Beiträge zur Geschichte der Steinkreuze


zur Übersicht

"Neue" Steinkreuze im Nessetal
Von Manfred Beck

Kirche am neu gestalteten Dorfanger in Ettenhausen/ Nesse - leider haben die Projektanten im Dorferneuerungskonzept nicht berücksichtigt, die störenden Freileitungen (EON) mit in die Erde zu verlegen. Im Dezember 2007 wurde der Platz rund um die Kirche nach umfangreichen Baumaßnahmen wieder freigegeben.

Die als Steinkreuze, auch Sühnekreuze oder Kreuzsteine bezeichneten Kleindenkmale sind wichtige Zeugnisse der Orts- und Regionalgeschichte. Von den etwa 600 in Thüringen bekannten Objekten befinden sich etwa 50 im Wartburgkreis und in Eisenach. Leider kommt es immer wieder vor, dass Steinkreuze und andere Flurdenkmale beschädigt werden, von uneinsichtigen Zeitgenossen für die Ausschmückung des privaten Grundstücks gestohlen werden oder nach Baumaßnahmen plötzlich unauffindbar bleiben. Um so erfreulicher ist die Auffindung zweier Steinkreuze im Nessetal, welche bisher nicht in den Inventarlisten enthalten waren.
Durch die archäologische Überwachung bei Straßenbauarbeiten in der Torgasse in Großenlupnitz und an der Autobahntrasse, wurden diese Entdeckungen ganz nebenbei gemacht.

Fotos: Beck / Reißig


 Steinkreuze in Ettenhausen / Nesse 

Die Dorfkirche von Ettenhausen/Nesse wurde Mitte des 16.Jahrhunderts erneuert. Ein Eck-Quader an der Westseite des Kirchenschiffes mit den Abmessungen 59x37cm trägt die Inschrift: fSPANGG / ENBERG / FECIT (Spanggenberg hat es gemacht - die Kirche (neu) erbaut / renoviert). Das Kreuz ist in der Form eines Malteserkreuzes gearbeitet. An einem Fenstergewände ist eine Inschrift enthalten - sie datiert die Umbauten an der Kirche "AO 1554". Die Kirche ist teilweise von einer niedrigen Steinmauer aus Feld- und Lesesteinen umgeben. In dieser Mauer findet sich - fast unauffällig - auf der Ostseite ein bisher unbekanntes Steinkreuz. Es ist 44cm breit und hat eine Resthöhe von 28cm. Der Stein ist nur im Oberteil erhalten. Die Kalksteinplatte stammt aus dem örtlichen Bruch. Die Jahreszahl 1558 ist 9cm hoch. Darüber konnten noch folgende Buchstaben entziffert werden: HANS FOCRE (oder FaCRE) TOD(?). In der Literatur konnte bisher kein Hinweis auf den Steinkreuzrest gefunden werden. Auch in zwei weiteren Orten des Wartburgkreises wurde jeweils ein "neues" Steinkreuz entdeckt.
Vor der Einführung der Reformation in Thüringen befanden sich zahlreiche, meist hölzerne Bildstöcke und Kruzifixe in der Umgebung eines Dorfes.


 Großenlupnitz - Kruzifix in der Fassade der Kirche 

Sie ermöglichten es der bäuerlichen Bevölkerung im Tagesablauf anfallende Gebete in der Nähe ihres Arbeitsplatzes ausführen zu können. In den katholischen Landesteilen wurden auch Feldkapellen errichtet. Als Standorte waren auch Brücken, Siechenhäuser, Straßenkreuzungen, Friedhöfe und Richtplätze häufig. In der Südfassade der Großenlupnitzer Kirche wurde bei der letzten Sanierung ein spätgotisches steinernes Kruzifix (Fragment) beim Verputzen freigestellt. Deutlich erkennt man die bereits stark verwitterte Christus- Figur im Zentrum des kleinen Kreuzes. Das Kreuz ist heute noch etwa 20cm hoch. Ursprünglich hat es vielleicht in einem Bildstock gesessen oder stand auf einem steinernen Pfeiler in der Flur.
Aus der Ortschronik lässt sich ein denkbarer Standort ableiten. Unweit der jetzt im Bau befindlichen Böbertalbrücke befand sich im Mittelalter ein Friedhof nahe beim Richtolatz des Dorfes. Hier verlief auch der Handelsweg in Richtung Langensalza und Behringen über den Kindel.

Manfred Beck

(Hörselberg-Bote, Nr.75, 2008, S.20-21)

nach oben

Sühnekreuze & Mordsteine