Österreich Niederösterreich Bezirk Amstetten

Ennsdorf


Hl. Leonhard

Hl. Florian

Basilika
Sonntagberg

Inschrift

PLZ: A-4482

GPS: N 48° 12,383', O 14° 29,929'

Standort: "Kiesgasse", Grundstücksnummer: 444/2, Einlagezahl: 400.

Größe / Material:

Geschichte: Benennung: "Galgenkreuz". Tabernakelpfeiler mit schmiedeeisernem Kreuz bekrönt. Am Tabernakel vier gravierte Kupferplatten mit Hl. Leonhard, Hl. Florian, Basilika Sonntagberg, Inschrift "Zur Erinnerung an die Gerichtsbarkeit des Landgerichtes Burg Enns in Ennsdorf".

Sage: Es war vor langer Zeit. Da saß im finstern Verlies der Burg zu Enns ein "schwerer" Junge. Er hieß der "Betermacher-Hansel" denn er verfertigte Rosenkränze, die im Volksmund "Beter" heißen, und brachte sie dann als Hausierer in den Handel. Seinen eigentlichen Namen hat das Volk, wie das meist der Fall ist, vergessen. Dieser "Betermacher-Hansel" hat es aber trotz der Beschäftigung mit so einem heiligen Dinge, wie es der Rosenkranz ist, "arg getrieben"; außergewöhnlich verbrecherische Taten haben ihn reif gemacht für den Galgen. Nun saß er im feuchten, finsteren Kerker, gleichgültig und stumpfsinnig dahinbrütend und der Stunde Harrend, wo das Urteil vollzogen werden sollte. Eines Morgens öffnete sich knarrend in ihren rostigen Angeln die schwere Kerkertüre und die Gerichtsschergen holten ihn ab zu seinem letzten Gange. Sie traten mit ihm aus der Burg, stiegen, von einem neugierigen Menschenhaufen begleitet, den steilen Ennsberg hinab und verließen durch eines der vier großen Tore, das Ennstor, die mit hohen, mächtigen Mauern umgebene Stadt, gingen der Sonne entgegen, die über den Valentiner Berge gestiegen war. Als er die Morgenluft fühlte, die ihn lind umfloß, als er den Gesang der Vögel in den grünen Zweigen hörte, als er die blaue Himmelsglocke sah und den goldenen Schein der Sonne, die glitzernden Wellen der Enns, die aus weiter Ferne geronnen kamen, als er hinsah über die lieblichen, sonnenbeleuchteten Gefilde, da erwachte in dem Übeltäter neu die Lebenslust. Aber sein Leben war verwirkt, er ging seinen letzten Weg. Langsamer wurde sein Gang und immer langsamer, zögernd setzte er Fuß vor Fuß und die Karawane kam nur langsam von der Stelle. Weder gütliches Zureden, noch Drohworte und Püffe der Gerichtsschergen vermochten den Delinquenten zu schnellerem Gehen zu bringen. Stunde um Stunde verrann und die Sonne stand schon hoch am Himmelsbogen, als sie mit ihm beim Galgen anlangten. Als nach Erledigung der üblichen Formalitäten der Henker den Urteilsspruch vollziehen und den Missetäter an den Galgen knüpfen wollte, da ertönte die Mittagsglocke, die um zwölf Uhr zum Gebet läutete. Man konnte den Verurteilten nun nicht mehr vom Leben zum Tode befördern, sondern musste ihn wieder zurückbringen in seine finstere Zelle; denn nach damaligem Recht durfte, sobald der erste Schlag der Zwölfuhrglocke erklungen war, niemand mehr gehängt werden. Für diesesmal war der Totgeweihte seinem Henker entgangen. Als ihn die Gerichtsschergen zum zweitenmal zum Galgen geleiteten, wiederholte sich das unheimliche Spiel; er hat sich, wie die Leute sagen, noch mehr "zaht". Wieder läutete die Mittagsglocke, ohne dass er zum Hängen gekommen wäre. Das drittemal setzten ihn die Schergen auf einen Karren und fuhren mit ihm zur Gerichtsstätte. Nun gelangs. Als die Mittagsglocke läutete, hing der "Betermacher-Hansel" am Galgen und seine glanzlosen, gebrochenen Augen starrten ins Leere, furchterregend und abstoßend zugleich. Der Richtplatz der landesfürstlichen Burg Enns befand sich auf niederösterreichischem Gebiet (im Gemeindegebiet von Ennsdorf, hart an der heutigen Bundesstraße). (Kneifel 1983)

Quellen und Literatur:
Harrer - Das Galgenkreuz in Ennsdorf bei Enns, in: Bilderwoche der Linzer Tagespost, 6.Jg., Nr.46 vom 17.November 1929
Kainzbauer, Petronella - Kleindenkmale in der Stadtgemeinde Enns, 1980, S.45
Kneifel, Herbert - Das Galgenkreuz in Ennsdorf, in: Sagen aus Enns, Oberösterreichische Heimatblätter, 37.Jg., 1983, Heft 4, S.325f
recherchiert und bebildert von Harald Hartmann, Klosterneuburg (Fotos vom 18.Juli 2010) und Manfred Beck, Wutha-Farnroda


Sühnekreuze & Mordsteine