Deutschland
Thüringen
Lkr. Saalfeld-Rudolstadt
Weißbach (I)
PLZ:
07407
GPS:
N 50° 42.965', O 11° 27.252'
Standort:
Am südlichen Ortsrand etwa 100m östlich der Weißbacher Waldkirche an der Buswendestelle.
Größe / Material:
104:74:61 / Sandstein
Geschichte:
Das Steinkreuz stand ursprünglich etwa 1100m
südsüdwestlich des jetzigen Standortes, im Thiemental, an einem nach Westen gerichteten Hang. Es wird auch "Wagnersbeil" oder "Wagnerstein" genannt. Auf der Westseite ist eine Axt mit
gerundetem Schneidenteil im Umriß eingeritzt. Am wohl ursprünglichen Standort um 1947 beim Holzeinschlag zerbrochen. Es wurde
damals nicht gehoben, überwucherte und galt später als vermißt. 1977 wurden die Teile gesucht und wieder zusammengefügt. (Störzner 1988)
Sage:
Ein Wagnergeselle soll sich hier bei der Holzarbeit selbst tödlich getroffen haben. (Deubler 1977)
Quellen und Literatur:
• Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.60, Nr.389
• Störzner / Möbes - Steinkreuze in Thüringen: Katalog der Bezirke Gera und Suhl, 1988, Nr.104 (Gera)
Weißbach (II)
GPS:
Standort:
Gemeindeflur Weißbach, Forstort "Braunsleite".
Größe / Material:
44:28:18-22 / Sandstein
Geschichte:
Der "Zipptoffel-Stein". Keine Einzeichnungen.
Mitte des 18. Jahrhunderts lebte in Langenschade ein Bauer namens Christoph Horn. Die Bewohner des Heidedörfchens
nannten ihn "Zipptoffel", weil er sich in seiner Kindheit als Vogelsteller betätigte und es dabei besonders auf Drosseln
abgesehen hatte, die man damals hierzulande auch als Zippen bezeichnete.
Unter dem Namen Zipptoffel sollte Christoph Horn später in die Heimatgeschichte Langenschades und der anderen
Heidedörfer eingehen. Zipptoffel galt als fleißig und ordentlich. Seine Einkünfte aus dem kleinen Gut und sein Nebenerwerb
als Totengräber reichten gerade aus, die Familie zu ernähren.
Zu dieser Zeit gab es in den umliegenden Wäldern noch überaus reiche Wildbestände. Das unwegsame Gelände des
dichten Heidewaldes begünstigte eine rasche Vermehrung aller Arten des vorkommenden Raubwildes.
Unter der Überzahl an Wild hatten besonders die Bauern zu leiden, deren Felder oft von Hirschen, Rehen und
Wildschweinen verwüstet wurden. Klagen, Beschwerden und Schadensersatzforderungen der betroffenen Bauern
blieben ohne Wiederhall.
Im Gegenteil, die Landsherren als uneingeschränkter Eigentümer aller jagdbaren Tiere zwangen die Bauern noch, das
Winterfutter für das Wild in den Wald zu bringen. Die Jagd war nur der herrschenden Klasse vorbehalten. Den "niederen
Ständen", somit auch den Bauern, war es streng verboten, zu jagen. Auch das auf den Feldern angetroffene Wird durfte
nicht geschossen werden.
Das eigenmächtige Jagen ohne Erlaubnis der Jagdherren, "Wildern" genannt, wurde mit Kerker bestraft. Ungeachtet der
angedrohten Strafe, widersetzte sich ein Heidebauer im Jahre 1769 dem Jagdverbot: Christoph Horn aus Langenschade.
Gemeinsam mit seinem ältesten Sohn Hanchristian stellte er dem Wild nach. Ob ihn die Wildschäden dazu bewogen
hatten oder ob es aus reiner Jagdleidenschaft geschah, wurde nicht bekannt.
Einige Zeit gelang es Zipptoffel, heimlich und unangefochten Rotwild zu schießen. Die Bauern des Ortes wussten wohl
vom Treiben Zipptoffels, hüteten sich jedoch, ihn zu verraten, half er doch, weitere Verwüstungen auf ihren Feldern
abzuwenden. Sie ergriffen insgeheim Partei für ihn.
Eines Tages durchsuchte man Zipptoffels Haus nach Wildbret und Waffen. Des Oberförsters Sohn, Christian Lorenz,
hatte durch einen Freund von der Wilddieberei des Zipptoffel erfahren. Man glaubte nun, den seit langem gesuchten
Wilderer gefunden zu haben und entlarven zu können. Die Haussuchung brachte aber keine Beweise für einen
Wilddiebstahl.
Zipptoffel, durch diesen Vorfall gewarnt, ging von nun an mit größter Sorgfalt auf die Jagd. Nach kurzer Zeit aber wurde
er mit seinem Sohne, als sich beide gerade auf dem Wege nach Rudolstadt befanden, von den Forstgehilfen Christian
Lorenz und Georg Kreiser gefangengenommen. Vater und Sohn, die Wildbret bei sich hatten, das für seinen Abnehmer
in der Stadt bestimmt war, wurden der Wilddieberei überführt.
Drei Jahre lang mussten sie im Gefängnis verbringen. Nach Verbüßung der Strafe kehrte Zipptoffel allein in seinen
Heimatort zurück, Hanchritstian war vorher Soldatenwerbern übergeben worden.
Zipptoffel fand seine Familie in Not und Elend vor. Sein kleines Anwesen war verkauft worden. Der Erlös hatte gerade
für die Deckung der Gerichtskosten und des ihm auferlegten Schadenersatzes gereicht. Als Zipptoffel Frau und Kinder
in Lumpen gehüllt sah, war er bereit, ein neues Leben zu beginnen. Er bemühte sich um Arbeit, ganz gleich welcher Art,
als Tagelöhner in der Gemeinde oder bei Bauern. Doch ohne Erfolg!
Niemand gab ihm eine Anstellung. Keiner half ihm in seiner Armut. Zipptoffel fand weder beim Bürgermeister noch beim
Pfarrer ein offenes Ohr für seine Nöte.
Alles das verbitterte ihn sehr. In seiner Verzweiflung sah er schließlich keinen anderen Ausweg, als durch Diebstahl und
Raub das Allernötigste, Nahrung und Kleidung, für sich und die Seinen zu beschaffen.
Zipptoffel stahl, überfiel und beraubte die Bauern dieser Gegend, wo und wann das nur irgendwie möglich war. Nachdem
ihm wieder ein Gewehr in die Hand gekommen war, begann Zipptoffel erneut zu wildern. Das veranlasste die
Forstbehörden, ihn für vogelfrei zu erklären
Zipptoffel wurde bald über Langenschade und Reichenbach hinaus im ganzen Heidegebiet als gefürchteter und
geächteter Mann bekannt, der vor keiner Gewalttat zurückschreckte. Sein Ende fand Zipptoffel schließlich am
28. September 1772 an der Braunsleite durch seinen ärgsten Feind, Christian Lorenz.
Der Wilderer war, während er auf Wild lauerte, von dem Förstersohn und -gehilfen überrascht und kurzerhand
erschossen worden. Für eine ordentliche Beerdigung Zipptoffels wollte niemand Geld ausgeben. So verscharrte man ihn
am Tatort.
Aus den letzten Worten vor seinem Tode ist zu entnehmen, dass Zipptoffel durch seine Taten nicht wohlhabend geworden
war. Der sterbende Zipptoffel hatte nämlich seinem zweiten Sohne, der ihn gesucht hatte, befohlen, ihm alle Kleider bis
auf ein Hemd auszuziehen und diese zusammen mit dem Gewehre und der Jagdtasche zur Mutter zu bringen, damit diese
Brot dafür kaufen könne.
Die feudalistische Gesellschaftsordnung, die nur dem Adel, der Kirche und wohlhabenden Bürgern Privilegien einräumte
und einmal straffällig gewordenen einfachen Bauern keine Chance gab, eine neue Existenz aufzubauen, trug die
Hauptschuld am Tun und Lassen des Christoph Horn.
Zipptoffel war im Grunde kein schlechter Mann. Die sozial-ökonomischen Verhältnisse dieser Zeit ließen ihn erst zum
Gewalttäter werden. Mit diesem, von den einfachen Menschen der Heidedörfer längst gefällten Werteurteil hat die
Gestalt des Zipptoffel einen festen Platz in der Heimatgeschichte Langenschades und der umliegenden Orte erhalten. (Festschrift 1971)
Sage:
Quellen und Literatur:
• Festschrift zur 900-Jahr-Feier in Langenschade, 1971
• recherchiert und bebildert von Hans-Ulrich Gembusch, Uhlstädt-Kirchhasel