Deutschland Rheinland-Pfalz Lkr. Südliche Weinstraße

Gleisweiler (I - III)
Zur Einzelansicht die Steinkreuze anklicken.

Gleisweiler I Gleisweiler II Gleisweiler III

Zustand 2013
Fotos: Ohmsen

PLZ: 76835

GPS: N 49° 14.566', O 8° 04.440'

Standort: Steinkreuznest im Gewann Kreuz, an der Straße nach Burrweiler.

Geschichte: Gruppe mit drei Kreuzen, bei zwei Steinkreuzen fehlt ein Arm. Am südlichen Kreuz ist im Schnittpunkt der Arme ein Sesel (ein Rebmesser) eingemeißelt. Mit ihnen verbindet sich die Vorstellung, dass im Jahr 1468 die so genannte "Seselschlacht" wegen eines Streits um Weiderechte stattgefunden hat, bei der die Bauern mit Seseln als Waffen gekämpft hatten. Um 1905 sollen auf der Gemarkung Gleisweiler noch zehn solcher Kreuze vorhanden gewesen sein. Im Rahmen der Flurbereinigung wurde östlich der L 519 zwischen Gleisweiler und Burrweiler eine kleine Grünanlage geschaffen, in der ein Bildstock, drei Steinkreuze und mehrere alte Grenzsteine aufgestellt wurden.

In den 60er Jahren des 15. Jahrhunderts nach Krieg und Pestilenz waren die Pfälzer wieder einmal dabei, ihre Häuser aufzubauen, neue Wingerte anzupflanzen und die Felder zu bestellen. Die Bevölkerung nahm zu, ebenso der Viehbestand. Das hatte ein stark steigendes Bedürfnis nach neuem Acker- und Weideland zur Folge. Rindvieh, Ziegen und Schafe weideten in den Wäldern, den genossenschaftlich bewirtschafteten Hain- und Haardtgeraiden. Und die Schweine wurden zu Eichelmast und Eckerich ebenfalls in den Wald getrieben. Eifersüchtig achteten die Bauern darauf, daß kein fremdes Viehzeug in der eigene Geraide unerlaubt mitfraß.
Man schrieb das Jahr des Herrn 1468. In Burrweiler und Gleisweiler hatte man ein besonders wachsames Auge auf Flemlingen und Roschbach. Hatten die Nachbarn doch die Absicht bekundet, den Wald als Weide für ihre Tiere zu nutzen und sogar den vergeblichen Versuch unternommen, Vieh dorthin zu führen. Diese Absicht hatten ein paar junge Burschen früh genug bemerkt und zu vereiteln gewußt.
Die verfeindeten Dörfer gehörten zur gleichen Haingeraide, der zweiten. In einer Heidelberger Handschrift aus dem frühen 16. Jahrhundert, offenbar einer kurpfälzischen Kanzleiabschrift eines älteren, verloren gegangenen Originals, heißt es (Rechtschreibung war damals noch unbekannt): "Die Zwiidt Heyngereidene. Diser gereiden bruderschafft sindt Inngeleibt. Alß Waltzheim, unnd Bochingenn seindt das haupt habenn denn Zentschultheß Buhrweiler hatt die loochaxt, undt waldzeichen. Gleißweiler, Roßbach, Flemlingen...". Nun war es nicht ungewöhnlich, daß sich Geraidegenossen untereinander stritten, wenn es um vermeintliche Rechte ging. Ob in diesem Fall Burrweiler und das verbündete Gleisweiler den Nachbarn aus Not das Weiderecht im Wald streitig machten, oder ob ein paar Scharfmacher ihren Besitz mehren wollten, bleibt unklar.
Eines Tages war es dann soweit: Die Flemlinger und Roschbacher wollten es wissen und trieben mit einer kleinen "Streitmacht" Vieh in Richtung Wald. Aber die Gegner hatten Acht gegeben und versperrten ihnen den Weg. Es ging zunächst, wie so etwas immer zu beginnen pflegt. Ein Wort gibt das andere, hitzige Verwünschungen fliegen hin und her, dann fliegen die Fäuste und Steine, Knüppel werden geschwungen und es setzt die ersten Beulen. Ja, und dann geschah es. Einer zog sein Sesel aus dem Hosensack, noch einer und noch einer. Bald schrie der erste Verwundete auf, dann lagen Tote am Boden. Tote auf beiden Seiten, Verwandte, Freunde und gute Bekannte.
Noch heute erinnern uns drei Sühnekreuze und ein arg ramponierter, heute liebevoll restaurierter, gotischer Bildstock an die Seselschlacht von Burrweiler. Eines der beiden äußeren Kreuze, deren Querbalken auf einer Seite abgeschlagen sind, trägt zur Erinnerung und Mahnung für die Nachwelt eingemeißelt ein Sesel. Elisabeth und Herbert Messmer vom Weingut gleichen Namens in Burrweiler erinnern sich vage an Berichte über diese "Schlacht". Elisabeths Mutter, die frühere Burrweiler Lehrerin Beate Anselmann, hatte seinerzeit gern von der Seselschlacht im Unterricht erzählt. (Oberste-Lehn 1999)

Sage: Die Einwohner von Burrweiler und Gleisweiler hatten sich so stark vermehrt, dass sie ihre Weinberge immer mehr in das gemeinsame Weideland ausdehnen mussten. Deshalb beschlossen sie, den Roschbachern und Flemlingern die Viehtrift zu wehren und verjagten deren Hirten und Herden, die aber am nächsten Tag, von ihren bewaffneten Bauern begleitet, wieder erschienen. Die Bewohner von Burrweiler und Gleisweiler ergriffen ebenfalls ihre Waffen und es kam zu der sog. Seselschlacht, bei der das Rebmesser die Hauptwaffe war. An den Gräbern der Gefallenen wurden die Steinkreuze aufgerichtet.

Quellen und Literatur:
Weinmann, Fred - Drei Kreuze auf dem Feld der "Seselschlacht", in: Kultmale der Pfalz, Pilger-Verlag Speyer 1975, S.15-17 = Kultmale unserer Heimat, in: Der Pilger, 122.Jg., Nr.5, S.145, 30.1.1972
Weinmann, Fred - Steinkreuze und Bildstöcke in der Pfalz, 1973, S.28-29, Ziff.43-45
Oberste-Lehn, Gert - Altes Wahrzeichen der Winzer (Das Sesel - ein uraltes Werkzeug im Weinbau der Pfalz), in: Heimatjahrbuch 2000 Landkreis Bad Dürkheim, 1999, S.85-88
recherchiert und bebildert von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach (Fotos von August 2005)
Ergänzungen von Michael Ohmsen, Leipzig (Fotos vom 5.08.2013)



Gleisweiler (I)
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Größe / Material: 66:50:18 / Sandstein

Geschichte:

Sage: siehe oben

Quellen und Literatur:
Weinmann, Fred - Drei Kreuze auf dem Feld der "Seselschlacht", in: Kultmale der Pfalz, Pilger-Verlag Speyer 1975, S.15-17 = Kultmale unserer Heimat, in: Der Pilger, 122.Jg., Nr.5, S.145, 30.1.1972
Weinmann, Fred - Steinkreuze und Bildstöcke in der Pfalz, 1973, S.28-29, Ziff.43
Oberste-Lehn, Gert - Altes Wahrzeichen der Winzer (Das Sesel - ein uraltes Werkzeug im Weinbau der Pfalz), in: Heimatjahrbuch 2000 Landkreis Bad Dürkheim, 1999, S.85-88




Gleisweiler (II)
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Abbildung bei
Weinmann (1973)

Größe / Material: 70:50:22 / Sandstein

Geschichte: Noch deutlich erkennbar ist die Eingearbeitete Sesel. Auf der Abbildung bei Weinmann (1973) ist zu erkennen, dass die Beschädigung des rechten Armes damals deutlich geringer war als heute.

Sage: siehe oben

Quellen und Literatur:
Weinmann, Fred - Drei Kreuze auf dem Feld der "Seselschlacht", in: Kultmale der Pfalz, Pilger-Verlag Speyer 1975, S.15-17 = Kultmale unserer Heimat, in: Der Pilger, 122.Jg., Nr.5, S.145, 30.1.1972
Weinmann, Fred - Steinkreuze und Bildstöcke in der Pfalz, 1973, S.28-29, Ziff.45
Oberste-Lehn, Gert - Altes Wahrzeichen der Winzer (Das Sesel - ein uraltes Werkzeug im Weinbau der Pfalz), in: Heimatjahrbuch 2000 Landkreis Bad Dürkheim, 1999, S.85-88




Gleisweiler (III)
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Größe / Material: 95:77:19 / Sandstein

Geschichte:

Sage: siehe oben

Quellen und Literatur:
Weinmann, Fred - Drei Kreuze auf dem Feld der "Seselschlacht", in: Kultmale der Pfalz, Pilger-Verlag Speyer 1975, S.15-17 = Kultmale unserer Heimat, in: Der Pilger, 122.Jg., Nr.5, S.145, 30.1.1972
Weinmann, Fred - Steinkreuze und Bildstöcke in der Pfalz, 1973, S.28-29, Ziff.44
Oberste-Lehn, Gert - Altes Wahrzeichen der Winzer (Das Sesel - ein uraltes Werkzeug im Weinbau der Pfalz), in: Heimatjahrbuch 2000 Landkreis Bad Dürkheim, 1999, S.85-88



Drei Kreuze auf dem Feld der "Seselschlacht"
 Drei Kreuze bei Gleisweiler
von Fred Weinmann

Wenn wir von Gleisweiler in die Ebene hinabsteigen, stoßen wir an einem Feldweg "In der Lehmengrube" auf drei niedrige Steinkreuze, die am Rande eines Weinberges stehen. In einen dieser teilweise beschädigten Steine ist ein Rebmesser, auch Sesel genannt, eingehauen. Nur selten bereichern Inschriften die ältesten Kreuze; denn die allerwenigsten Menschen konnten damals lesen. Bildzeichen treten dagegen des öfteren auf. Diese Abbildungen geben Wappen, Waffen, Werkzeuge und Geräte wieder. Es sind Zeichen zeitlosen Charakters, die zumeist, wie dieses Rebmesser, in einer naiv kindlichen Handschrift geschaffen sind. Ob diese Bilder bäuerliche Hausmarken, Berufszeichen oder die Mordwaffe darstellen, ist nicht geklärt.

Die Überlieferung bringt diese Kreuze bei Gleisweiler mit der „Seselschlacht" in Verbindung. Sie erzählt, daß in längst vergangenen Zeiten unter den Dörfern der mittleren Haingeraiden, eines gemeinsamen alten Bauernwaldbesitzes, die Einwohner von Burrweiler und Gleisweiler sich so stark vermehrt hatten, daß sie, um ihre Existenz zu sichern, die Anbaufläche der Reben vergrößern mußten. Sie legten neue Weinberge in dem allen gemeinsamen Weideland an und beschlossen deshalb den Roschbachern und Flemlingern, die Mitbesitzer waren, die Viehtrift zu wehren. Sie verjagten eines Tages deren Herden und Hirten. Doch das ließen sich diese nicht bieten. Sie begleiteten ihre Herden und Hirten ins gemeinsame Weideland und nahmen als Waffen ihre Sesel mit. Als die Einwohner von Burrweiler und Gleisweiler die Nachbarn anrücken sahen, griffen sie ebenfalls zu ihren Rebmessern, und es kam zur sogenannten "Seselschlacht".

Über den Gräbern der Gefallenen sollen diese drei Kreuze aufgerichtet worden sein. Nicht weit von hier erhebt sich auch ein beschädigter Bildstock, der die Stilmerkmale der Gotik aufweist. Sein Schaft trägt ein Wappenschild, das zwei Rebmesser füllen. Auch dieses Mal wird mit dem Streit der Dörfer in Verbindung gebracht. Die Zahl der Steinkreuze betrug nach Mitteilung älterer, verlässigen Personen noch vor vier Jahrzehnten mindest zehn; sieben wurden als „hinderlich" entfernt. Die Sage berichtet auch hier wieder von einem gewaltsamen Tod. Die drei Kreuze können sowohl Gedenk- wie auch Sühnekreuze sein. Die klassische Zeit der vertraglichen Sühne für einen Totschlag mit der Buße des Steinkreuzsetzens am Ort der Tat liegt zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert. Erst der Wandel im religiösen Denken, die bilderfeindliche Haltung der Reformation, sowie das Erstarken der weltlichen Gerichtsbarkeit unter Kaiser Karl V. durch das römische Recht – in der Carolina verankert – ließen diesen Brauch des Sühnekreuzes immer seltener werden.
(Text und Foto: Fred Weinmann in: Kultmale der Pfalz, Pilger-Verlag Speyer 1975, S.15-17 = Kultmale unserer Heimat, in: Der Pilger, 122. Jg., Nr. 5, S.145, 30.1.1972)




Gleisweiler (IV)

GPS: N 49° 14,553', O 8° 4,388'

Standort: An der Straße nach Burrweiler, in der Nähe der drei Steinkreuze.

Größe / Material: 240cm hoch

Geschichte: Bildstock mit kreuzförmigem Satteldach. In der Nische ein Relief (Maria mit Christus vor dem Kreuz), am Schaftansatz ein schräg gestelltes Wappenschild. Der Schaft stark gefast bzw. achtseitig. Standort beetartig eingefasst.

   46. Unweit der drei Kreuze erhebt sich ein Bildstock, der leider am Gehäuse stark beschädigt ist. Ein schlanker achteckiger Schaft, der unten und oben in einen viereckigen übergeht, trägt das Gehäuse mit dreieckig geschlossener, leerer Nische auf der Vorderseite. Die Seiten des Tabernakels sind mit Blendmaßwerk verziert. Unterhalb des Aufsatzes ist ein Wappenschild mit zwei Sesel angebracht. Dieser 240cm hohe Stock zeigt gotische Stilmerkmale (14./15.Jh.) und wird im Volksmund mit der "Seselschlacht" in Verbindung gebracht. (Weinmann 1973)

Quellen und Literatur:
Weinmann, Fred - Steinkreuze und Bildstöcke in der Pfalz, 1973, S.29, Ziff.46
recherchiert und bebildert von Michael Ohmsen, Leipzig (Foto vom 5.08.2013)


Sühnekreuze & Mordsteine