andenken an ein einstmals dort stehendes Kirchhaus gesetzt. Zur Zeit der Glaubensverfolgung unter der Herrschaft der Oranier war den Katholiken verboten, in der Grafschaft Lingen ihren Gottesdienst zu halten. Die Einwohner des Kirchspiels Lengerich errichteten 1715 auf der Kreisgrenze eine Kirche und warfen von drei Seiten gang- und fahrbare Dämme auf, die heute fast ganz verschwunden sind. Zwar benutzten sie dieses Gotteshaus nur drei Jahre; denn dann wurde es ihnen erlaubt, im Dorfe wieder die Messe zu feiern. 1862 errichtete man dann dort das Kreuz, nachdem man es aus Handrup geholt hatte. Man setzte es damals in den Grundstein des Altares.
   Wie vor hundertvierzig Jahren unsere Vorfahren am Sonntag nach dort zum Gotteshaus gingen, so pilgern jetzt fast jährlich einmal die Menschen aus Handrup, Lengerich, Wettrup, Gersten und Langen zum Kreuz. Schlicht stehen die wenigen Worte auf dem Steinkreuz:

Kirchhausstätte der kath. Gemeinde Lengerich
in der oranischen Glaubensverfolgung vom Jahre 1715 bis 1718.
Errichtet 1862.
Andenken der Glaubenstreue der Niedergrafschaft Lingen.

   Das Kreuz mahnt uns, in der heutigen schweren Zeit, in der Gottlosigkeit sich überall ausbreitet, die gleiche Glaubenstreue und -festigkeit zu zeigen wie damals unsere Altvordern.
   Ein recht gut erhaltenes Steinkreuz befindet sich auch noch im Dorfe Langen hinter dem Friedhof, etwa fünfzehn bis zwanzig Meter von der Straße nach Espel entfernt.
   Der Sage nach ist es für einen Bauernsohn gesetzt, der von seinem Bruder im Zweikampf mit der Armbrust getötet wurde. Beide liebten dasselbe Mädchen und kamen darüber in Streit. Der jüngere wollte wahrscheinlich nicht der überlebende sein; denn er sagte zum älteren: "Bruder, schieß wisse, ich schieße misse!" Der jüngere starb. Ihn begrub man an dem Kreuzweg; denn kein Bauerschaftsteil wollte an dieser Tat Anteil haben.
   Im Dorfe Lengerich finden sich drei Steinkreuze. Das erste steht, auf dem Schulplatz der katholischen Volksschule etwa zehn Meter von der Straße. Ursprünglich hat es auf dem Lengericher Esch, an dem die Straße von Lengerich nach Lingen vorbeiführt, gestanden. Merkwürdigerweise trägt dieses Steinkreuz eine Jnschrift, die aber unleserlich geworden ist. 'Es sind nur noch vereinzelte Buchstaben oder Striche zu seheh: MOJI.!...ME... Man erzählt, daß jemand hier vom Blitz erschlagen worden sei. Pastor Meier nimmt an, daß hier eine Frau auf unbekannte Weise zu Tode gekommen sei. Er vermutet, daß MOJI von dem plattdeutschen Wort moje (hübsch, schön) herrührt und einen Vornamen bedeutet.
   Hinter den letzten Häusern an der linken Seite der Straße von Lengerich nach Gersten gegenüber dem Kohlengeschäft von Einspanier befindet sich das zweite Steinkreuz.
   Jede Sage über dieses Kreuz fehlt. Aber die Menschen achten es; denn auch hier hält jeder Leichenzug an, der vorbeizieht, und man betet wie bei anderen Wegkreuzen.
   Da dieses Denkmal und auch jenes bei der katholischen Volksschule sich an den Fahrwegen zur Kirche befindet, ist es denkbar, daß man früher von dort "die Leichen abgeholt" hat oder das Totengeläute angefangen hat, wenn der Leichenzug dort angekommen war.
   Das dritte Steinkreuz befand sich zwischen dem Dorfe Lengerich und Gersten westlich der Straße. Es stand auf dem Felde etwa drei Meter von der Straße ganz frei und unterschied sich von den meisten Steinkreuzen dadurch, daß es sehr hoch war und daß die Balken im Querschnitt eine sechseckige Fläche hatten. Ursprünglich hat es weiter südlich auf den Ländereien des Bauern Schepers gestanden. 1940/41 wurde es durch ein Auto umgeworfen und lag lange Zeit im Straßengraben auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Man nimmt an, daß es ein Bauer geholt und im Fundament seines Hauses vermauert hat.
   Im Gegensatz zu fast allen anderen im Kreis ermittelten Steinkreuzen trug dieses folgende Inschrift:

do men schref MCCCCLXXIIII
mdg na pent alhir geschlagen van
den wer robbe johan got genade.

   Die Übersetzung ins Hochdeutsche lautet:

Am Montag nach Pfingsten 1474
wurde allhier Johann Robbe vom Blitz
erschlagen. Gott sei ihm gnädig!

   Die Inschrift allein schon sagt uns, daß es ein seltenes Steinkreuz war. Sie läßt uns den Zweck dieses Denkmales erkennen..
   In Leschede befindet sich in den sogenannten Heibergen zwanzig Meter links der Straße Lingen - Emsbüren ein Steinkreuz. Es steht auf einer kleinen Geländeerhöhung in der Nähe des Besitzers Roling und ist bis zum Querbalken in den Boden versunken.
   Dieses Steinkreuz wird ebenso wie jenes in Bernte zu der Familie Imming in Beziehung gebracht. Von den drei Söhnen, die alle auf seltsame Art umkamen, war der Tod des Erben am tragischsten. Feindliche Krieger raubten ihm sein Pferd. Er lief ihnen nach und holte sie in der Nähe Emsbürens.ein. Er glaubte, das Pferd wiederzubekommen, wenn er sich als Knecht des beraubten Herrn ausgäbe. Aber er wurde dadurch verraten, daß "Schmeing-Hürms" Frau ihn mit Namen ansprach. Die wütenden Soldaten bereiteten ihm einen grausamen Tod: sein leib wurde von acht Pferden zerrissen.
   Auch in Mehringen sind von diesen alten Denkmälern noch zwei erhalten.
   Ein sehr merkwürdiges Kreuz steht am Kirchwege des Bauern Mönch-Tegeder. Als Kreuz ist es gar nicht mehr anzusprechen; denn der obere Balken ist von der Schaufel des Plaggenstechers und der Axt des Holzhauers gänzlich abgeschabt. Man schaudert an dieser Stätte, wenn man um die Sage weiß, die über das Kreuz geht:
   Vor vielen, vielen Jahren ging der Wehrfester Tegeder mit seinem Hausgesinde zur Christmesse. Unaufhörlich läuteten die Kirchenglocken und riefen die Menschen herbei. Die Bauersleute waren schon ein gutes Stück Weges gegangen, als die Bäuerin plötzlich bemerkte, daß sie ihr kostbares Gebetbuch vergessen und zu Hause liegengelassen hatte. "Goat füste wieder, ick kumm ju noa", sagte sie und kehrte um, es zu holen. Sie erreichte die Ihrigen nimmer. Am anderen Morgen fand man sie tot. Zwei Wegelagerer hatten sie ermordet und sie des Halsschmuckes beraubt. Der ruchlosen Tat zum Gedenken setzte man das Steinkreuz nahe am Kirchweg in die Heide.
   Über den verschwundenen oberen Kreuzbalken ist eine neue Sage entstanden: Zur Nacht vernimmt man ein Ächzen und Stöhnen. Gar nichts ist zu sehen als das graue, moosbewachsene Steinkreuz. Aber man weiß, daß jene Wegelagerer im Grabe nicht eher Ruhe finden, bis sie dieses Zeichen ihrer Schande zerstört haben. So haben sie mit ihren Zähnen den oberen Kreuzbalken bereits abgenagt.
   Das zweite Steinkreuz, das noch sehr gut erhalten ist, steht in der Nähe der Mehringer Windmühle im Robeischen "Tannenwalde" unweit der Eisenbahnlinie. Um dieses Kreuz spielt die Schäfersage, die auch von Denkmalen außerhalb des Kreises bekannt ist. Zwei Schäfer gerieten hier eines Schafes wegen in Streit. Keiner von ihnen gab nach, und so kamen beide ums Leben.
   Ähnliche Steinkreuze sind auch in Schepsdorf auf dem alten Friedhof zu finden.
   Der Inschrift nach diente das Denkmal in der linken Vorderecke als Grabkreuz. Diese lautet: Anno 1723 - Jan Hindrick Goeling.
   Alle Arme des Kreuzes in der rechten Ecke vorn sind keilförmig zum Schnittpunkt verjüngt. Die kaum noch lesbare Inschrift lautet: Brüning.
   Das dritte Kreuz liegt diesem gegenüber. Es hat eine ganz andere Form als alle anderen Steinkreuze. Der obere Längsbalken und die beiden Querbalken haben eine normale Form, während sich der untere Längsbalken von der Kreuzung aus nach unten verbreitert. Er trägt die Inschrift: "Anno 1769 - Den 21. Oktober - Anna Maria Agnes", und darunter eine Tulpenblüte. Auf keinem anderen Steinkreuz in unserer Heimat ist dieses Zeichen zu finden. Es soll wohl andeuten, daß das Mädchen in der Blüte der Jahre dahingerafft wurde.
   Das vierte Steinkreuz hat noch eine andere Form. In gewisser Weise ähnlet es dem zweiten und dritten. Aber alle Zuspitzungen sind weniger stark ausgeprägt. Die Inschrift lautet: Anno 1773 - Den 24. Mai - Hindrick Agnes.
   Bei einem dieser vier Denkmale ist noch das Grab zu sehen. Wahrscheinlich sind sie erst später - um 1700 - als Grabsteine benutzt worden. Entweder haben sie ursprünglich als Grenzsteine für den Kirchhof gedient, oder sie sind zu diesem Zweck bei seiner Anlage von anderen Stellen hierher gebracht worden.
   Ein merkwürdiges Denkmal dieser Art befindet sich in Suttrup. Verfolgt man die Dorfstraße nach Suttrup, die eine Abzweigung der Straße von Lengerich nach Beesten ist, so gelangt man zum Hofe des Bauern Hermes. Hier in einer Wand der kleinen Scheune befindet sich ein Steinkreuz. Es sieht aus wie viele andere, ist aber ursprünglich als Grabkreuz benutzt worden. In der Nähe des Bauern Vocks lag früher eine Kapelle mit einem kleinen Kinderfriedhof. Von diesem Friedhof stammt das Kreuz. Es ist für einen Jungen aus dem Hause Hermes gesetzt worden, wie die Inschrift berichtet, die noch gut lesbar ist:

J. H. S.
Herm. B. Hermes
G. O. AN = 1768 D. 27. JANN.

   In Thuine gibt es zwei Steinkreuze, die sehr stark an das Bramscher Denkmal erinnern. Sie stehen unter Eichen in der Nähe des Krankenhauses auf dem Hofe des Bauern Börjes.
   Nach den Erzählungen alter Leute sollen hier zwei englische Offiziere im Zweikampf gefallen sein,

   Jeder Freund der Heimat und ihrer Geschichte blickt mit Ehrfurcht auf diese stummen und doch so beredten Zeugen der Vergangenheit. Viele Menschen jedoch gehen achtlos an ihnen vorüber und kümmern sich kaum um sie. Ja, sie sind den Bauern in ihren Feldern vielfach zu einem "Stoa-em-Weeg" geworden. Viele Steinkreuze sind aus Unkenntnis oder Raffgier als Bausteine verwandt, aus Gleichgültigkeit oder Übermut beschädigt worden. Diese Unkenntnis und der Mangel an Interesse sind sehr zu bedauern. Es wäre besser, sich um diese Denkmale zu kümmern und von ihnen zu wissen, sind sie doch Zeugen von Sitte und Brauchtum unserer Vorfahren und haben kulturgeschichtlichen Wert. Da sich um diese Kreuze ein reicher Kranz von Sagen rankt, ist die Erhaltung Aufgabe der Heimatpflege. Ihr Schutz sollte - wie der Naturschutz - Angelegenheit der Öffenlichkeit sein.
(Lütgers, H., in: "Unsere Heimat", Heft 12, für die Schulen des Kreises Lingen, Verlag: van Ackern, Lingen, 1951, S.605-611)

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Die Schepsdorfer Kreuzsteine
Nach Hermine Lütgers

Nur noch ein undatiertes Zeitungsbild eines jener uralten Kreuzsteine ist erhalten, die wie manche andere geschichtsträchtigen Denkmale noch in neuerer Zeit verschwunden sind.
Auf dem alten Friedhof, der im Jahre 1964 dem Anbau der Kirche weichen mußte, standen vier sogenannte Kreuzsteine. Sie wurden am heutigen Friedhof gelagert, bis eines Tages - so beobachtete und berichtete es Bernhard Kolmes - ein Lastwagen vorfuhr, der mit den Kreuzsteinen beladen wurde und dann auf Nimmerwiedersehen verschwand.
Altes Steinkreuz auf dem Friedhof hinter der
Pfarrkirche zu Schepsdorf.
"Einsam in Wäldern und Feldern, an Weg- und Straßenrändern findet man sie oft versteckt unter Heide und Gebüsch, die hier wuchtig und dort unscheinbar stehen. Der Sage nach hängen sie meistens mit Unglücksfällen oder Totschlag zusammen. Ihr ursprünglicher Zweck ist aber längst in Vergessenheit geraten oder von Erzählungen überwuchert, so daß es unmöglich ist, aus den mündlichen und später schriftlichen Überlieferungen den letzten Kern ihres historischen Ursprungs herauszufinden.
Diese Steine finden sich überall in Europa. Nicht selten finden sich die Steine an den Dorfgrenzen. Ob sie Scheidesteine oder Sühnesteine auf Gräbern Ermorderter sind, ist unbekannt.
Der Kreuzstein in der linken Vorderecke des alten Friedhofs ist etwa 0,65m hoch und hat ebenfalls eine Balkenlänge von 0,65m. Er ist regelmäßig, jedoch ein wenig verwittert und fast ganz mit Moos bedeckt. Der Inschrift nach diente dieser Kreuzstein als Grabkreuz. Diese lautet: Anno 1723 - Jan Hindrik Goeling.
Das Kreuz in der rechten Vorderecke steht vor einem Palmbusch. Alle Arme sind keilförmig zum Schnittpunkte verjüngt. Das Denkmal ist 0,80m hoch und hat eine Querbalkenlänge von 0,65m. Auch dieses Kreuz ist verwittert und nach vorne geneigt. Die kaum noch lesbare Schrift lautet: Brüning.
Das dritte Kreuz liegt diesem gegenüber. Es hat eine ganz andere Form als alle anderen Kreuzsteine. Der obere Längsbalken, die beiden Querbalken haben eine normale Form, während sich der untere Längsbalken von der Kreuzung aus nach unten verbreitert. Dieser Stein ist ca. 0,90m hoch und stark zurückgeneigt. Erträgt die Inschrift: "Anno 1769 - Den 21. Oktober - Anna Maria Agnes" und darunter eine Tulpenblüte. Auf keinem anderen Kreuzstein in unserer Heimat ist dieses Zeichen zu finden. Es soll wohl andeuten, daß das Mädchen in der Blüte ihres Lebens dahingerafft wurde.
Der vierte Kreuzstein hat noch eine andere Form. In gewisser Weise ähnelte er dem zweiten und dritten. Aber alle Zuspitzungen sind weniger stark ausgeprägt. Merkwürdigerweise trägt er die Inschrift nicht zum Weg hin, der um den Friedhofsplatz führt, sondern zur Begräbnisstätte. Die Inschrift lautet: Anno 1773 - Den 24. Mai - Hindrick Agnes. Das Kreuz ist etwa 0,80m hoch und verwittert, so daß die Inschrift fast gar nicht mehr zu lesen ist.
Bei keinem dieser vier Denkmale ist noch das Grab zu sehen. Wahrscheinlich sind sie erst später - um 1700 - als Grabsteine benutzt worden. Entweder haben sie ursprünglich als Grenzsteine für den Kirchhof gedient, oder sie sind zu diesem Zweck bei seiner Anlage von anderen Stellen hierher gebracht worden.
Zwei der angeführten Namen, Agnes gehören zur Familie Agnes, die bis 1844 Eigentümer der Besitzung war. Heute gehört sie der Familie Neerschulte (Hotel Hubertushof).
(Quelle: Broschüre "Heimatverein Schepsdorf e.V.", Heft Nr.3, Feb.1992)

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Sühnekreuze & Mordsteine