Sammlungen Flurdenkmal-Sagen Sagen aus Ostwürttemberg und Stuttgart


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ohne Titel - 71384 Großheppach / OT von Weinstadt
   Bei Heppach stehen drei steinerne Kreuze. Dort soll drei Tage einst ein furchtbares Gewitter gestanden sein. Eine Klosterfrau sei vom Blitz erschlagen worden, sie habe voraus gesagt, dass dies ihr Schicksal sein werde.
(Birlinger, Anton - Aus Schwaben. Sagen, Legendenden, Aberglauben, Sitten, Rechtsbräuche, Orsneckerein, Lieder, Kinderreime, Neue Sammlung. Band I. Wiesbaden 1874, S.288, Nr.313/4)

Der Blutturm im Nesenbachtal. - 70173 Stuttgart
   Zur Zeit des deutschen Königs Arnulf lebten auf der Biberburg am Neckar in der Nähe von Cannstatt zwei Brüder, Ericho und Werner. Ihr Charakter war sehr verschieden. Der ältere Ericho war ruhig und ernst, der jüngere Werner dagegen leichtsinnig, unbesonnen und schnell aufbrausend. Trotz dieser Verschiedenheit lebten die Brüder in großer Einmütigkeit beisammen. Ihr Hauptvergnügen war die Jagd. Besonders gerne jagten sie im Nesenbachtal, denn die Abhänge desselben bedeckten große Wälder, und das Wild kam oft herab ins Tal, um an dem Bache zu trinken oder in den Seen zu baden.
   Als sie einst wieder dort jagten, wurden sie von einem Gewitter überrascht. So ungern sie es taten, denn sie hatten noch gar nichts erlegt, mussten sie sich doch nach einem Schutz vor dem Gewitter umsehen. Sie begaben sich daher in den alten Turm, welcher noch aus der Römerzeit stammte und nah beim Egelsee stand. Als sie in der Nähe des Turmes waren, zerschmettert ein Blitzstrahl eine gewaltige Eiche, und ein Reh, welches unter ihr Schutz gesucht hatte sprang herbei und legte sich in seiner Angst zu Erichos Füßen. "Nun dürfen wir doch nicht ohne Beute heimkehren," rief Werner und erhob seinen Jagdspeer. "Schone das arme Tier, das bei uns Schutz sucht!" rief ihm sein Bruder zu und beugte sich über das zitternde Reh. Aber schon hatte Werner den Speer geschleudert, und dieser fuhr in Erichos Schulter. Nach wenigen Minuten gab der tödlich Getroffene seinen Geist auf, nachdem er noch seinen Bruder vergeben und ihn ermahnt hatte, seiner Unbesonnenheit Meister zu werden.
   Werner geriet in Verzweiflung. Nachdem sein Bruder im Erbbegräbnis ihrer Familie zu Mühlhausen am Neckar beigesetzt worden war, nahm er seine Wohnung in dem alten Turm, der nun der Blutturm hieß. An der Stelle, wo die unselige Tat geschehen war, ließ er ein hohes Steinkreuz errichten. Sechs Jahre lebte er hie in tieffester Einsamkeit, täglich gequält von Gewissensbissen, und konnte die Ruhe seiner Seele nicht finden. Endlich entschloß er sich auf den Rat eines alten Priesters, der sich zufällig zu ihm verirrt hatte, eine Pilgerfahrt ins heilige Land zu unternehmen. Ehe er ging, grub er in das Steinkreuz die Worte: "Den Brudermord sühnt nicht Reue und Buße."
   Erst nach 62 Jahren kehrte er wieder zurück. Er war in Palästina in die Gefangenschaft geraten, hatte bei verschiedenen Herren als Sklave gedient, war im Gefängnis gelegen und endlich bei einem Zug durch die Wüste ohnmächtig zusammengebrochen, und der Sklavenvogt hatte ihn als Futter für die Schakale liegen lassen. Ein alter, milder Araber hatte ihn gefunden und es ihm ermöglicht, in die Heimat zurückzukehren. Nun stand er als armer Greis wieder an der Stätte, an der sein Leben eine so ernste Wendung genommen hatte. Der Blutturm hatte inzwischen wieder einen Bewohner gefunden; denn an jener Stelle des Tales hatte Herzog Luitolf von Schwaben einen Stutengarten angelegt, und der Aufseher wohnte nun in dem Blutturm. Niemand wußte mehr etwas von der unglücklichen Tat, welche hier geschehen war. Denn die Inschrift an dem Kreuz war unleserlich geworden.
   Noch einmal betete Werner an dem Steinkreuz. Einige Tage später fand man ihn tot am Grab seines Bruders in der Kirche in Mühlhausen liegen. Seine Züge waren friedlich. Er hatte seine Schuld hart gebüßt und konnte versöhnt zu seiner Ruhe eingehen.         Nach K. Pfaff.
(Württ. Evangel. Lehrer-Unterstützungs-Verein - Württembergische Volksbücher. Sagen und Geschichte. Band 1, Stuttgart 1905, S.6-8)

zum Kreuz Der Schlaue Abt von Maulbronn und dessen tragisches Ende - 71287 Weissach
Einst waren schwere Zeiten
in unserm Vaterland,
als Mönch und Adel
noch in der Blüte stand.

Da ward in seinen Rechten
das Landvolk schwer beengt,
von Klöstern ausgesogen,
vom Adel hart bedrängt.

Die Klöster reich erblühten
im Lande rings umher,
die Bäuerlein sich mühten
in Frohnen hart und schwer.

Und manche Dorfgemeinde
schien zu erliegen fast
der überschweren Bürde
von Zins und Steuerlast.

Auch die Gemeinde Weissach
in Zahlungsnöte kam,
zu Maulbronns Klosterpforten
sie ihre Zuflucht nahm.

Fünfhundert Silbergulden
als Anleih ward begehrt
und war von Klosters Hulen
mit hohem Zins gewährt.

Bis zum Michaelistage
des Jahrs zwölfhundertzehn
bis Schluß der zwölften Stunde
sollt der Credit bestehn.

Ein Waldteil war verpfändet,
daß wenn zu dieser Frist
die Zahlung nicht vollendet
und nicht erledigt ist:

Sodann der Wald Bonlanden
dem Klostergut verfällt,
dies war in Dokumenten
urkundlich festgelegt.

Der armen Dorfgemeinde
gelangs mit viel Müh
die Summe aufzubringen
zum fälligen Termin.

Just grad am letzen Tage
da wandern in der Fruh
der Schultheiß mit dem Büttel
dem Kloster Maulbronn zu.

Dort zeitig angekommen
ward ihnen der Bescheid:
Hochwürden ist verhindert,
zur Messe ging er heut.

Mögt ihr zunächst euch stärken
nach langer Wegesfahrt,
noch beut die Klosterküche
Erquickung mancher Art.

Dies war den beiden Männern
gewiß nicht unerwünscht,
den längst erschöpften Magen
zu stärken nach Verdienst.

Mit Butter, Wildbret, Schinken
ward reichlich aufgetischt,
Elfinger Wein zum Trinken,
der Herz und Geist erfrischt.

Wie das den beiden schmeckte,
sie griffen wacker an,
wobei der süff'ge Elfer
wirksamen Zuspruch fand.

Sie ließen gern sich dienen,
sie wurden nicht gewahr
die schadenfrohen Mienen
der schlauen Mönchesschar.

Die Zeit naht sich allmählich
dem folgenschweren Schluß,
die beiden waren selig
im Wein und Überfluß.

Da tönen helle Schläge
vom Turme nebenan,
es zeigte die Klosterglocke
die zwölfte Stunde an.

Das Ziel war nun verfallen,
verstrichen war die Frist,
jedoch die beiden dachten
nicht ihrer Zahlungspflicht.

Da kam hereingeschritten
der Abt, des Klosters Herr:
Willkommen ihr lieben Leute!
Was führt euch denn hierher?

Hochwürden wolln geruhen,
Empfehln uns Eurer Huld!
Wir kommen abzuzahlen
die heut vertagte Schuld.

Da zog ein boshaft Lächeln
durchs feiste Mönchsgesicht,
in salbungsvollem Tone
er zu den beiden spricht:

Ach nein Ihr lieben Leute,
so war der Handel nicht,
zu spät habt ihr erinnert
Euch Eurer Zahlungspflicht.

Ich will Euch nunmehr zeigen
die Urkund klar und echt,
der Wald ist klostereigen
jetzt, nach Gesetz und Recht.

Ihr habt die richtge Stunde
verpaßt in leckrem Schmaus,
so geht in Gottes Namen
denn wiederum nach Haus.

Und sollt Euch einstmals wieder
bedrücken Zins und Schuld,
mögt Ihr Euch keck bedienen
der klösterlichen Huld.

Die beiden andern stehen
verblüfft in Angst und Schmerz,
kein Bitten und kein Flehen
erweicht des Pfaffen Herz.

Verzweifelnd traten beide
den langen Heimweg an,
ich würd sie nicht beneiden,
das war ein schwerer Gang.

Durch allzugroß Vertrauen
kam Weissachs schönster Wald
durch Möncheslist und Ränke
in klösterlich Gewalt.

Es wird ja wohl dem Menschen
so übel nicht vermerkt
wenn er, Erfrischung heischend
nach langem Weg sich stärkt.

Allein in solchen Fällen
denk erstlich deiner Pflicht,
an deine eignen Nöte,
wenn sie erledigt ist.

Ob sie's wohl besser machten
die heutigen Geschlechts?
denn traun, nicht zu verachten
ist Elfinger Gewächs.

Zwei Jahre war'n vergangen
seit jenem Waldbetrug,
als auch dem schlauen Abte
die Schicksalsstunde schlug.

Da war das Kloster Maulbronn
bekriegt mit fester Hand,
das schlaue Äbtlein aber
geriet in Acht und Bann.

Als Bauersmann verkleidet
durchirrt er nun das Land,
so kam er einst nach Weissach
und wurde dort erkannt.

Der Abt! Der Abt ist hiesig!
erscholls von Mund zu Mund,
ergreift ihn, den Betrüger!
Auf! Schlagt ihn tot, den Hund!

Noch hofft er zu erreichen
im Dorf ein schützend Haus,
doch unter schweren Streichen
haucht er sein Leben aus.

Ein steinern Kreuz bezeichnet
den Ort am Straßenrand,
wo einst der schlaue Priester
ein schmählich Ende fand.
(Wilhelm Schlag in: Seebold, Eduard: Chronik der Gemeinde Weissach im Kreis Leonberg. Leonberg 1955)

zum Kreuz Das Bildstöckle in Wiesensteig - 73349 Wiesensteig
   Bei der Gässlismühle in Wiesensteig stand, - ob noch, weiß ich nicht - ein Bildstöcklein, dessen Ursprung folgendermaßen erzählt wird: In der Mühle diente ein Knecht, der verheiratet und nach Dozburg gehörte, wohin er Abends heimging. Von Dozburg bis zur Mühle saß ihm allemal etwas auf, das ihn niederdrückte. Er that Buße und stiftete diß Bildstöcklein.
(Birlinger, Anton - Aus Schwaben. Sagen, Legendenden, Aberglauben, Sitten, Rechtsbräuche, Orsneckerein, Lieder, Kinderreime, Neue Sammlung. Band I. Wiesbaden 1874, S.208, Nr.202)
Anmerkung: Auf der Albhochfläche - nördlich von Wiesensteig sichtbar - steht die Kreuzkapelle. 1626 hat die Gräfin von Helfenstein das Kruzifix gestiftet und aufstellen lassen. 1825 wurde hierfür aus Sammlungen der Bürger eine Kapelle erbaut. Durch Buchenwald zur Kapelle aufwärts führt ein Fußweg, der von Kreuzwegstationen gesäumt wird.

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