Kuhfahl (1928) |
Müller / Quietzsch (1977) |
Bachmann (1936) |
Kuhfahl (1928) |
einer Karte von F.L. Aster (1780-1806) |
PLZ:
01737GPS:
N 50° 56.623', O 13° 30.945'Standort:
Südsüdöstlich vom Ort, im Tharandter Wald, Forstrevier Grillenburg Abt. 48, etwa 60m ostnordöstlich der Schneise 14 und 20m nördlich des die Abteilung querenden Baches.Größe / Material:
104:59:24 / SandsteinGeschichte:
Das Steinkreuz wird hier "Günthers Kreuz" genannt. Der Schaft im unteren Teil zu blockartiger Fußbildung abgesetzt; die Kanten des Schaftes an der Schauseite leicht gefast. Kopf und beide Arme mit alten Abschlägen, dadurch die Inschrift mit Textverlust. Sie konnte nach einem Eintrag im Dorfhainer Kirchenbuch ergänzend gedeutet werden. Aus der Textstelle im Kirchenbuch geht aber nicht hervor, ob es sich um Totschlag, Mord oder einen Unglücksfall handelte. Auf der Ost-Seite, beginnend im Kopf und endend am Schaft-Fuß-Ansatz, eingemeißelt in Antiqua:[AM TA]GE EGIDII + IST + GV[NTHER] [P]ITZSCH + VONN + S[EINEM] EIDEM ALLHIER + E[RSCHO] SSEN + WORDEN GOT GN[ADE] BALTZER PIE TZSCH + VND HANS GUT KEES + HABEN DIS CREVTZ MA[chen] LA[ssen] |
Sage:
1. Duell, wobei der Förster erschossen wurde.Quellen und Literatur:
In seinem Buch über die alten Steinkreuze in Sachsen berichtet Dr. Kuhfahl,
daß von den ungefähr 300 noch vorhandenen sächsischen Steinkreuzen kaum ein Dutzend eine Inschrift längeren oder kürzeren
Inhalts aufweist. Eins von diesen wenigen ist das erst seit 1920 allgemeiner bekannt gewordene Steinkreuz im Tharandter Walde
südlich der Grillenburger Waldwiese, das deshalb im Dr. Kuhfahlschen Werke auch ausführlicher besprochen wird.
Die längere Inschrift ist, soweit sie nicht mit den Kreuzarmen stark verstümmelt wurde, mit etwas Geduld und Glück noch ziemlich
gut zu entziffern (s.u.); nur stören dabei die Spuren vom Rohbehau des Sandsteinblocks, in denen man zu Unrecht eine früher
vorhandene und später überarbeitete, kleinere, wortreiche Inschrift vermutete.
Da kommt nun in diesen Tagen etwas Licht in die dunkle Angelegenheit. Beim Nachsuchen stieß ich letzthin auf folgende in
Sachsens Kirchengalerie von 1838 unter Dorfhain (2. Band, Inspektion Freiberg, S.174) "nach aufgefundenen Nachrichten"
mitgeteilten und der Forschung bisher entgangenen Worte:
1592 am Tage Aegidii (1. September) ist Günther Pitsch im Tharandter Walde von seinem Schwiegersohn
erschossen worden. Noch jetzt befindet sich daselbst ein diesem tragischen Vorfall gesetzter Denkstein, bekannt unter dem Namen:
Güntherskreuz.
Wenn, wie hier ausgesprochen wird, dieses bisher "Grillenburger Waldkreuz" geheißene Totenmal ein Denkstein sein sollte, was
auch neben der Tatsache einer Inschrift der in Stein gehauene Nachruf "Gott Gnade!" vermuten läßt, so hätten wir es hier mit dem
zweitältesten Marterl auf Sachsens Boden zu tun. (Vgl. hierzu den Aufsatz "Marterln in Sachsen" von Dr. Stephan, Freiberg, in den
Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz 1928, Heft 12!)
Durch das liebenswürdige Entgegenkommen des Herrn Pfarrers Böhm war es mir möglich, die 1602 beginnenden Dorfhainer
Kirchenbücher einzusehen. Dort steht unter den im Anhang aufgeführten "Dorfhaynischen und Klingenbergischen Denkwürdigkeiten"
geschrieben:
"Ao 1592 am Tage Aegidii ist Günther Pitzsch, im Wald, von seinem Eidam erschoßen worden" ist die in Stein gehauene Schrifft auf dem sogenannten Günters Kreutz. Über die Ursache des Mordes und die Person des Täters ließ sich leider nichts ermitteln. Die vermutlich begüterte Familie Pitzsch scheint auch nicht in Dorfhain beheimatet gewesen zu sein, da ein solcher Name in den dortigen Kirchenbüchern nirgends erwähnt wird. Es ist deshalb anzunehmen, daß sich in den Kirchenbüchern der umliegenden Pfarrämter noch irgend eine diesbezügliche Nachricht befindet.
Einer der beiden, die das Kreuzmal aufrichteten, Baltzer Pietzsch, war wahrscheinlich ein Sohn des Ermordeten, der andere aber ein nachmaliger Lehrer; denn in der im Dorfhainer Kirchenbuch enthaltenen Liste der dortigen "Schuldiener" steht als deren dritter von 1611 – 1626 Johann Gutkäß erwähnt, im Totenregister von 1626 heißt er "Hans Guttkäß, der Schulmeister allhier". Ebenderselbe scheint auch während seiner Amtsjahre veranlaßt zu haben, daß die Kunde von jener Missetat und der Steinsetzung, um die er sich mit bemüht hatte, noch nachträglich ins Kirchenbuch aufgenommen wurde.
Es wäre nur zu wünschen, daß in der nächsten Bearbeitung der Meßtischblätter der Name "Günthers Kreuz" erschiene, ein
Gegenstück zu "Angermanns Kreuz", das übrigens auch noch seiner Klärung harrt.
Im folgenden sei noch das Schriftbild von "Günthers Kreuz" angeführt, wie ich es nach meinen Mutmaßungen wieder herzustellen
versuchte. Es sind nur die dick gedruckten Buchstaben noch vorhanden, die anderen aber wurden ergänzt.
Zum Schluß sei noch eine Bemerkunganderer Art gestattet: Ist es bekannt, daß gerade die Kirchenbücher meiner Heimat (wie wohl auch anderwärts) nur wenig bearbeitet worden sind und
doch soviel zeit und kulturgeschichtlich wie auch flurnamenkundlich wertvolle Beiträge enthalten? Ich habe das nun schon wiederholt
feststellen können. Es sollte überhaupt meiner Meinung nach jedes Kirchenbuch seinen geschichtlichen Bearbeiter finden, der die
allgemein interessierenden und wichtigen Beiträge auszieht und so der Forschung zugänglich macht. Das gäbe, gründlich
durchgeführt, eine unerwartete Ausbeute und übergenug Stoff für Sachsens dritte und neueste Kirchengalerie.
(Mitteilungen des Landesverbandes Sächsischer Heimatschutz Band XXII. Heft 7-9, S.256-260, Dresden 1933)
Grillenburg (II)
GPS:
Standort:
Südsüdwestlich vom Ort, im Tharandter Wald, Forstrevier Nauendorf Abt. 35, nordwestlich am Fußweg, der vom großen Wegestern auf Flügel B nach Südwest führt, 225m vom Abzweig am Stern.Größe / Material:
79-81:82:20 / SandsteinGeschichte:
Wird hier "Angermanns Kreuz", früher auch "Auermanns Kreuz" genannt. Auf Karten des Tharandter Waldes von Humclius (um 1588) und von Matthias Oeder (um 1600) "Auermanns Kreuz", dann jahrzehntelang "Angermanns Kreuz".Sage:
1. Förster Angermann wurde von einem Forstgehilfen, der schnell sein Nachfolger werden wollte, ermordet. (Sage gehört wahrscheinlich zu Günthers Kreuz). Die Seele des Ermordeten (oder Verunglückten) irrte (mundartlich: auerte) so lange umher, bis das geforderte Steinkreuz als Ruhestatt gesetzt war.Quellen und Literatur:
Neuaufrichtung 1971 Abbildung bei Müller /Quietzsch (1977) |
Privataufnahme von Timo Göhler |
GPS:
N 50° 56.633', O 13° 26.965'Standort:
Westsüdwestlich vom Ort, im Tharandter Wald, Forstrevier Naundorf Abt. 26; der Schneise 24 von der Kreuzung der Abteilungen 21, 22, 26, 27 etwa 180m nach Südost folgen, dann 40m nordöstlich weglos im Wald.Größe / Material:
57-60:40:16 / SandsteinGeschichte:
Gesamtlänge ist 91cm. Ost-Seite, in der Kreuzung beginnend und bis auf den Schaft reichend; schmale, senkrechte (Wetz-) Rille. Der Kopf durch alten großen Abschlag verstümmelt.Sage:
1. Eine Magd soll hier von einem wütend gewordenen Stier getötet worden sein.Quellen und Literatur:
Im Tharandter Wald findet man drei Steinkreuze, die als Bodendenkmale vom Archäologischen Landesamt in
Dresden betreut werden. Das unscheinbarste Steinkreuz steht mitten im so genannten "Herrenbusch", dem nordwestlichen Ausläufer
des Tharandter Waldes, der früher zum Rittergut Naundorf gehörte, abseits von allen Wegen, unweit von "Fischers Wiese". Es trägt
keine Inschriften und soll der Sage nach zur Sühne der Ermordung einer Magd oder eines Waldarbeiters gesetzt worden sein.
Das "Auermanns Kreuz" aus dem Jahre 1492 befindet sich an der "Alten Neun" südwestlich von Grillenburg, unweit der Kreuzung
"Quirl" (B-Flügel, U- / Colmnitzer Weg, Schneise 18). Auf dem Kreuz sind ein Wagenrad sowie ein Hammer und ein Keil eingemeißelt.
Somit könnte es an einen Unfall mit einem Fuhrwerk erinnern. Das "Günthers Kreuz" trägt eine Inschrift und steht südlich von
Grillenburg, unweit des B-Flügels und der Schneise 14, in der Nähe des alten "Floßwasserkanals" (Kroatenwasser - Seerenbach).
Mit diesem Steinkreuz werden gleich zwei Mordfälle verbunden.
Der Landesdenkmalpfleger Dr. Bachmann schildert 1936 dazu folgenden Fall:
"Im Jahre 1516 fand in Dresden ein "Schied" vor Gericht statt, wonach der Sohn des Tharandter Försters Fritzsch, ein gewisser Jakuff (Jakob) Fritzsch aus Naundorf, einen anderen jungen Mann aus diesem Ort, namens Gregor Günther, im Walde erschossen hatte. Der Täter musste u.a. aus Sühne eine Wallfahrt nach Rom versprechen, ferner "50 Seelenmessen in 10 vigilien" lesen lassen und sich schließlich zur Aufrichtung eines Steinkreuzes an der Stelle der Tat verpflichten."
In diesem Sinne deutete und ergänzte man damals die verwitterten Inschriftenfragmente des Kreuzes.