Sammlungen Flurdenkmal-Sagen Sagen aus Tschechien


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Die Lampe am Kreuze von Gratzen - Nové Hrady
Rechts von der Pfarrkirche zu Gratzen steht ein mächtiges steinernes Kreuz zwischen zwei Linden. An diesem Kreuz ist eine herzförmige Lampe angebracht, die jedoch nur in der Mitte des Herzens durch eine kleine Glasscheibe das Licht wie glühendes Wundmal in die Nacht hinausflimmern läßt.
An jedem Freitag wird, einer alten Stiftung zufolge, das Lämpchen angezündet. Geschieht es einmal, daß die damit beauftragte Person es zu tun unterläst oder das Lämpchen zu früh erlöscht, so hört man hinter dem Kreuze ein leises, klägliches Weinen, und wer die Augen dazu hat, der sieht wohl auch eine weiße Gestalt, die den Kirchplatz weinend umkreist, um dann endlich an der oberen Kirchenecke zu verschwinden.
(Jungbauer, Gustav - Böhmerwald-Sagen, Jena 1924)

Das Prokopikreuz von Neubistritz - Nová Bystrice
Vor neunhundert Jahren regierte in Böhmen der Herzog Ulrich. Zu seiner Zeit lebte der heilige Prokop eine Zeitlang auch als Einsiedler in der Neubistritzer Gegend, die damals von dichtem Urwald bedeckt war.
In diesem jagte einst der Herzog Ulrich, kam im Jagdeifer von seinem Gefolge ab und verirrte sich derartig, daß er keinen Ausweg mehr aus der Waldwildnis fand. Ermüdet setzte er sich auf einen Stein. Dort fand ihn der heilige Prokop und führte ihn aus dem Wald hinaus. Zum Andenken an diese Begebenheit wurde bei jenem Steine ein Kreuz errichtet, das immer wieder erneuert wird und das man allgemein das Prokopikreuz nennt. Es ist ein großes steinernes Kreuz, das mitten im Walde am Wege steht, der von der Neumühle zum Forsthaus Vorwald führt. Auf dem Kreuz befindet sich eine bildliche Darstellung der erzählten Sage.
Wie hier ein Kreuz, so verdanken anderswo Kapellen oder sonstige Gedenkzeichen ihre Entstehung der glücklichen Rettung von im Walde Verirrten. Der Grafenbrunnen bei dem Wege von Fuchsberg nach Silberberg bei Neuern hat seinen Namen von einem Grafen, der sich einst auf der Jagd im Walde verirrte, von seinen Gefährten nichts mehr sah und hörte und von dem Durst gequält endlich diese Quelle traf, bei der er sein Mittagsmahl hielt. Bei diesem Grafenbrunnen haben die Leute schon öfter eine weiße Frau umgehen sehen, die sofort verschwindet, wen man sich nähert.
(Jungbauer, Gustav - Böhmerwald-Sagen, Jena 1924)

Die sieben Kreuze im Walde bei Weisbach - Bílý Potok1)
Auf einem nur wenige Meter hohen Bergabhang unter der Hirschkuppe steht ein steinernes Kreuz, das aus einer 15 bis 25 Centimeter starken Steinplatte ursprünglich glatt bearbeitet gewesen ist und durch gewaltsame Beschädigungen gelitten hat. Es ist in der Form der sogenannten Schwedenkreuze gefertigt, irgend ein Zeichen konnte ich nicht entdecken.
Nun erklären die ältesten Leute, die den Ausgang des Thales beherrschende Berge seien von en Schweden besetzt gewesen. Es sei zum Kampfe gekommen, der Gegner habe sie in das Thal hinabgeworfen und das Blut sei so reichlich geflossen, dass der klare Bach davon roth gewesen sei und seit jener Zeit den Namen "Rothes Wasser" (Červenka) führe.
Ich habe auf den Höhen von etwaigen Schanzenresten nichts finden können, soviel erkannte ich, daß wenn hier einem Angreifer gelingt den Gegner von zwei Seiten hinab ins Thal zu werfen, dass dann kein planmäßiger Kampf mehr möglich ist und nur ein Morden an seine Stelle treten kann.
Nun mag die Sage von den sieben Kreuzen folgen.
In einem fürchterlichen Kampfe auf der Todtenwiese, mußten die sieben Fürsten die das Heer anführten, fliehen. Sie gaben Alles für verloren. Sie erkannten, daß sie ihr Volk ins Unglückgeführt hatten; sie wollten alle Schuld auf sich nehmen, ihrem Volk den Frieden gebe und sich selbst richten; der Sieger aber solle nicht über sie triumphieren, sie beschlossen rasch, das Loos solle bestimmen wer von ihnen die anderen sechs ersteche und zuletzt sich selbst. Es traf den Jüngsten von ihnen.
Das Kreuz von Jauernig

Dieser Beschluß wurde rasch ausgeführt und an der Stelle wo jetzt noch das Steinkreuz steht, fanden die nachstürmenden Sieger sieben Helden im Verscheiden. Der Frieden kam dadurch zu Stande und an dieser Stelle wurden sieben Steinkreuze errichtet.
Später wurden die Steinkreuze fortgenommen, aber das eine kehrte immer wieder; der Platz heißt noch "zu den sieben Kreuzen".
Nachträglich erfahre ich, daß sich im Thal an der Todtenwiese ein Hügel befinden soll, in welchem die erschlagenen Kämpfer beerdigt wurden.
Entweder ist dieser Hügel geebnet, oder er liegt im Gesträuch und ist mir entgangen.
Dieser ganze Vorgang sieht doch nur deutschen Recken ähnlich.
Nachdem ihre Veste gefallen war, durch die jetzt die beschriebenen Hohlwege heraufführen, blieb ihnen nichts anderes als der Tod.
Wenn nun die Sage weiter berichtet, die Kreuze seien hier fortgenommen worden, so kann das nur durch die Angehörigen geschehen sein, welche die Leichen und die Kreuze nach der Heimath überführten. Aus den Orten wo sich diese Kreuze befinden, würde sich auf die Heimath schließen lassen.
Die Sage nennt Wartha (Bardo, Polen), Frankenberg2) (Przyłęk, Polen), Weißwasser (Bílá Voda) und führt weiter aus: Die drei Kirchen zu Weisbach, Gostitz (Goscice, Polen) und Jauernig (Javorník) sind zu einander in gerader Linie erbaut, (das stimmt nach der Landesaufnahme von 1885). Da wo sie stehen, befanden sich früher drei heidnische Tempel, es waren drei Schwestern, welche diese drei Kirchen erbauten und auf jeder dieser Kirchen befindet sich ein Kreuz von den sieben Kreuzen.
Nun liegt der Schluß nahe, daß wenn jeder dieser Kirchen mit je einem jener Kreuze gekrönt ist, so müssen die Erbauer in Beziehung zu den Gefallenen gestanden haben, sonst hätten sie wohl einen anderen Schmuck für ihre Kirche gewählt und wenn die Ueberführung der Kreuze oder ihre Verwendung auf den Kirchen vielleicht erst in späterer Zeit erfolgte, so muß doch die Ueberlieferung in den Familien noch vorhanden und die Triebfeder zur Ueberführung oder Verwendung gewesen sein. Die Getödteten mußten also den Geschlechtern dieser Gegend angehören. Schon die Angabe, daß die Kirche an der Stelle der heidnischen Tempel errichtet wurde weist in de Urzeit zurück und die Sage von den Schweden fällt durch sich von selbst.
In Jauernig erhält die Sage dadurch eine Bestätigung, daß sich östlich der Kirche im Pfarrgarten noch jetzt eine Heidenschanze befindet.
In de Bevölkerung besteht der Glaube, daß wer zu den sieben Kreuzen gehe, verlaufe sich. Meinem Begleiter wurde früh beim Aufbruch in Ober-Gostitz (Horní Hoštice) eine solche Warnung mit auf den Weg gegeben, ohne dass ich den Grund kannte. Ungefähr 40 Schritt vor den sieben Kreuzen bogen wir statt links, rechts ab und liefen ¾ Stunden im Kreise herum, bis ich plötzlich vor dem Kreuz stand. Mein Begleiter war seit vielen Jahren nicht an der Stelle gewesen, damals war das Holz eingeschlagen, jetzt ist der Ort dicht bewachsen, daher der Irrthum; aber der Glaube an das Irreführen hat durch diesen Umstand neue Nahrung erhalten.
1) Im Tschechischen Register unter Javorník (Jauernig), Okres Jeseník geführt.
2) Vermutlich handelt es sich um Frankenberg im ehemaligen Kreis Frankenstein in Schlesien.
(Nach: Vug, Oskar – Schlesische Heidenschanzen und ihre Erbauer und die Handelstraßen der Alten. 1. Band, S. 72-74 und Abbildung 8, Grottkau 1890)

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