Deutschland Rheinland-Pfalz Lkr. Südliche Weinstraße

Taubensuhl (I)


Zustand 2011

Zeichnungen: Pfälz.Arbeitskreis für hist.Grenzsteine

Grenzfels Nr. 37

PLZ: 76853

GPS: N 49° 17,614', O 7° 58,807'

Standort: Zwischen Taubensuhl und Heldenstein am Hainfelder Wald, etwa 30m nördlich der Forststraße.

Größe / Material: 63:200:160 / Sandstein

Geschichte: Die Felszeichnung wurde kürzlich bei Forstarbeiten stark beschädigt und die Felsplatte dabei um 90° gedreht! (Wild 07/2011)

Auf der Grenze der Haingeraiden (ehemals gemeinschaftlich genutzter Waldbezirke) - heute Gemarkungsgrenze des Hainfelder Hinterwaldes zum Roschbacher Wald - befindet sich nordöstlich des an der alten Hochstraße stehende Rittersteins Nr.75 "Todtermann" der Grenzfels Nr. H 40 / Ro 35, in den ein plumpes Männchen eingemeißelt ist.
Das Felsbild ist nur wenigen "Grenzgängern" bekannt, in der ausgewerteten Literatur wird nur auf den damit verbundenen Flurnamen eingegangen. Etwa 250 m weiter östlich befindet sich am Grenzfels Nr. H 37 / Ro 38 eine Einmeißelung, die einem Strichmännchen ähnelt.

Sage: An dieser Stelle kam ein Mann namens Jost zu Tode, welcher der "Kräuter-Jost" hieß.

Quellen und Literatur:
Christmann, Ernst - "Am toten Mann" - "Totenkopf" - "Rennpfad" oder "-weg", in: Pfälzer Heimat 6.J. 1955, S.23-28
recherchiert und bebildert von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach



"Am toten Mann" - "Totenkopf" - "Rennpfad" oder "-weg"
Zugleich ein Beitrag zur Römerstraßenforschung.

Wohl verstehen wir den Wortsinn von "Toter Mann" und "Totenkopf", wenn diese Wörter auf den Menschen bezogen werden; aber wie kam es zur Übertragung auf Bodenstücke? Das ist aufzuklären. Hier ist die Methode, auf möglichst alte Formen zurückzugehen, zumeist erfolglos; denn höchst selten einmal gelangen wir in den Besitz eines Berichts, wie es da oder dort zu solchen Benennungen kam. Deshalb müssen wir noch einen ändern Weg einschlagen: uns in einem möglichst weiten Raum, nicht bloß der pfälzischen Heimat umsehen, ob nicht von anderswoher Aufschluß zu erhalten ist oder gleich oder ähnlich gelagerte Verhältnisse zum mindesten Anhaltspunkte gewähren.

Der Flurname "Am toten Mann" kommt in der Pfalz mehrfach vor, so zu Weilerbach (Kreis Kaiserslautern), zu Gerbach und Ruppertsecken (Kr. Rockenhausen), zu Rodenbach (Kr. Kirchheimbolanden), östlich von Höningen (Kr. Frankenthal) für einen 421m hohen, bewaldeten Berg "Todtermann" zu Weisenheim a. Bg. (Kr. Neustadt), wohl auch noch in mehr Gemarkungen. Ich stelle weiter dazu "Toter Mann" auf der pfälzisch-lothringischen Grenze südlich von Eppenbrunn (Kr. Pinnasens) und "Toter Mann" zu Püttlingen im Saargebiet, ferner dreimal "Am toten Mann" in Hessen-Nassau und 28-mal "Toter Mann" in Sachsen. Theodor Zink meint in seinen "Pfälzischen Flurnamen" (1923) S.174: "Am toten Mann geschah Unglück oder Verbrechen." Dazu stimmt, daß Hans Beschomer 1936 im "Sächsischen Flurnamensammler"
1) Heft 9 feststellt:

"Die Theorie von P. Zschiesche, "Tote Mann" sei immer auf vorgeschichtliche Gräber zurückzuführen, ist nicht haltbar ... Bei einigen davon ist noch klar erweisbar, auf welche Ereignisse der Name zurückgeführt werden kann, zum Teil solche im 19. Jahrhundert ... Der Name ist also aus gewaltsamen Todesfällen zu erklären, und nur einzelne gehen im Bergbaugebiet auf alte, verlassene Stollen zurück."

Da es bei den aufgeführten pfälzischen "Toten Männern" keinen Bergbau gibt oder gab, werden wir also Theodor Zinks Erklärungen zustimmen, wollen jedoch hinzufügen: in einzelnen Fällen müssen an den betreffenden Plätzen nicht Unglücksfälle oder Verbrechen zum Tod eines Mannes geführt haben, sondern kann auch ein Handwerksbursche oder anderer Fahrender in aller Stille eines natürlichen Todes gestorben sein, und die Auffindung des "Toten Manns" machte auf die Bewohner der Umgegend solchen Eindruck, daß es zur Bodenbenennung "Am toten Mann" kam.
Man könnte gegen diese Deutung einwenden: "Dann müßten wir aber doch auch auf weibliche Opfer von Unglücksfällen oder Verbrechen deutende Flurnamen haben!" Wir haben sie; zu Münchwies im Kreis Ottweiler a. d. Blies, das nahe an der pfälzischen Grenze liegt, treffen wir "An der toten Frau", und man erzählt sich im Dorf, daß Verbrecher daselbst eine von ihnen ermordete Frau verscharrt hätten. Zu Oberotterbach (Kreis Bergzabem) gibt es nicht weit vom "Verfallenen Kreuz" am "Höhenweg" und damit nicht weit von 3 Schanzen aus den Revolutronskriegen 1793/1794 eine Gewanne "An der toten Frau", im Volksmund "An de doot Frää". "Der Name rührt zweifelsohne daher, daß hier eine tote Frau gefunden wurde, die vielleicht in der erwähnten Schlacht" - nämlich am 13. Okt. 1793 - "den Tod fand", heißt es in Nr.11 des Jahrg. 1934 des "Wasgau-Boten". Da aber schon 1494 im Guttenberger Salbuch (im Staatsarchiv Speier) ein Acker so aufgezeichnet ist: "inn der Daten frauwen, ... stoßt mit dem ändern ort (d. i. Ende) off den Höhe weg", ist die Benennung mindestens 300 Jahre älter. Zu Cranberg im hessen-nassauischen Kreis Usingen gesellt sich "Im toten Mädchen" dazu2), und für Sachsen fuhrt Hans Beschorner in der oben genannten Zeitschriftenbeilage noch eine lange Liste von Flurnamen an wie "Die tote Frau", "Die tote Jungfer", "Die Tote-Magd-Büsche", "Der Tote-Magd-Weg", "Die toten Weiber", ferner auf ganz bestimmte Tote deutende Benennungen: "Beim toten Grünberg" (letzteres ist Familienname), "Der tote Pfaffe", "Schmidts-Tod", "Der tote Schlosser" usw. Diese Fülle von Belegen, die Hans Beschorner beibringt, überzeugt ja wohl.
Nun vermögen wir auch einen pfälzischen "Toten Mann" zu verstehen, der wohl noch wenig oder gar nicht bekannt geworden ist. Als der Rhodter Schultheiß und Haingeraiden-Vorsteher Johann Konrad Eberhard zwischen 1770 und 1781 den Verlauf der Grenzen der dritten Haingeraide mit den Dörfern Edesheim, Rhodt, Hainfeld und Weyher beschrieb, wie es uns im Staatsarchiv Speier, Abtlg. Hochstift Speier, Akte Nr.188c erhalten ist, verfolgte er diese Grenze südlich am Steigerkopf vorbei nach Westen hin über den Hermeskopf, für den er "Herbeßkopf" schreibt und der südwestlich vom Forsthaus Heldenstein 583m aufragt. Er zeichnete Stein um Stein auf, Fels um Fels und gelangte schließlich zum "Kieseleckerbild" (493m). Zwischen Hermeskopf und Kieseleckerbild gibt er bei Grenzzeichen Nr.141 an: "Ein groser feltzen (Felsen) gegen dem Toden Mann, oder greider Jost genandt", dann unter Nr.146 noch einmal: "Ein groser feltzen Bey dem Todten Mann". Derselbe Geraidevorsteher schrieb aber auch noch eine Grenzbeschreibung aus dem Jahr 1602 ab, welche die Grenze in der Richtung von West nach Ost verfolgt: "... und dann für (d. i. vor) Von Einem zu den antern, an das Kiesel Eck (heute "Kieseleckerbild"), .so in den Weg füran, Biß an den Creider Jost, genanden Toden mann". So in dem gleichen alten Buch im Staatsarchiv Speier auf Blatt 141. Ich deute: an dieser Stelle kam ein Mann namens Jost zu Tode, welcher sich durch Kräutersammeln ernährte und deshalb der "Kräuter-Jost" hieß. Für die breite Öffentlichkeit war der aufgefundene Unbekannte ein toter Mann, für den weit kleineren Kreis seiner Bekannten aber der "Kräuter-Jost"; so siegte als Benennung des Platzes der von der Mehrheit gebrauchte Name "Am toten Mann", wenn sich auch noch eine Zeit lang daneben "Am Kräuter-Jost" behaupten konnte. Die Schreibung "Greider-Jost" braucht uns nicht zu beirren; finden wir doch bei dem Rhodter Schultheißen auch regelmäßig "feltzen" statt Felsen, "Pat" für Pfad usw. Es ist bis jetzt das einzige pfälzische Beispiel, wo der tote Mann namentlich erkennbar, wenn auch nicht die Art seines Todes zu ermitteln ist.

Anmerkungen:
1) Beilage zu "Mitteldeutsche Bll. f. Volkskunde" XI (1936)
2) Jos. Kehrein, Nass. Namenbuch (Bonn 1872), an alphabet. Stelle

(Abschnitt I aus "Kleine Beiträge" von Ernst Christmann, in: Pfälzer Heimat 6.J. 1955, S.23-28)



Taubensuhl (II)

GPS: N 49° 17,597', O 7° 58,750'

Standort: Neben der Forststraße (Hochstraße) zwischen Taubensuhl und Heldenstein, zwischen Ersterkopf und Silzkopfgrund.

Größe / Material: ca. 1m hoch / Sandstein

Geschichte: Benennung: "Ritterstein". Auf dem Findling die Einmeißelung:
TODTERMANN
P.W.V.
Hinweisstein auf den weiter nördlich stehenden Grenzstein (s.o. = Nr.I)
"Rittersteine"sind zumeist Sandsteinfindlinge unterschiedlicher Größe, die der Pfälzerwaldverein (PWV) im Gebiet des Pfälzerwaldes aufgestellt hat, es können aber auch ganze Felsen sein, die diese typischen Schriften tragen und die dadurch zu "Rittersteinen" gemacht wurden. Der "typische Ritterstein" ist also ein Sandsteinbrocken oder Felsen mit eingemeißelter Inschrift und dem Kürzel P. W. V., dessen Schrift mit gelber Farbe nachgezeichnet wurde. Sie stehen an bemerkenswerten Örtlichkeiten, die man als solche oft gar nicht erkennt.

Der Name geht auf alte Grenzbeschreibungen zurück. 1780 wird das Felszeichen Nr.141 der dritten Haingeraide beschrieben: "Ein großer feltzen gegen den Toden Mann, oder greider Jost genannt." Bereits in der Abschrift einer Grenzbeschreibung von 1602 wird dieser Name genannt. (Eitelmann 1998)

Sage: An dieser Stelle kam ein Mann namens Jost zu Tode, welcher der "Kräuter-Jost" hieß. Für das Volk der weiterung Umgebung war der aufgefundene Unbekannte einfach ein toter Mann. In der engeren Umgebung war er aber bekannt als Kräuter-Jost. Mit der Zeit blieb es bei der Benennung der Fundstelle mit dem Namen "Todtermann". (Eitelmann 1998)

Quellen und Literatur:
Christmann, Ernst - "Am toten Mann" - "Totenkopf" - "Rennpfad" oder "-weg", in: Pfälzer Heimat 6.J. 1955, S.23-28
Eitelmann, Walter - Rittersteine im Pfälzerwald, 4.Aufl., Neustadt a.W. 1998, S.68f.
rittersteineundmehr.de
recherchiert und bebildert von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach (Foto von 2011)


Sühnekreuze & Mordsteine