Deutschland Nordrhein-Westfalen Lkr. Warendorf

Ostbevern


Rückseite

Blick zum Standort

Abbildung bei
Vorspohl (1977)

PLZ: 48346

GPS: N 52° 2,417', O 7° 50,222'

Standort: "Bahnhofstraße", gegenüber Haus Nr.53.

Größe / Material: Kreuz: 128:68:7 (ohne Korpus) / Kalksandstein

Geschichte: Benennung: "Brinkjans Krüüs". Der Sockel hat eine Höhe von 109cm, Breite 68-101cm, Tief 54cm. Die Inschriften sind stark verwittert und mittlerweile unlesbar. Erkennbar noch auf dem Sockel vorn: IHS mit einem Kreuz über dem H. Die Inschrift der Rückseite überliefert Vorspohl (1977) folgendermaßen:
ANNO
1646
DEN 27.
MAII IST
DIE TVG
ENTSAME
AGATA MAVR
[i]TII
WEILANT MARTINI VORH
[... nach]
GELASSENE WITWE AVS IREN [Leib und leben]
AVFGELÖSET VNDT CHRIST[lich gest]
ORBEN DEEREN
SELEN GOTT
GENEDIGH
SEI. AMEN
IOB 19:
ICH WEISS
DAS MEIN ER
LÖSER LEBET
VNDT WER
DE AM LET
CTEN TA
[g]
VON DER [er]
DEN AUF[e]
RSTEHEN
VND WER
DE WIE
DERVMB
MIT MEIN
ER H
[au]T
VMBGE
[ben]
WERDEN VN[d]
WERDE IM MEI[nem]
fleisch meinen gott sehen
Auf der Rückseite ist das Kreuz mit 12mm starken Stahlstangen auf dem Sockel gesichert. Es handelt sich vermutlich um ein Grabkreuz aus der Mitte des 17.Jh., dass später auf einen Sockel gesetzt und zu einem Weg- / Prozessionskreuz umfunktioniert wurde.

Sage:

Quellen und Literatur:
Vorspohl, Josef Gr. - "Brinkjans Krüüs, in: Wegkreuze und Bildstöcke im Pfarrbezirk St. Ambrosius Ostbevern, hrg. vom Vikar Gr. Vorspohl in Verbindung mit der Pfarrgemeinde St. Ambrosius Ostbevern, 1977, Nr.7
recherchiert und bebildert von Benno Lux, Lünne (Fotos vom Juli 2007)



"Brinkjaris Krüüs"
von Josef Gr. Vorspohl

Standort: An der Bahnhofstraße zwischen Krankenhaus und Altem Friedhof, gegenüber der Schmiede Horstmann-Dertenkötter
Besitzer: Christa Gräfin Soden geborene Gräfin Droste zu Vischering, Soden-Fraunhofen (Bayern)

Brinkjans Kreuz, Vorderseite

Brinkjans Kreuz, Rückseite

Unter zwei mächtigen Linden steht etwas abseits von der Straße auf einem verputzten Backsteinsockel ein altes Kreuz aus Sandstein. Die Gesamthöhe des Mals beträgt 2,20m, davon das mit Hilfe einer eisernen Stützstange auf dem Sockel befestigte Kreuz 1,20m. Die Spannweite des Kreuzes beläuft sich auf 66cm. Mit 7cm "Dicke" wirkt es auffallend zierlich. Seine vier Balkenenden sind je als Kleeblatt gestaltet. Die vier Kreuzungswinkel sind treppenförmig ausgelegt. Der Rand der Kreuzesbalken tritt reliefartig hervor. Auf der dem Betrachter zugekehrten Seite sind im Relief ein ziemlich plump gearbeiteter Christuskorpus und der Kreuzestitulus hervorgehoben. Hände und Füße des Korpus sind von eisernen Nägeln durchbohrt. Unten, am Balkenende der Vorderseite, ist das Jahr 1797 in geschwungenen Zahlzeichen eingraviert. Der Sockel zeigt vorn das Jesus-Symbol IHS mit einem über dem H schwebenden Kreuz. Die dem Betrachter abgewandte Seite des Wegekreuzes (Rückseite) ist ganz belegt mit einer Inschrift aus lauter Großbuchstaben, deren Zahlzeichen sich in der Form deutlich von denen der Vorderseite unterscheiden.
Diese teilweise zerstörte und verwitterte Inschrift hat folgenden Wortlaut (wobei v.d. Verf. ergänzte Buchstaben in Kleinschrift wiedergegeben und Zeilenabschnitte durch Schrägstrich markiert werden): ANNO / 1646 / DEN 27./ MAII IST / DIE TVG / ENTSAME / AGATA MAVRiTII / WEILANT MARTINI VORH.... nach / GELASSENE WITWE AVS IREN Leib und leben / AVFGELÖSET VNDT CHRISTlich gest / ORBEN DEEREN / SELEN GOTT / GENEDIGH / SEI. AMEN / IOB 19:/ ICH WEISS / DAS MEIN ER/ LÖSER LEBET / VNDT WER / DE AM LET / CTEN TAg / VON DER er/ DEN AUFe / RSTEHEN / VND WER / DE WIE / DERVMB / MIT MEIN / ER HauT / VMBGEben / WERDEN VNd / WERDE IM MEInem / fleisch meinen gott sehen.

Die Inschrift dürfte die Erinnerung an eine am 27. Mai 1646 verstorbene Frau mit Namen Agata wachhalten wollen. Ihr Mann muß Mauritius (Moritz) geheißen haben; er hatte die Frau geheiratet, nachdem wohl sein Bruder Martin sie als Witwe hinterlassen hatte. Die vier Buchstaben VORH sollen wohl einen Familiennamen angeben; leider ist er unvollständig erhalten und müßte durch etwa weitere vier Buchstaben zu ergänzen sein.

Dem Gedenktext ist ein hoffnungsvolles Wort aus dem Munde des alttestamentlichen Dulders Job angefügt. Diese Stelle Job 19, 25f. folgt in ihrer deutschen Übersetzung der lateinischen Vulgata-Bibel. Zwischen dem ersten Abschnitt der Inschrift und dem Bibelzitat ist eine heute noch vorhandene quadratische Vertiefung im Stein zu sehen, wohl die alte Stelle für die Verankerung der eisernen Stützstange. Später wurde die Stange dann etwas weiter nach oben versetzt, so daß sie in die Inschrift geriet. Das muß zu einer Zeit gewesen sein, als es nicht mehr so sehr auf die Inschrift ankam, weil das Gedenken an die Verstorbene schon geschwunden war.
Auf die Unversehrtheit der Inschrift wurde keine Rücksicht mehr genommen. "Brinkjans Krüüs" bildet seit alters (bis vor wenigen Jahren) die erste Segensstation am Prozessionsweg zum Kapellenkamp. Es steht am ehemaligen Dorfbrink und daran vorbei führt vom Vorplatz des Krankenhauses herkommend das sogenannte "Brinkjans Pättken". Hinter dem Kreuz stand einst bis zu Anfang dieses Jahrhunderts der Kotten "Brinkjan" oder "Brinkjohann" mit der alten Hausnummer Bevern 41. Der Besitzer dieses Kottens war schon bei der Aufnahme des Urkatasters im Jahre 1829 der Droste zu Vischering. So wird auch das Kreuz bei diesem Kotten durch den Herrn des Hauses Bevern errichtet worden sein. Die Bezeichnung "Brinkjans Krüüs" sagt also nichts aus über ein Besitzverhältnis, sondern meint nur, daß dieses Kreuz an dieser bestimmten Stelle beim Kotten Brinkjan seinen Platz hatte.
Um das für Ostbevern einzigartige Kreuz zu deuten, kommt uns offensichtlich ein Kreuz in Albersloh zu Hilfe, das nach Form, Datierung und technischen Einzelheiten auffallende Parallelen zu Brinkjans Kreuz aufweist, so daß von daher auf eine gleichartige Funktion beider geschlossen werden kann. Wenn wir von dieser Ähnlichkeit der Kreuze ausgehen, so dürfte es sich bei dem alten Kreuz am Dorfbrink in Ostbevern um einen von einem Friedhof geholten, charakteristischen Grabstein handeln, der hier als Wegkreuz wiederverwendet wurde. Es dürfte eines jener Grabkreuze sein, mit dem um 1600 wohlhabendere Leute begannen, die Gräber ihrer Angehörigen auszustatten. Es waren schmale, freistehende Steinkreuze ohne Sockel. Auf welchem Friedhof Brinkjans Kreuz ursprünglich gestanden haben könnte, läßt sich nicht sagen. Auch sind im Sterberegister der Pfarrgemeinde St. Ambrosius Ostbevern für 1646 nur wenige Namen verzeichnet, darunter keine Agata, wie in der hinteren Inschrift des Steins vermerkt. Jedenfalls wurde das Denkmal von einem Friedhof heruntergeholt, mit einem Sockel ausgestattet und an dem Prozessionsweg aufgestellt. Dabei ergab sich wegen der Zierlichkeit des Kreuzes die Notwendigkeit, dieses mit einer Stange abzustützen. Der heutige, relativ primitive Sockel ist wohl nicht der ursprüngliche, der gewiß dekorativer gewesen sein dürfte. Die Jahreszahl 1797, unter dem Korpus des Kreuzes auf der Vorderseite angebracht, weist entweder auf das Jahr der Ersterrichtung an dieser Stelle hin, oder auf das Jahr, in welchem der heutige Sockel gesetzt wurde. Die Prozession zum Kapellenkamp, die an "Brinkjans Krüüs" vorbeigeht, ohne dort allerdings heute noch eine Station abzuhalten, dürfte mit Sicherheit älter sein als das hier vorhandene Kreuz.
(Wegkreuze und Bildstöcke im Pfarrbezirk St. Ambrosius Ostbevern, hrg. vom Vikar Gr. Vorspohl in Verbindung mit der Pfarrgemeinde St. Ambrosius Ostbevern, 1977, Nr.7)


Sühnekreuze & Mordsteine