Blick zum Standort |
PLZ:
01796GPS:
N 50° 55,974', O 13° 56,856'Standort:
An der Ortsgrenze zwischen Rottwerndorf und Goes an der Brücke über die Gottleuba auf dem Flurstück 59.Größe / Material:
155:73:22 / SandsteinGeschichte:
Malteserkreuz, keine Einritzungen. Das Steikreuz wurde im August 2007, in drei Teile zerbrochen, 180m flussaufwärts von der Goeser Gottleubabrücke im Uferbereich gefunden. Nach Restaurierung steht es seit dem 6. September 2007 am jetzigen Standort.Sage:
Quellen und Literatur:
Zwei umsichtige Anwohner, Herr Wolfgang Streek und Herr Ferry Weihs erkannten von einander unabhängig die drei Teile
eines 1,55m langen zerbrochenen Sandsteinkreuzes. Nach mittelalterlichem Maß beträgt die Länge exakt 5 Fuß. Diese Bruchstücke lagen etwa
180m flussaufwärts von der Goeser Gottleubabrücke im Wasser des östlichen Uferbereichs.
Möglicherweise hatte erst das Hochwasser des Jahres 2002 das Kreuz aus dem Geröll gespült und zerstört, denn die Bruchstellen sind scharf
und somit frisch. Dort muß es mindestens über 150 Jahre allen Blicken verborgen gewesen sein und war bald gänzlich vergessen. Vermutlich ist es
dasjenige, welches Franz Louis Bösigk 1857 in seiner Schrift "Ueber Mordkreuze" benannte. Bei ihm liest man nähmlich das Folgende: "Auf dem
von Pirna nach Rottwerndorf führenden Wege, an dem sogenannten hohen Raine, war bis vor wenigen Jahren noch ein Steinkreuz zu sehen, das bei
der Verlegung der Straße aber verschwunden ist." Annehmbar handelt es sich am "Weg von Rottwerndorf", wie die Verbindung nach Pirna auf dem
sogenannten Meilenblatt ("Freiberger Kopie") um 1840 lautet, nunmehr um den Wiederfund. Und annehmbar ist bald darauf dieser Weg zu einer Straße
ausgebaut und ein wenig von der Gottleuba abgerückt worden. Wie das Originalmeilenblatt zu erkennen gibt, das rund 40 Jahre früher entstand, also
um 1800, kann an der Fundstelle sich sogar eine Furt als Durchfahrt von und nach Goes befunden haben. Tatsächlich lässt sich an dieser Stelle der
Rest einer heute im Fluß wegeartig verlaufenden Pflasterung aus Sandsteinen feststellen. Auf älteren topographischen Karten und sogar noch im Gelände
sieht man im Wald am oberen Beginn der großen Straßenkurve von Goes aus den in Verfüllung geratenen Hohlwegeinschnitt, der, steil hinabführend, die
Kurve abkürzt, um die vermutete Furt zu erreichen. Nur die jüngere Brücke hat den Weg später im unteren Abschnitt nach links, zu ihr hin abgelenkt.
Diese Beobachtungen haben Bedeutung zur Beurteilung der Standorte spätmittelalterlicher Steinkreuze, die nie weglos aufgestellt wurden. Das hätte
ihrer Bestimmung widersprochen. Denn sie erfüllten den Sinn eines Totengedächtnisses für plötzlich eingetretenen Tod, sei er die Folge von Totschlag, Mord,
Unfall oder sei er unversehens auf natürliche Weise erfolgt. Es war nicht nötig, mit dem kreuzförmigen Gedenkstein ausdrücklich die Todesstelle zu markieren,
sondern es war sinnvoll, eine Stelle für das Kreuz zu finden, an der Begängnis war. Die Mitmenschen sollten für die arme Seele beten, die, unvorbereitet für das
himmlische Reich, erst durch das Fegefeuer hindurch ein lange Reinigung erdulden musste. Eifrige Gebete verhalfen ihr rascher aus der Verdammnis - so die
damalige Vorstellung. Also dienen die Steinkreuze vordergründig der Memoria, des ewigen Gedächtnisses an den Toten und damit des unheilvollen Geschehens.
So sind sie vom Anfang an gewollte Denkmäler. Zumeist bleibt uns aber der Hintergrund verschlossen: Die von uns gern gewusste Ursache für die Errichtung
des Denkmals im Einzelfall bleibt im Dunkeln.
Leider gibt es auch über dieses Fundstück keine geschichtliche Nachricht. Das Kreuz kann ein sogenanntes Sühnekreuz für einen begangenen Totschlag
sein, muß es jedoch nicht. Richard Kutsche hat 1933 in der Zeitschrift "Über Berg und Tal" sämtliche Sühneverträge von 1437 bis 1521 aus den Pirnaer
Stadtbüchern aufgelistet. Allerdings geben sie keinen Hinweis auf dieses Kreuz, weil für die darin verlangten steinernen Kreuze nicht die jeweiligen Aufstellungsplätze
angeführt sind. Am Kreuz selber finden sich keine Charakteristika für seine einstige Veranlassung, wie etwa Einritzungen von Waffen oder Geräten, gar Inschriften
oder wenigstens eine Jahreszahl.
Der Zufall wollte es, dass am 22. August 2007 Herr Hartmut Gräfe von der Unteren Denkmalbehörde des Landkreises Sächsische Schweiz in einer anderen
Steinkreuzangelegenheit mit Herrn Bechstedt, dem ehrenamtlichen Beauftragten für Denkmalpflege für das Sachgebiet Steinkreuze und mit Herrn Harald Quietzsch,
einem ehemaligen professionellen Bodendenkmalpfleger des Landesamtes für Archäologie zusammentraf. Er konnte berichten, dass er am gleichen Tage einer
amtlichen Fundmeldung von Ferry Weihs über die gesichteten Trümmer eines bisher unbekannten Steinkreuzes am straßenseitigen Gottleuba-Ufer der
Rottwerndorfer Straße nachgegangen sei. Noch am Spätnachmittag haben die Unterzeichneten unter tatkräftiger Beteiligung durch Wolfgang Streek die beiden
leichteren Armteile des Kreuzes aus dem Wasser gezogen und sichergestellt. Das einige Zentner schwere Schaftstück mit seinem ausgeprägten Fuß wurde
wenige Tage darauf vollständig freigelegt und mit Roll- und Hebeltechnik, Verstand und Muskelkraft einiger sofort hilfsbereiter Anwohner über schwieriges Gelände
hinweg zur Rottwerndorfer Straße bewegt. Herr Axel Striebing übernahm mit dem Gabelstapler seines Sägewerkes den Straßentransport zur Firma. Selbst ein
idealer Standplatz war schon auf dem Flurstück Nr.59 der Gemarkung Goes gefunden worden: nördlich der Straße nach Goes und unmittelbar westlich der
Gottleubabrücke, auf einem Rasenstück. Der Grundeigentümer, Herr Stiebing, stimmte spontan und begeistert sowie mit viel Verständnis für das wertvolle, über
500jährige Steinkreuz zu. Mut zum Gelingen einer tagelangen restauratorischen Arbeit, Zuversicht und Sachverstand setzte Steinmetz Jochen Wustmann aus
Goes ein, dem Peter Bechstedt zur Seite stand. Mittels mehrfacher Stiftung, dem haltbaren Kleber und dem eingefärbten Steinmehl gelang das Werk.
Seit dem 6. September ist das stattliche Kreuz öffentlich zugängig und zu bestaunen, gewissermaßen als ein offenes Denkmal: 118cm hoch, 73cm breit,
durchschnittlich 22cm stark, wobei sich der Körper nach unten deutlich verstärkt. Arme und Schaft bilden steile Winkel zur Kreuzung hin. Die Sohlenfläche des
jetzt im Boden steckenden Fußes ist leicht durchgebogen gestaltet und sauber bearbeitet. Seine gestalterischen Abweichungen in der Symmetrie der Längs- und
Querachse machen das Kreuz dem Betrachter lebendig. Trotzdem hat es der unbekannte Steinmetz seinerzeit allseitig sorgfältig gearbeitet. Man sieht noch
deutliche Arbeitsspuren.
Es muß ausdrücklich und dankbar festgehalten werden, dass alle Beteiligten ehrenamtlich mitarbeiteten - jeder mit seinen Möglichkeiten - und alle Tätigkeiten
zur Wiedergewinnung des alten Flurdenkmales dem öffentlichen Haushalt keinerlei Kosten verursachten, eingeschlossen Bierumtrunk, Fahrtspesen und
Einweihungsfest. Die Berichterstattung über diese denkmalpflegerische Leistung vieler, die sich bei der Aufgabe zu einer begeisterten Gemeinschaft fanden, soll
die Blicke der Bevölkerung für das neue alte Denkmal schärfen, das nunmehr auffällig in der Öffentlichkeit steht und sicherlich Fragen aufwirft.
Bergung der drei Bruchstücke. | |