Allgemeines zu Steinkreuzen |
...Wir glauben, unsern Lesern einen Gefallen zu tun, wenn wir eine Reihe arabischer, richtiger indischer Ziffern (Wattenbach) zusammenstellen.
Es kommt oft vor, daß man sie angeschrieben findet als Jahrzahlen auf Altertümern.
Ihre Entzifferung soll nun diese Zusammenstellung sowie die folgende Bemerkung erleichtern:
Man merke, es bedeuten die Ziffern fast nur Jahrzahlen von 1450 - 1550. Vor 1450 kommen außer in Handschriften bei uns
Jahrzahlen in arabischen Ziffern seltenst vor.
Die Jahrzahlen nach 1550 hinwiederum ähneln schon so sehr den unsern, daß der Schlüssel (Abb. links) nicht nötig. Man darf als die
erste Ziffer, wenn die Jahrzahl mit allen 4 Ziffern ausgeschrieben ist, immer als 1 und die zweite Ziffer immer als 4 oder 5 deuten.
Für 4 merke man sich immer die charakteristischen Zeichen, die unsern 4 gar nicht gleichen. Das 5 gleicht in den Hauptstrichen
schon unserm 5.
Leichter als also an dritter und vierter Stelle der Jahrzahl zu lesen sind 1, 6, 8, 9, 0 und da 4 und 5 schon vorkommen, auch
diese. Oft ist man im Zweifel, ob 2 oder 3 zu lesen: die untere Hälfte von 2 strebt meist nach links, die von 3 meist nach rechts, wie
wirs heute noch schreiben oder drucken: 2, 3. Bei 7 beachte man die Schreibung ^, diese nicht = 1.
Vor verwitterten Bildstöcken, Grabsteinen kann man freilich eine halbe Stunde oft stehen, um die Jahrzahl zu entziffern. Man
muß die Formen des Denkmals beachten, ob spätgotisch, ob Rennaissance; auch lasse man sich nie verleiten 1200, oder gar 1100
zu lesen, weil in diesen Jahrhunderten arabische Ziffern an Denkmälern nicht vorkommen; uns sogar nur ein einziges Beispiel vom
14. Jhrh. bekannt. Manchmal fehlt die erste Ziffer,dann heißt die Jahrzahl nicht 520 sondern 1520 (vgl. Beispiel auf Abb.); manchmal
fehlen die beiden ersten Ziffern; dann muß man 14 oder 15 je nach andern Beobachtungen ergänzen...
Die Minuskeln oder Gemeinen sind Kleinbuchstaben. Sie passen in ein
Vierlinienschema. In diesem können die Minuskeln auch eine Oberlänge (z.B. b, d, f, h, k, l) oder eine Unterlänge haben
(z.B. g, j, p, q, y). Die Bezeichnung Minuskel ist aus dem lateinischen Wort minusculus abgeleitet, was so viel bedeutet
wie eher klein. Sie stammt vermutlich etwa aus dem Jahre 1000 n. Chr. Das Gegenteil von Minuskel ist Majuskel bzw. Versalie.
Karl der Große beauftragte den schriftkundigen Mönch Alkuin eine Schrift zu schaffen, die die Vielzahl von Nationalschriften in
seinem Reich ersetzen sollte. Es entstand so die Karolingische Minuskel, welche nur aus Kleinbuchstaben bestand. Sie hatte
ausgewogene runde Formen und flüssige Übergänge. Da zwischen den einzelnen Worten nun ein deutlicher Abstand gelassen wurde,
war sie besser lesbar.
Durch die unter der Herrschaft Karls des Großen eingeleitete Neubelebung des antiken Schul- und Bildungswesens wurde eine
Rückbesinnung auf das buchstabierende Schreiben stark gefördert. Die karolingischen Minuskeln verbreiteten sich ab dem 9.
Jahrhundert von den Schreibzentren des Karolingerreiches (u.a. Tours, Reims und Aachen) sehr schnell aus. Später entwickelten
sich aus den karolingischen Minuskeln die gotische und die humanistische Minuskel. Gegen Ende des 11. Jahrhunderts entwickelte
sich in Belgien und Nordfrankreich aus der karolingischen Minuskel die frühgotische Minuskel (bis 13. Jh.), als neuer Schrifttyp, der sich rasch in
ganz Europa verbreitete und die karolingische Minuskel verdrängte. Daraus entstand die gotische (14. Jh.) und spätgotische Minuskel
(16. Jh.).
Die Abbildung gibt nur eine sehr grobe Vorstellung vom Aussehen eines vollständigen Textes, da dieser natürlich
als Handschrift wesentlich unregelmäßiger ist als der hier abgebildete Computersatz und die handgeschriebenen Formen der
Buchstaben in vielen Elementen je nach Zeit und Skriptorium von den hier dargestellten abweichen.
Besonders zu beachten ist, dass das „i“ noch keinen Punkt hat und das „s“ ein langes s ist. Die Unterscheidung in große und kleine
Buchstaben, die in der Abbildung zu sehen ist, erfolgte erst später.
Die Umrechnung von Datierungen an Hand von Minuskel-Inschriften stellt eine weitere Problematik dar, welche oftmals zu Fehlinterpretationen
führen kann. Das Bildbeispiel zeigt die aufgegliederte Inschrift am Steinkreuz von Stupferich in Baden-Württemberg.
1. Lateinisches Kreuz - rechtwinklig gekreuzte Arme, Schnittpunkt liegt oberhalb der Mitte
2. Griechisches Kreuz - niedrig, alle vier Arme sind gleich lang
3. Malteser Kreuz - spitzwinklig gekreuzte , nach außen verbreiterte Arme, benannt nach dem Kreuzsymbol
des Johanniter- bzw. Malteserordens
4. Gotisches Kreuz - spitz auslaufende Armenden, der untere gleichlange Kreuzarm ist auf
dem Schaft besonders herausgearbeitet.
5. Radkreuz - vorwiegend in Westfalen zu finden
6. Scheibenkreuz - die Scheibe ist im Oberteil zum Radkreuz ausgebildet
7. Antoniuskreuz - Kreuz ohne Kopfteil
8. Kleeblattkreuz - kurze, gewundene Arme, Abart des lateinischen oder Malteserkreuzes
9. Bildstock - auf einer schlanken Steinsäule befindet sich im dachartig abgeflachten
Oberteil eine Niesche zur Aufnahme einer Heiligenfigur.
Das Kreuz, das Zeichen der Christenheit, findet sich je nach Anfertigungsstoff, Zeit und
Zweck in sehr verschiedenen Formen dargestellt. Wenn über deren Entstehung, Bedeutung und Gebrauch auch schon viel
geschrieben ist, so sind die darüber handelnden Werke zum Teil doch nur in größeren Büchereien vorhanden und nicht jedermann
zur Hand. Deshalb möchte es vielleicht manchem nicht unerwünscht sein, an dieser Stelle eine möglichst vollständige, aber gedrängte
Übersicht der Formen zu erhalten, die man dem Kreuze im Laufe der Jahrhunderte gegeben hat.
Schon aus der vorchristlichen Zeit kennt man einige Kreuzformen, z.B. das ägyptische Henkelkreuz oder
den Nilschlüssel (1) und das in Vorderasien vorkommende Sonnenrad (2),
das zuweilen auch unter Weglassen des Kreises nur als Kreuz dargestellt ist. Ferner das buddhistische Swastikakreuz (3)
und das bei altamerikanischen Völkern vorkommende T – förmige Zeichen, das später auch wohl auch Taukreuz (4)
genannt wurde. Alle diese aus vorchristlicher Zeit stammenden Zeichen sind, obgleich damit auch eine, sinnbildliche Bedeutung
verbunden gewesen sein mag, wahrscheinlich mehr als Nachbildungen von Naturgegenständen aufzufassen. So deutet man im
Henkelkreuz den Kreis auf der Wagerechten als Sonne am Himmel und die Senkrechte als Sonnenstrahl, ebenso in dem
altamerikanischen Zeichen (4) die Wagerechte als Himmelsdecke und die Senkrechte als Regenstrahl.
Religiöse Bedeutung gewinnt das Kreuz erst in der christlichen Zeit. Zuerst wagte man das Kreuz wegen
der Heiden, denen es als Galgen verächtlich war, nicht offen darzustellen. Bis zum 5. Jahrhundert findet es sich deshalb nur in
versteckter, verhüllter Gestalt, entweder in der Form des griechischen Buchstaben Χ oder in Formen, die den
heidnischen (1 - 4) entlehnt sind. Ferner kommen
als verhüllte Kreuzeszeichen noch vor: das Ankerkreuz (5 u. 5a) das Χ in Verbindung mit einem senkrechten
Arm (6), auch die Kreuzform mit gekrümmten Seitenarmen(7)
und eine dem ägyptischen Henkelkreuz ähnliche Form (8). Endlich
wurden damals häufig Monogramme benutzt, von deren großer Zahl hier wenigstens einige der am meisten gebräuchlichen dargestellt
werden mögen (9). Erst nachdem sich das Christentum weiter ausgebreitet hatte, seit dem 5. Jahrhundert, (in Afrika schon etwas
früher) wird das Kreuz unverschleiert, verwendet. Nun entstehen alle die Kreuzformen, die man als die eigentlich christlichen
anzusehen hat.
Das lateinische Kreuz oder Passionskreuz (10), mit ungleich langen
Armen, ist das allgemeine Kreuz der Abendländer. Sein Fuß ist gewöhnlich doppelt so lang als die anderen drei Arme. Kruzifixe,
also Kreuze mit dein Körper des Heilandes, haben meist diese Form. Das griechische, gleichschenklige oder Georgen-Kreuz
(11) hat vier gleichlange Arme. Das nach dem Apostel Andreas benannte Andreas-Kreuz
oder das burgundische Kreuz ist ein schräges Kreuz. Entweder sind daran beide Arme schräg gestellt (12a),
oder nur einer davon (12b). Die Bezeichnung Andreas-Kreuz führt auch das Gabel- oder
Schächer-Kreuz (12c) oder auch das oben schon genannte Χ-förmige
Kreuz an einem senkrechten Stamme (6). Das Kreuz Petri oder Petrus-Kreuz (13)
ist ein umgekehrtes Kreuz, das Philippus-Kreuz (14) ein liegendes. Weiter kommen auch die
den Heiden entlehnten Kreuze vor: Das Henkel- oder ägyptische Kreuz (1), das Swastika-,
Pförtchen- oder Haken-Kreuz (3) und das Antonius-, Albingenser- oder Schächer-Kreuz
(4).
Aus dem lateinischen Kreuz abzuleiten sind: Das sowohl im Morgen- wie auch im Abendlande übliche
Patriarchenkreuz (15) mit zwei wagrechten Querarmen, deren unterer der längere ist. Die
Arme haben oft kleeblattförmige Enden. Von manchen wird dies Kreuz auch Lothringer Kreuz oder Lothringisches Kreuz genannt.
Das scheint aber nicht richtig zu sein: vielmehr hat das Lothringische Kreuz (16) wohl zwei
gleich lange Querarme, die den senkrechten Stamm in gleichen Abständen von den Enden scheiden. Entstanden denken kann man
es sich durch Aufeinandersetzen zweier griechischen Kreuze. Das Päpstliche Kreuz (17)
hat noch einen Querarm mehr, als das Patriarchenkreuz. Die Länge der Querarme nimmt nach unten hin zu. Dies dreifache Kreuz
gilt seit dem 15. Jahrhundert als Abzeichen des Pabstes.
Ein zweites dreiarmiges Kreuz ist das achtendige Kreuz der russischen Sektierer (Raskolniki = Abtrünnige),
das Raskolniken-Kreuz (18), dessen längster Querarm der mittlere ist. Das gewöhnliche
Kirchenkreuz der Russen (19) ist mit Ketten, die zur Befestigung auf der Kuppel oder
Dachfirst dienen, versehen. Die Ketten beginnen entweder im Kreuzwinkel oder an den wagerechten Kreuzarmen.
Als Kreuz der griechischen Kirche gilt auch ein dreifaches Kreuz, dessen unterster Querbalken ein
Schrägbalken von der Länge des obersten ist (20). Dieser untere Querbalken soll das
Fußbrett des Kreuzes darstellen, der oberste dagegen das Titelbrett.
Ein Doppelkreuz (21) entsteht aus der Zusammensetzung eines
griechischen Kreuzes mit einem Andreas-Kreuz. Davon ist zu unterscheiden das Sternen- oder Flammenkreuz (22),
dem wieder das Sternkreuz (23) gegenüberzustellen ist. Durch Zusammensetzung von vier
Antonius-Kreuzen entsteht das Krückenkreuz (24), das sowohl nach dem Muster des
griechischen Kreuzes gleichlange Arme, als auch nach dem Muster des lateinischen Kreuzes nur drei gleichlange mit einem
längeren vierten Arm unten haben kann. Ein Krückenkreuz, jedoch etwas abweichender Form, ist auch das berühmte
Bernwards-Kreuz (25) in Hildesheim. Krückenkreuzform findet man häufig bei Blendnischen
von Backsteinkirchen. Ein gleicharmiges Kreuz mit krückenartigen Enden (26) wird zuweilen
auch byzantinisches Kreuz genannt. Ihm ist gegenüberzustellen das Kreuz von Oviedo (27),
das der Sage nach zwei Engel für den König Alfons gefertigt haben sollen.
Kreuze und zwar meist gleicharmige Kreuze, die je nach ihren besonderen Kreuzendigungen benannt
worden sind: das Wiederkreuz (28), dessen vie Arme an den Enden wieder Kreuze bilden,
das Kleeblattkreuz (29), das Lilienkreuz (30) als
Bild der Reinigung und Heiligkeit, zugleich auch Kreuz der französischen Könige, das Ankerkreuz (31),
das Rosenkreuz oder gotisches Kreuz (32), und das Apfel-, Ballen- oder Pilgrimskreuz mit
Kugeln an den enden. Ferner sind hierbei noch zu erwähnen das Pfeilspitzen-Kreuz mit dreieckförmigen Enden und das Rautenkreuz
mit rautenförmigen Enden. Das Wiederkreuz kommt besonders häufig in Spanien vor und heißt deshalb auch spanisches Kreuz.
Das Jerusalemkreuz ist ein gleicharmiges Kreuz, in dessen vier Winkeln kleine Kreuze angebracht sind.
Man findet es im Wappen von Jerusalem. Auch der Orden des heiligen Grabes (33) zeigt die
Kreuz. Das Hauptkreuz ist dabei ein Krückenkreuz.
Das Tatzenkreuz (34) kommt sowohl mit gleichlangen Armen
(eisernes Kreuz von 1813 und 1870) als auch mit einem längeren Arm vor (Deutschordenskreuz). Bei Steckkreuzen ist das untere
Kreuzende um es in die Erde stecken zu können, zugespitzt. Beim Maltheserkreuz (35)
werden die Arme nach außen hin breiter und endigen zweispitzig. Es hat also acht Spitzen, die an die acht Rittertugenden erinnern
sollen.
Das Kreuz auf dem Hügel Golgatha (36) ist ein auf hügelartigen
Erhöhung stehendes lateinisches Kreuz.
Astkreuze sind Andreas-Kreuze mit astartigen Auswüchsen, die auf dem Baum, woraus das Kreuz Christi
gefertigt ist, hindeuten sollen. Auch bei anderen Kreuzformen finden sich solche astartigen Auswüchse zuweilen angedeutet.
Seilkreuze oder gewundene Kreuze stellen Kreuze dar, die aus zusammengeflochten Seilen bestehen. Staffel-, Absatz- oder
Stufenkreuze haben abgestufte Querbalken. Runenkreuze zeigen alle einen runden Kern woran die vier Kreuzarme sitzen.
Unter einem Albenkreuz, Pentalpha, Pentagramm oder Pentakel (37)
versteht man ein durch Ineinanderschieben von drei Dreiecken entstandenen Stern, der fünf Alpha ohne Querbalken enthält. Das
Geheimnis der Dreieinigkeit soll damit angedeutet sein
Besondere sinnbildliche Bedeutung haben: das Ankerkreuz als Zeichen der Hoffnung, das Herzkreuz
(38) als Zeichen der Liebe und das Kreuz auf dem Reichsapfel (39)
als Zeichen der Weltherrschaft. Diese letzte Form findet sich auf den Kronen christlicher Herrscher. Ob der vom Kreuz bekrönte
Turmknopf auf Kirchtürmen vielleicht ähnlich zu deuten ist, erscheint zweifelhaft. Daß das Kreuz auf dem Kreis auch als
astronomisches Zeichen für die Erde und in umgekehrter Form für die Venus gebraucht wird, sei hier nur nebenher erwähnt. Ebenso
wendet man das kreuz als botanisches Zeichen an (vergl. Leunis, Leitfaden der Naturgeschichte).
Von Byzantinischen Goldarbeitern wird zu Verzierungen oft ein eine kreuzförmige Zusammenstellung
des griechischen Buchstaben Γ gebraucht. Namentlich auf griechischen Messgewändern findet man solche
Verzierungen häufig. An diese Gammakreuz-Form (40) erinnert das aus vier Lateinischen F
zusammengesetzte Turnerkreuz (41).
Nach der Verschiedenheit des Zweckes benannt: Altarkreuze, Turmkreuze, Giebelkreuze, Bußkreuze,
Vortragskreuze, Prozessionskreuze, Stationskreuze, Weihekreuze, Feld-, Stein-, Mord- oder Marterkreuze, Sühnekreuze,
Brustkreuze, Missionskreuze, Sterbekreuze, Ablasskreuze, Kathedralkreuze, Kollegiatkreuze, Ordenskonventskreuze, Grabkreuze,
Kirchhofskreuze, heraldische Kreuze und andere. Weihekreuze sind von einem Kreis umgeben und dienen als Zeichen der
bischöflichen Weihe (42).
Die Hauptformen der einfachen, leeren Kreuze dürfte hiermit erschöpft sein: die Formen der Kreuze mit
dem Heiland, Kruzifixe, hier noch zu behandeln, verbietet der Platzmangel. Wem daran gelegen ist, hiermit wie überhaupt mit den
Kreuzformen zu beschäftigen, seien die unten genanten Werke empfohlen. Eine einigermaßen
vollständige Sammlung mustergültiger Kreuzabbildungen scheint es aber noch nicht zu geben. Sind doch auch erst in den letzten
Jahrzehnten mit dem Fortschritt mit der Inventarisation der Kunstdenkmäler viele schöne Kreuze weiteren Kreisen bekannt geworden.
Möchte sich bald jemand finden, der diese Kreuze in guten Lichtbildaufnahmen oder Zeichnungen sammelt und veröffendlicht.
Das wäre eine dankbare Aufgabe.
(Die Denkmalpflege, Hrsgg. von der Schriftleitung des "Zentalblattes der Bauverwaltung", VIII.Jg., Nr.9, Berlin, 18.Juli 1906, S.70-71)1) Das Kreuz Christi von Dr. Zöckler.
2) Archäologisches Wörterbuch von Heinrich Otte.
3) Kunstlexikon von W... Speemann.
4) Kunstgeschichte des Kreuzes von Dr. J. Stockbauer.
5) Meurer, Kirchenbau.
6) Wetzer und Weltes Kirchenlexikon.
7) Real-Encyklopödie der christlichen Altertümer von F. X. Kraus.
8) Handbuch der Denkmalpflege von Dr. J. Reimers.
9) v. Sacken, Heraldik, neu bearbeitet von M. v. Weitenhiller.
Kreuzeszeichen. Der Aufsatz unter dieser Überschrift auf S. 70 dieses Jahrganges bedarf einiger
Zusätze. Daß das Kreuz erst in christlicher Zeit religiöse Bedeutung erhält, kann man nicht behaupten; denn solche ist bei den
vorchristlichen Kreuzformen durchweg erweislich. Der Nilschlüssel, das Sonnenrad und das Swastikakreuz entstammen
morgenländischer Kulten. Das Τ-Kreuz braucht nicht als vorchristlich angesehen zu werden: es gehört nicht
einmal zu den cruces dissimulatae, zu den versteckten Kreuzen, als welche vor allem die Monogramme Christi
Χ = Χρίστος
= Ίησούς
Χρίστος (seit 268) und
= Ίησούς ΧΡίστος (seit 298)
zu nennen sind, sondern ist eine mehr oder weniger von dem örtlichen Brauche abhängige Form des gemeinen Richtkreuzes.
Daß das Kreuz selbst erst seit dem 5. Jahrhundert unverschleiert gemacht sein soll, ist nicht richtig. Zwar
kommen cruces dissimulatae bis dahin und noch später vor, aber schon seit den Tagen Konstantins des Großen war auch das Kreuz
allgemein in Gebrauch. Im Kampf mit seinem Gegenkaiser Maxentins gab Konstantin bekanntlich an, daß er ein Zeichen mit der
Umschrift in hoc signo vinces am Himmel gesehen habe. Er setzte dieses Zeichen, das sogenannte Konstantinische Monogramm, an
die Stelle des kaiserlich römischen Adlers auf die Kriegsfahnen und belebte dadurch den Mut seiner meist schon christlichen
Soldaten so sehr, dass ihm der Sieg zufiel. Ob er selbst zum Christentum übergetreten ist, mag fraglich sein: jedenfalls setzte er dem
christlichen Kulte kein Hindernis mehr entgegen, und somit wurde es möglich, das Kreuz als Zeichen des christlichen Bekenntnisses
nun auch unverhüllt darzustellen. Es würde zu weit führen, hier die Gründe anzugeben, warum es jetzt noch nicht in naturalistischer
Weise als Richtkreuz, sondern erst symbolisch als crux gemmata, als ein mit Edelsteinen, Blumen u. dergl. verziertes Kreuz gebildet
werden konnte und noch ohne das corpus Christi bleiben mußte, aber es sei darauf hingewiesen, daß es an ausgezeichneter Stelle
in der Kirche, am Apsidengewölbe, über dem Triumphbogen, in der Kuppel und seit dem 5. Jahrhundert auf dem Altar Platz fanden.
Um 400 zeigen die Münzen das Kreuz auf dem Reichsapfel, unter Justin I 518 bis 528 kommt es im Morgenlande, unter Valentin III,
† 455, im Abendlande auf die Kaiserkrone.
Sehen wir ab von den sogenannten Spottkruzificus im Museo Kircheriano in Rom, der noch nicht vollständig
geklärten Darstellung eines gekreuzigten Esels, sowie von solchen Bildern, auf denen Christus in jugendlicher Gestalt gebildet ist,
ein crux gemmata haltend, so stammen die ersten Darstellungen Christi am Kreuze aus dem 5. Jahrhundert. Es sind das Relief
einer Türfüllung der S. Sabina auf dem Aventin in Rom, das eines Elfenbeintäfelchens im Britischen Museum in London und die
Buchmalerei einer syrischen Handschrift des Rabulas von 586 in der Bibliotheca Laurentiana in Florenz. Wie in der Zeitschrift für
christliche Kunst S. 98 dieses Jahrganges (Der Krucificus und die ersten Kreuzigungsdarstellungen) nachgewiesen habe, handelt
es sich bei diesem Stücken aber eigentlich noch um Hinrichtungsszenen, nicht um eine biblische Widergabe der den Kreuzen
zugrunde liegenden christlichen Lehre von der Erlösung, Durch den gekreuzigten Christus ausgerückt wird solche zuerst um 600.
Das Brustkreuz welches Papst Gregor der Große der Longobardenfürstin Theodolinde zur Geburt ihres Sohnes Adulowald nach
Monza schickte, und Flachbilder auf Ölflaschen dieses Papstes, ebenfalls für die Fürstin bestimmt und jetzt im Monzeser Domschatze
aufbewahrt, sind die ältesten merkwürdigen Stücke dieser Art.
An dem genannten Brustkreuze findet sich zuerst das Fußbrett, dessen Bedeutung von mir in der Zeitschrift
für christliche Kunst 1890 Nr. 4 dargelegt ist. Daß der untere schräge Balken des Kreuzes der griechischen Kirche nur dieses
Fußbrett sein kann, versteht sich. Es ist der Schrägbalken aber so
zu zeichnen, wenn man sich das Kreuz von vorn, d. h. von der Seite gesehen denkt, auf der das Corpus hängt.