Deutschland Thüringen Lkr. Hildburghausen

Streufdorf (I)

PLZ: 98646

GPS: N 50° 20.495', O 10° 39.483'

Standort: Etwa 2000m südöstlich des Ortes, in einem nach Südwesten gerichteten Hohlweg. Am südlichen Ortseingang von Streufdorf (Straße nach Seidingstadt) schlägt man den in zunächst westlicher, dann südwestlicher Richtung von dieser Straße wegführenden Fahrweg ein und verfolgt ihn – immer die südwestliche Richtung beibehaltend – bis zum Waldrand. Etwa 200m läuft man am nordwestlichen Waldrand entlang, bis linkerhand ein tief eingeschnittener Hohlweg, die Untere Kempfe-Hohle, beginnt. Steil bergauf nach etwa 400m liegt das Kreuz am nordwestlichen Rand der Hohle (hier: Obere Kempfe-Hohle).

Größe / Material: 53:53:17 / Sandstein

Geschichte: Es wurde vor ca. 6 Jahren von einem Römhilder Steinmetz restauriert. (Auskunft im Ort, 2006 mündlich)

Kempfe- Kreuz. Griechiche Kreuzform mit runden Balken, die längsorientierte (Schmuck-) Rillungen aufweisen. Die Vierung besteht aus einer aufgesetzten, wappenähnlichen Inschrifttafel (Breite: 33; Höhe: 33cm).
Südostseite, eingeritzt im Inschriftenfeld:
Hier verunglückte
August
Kempf
1890
Das Kreuz ist nicht ortsfest aufgestellt und liegt auf der Wandung der Hohle (möglicherweise schon ursprünglicher Zustand).
Sterbeeintrag für Friedrich August Kempf:
"Mitnachbar u. Ackersm..., geb. d. 13.VIII.1843, 46 J. 9 M. 4 T., gestorben am 17. Mai 1890 durch Überfahren von seiner Holzfuhre im Walde" (Pfarrarchiv Streufdorf, Bestattungsregister 1890, Nr.21). (Störzner 1988)

Sage: 1. Ein Bauer oder Waldarbeiter sei hier verunglückt.
2. Gedenkmal für den hier am 17.5.1890 verunglückten Bauern Friedrich August Kempf aus Streufdorf.

Quellen und Literatur:
Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.65, Nr.443
Störzner / Möbes - Steinkreuze in Thüringen: Katalog der Bezirke Gera und Suhl, 1988, Nr.29 (Suhl)
recherchiert und bebildert von Hans-Ulrich Gembusch, Uhlstädt-Kirchhasel



Streufdorf (II)


Abbildung bei
Störzner (1988)

GPS: N 50° 20.683', O 10° 38.517'

Standort: Etwa 3000 m westsüdwestlich des Ortes bzw. etwa 1000m (Luftlinie!) westlich von Streufdorf I entfernt.
Sehr schwer auffindbar. Man verfolgt beim Kempfe-Kreuz die Hohle weiter bergauf und biegt gleich nach Erreichen der Höhe in den hier (einzigen) nach rechts nordöstlich abzweigenden Waldweg ein, der ohne Abzweig weiter begangen wird. Linkerhand führt er an einem hölzernen Grabkreuz ("Hans von Bordeaux") vorbei und durchquert das Naturschutzgebiet "Vogelherdskopf". An der nächsten Wegekreuzung ist wiederum rechts einzubiegen und der Weg ohne Abzweig weiter zu verfolgen. Links des Weges stehen Flurgrenzsteine, die Grenze führt dann in nordöstlicher Richtung vom Weg fort (auf Grenzmarken achten!). An dieser Stelle beginnt ein verwachsener Pfad zur Spitze des Hexenhügels (TP), dem sogenannten Heidenhügel. Etwa 120m südöstlich des Abzweiges bzw. etwa 300m südöstlich der Bergspitze ist das Steinkreuz weglos in einem eichenbewachsenen Waldstück zu finden, etwa 80m östlich des Weges.

Größe / Material: 95:52:22 / Sandstein

Geschichte: Im Schrifttum auch unter Gleicherwiesen geführt.
Im Mai 1985 wurde das Steinkreuz herausgerissen vorgefunden. Der genaue frühere Standort war nicht mehr erkennbar, dürfte aber in unmittelbarer Nähe der Fundstelle gelegen haben. Das Kreuz wurde wieder aufgestellt von Albin Götz, Streufdorf, und W.- D. Nelke, Hildburghausen. Da Köber (1960) auch nur die Gesamtlänge angibt, dürfte das Kreuz bereits 1959 umgelegen haben.
Bezeichnungen: "Bonifatiuskreuz", "Mordkreuz", "Mordstein". Lateinische Kreuzform, unregelmäßig. Beträchtlicher Abschlag an einem Arm. Auf der unteren Schaftfläche befindet sich eine hufeisenähnliche Einritzung (Breite: 4,5; Höhe: 7,5cm). (Störzner 1988)

Sage: 1. Bonifatius soll hier das Christentum gepredigt haben.
2. Flurname: Hexenhügel. Walpurgis tanzen die Hexen hier.

Quellen und Literatur:
Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.65, Nr.447
Störzner / Möbes - Steinkreuze in Thüringen: Katalog der Bezirke Gera und Suhl, 1988, Nr.30 (Suhl)
recherchiert und bebildert von Hans-Ulrich Gembusch, Uhlstädt-Kirchhasel



Streufdorf (III)


Blick zum Standort

Gesamtansicht

Erläuterungstafel

Detail Inschrift

GPS: N 50° 21,385',O 10° 42,343'

Standort: Etwa 1500m östlich des Ortes, am westlichen Rand des Feldweges, der hier in nördliche Richtung von der ehemaligen Straße nach Roßfeld abzweigt. Etwa 600m von dieser Abzweigung entfernt. Der Standort liegt weglos in einem Maisfeld.

Größe / Material: 200:80 / Feldsteine

Geschichte: [...] Der Ursprung des ungewöhnlichen Denkmales führt zurück in die Zeit des kleinen Herzogtums Sachsen-Hildburghausen. Dessen Landesherr, Ernst Friedrich II., hatte aus Geldnot der Rekrutierung von Untertanen durch dänische Werbeoffiziere zugestimmt.
   In Streufdorf hatten sich die Werber den 23-jährigen Bauemsohn Andreas Korneffer mit Alkohol und einem gleich ausgezahlten "Handgeld" gefügig gemacht. Einige Tage später - es war der 24.April 1730, ein Montag - zog der junge Mann wie gewohnt auf das elterliche Feld. Ein Grenadier des herzoglichen Landregiments war inzwischen beauftragt, ihn dort zu ergreifen und den Dänen zu überstellen; schließlich galt er nun als Deserteur. Das Kirchenbuch berichtet, dass die Soldaten ihn "von dem Pflug haben weg nehmen wollen, weilen er aber nicht gewollt, haben sie ihn auf dem Platz gleich darnieder geschoßen".
   Drei Tage später fand unter großer Anteilnahme der Bevölkerung die Beerdigung statt. Das Ansinnen der Familie, am Tatort einen "Denkstein" errichten zu dürfen, wurde abgewiesen; nichts sollte öffentlich an das Verbrechen erinnern. So legten die Braut des Ermordeten und Korneffers Schwester ein Kreuz aus Feldsteinen aus. (Störzner 2012)

Lateinisches Balkenkreuz, aus losem Feldgestein am Boden zusammengelegt. Unterhalb der Arme war die (Jahres-)Zahl 1730 in gleicher Weise ausgelegt.
Flurname: "An der Heßleite". Bezeichnungen: "Ackerkreuz", "Korneffer- Kreuz", "Ackersteg- Kreuz", "Ackersteinkreuz".
Bei Separationsmaßnahmen ist der Standort um wenige Meter verändert worden (Lässer 1913). Nach Lässer ist die ausgelegte Kreuzform mehrfach zerstört, aber immer wieder ohne Ortsveränderung hergerichtet worden. H. Köber fand die Steine schon 1959 zerstreut vor. Dieser Zustand dürfte seit dem nicht verändert sein, da der Standort nicht zugänglich ist (Sperrgebiet).
Sterbeeintrag April 1730: "d. 27. wurde mit einer Leichenpredigt Christl. Zur Erd. bestattet Andreas Korneffers Sohn, Andreas, genannt, ein Jüngling von 23 Jahren. Dieser hat sein Leben erbärmlich Hergeben müssen. weilen zu dieser Zeit die Werbung so starck Hier in unsenm Land gewesen, daß alles mit gewalt weg genomen Worden Haben sie diesen Jüngling [...] Von dem Pflug weg nehmen wollen. Weilen der aber nicht gewolt: Haben sie ihm auf den Platz gleich darnieder geschoßen." (Pfarrarchiv Streufdorf, Kirchenbuch Streufdorf 1719-1776, Jahrgang 1730)
Das Kreuz erinnerte an den Streufdorfer Bauernsohn Andreas Korneffer, der hier am 24. April 1730 von einem Grenadier des herzoglichen Landregiments Hildburghausen erschossen worden war. Man hatte Korneffer kurz vorher zum Militärdienst gepresst, aber er widersetzte sich der Zuführung. Als der Braut Korneffers die beabsichtigte Errichtung eines Gedenksteines behördlich untersagt wurde, legten sie und die Schwestern des Ermordeten ein Kreuz aus Feldsteinen, das auch nach dem Aussterben der betroffenen Familien weiter gepflegt und erhalten blieb. (Störzner 1988)

Noch um 1950/55 pflegten Streufdorfer Schüler sowie Angehörige der damaligen Grenzpolizei der DDR die historische Stätte, später aber war sie nicht mehr zugänglich und verkam. Erst nach der Grenzöffnung im Herbst 1989 konnten Heimatfreunde das Kreuz wieder gestalten.

Sage: 1. Ab und zu verbreitet man das Gerücht, daß dies Kreuz ein Werk böser Geister sei...
2. Wieder andere versuchten das Geschichtliche zu verwischen, indem sie erzählten, daß hier der Ritter Poppo v. Strufe von seinem Gegner erschlagen worden sei.
3. Nicht gar weit von den Ruinen der Burg Strauf und von Streufdorf ist eine Stelle im Waldgeheg, an welcher einst ein Jüngling seinen Tod fand und begraben wurde. Seine trauernde Geliebte wollte sein Andenken ehren durch ein bleibendes Gedächtnißmal; doch fehlten ihr dazu die Mittel. Da gab ihr die Liebe einen Gedanken ein, den sie auszuführen nicht säumte. Sie legte mit sorgsamer Hand ein Kreuz aus Ackersteinen auf die Trift. Und wie oft es geschah, daß Bosheit oder Muthwille das Kreuz auseinander riß und zerstörte, die Hand der Liebe war rastlos thätig, das Kreuz fort und fort zu erneuen, bis das Mägdlein starb.
Darauf hat das Volk jenes Kreuzes Erhaltung wie ein stilles Vermächtniß übernommen, und immerdar die Lücken wieder ausgefüllt, die durch Menschenhand oder sonstigen Zufall in dem Steinkreuze entstanden. So hat das Kreuz lange am Wege gelegen, und ist zum frisch im Volksgedächtniß fortlebenden Sagenzeugen geworden. (Bechstein 1842)

Quellen und Literatur:
Bechstein, Ludwig - Der Sagenschatz des Frankenlandes. Erster Theil. Die Sagen des Rhöngebirges und des Grabfeldes. Würzburg 1842, S.232
Hoffmann, Friedrich - Das Korneffer - Kreuz, um 1864
Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.67, Nr.522
Störzner / Möbes - Steinkreuze in Thüringen: Katalog der Bezirke Gera und Suhl, 1988, Nr.31 (Suhl)
Störzner, Frank - Das Ackerkreuz von Streudorf, in: Thüringer Allgemeine vom 1.12.2012
recherchiert von Hans-Ulrich Gembusch, Uhlstädt-Kirchhasel
Ergänzungen und aktuelle Aufnahmen von Ulrich Baltes, Suhl (Fotos von August 2008) und Andreas Lehmann, Erfurt



Das Korneffer - Kreuz
von Friedrich Hofmann
(um 1864)

Das ist ein einfach Kreuz, auf ebnem Boden
Gelegt aus Feldgestein am Ackerland.
Wie es der Liebe Hand gelegt dem Toten,
So pflegt es ewig treu der Liebe Hand.
Jahrhunderte sind drüber hingeschritten,
Von tausend Monumenten schwand die Spur;
Hier wo des Volkes Seele mitgelitten,
Liegt unverletzt das Kreuz noch in der Flur.


Sühnekreuze & Mordsteine