in Kreuz II |
Brockpähler (1963) |
PLZ:
49477GPS:
Standort:
An der Straße nach Münster, am ausgeschildertem Abzweig zu den Häusern "Münsterstraße 483, 485".Größe / Material:
links: 135:95:26 / SandsteinGeschichte:
Kreuz II im Kreuzungsbereich eingeritzt: griechisches Kreuz im Umriß (40:36cm, 0,5cm tief).Sage:
1. Zwei Junker auf dem adeligen Gut Strick (oder Stricker) in Dörenthe gerieten um ein Stück Land in Streit und verklagten sich gegenseitig vor Gericht. Als der ältere eines Tages in seiner Sache zum Richter nach Lingen wollte, kam ihm der jüngere von dort schon entgegen und zeigte ihm höhnisch lachend den zu seinen Gunsten ergangenen richterlichen Spruch. Sie gerieten in Wortwechsel, zogen die Waffen und verletzten sich gegenseitig tödlich. Zur Sühne wurden an dem Platz die beiden Kreuze errichtet. Das Gut Strick wurde später aufgeteilt und kam in bäuerlichen Besitz; so entstanden die Höfe Groß und Klein Stricker.Quellen und Literatur:
Die Heimatliteratur des vorigen Jahrhunderts lenkte bereits die Aufmerksamkeit der Heimatfreunde auf jene
merkwürdigen aus einem Block gehauenen Sandsteinkreuze an unseren alten Landstraßen, über deren Zwecksetzung man sich nicht
mehr ganz klar ist. Es müssen ihrer damals noch mehr gewesen sein, als heutzutage. Die jetzt noch erhaltenen fallen auch uns schon
dadurch auf, dass sie in einem Stück aus einem Sandsteinblock herausgehauen wurden, was ihrem Aeußeren ein besonders
eindrucksvolles, wuchtiges, altertümliches Gepräge gibt.
Als Denkmäler von schwer vergänglicher Dauer an den Wegerand gesetzt, ohne Jahreszahl oder sonstige Inschrift gaben sie
dem forschenden Heimatfreund von jeher schwer lösbare Rätsel auf, während die leichtbeschwingte Phantasie diese altersgrauen
Steine unbedenklich mit üppigem Sagengeranke umkleidete. So ist denn die ursprüngliche Zwecksetzung dieser Kreuze entweder
längst in Vergessenheit geraten, oder aber von der Sage so überwuchert, dass es meistens unmöglich ist, aus den vorhandenen
ortsüblichen Ueberlieferungen noch irgend ein Körnchen geschichtlicher Wahrheit herauszuschälen.
Gewöhnlich will die Sage in ihnen ein "Sühnekreuz" oder doch ein Erinnerungszeichen an irgendein grausiges Ereignis sehen,
ähnlich wie bei den "Marteln" im Hochgebirge. Je romantischer, unverbürgter und unglaubwürdiger eine solche Deutung klingt, umso
volkstümlicher ist sie. In ihrer unwahrscheinlichsten Aufmachung wird sie ja am liebsten geglaubt und weitererzählt mit den noch
erforderlich scheinenden Zutaten, denn nur so wahrt sich die eigene Phantasie ihr künstlerisches Betätigungsrecht, die Luft zu
fabulieren. Mord- und Spukgeschichten sind in der Regel mit diesen Kreuzen verknüpft. Ihre Erzählung findet immer eine dankbare
Gemeinde von Gläubigen, wenn die Großmutter sie in der Dämmerstunde den um sie versammelten, märchendürstenden Kleinen und
Großen zum besten gibt. Einer allein kann nämlich so etwas nicht gut glauben.
Besonders beliebt ist es, bei diesen alten Sagen Dichtung und Wahrheit in grausiger Sensation zu mischen. Aber durchweg
bleibt unter dem nachprüfenden Auge der Forschung von alledem nichts übrig, als was zwar sehr schön lautet, aber darum doch
noch lange nicht wahr ist.
Das gilt besonders von dem blutigen Drama, welches man sich von den beiden Steinkreuzen in der Bauerschaft Dörenthe
erzählt. Diese stehen unweit des Hockenden Weibes dort an der Chaussee von Münster nach Ibbenbüren, wo gegenüber die
Landstraße nach Riesenbeck abzweigt.
Fritz Mielert, der heimatkundliche Romantiker Westfalens in Wort und Bild, bringt in seinem ersten Bande "Das schöne
Westfalen" auf Seite 28 ein hübsches Bild dieser eindrucksvollen Kreuze und erzählt uns auf Seite 8 mit dichterischem Schwunge
jene dazu gehörende Sage, deren Inhalt bereits vor 100 Jahren volkstümliche Überlieferung war. Mielert gibt sie folgendermaßen
wieder:
"Zwei Steinkreuze am Wege bei Ibbenbüren, auf einem Grashügel. Blumen blühen auf ihm, und die blätter einer Linde breiten sich hinter den Steinen aus in eifersüchtiger Liebe. Die grauen Male stehen etwas schief und eines von ihnen trägt ein eingeritztes Kreuz in seiner Mitte. Ein spukhafter Ort, der ein ungelöstes Geheimnis bindet. Die Gräser und die Linden sind wissend und sind es voll geheimen Entsetzens. Aber die Gipfel der Schauer sperren sich wie verwitterte Totenschädel aus den Kreuzen. Sie sind aus Gräbern gewachsenes Grauen. Menschen und Tiere fürchten insgeheim diese Stätte. Zwei Mordkreuze, die Totenmale zweier feindlicher Brüder, die sich hier in zorniger Stunde trafen und kämpfend erschlugen."
Soweit die volkstümliche Ueberlieferung im modernen dichterischen Gewande. Geschichtliche Tatsachen liegen dieser
romantischen Deutung aber keineswegs zugrunde, vielmehr entpuppt sich der durch die Sage blutgedüngte Boden bei näherem
Zusehen als ein geheiligtes Fleckchen Erde und die grausigen Totenmale zweier feindlicher Brüder erscheinen im Lichte der
Geschichte als zwei Wahrzeichen frommer kirchlicher Markensetzung.
An der Stelle nämlich , wo das schiefstehende der beiden Kreuze seine Front der Chaussee zuwendet, ragen noch die
Fundamente der ehemaligen Dörenther Kapelle aus dem Boden. Sie stand noch im Jahre 1487. In diesem Jahre confekrierte laut
einer Urkunde des katholischen Pfarrarchifs Ibbenbüren der Weihbischof der damals vereinigten Bistümer Münster und Osnabrück,
Johannes Wenneker, in Mettingen zwei Bildwerke, darstellend die Gottesmutter und glorreiche Jungfrau Maria und die Jungfrau
Catharina, welche in der zur Pfarre Ibbenbüren gehörende Bauerschaft Dörenthe aufgestellt werden sollten, wo bislang schon
Beichte gehört und Messe gelesen sei. An allen Marienfesten sollte ein Ablaß zu gewinnen sein durch den Besuch dieser Bilder.
(Cremann bringt auf Seite 43 seiner "Geschichte der katholischen Kirche zu Ibbenbüren" den lateinischen Text dieser Urkunde.)
Laut obriger Nachricht hatte also um 1487 zu Dörenthe schon lange eine Kapelle bestanden, in der schon von altersher die
Dörenther Bauern ihre Sonntagspflicht genügen konnten. Ein Grundstück in der Nähe der Kapelle heißt heute noch im Flurbuch
"Kerkhof" und ein anderes, ehemaliges Gemeindegrundstück, das westlich davon bei Ruwe-Leifert lag, soll "Wehme" geheißen
haben. Auf dem südlich der Kapelle gelegenen Schmiemann`schen Hofe soll ein Kaplan gewohnt haben.
Mündliche Ueberlieferung, Flurnamen und eine derzeitige kirchliche Urkunde verbürgen uns also hinlänglich, dass um 1500 in
Dörenthe eine zur Pfarrkirche Ibbenbüren gehörende Kapelle gestanden hat, die von altersher im regelmäßigen Gebrauch gewesen
war.
Auch haben wir noch sichere Nachrichten darüber, wann und von wem sie zerstört wurde. Das muß um die Zeit von 1541 bis
1548 geschehen sein, als die Grafschaft Lingen an den Erbgrafen Conrad von Tecklenburg zurückfiel. Die Abtissin von Herford wirft
ihm nämlich 1596 als Patronin von Ibbenbüren vor, dass er ihr vor vielen Jahren nicht nur verschiedene namentlich aufgeführte Güter
entfremdet, sondern auch eine Kapelle ruiniert habe. Vor 1541, solange noch Graf Nikolaus Landesherr der Grafschaft Lingen war
die Ibbenbüren nach Süden und Westen umschloß, ist das kaum denkbar. Begann man doch unter ihm um 1520 in Ibbenbüren mit
dem Neubau der Ortskirche (jetzigen evangelischen), wobei Graf Nikolaus unterstützend mitgewirkt hat. Das beweist sein Wappen
am Südportal dieses Neubaues, der um 1532 noch nicht vollendet war. Dagegen wird nach 1541, als Graf Nikolaus gestorben und
die Grafschaft Lingen an seinen Neffen, den streitsüchtigen Erbgrafen Conrad von Tecklenburg übergegangen war, dieser schon
bald in Dörenthe und an den anderen Grenzen des Territoriums Ibbenbüren nach seiner Gewohnheit den Streit vom Zaume
gebrochen haben, um den altverbrieften Rechten der Abtissin von Herford nach Möglichkeit Abbruch zu tun. Wie das Dörenther
Grenzkreuz zeigen wird, bot ihm die alte Ibbenbürener Grenzziehung den Scheingrund des Rechts, kirchliche Güter zu entfremden,
die er doch bereits 1548 alle wieder verlor, als die Grafschaft Lingen in den Besitz der Niederlande, bzw. des Königs von Spanien
überging.
Zu den der Ibbenbürener Kirche durch den Grafen von Tecklenburg entfremdeten Gütern gehörte auch der Loismannsche Hof
in Dörenthe. Die Abtissin Magdalena beklagte sich nämlich in dem genannten Schreiben u.a. auch, dass der Graf von Tecklenburg
diesen ihrer Eigenkirche zu Ibbenbüren gehörenden Hof, "Loysing zu Kruken", vor undenklichen Jahren der Wethumb (Pfarrei)
und Kirchen abgeschnitten habe. Aus der Stellung des Dörenther Grenzkreuzes wird seinerzeit der Graf seine Berechtigung zu
dieser Enteignung abgeleitet haben.
Dieses Grenzkreuz teilte die Bauerschaft Dörenthe ehedem in eine Nord- und Südhälfte. Die Nordhälfte gehört zur
Ibbenbürener Kirche, dem reichsunmittelbaren Territorium Ibbenbüren. Ihr südlicher Teil dagegen, der an Saerbeck grenzt, gehörte
zusammen mit Brochterbeck zur Obergrafschaft Lingen. Dieser Zugehörigkeit entsprechend ist die Stirnseite des Dörenther
Grenzkreuzes mit dem darauf eingeritzten Kreuzchen der Ibbenbürener Kirche zugewandt. Die Arme dieses Grenzkreuzes weisen
nach West und Ost eine alte Landstraße entlang, welche von Riesenbeck kommend, am Dörenther Kley her nach Brochterbeck
führte. Daß dieser durch das Kreuz bezeichnete Grenzweg schon von altersher als die Südgrenze des Territoriums Ibbenbüren
galt, geht aus folgender Tatsache hervor:
Alle Bauern, welche mit ihren Besitzungen nördlich dieses Grenzweges lagen, nannten sich "Krüzelingsburen", eine Bezeichnung, welche bei ihnen heute noch unvergessen ist. Dementsprechend nennt auch die Abtissin Magdalena den Loismannschen Hof "Loysing zu Kruken", von dem lateinischen Crux = Kreuz. Nun lagen und liegen die Besitzungen dieses Hofes zwar größtenteils nördlich des durch das Grenzkreuz bezeichneten Weges, aber der Hof selber hat doch wohl immer, wie heute noch, hart südlich desselben gelegen. Dieser Umstand mag den begehrlichen Grafen Conrad als willkommener Vorwand gedient haben, den Hof für seine Grafschaft Lingen in Anspruch zu nehmen; konnte er sich dabei doch mit dem Scheingrunde des Rechts verteidigen, dass nicht er, sondern der Weg den Loismannschen Hof der Kirche zu Ibbenbüren abgeschnitten habe. Bei den übrigen Dörenther Krüzelingsburen scheint der Tecklenburger Graf keine Annektionsversuche gemacht zu haben. Zwei derselben, deren Höfe nordöstlich des Grenzkreuzes, unterhalb des hockenden Weibes liegen, lassen aus ihren Hofesnamen noch heute erkennen, dass auch sie ehemals zu den Krüzelingsburen gehörten. Es sind das Krüer und Schulte Crude. In beiden Namen steckt noch das Kreuz, lateinisch Crux.
Warum Graf Conrad als Landesherr von Lingen den Krüzelingsbauern schließlich ihre Kapelle ruinierte, wissen wir nicht. Wir dürfen
das wohl als eine jener rücksichtslosen Schikane werten, durch welche dieser radikale Herrenmensch gegen kirchliche Einrichtungen
zu wüten liebte, eine Charaktereigenschaft, welche ihn schließlich in Abenteuer stürzte, die ihn an den Rand des Verderbens brachten.
Als nach 1548 die Grafschaft Lingen und damit auch der südliche Teil von Dörenthe in niederländisch-spanische Verwaltung
gekommen war, haben die Krüzelingsbauern ihre Kapelle nicht wieder aufgebaut. Ibbenbüren und seine Patronin, die Abtissin von
Herford hatten formell kein Recht dazu, weil sie hinter ihrem Grenzkreuz lag. Ein zwingendes seelsorgerisches Bedürfnis lag dafür
auch nicht mehr vor, nachdem durch den Neubau der Ibbenbürener Ortskirche hinreichend Raum geschaffen war für alle
Pfarreingesessenen. In solcher Erkenntnis wird man wohl die Tatsache der Stillegung der Dörenther Kapelle durch die Errichtung
des kleineren Kreuzes in ihren Ruinen bestätigt haben. Man setzte es, entsprechend der kirchlichen Vorschrift, an diejenige Stelle,
wo der Altar gestanden hat. Seine Arme zeigten im rechten Winkel zum Grenzkreuz. Seine Frontstellung ist also West-Ost, was der
Orientierung der ehemaligen Kapelle entspricht. Die beiden Dörenther Kreuze sind hiernach keine "Mordkreuze", sondern dienten
einer wichtigen kirchlichen Markensetzung, welche bei dem Grenzkreuz um 1140 erfolgt sein dürfte, während das kleinere in den
Ruinen der ehemaligen Dörenther Kapelle erst nach 1548 dorthin gesetzt sein kann. Alt und ehrwürdig sind somit beide in ihrer
heimatgeschichtlichen Bedeutung und es birgt sich kein schreckhaftes Geheimnis hinter ihnen.
(Dolle, Rudolf in: Kirchliche Markensetzung aus dem 12. bis 16. Jahrhundert, o.J. / um 1920)
Dörenthe (III) / OT von Ibbenbüren
dem Sockel |
GPS:
Standort:
In der Nähe der beiden Steinkreuze.Größe / Material:
115:57:12 (Sockel: 130:85:45) / SandsteinGeschichte:
Der Mordstein trägt auf dem Sockel folgende Inschrift:erlitt hier den Tod das unschuldige Comunionkind Maria Wientjes geb. 6. Nov. 1889 gest. 2. Aug. 1902 Lasset uns beten. Vater unser etc. Gegrüsset etc. Mein Jesus. Barmherzigkeit! R. I. P. |
Sage:
Quellen und Literatur:
Ein Gedenkstein im Dörenther Berg erinnert an das Schicksal von Maria Wientjes. |
Dieser Artikel aus der Ibbenbürener Volkszeitung von 1902 sollte bei der Fahndung des Mörders von Maria helfen. |