Das Metzgerkreuz an der Trißlstraße -
Östlich der Straße nach Bad Trißl, wo heute Wohn- und Ferienhäuser stehen, war früher alles Viehweide. Etwa beim heutigen
Hallenbad stießen zwei Weideflächen aneinander, die zwei verschiedenen Bauern gehörten. Direkt an der Grundstücksgrenze
aber stand ein Baum mit mächtig ausladender Krone. Dieser war dem einen Bauern schon immer ein Dorn im Auge, denn er meinte,
der Schatten des Nachbarbaumes beeinträchtige den Graswuchs auf seiner Wiese. Immer wieder hatte er den Nachbarn
aufgefordert, den Baum umzuschneiden. Aber der Dickkopftat ihm den Gefallen nicht. So kam es zu erbitterten Streitereien und es
wurde eine Familienfehde daraus.
Als nun der eine der beiden Streithähne gestorben war, ging der andere ihm nicht einmal auf die Beerdigung. Aber die
Kinder des Verstorbenen hackten endlich den Baum um, der soviel Zwietracht über ihre Väter gebracht hatte, damit Friede werden
sollte zwischen den Familien.
Wo der Baum gestanden war, dorthin aber mußte nun die Seele des verstorbenen Streithansels immer wieder zurückkehren.
Als bläuliches Licht (Volksaberglaube: Irrlichter) umkreiste sie in vielen Nächten den früheren Platz des Grenzbaumes. Zur Sühne für die arme Seele, die keine
Ruhe hatte finden können, ließen dann die Angehörigen das Kreuz errichten, das an der Straßenkurve zur rechten Hand steht, kurz
bevor man vom Dorf aus zum Hallenbad kommt. Seither ist das Lichtlein nicht mehr erschienen. Der Verstorbene hat also seine ewige
Ruhe gefunden.
(Einmayr, Max - Inntaler Sagen, Oberaudorf 1988)
Der verhängnisvolle Schuß in der Langenau - 82409 Langenau
Wer von Dorf Kreuth aus den Guffert oder einen der beiden Schinder besteigen will, muß zuerst den langen Weg durch die
Langenau machen. An die 2½ Stunden zieht sich das einsame Ost-West-Tal immer nahe der Landesgrenze gegen Tirol hin
bis zum Bayeralpl (hier "Boaraiwi" gesprochen, nach dem der herrliche Jodler benannt ist). Wegen ihres Wildreichtums ist die
Langenau auch heute noch bekannt, zur Wildfütterung im Winter kommen die prächtigsten Hirsche vom Berg herunter.
Schon zu Klosterzeiten muß dieses Tal ein geschätztes Jagdrevier gewesen sein. So berichtet die Sage von einem recht
traurigen Jagdunfall, der sich dort auf halbem Weg zwischen Kreuth und Bayeralpl ereignet hat. Der Abt vom Tegernsee wollte
hier einen starken Hirsch schießen, den ihm die Klosterjäger ausgekundschaftet und gemeldet hatten. Ein paar kräftige, junge
Klosterbrüder sind auch mitgekommen, um das edle Stück Wild dem Schützen langsam entgegen zu treiben. Der sah nun,
wie sich hinter dichten Tannenboschen etwas Dunkles rührte und wieder stehenblieb. "Diesmal gehört er mir, der prächtige
Zwölferhirsch," dachte der feudale Prälat, "wenn ich auf das dunkle Fleckerl da hinter den Stauden hinhalte, muß es ein Blattschuß
werden."
Der Schuß aus dem schweren Vorderlader krachte in das friedliche Gebirgstal. Aber als sich das vielfache Echo verrollt
hatte, vernahm man die verzweifelten Schreie eines Menschen. Der junge Klosterbruder wälzte sich sterbend auf dem Waldboden
in seinem Blut. Was half da alles Wehklagen und alle Selbstanklage des unglücklichen Jagdherren. Was nutzte es dem armen Opfer
des Leichtsinns, daß schon bald darnach zum frommen Gedächtnis und zur Sühne vom Tegernseer Abt ein schlichtes Holzkreuz am
Fahrweg aufgestellt wurde? Am Jahrtag gingen alle Klosterbrüder zu dem Kreuz und beteten für die Seele des Verunglückten. Auf
einmal fuhr aus heiterem Himmel ein Blitz herunter und schlug in das Kreuz, daß es ganz schwarz wurde. Seitdem heißt es
das "Schwarze Kreuz."
(Mohr, Sepp - Tegernseer Sagen, Hausham 1985)
Das unglückliche Hochzeitsschiff - 83700 Rottach-Egern
Am Egerner Seeufer beim Landungssteg des Überführers, aber auch in Tegernsee nahe der Hoffischerei am See, steht je ein
altertümliches Tuffsteinkreuz mit der Jahreszahl 1544. Seine Form ist dem Eisernen Kreuz der letzten Kriege ähnlich und geht wohl
in die Zeit der Gotik zurück.
Die Überlieferung berichtet, daß in diesem Jahr in der Egerner Kirche - gegründet 1111 - eine Hochzeit stattgefunden hat. Nach
der kirchlichen Feier fuhr die ganze Hochzeitsgesellschaft mit großen Bauernschiffen, das sind flache Holzboote, hinüber nach
Tegernsee zum Gasthof "Post" am See, wo das Hochzeitsmahl angerichtet wurde. Nur eine solche Gaststätte, die eine
realgerechtsame Taverne war, durfte Gesellschaften mit Tanz abhalten. In dem Wort Tavrne steckt noch das lateinische "tabernae"
drin, was so viel heißt wie Bude, Wirtsbetrieb in römischen Kastellen. Solche Wirtshäuser haben heute noch das Recht zum
Auskochen, zum Ausschank, das Brennrecht, dazu auch die Erlaubnis, eine Bäckerei und Metzgerei mitzubetreiben.
Dazu hatten sie aber auch die Pflicht, fahrende Leute zu beherbergen oder sie ihre Wohnwägen im Hofraum, höchstens 3 Tage,
aufstellen zu lassen, was nicht immer nur angenehm war.
Sicher ist es damals hoch hergegangen in der Alten Post in Tegernsee, grad so, wie genau in dieser Zeit schon der erste bayerische
Geschichtsschreiber Johannes Turmair, genannt Aventinus (1477-1534), von unserem Volk schreibt: "... Große und überflüssige
hochzeit, totenmal und kirchtag haben ist êrlich und unsträflich, raicht kainem zu nachtail, kumpt kainem zu übel ..."
Die sagenhafte, mündliche Überlieferung berichtet, daß bei der nächtlichen Heimfahrt die Hochzeitsleute mitsamt dem jungen
Brautpaar in einen schweren Sturm gerieten und allesamt - 14 waren in dem Schiff - untergingen in den hohen, aber recht kurzen,
heimtückischen Sturmwellen und ertrunken sind. Vielleicht war das Boot ohnehin überladen und schlug schnell voll Wasser,
vielleicht strandeten sie an dem Felsenriff am Ufer der Point.
Beim Einmarsch der Besatzungstruppen am 5. Mai 1945 hat das schlichte Steinkreuz auf der Egerner Seite den Stoß eines
schweren Panzerwagens nicht ausgehalten. Heute steht es wieder gut hergestellt an seinem alten Platz, wo es 400 Jahre lang
gestanden hat.
(Mohr, Sepp - Tegernseer Sagen, Hausham 1985)