Kuhfahl (1928) |
PLZ:
01833GPS:
Standort:
Am nordöstlichen Ortsrand, unmittelbar südöstlich an der Bischofswerdaer Straße, etwa 50m südwestlich der Kreuzung mit der Straße nach Neustadt auf der Stützmauer von Grundstück Bischofswerdaer Straße 20, bei der nordwestlichen Hausecke.Größe / Material:
105:65:28 / SandsteinGeschichte:
Kopf, Arme und Schaft zur Kreuzung zu verjüngend, Fuß unregelmäßig (Beschädigung?) gesackt. NW-Seite, beginnend auf der Kreuzung und auf den Schaft reichend, linear eingeritzt: Kreuz mit langem Schaft, der am Fuß, verbunden mit kurzem Querstrich, beiderseits je ein Kreis mit zentralem Punkt aufweist, im oberen Schaftdrittel ebenso (Lebensbaummotiv). Auf dem Stein soll sich bis 1923 (Sommerfeld - Skizzen zur Geschichte des Wesenitzgebietes und seiner Nachbarschaft, 1926) noch ein Kruzifix als Aufbau befunden haben.Sage:
Das Kreuz war ein Wegstein der Bischöfe von Meißen, denen die Burg Stolpen lange Zeit gehörte.Quellen und Literatur:
Am Barlitzschen Gute in Stolpen, Bischofswerdaer Straße 20, steht das im nachfolgenden Bild zu sehende Steinkreuz. Damit Interessierte nicht achtlos an diesem unbeschrifteten Steinkreuz vorbeigehen, soll einiges Bekanntes aus der Geschichte dieses historischen Wahrzeichens hier berichtet werden. Im Sächsischen Erzähler Nr. 80 vom 4. April 1925 kann man auf Seite 2 folgende Notiz lesen:
Stolpen, 3. April.
Altertumsfund.
An der äußeren Gartenmauer des Bartlitzschen Gutes zu Stolpen (Stadtkataster Nr. 1) wurde dieser Tage ein bisher übersehenes Steinkreuz aufgefunden, das etwa 1 Meter hoch ist, teilweise aber in der Erde steckt und in die Mauer mit Mörtel eingelassen ist. Da Stolpen bis 1559 den Bischöfen von Meißen gehörte, und hier die Grenze des Bistums ging, wird angenommen, daß es kein Mordkreuz, sondern ein Wege- und Grenzkreuz gen Bischofswerda (Lauterbach) und Langenwolmsdorf hin war. Es enthält unten je 2 große Ringe übereinander paarweise, und darüber ein teilweise mit Moos überwachsenes Hakenkreuz eingemeißelt. In den seit 1914 erschienenen Buchveröffentlichungen Dr. Kuhfahls über die Steinkreuze kommt dieses mittelalterliche Sandsteinkreuz nicht vor. Pastor Senff aus Stolpen hatte, als er 1719 seine "Reformationsgeschichte Stolpens" schrieb, 5 Steinkreuze in Stolpens Umgebung vor sich gehabt. Er bezeichnet sie als "Martern" und eines davon soll die Jahreszahl 1519 gehabt haben.
Dr. G. Sommerfeldt.
Hinzugefügt muss werden, dass nicht der Berichterstatter Dr. Sommerfeldt dieses Steinkreuz wiederentdeckt
hat, sondern es wurde nach Aussage von Herrn Alfred Bartlitz vom Heimatforscher und Gewerbelehrer Walter Herbert Schmolke
gefunden. Er kam 1923 nach Stolpen und war an der hiesigen Heimatgeschichte sehr interessiert. Der in der Erforschung der Stolpner
Geschichte sehr produktive Schmolke wohnte in der Bischofswerdaer Straße 16.
Nach der Wiederauffindung dieses Steinkreuzes passierte von der Seite der Stadt Stolpen nichts weiter. Die Stadtväter verfügten
über sehr wenig finanzielle Mittel und ließen dieses wertvolle historische Denkmal weiter versteckt schlummern. In einem Brief
vom 16. April 1927 an den Stolpner Stadtrat schreibt der Landesverein Sächsischer Heimatschutz Dresden:
Das Steinkreuz in Stolpen am Ortsausgang gegen Neustadt, das erst vor zwei Jahren hinter Gestrüpp und Brennnesseln entdeckt wurde, ist durch Einebnung des Straßengrabens bereits wieder völlig verdeckt. Wir empfehlen, es herauszuholen und in der Nähe aufstellen zu lassen.
Die Antwort des Stolpner Stadtrates vom 28. April 1927 an den Landesverein Sächsischer Heimatschutz Dresden soll in voller Länge wiedergegeben werden, weil sie sehr inhaltsreich ist:
Ihrer Anregung entsprechend haben wir uns entschlossen, das Steinkreuz in der Barlitzschen Gartenmauer sichtbarer in derselben anbringen zu lassen, sobald unsere Bauarbeiter dazu Zeit finden. Über das Kreuz schreibt Dr. Sommerfeld in seinen Skizzen zur Geschichte des Wesenitzgebietes das aus der Beilage Ersichtliche. Der erg. unterzeichnete Bürgermeister neigt der Ansicht zu, dass es sich lediglich um eine Wegmarke handelt. Fast an derselben Stelle, wo jetzt das Kreuz steht, wandt sie früher ein Hohlweg aus der Richtung Rumburg (Neustadt) nach der Burg, in welchen ein Weg aus der Richtung Lauterbach kommend, "auf den Röhren" genannt einmündete. Diese Wegegabelung ist, obwohl die Wege durch Umbau eine andere Gestalt angenommen haben, noch heute vorhanden. Eine Verschleppung des Kreuzes nach einem anderen Platze möchte daher nicht stattfinden.
In einem Schreiben der Ortsgruppe Stolpen des Gebirgsvereins für die Sächsische Schweiz vom 17. Juni 1927 an den Stadtrat von Stolpen erklärt dieser sich zu Folgendem bereit:
Die unterzeichnete Ortsgruppe beabsichtigt in Gemeinschaft mit dem Verein für Heimatschutz in Dresden, das am Barlitzschen Grunstück stehende Steinkreuz heben zu lassen. Baumeister Hähnel Stolpen, dem die Arbeit übertragen werden soll, schlägt vor, das Kreuz direkt vor der Gartenmauer, also auf den Fussweg zu stellen. Wir bitten um gefl. Bescheid, ob die Aufstellung des Kreuzes in der vorgeschlagenen Weise die Zustimmung des Stadtrates findet.
Der Verkehrsausschuss der Stadt Stolpen ringt sich am 23. Juni 1927 zu folgendem Beschluss durch:
Dem Gebirgsverein gestattet man die Hebung des Steinkreuzes am Bartlitzschen Grundstück. Es bedarf aber höchstens 5cm vor die Mauer gerückt werden, um nicht verkehrshindernd zu wirken. Die Kosten dieser Arbeiten, für die Stadt wie für Bartlitz, hat der Gebirgsverein zu tragen.
Und jetzt beginnt der Kostenstreit. Der Stolpner Stadtrat schreibt am 4. Juli 1927 an die Ortsgruppe Stolpen des Gebirgsvereins für die Sächsische Schweiz Folgendes:
Den mit Schreiben vom 17. v. Mts. eingereichten Kostenanschlag über die Aushebung eines alten Steinkreuzes in der Einfriedungsmauer des Bartlitz'schen Grundstückes in Stolpen reichen wir Ihnen anbei wieder zurück. Aus dem unten in Abschrift gefassten Beschluss des hiesigen Verkehrsausschusses wollen Sie das Nähere entnehmen. Wir machen Sie nur noch darauf aufmerksam, dass bei dem Grundstücksbesitzer, Herrn Otto Bartlitz, um Genehmigung zu dem Vorhaben nachzusuchen ist.
Auf Grund der geringen Unterstützung durch den Stolpner Stadtrat passierte erst einmal nichts. Das Steinkreuz schlummerte weiter versteckt an der Gartenmauer von Otto Bartlitz. Ein Brief des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz Dresden vom 8. Juni 1928 an den Stolpner Stadtrat lässt uns Folgendes in Erfahrung bringen:
In der dortigen Flur steht das unten näher verzeichnete Steinkreuz als das älteste Wahrzeichen der dortigen Stadt, dessen Erhaltung wir der sehr geehrten Stadtverwaltung dringend ans Herz legen. Wir glauben aber, dass dies hier nicht notwendig ist, dass vielmehr von dort aus allen getan wird, um dieses seltene, dieses älteste Denkmal der Stadt zu erhalten und zu schützen, und wenn einmal irgendwelche Gefahr droht, zu deren Abwendung auch noch unsere Hilfe notwendig ist, dann stehen wir gern zur Verfügung. Wir erlauben uns bei dieser Gelegenheit, auf das Werk "Die alten Steinkreuze in Sachsen" aufmerksam zu machen, das im Verlag unseres Vereins jetzt erschienen ist. Es hat 238 Seiten Text und 128 Abbildungen in Grossoktavformat und enthält die zusammenfassende Veröffentlichung der sächsischen Steinkreuze.
Endlich ist es so weit. Der Stolpner Stadtrat schreibt am 16. Juni 1928 folgende zwei inhaltsschwere Sätze an den Landesverein Sächsischer Heimatschutz:
Wir danken für Ihre Zuschrift von 8. d. Mts. und teilen erg. mit, dass wir das betr. Steinkreuz haben heben lassen. Das Werk "Die alten Steinkreuze in Sachsen" besitzen wir bereits.
Über drei Jahre dauerte es von der Wiederauffindung dieses Steinkreuzes bis zu seiner Aufstellung. Heute
steht es noch sicher an seinem angestammten Platz. Hoffen wir, dass die uns nachfolgenden Generationen weiter dieses historische
Denkmal achten, pflegen und erhalten werden.
(Stolpner Anzeiger vom 4.3.2005, Ausgabe 09/05, 16.Jg.)