ID | 578 | Titel | Mittelalterliche Scheibenkreuz-Grabsteine in Hessen | Jahr | 1972 | Autor | Azzola, Juliane und Friedrich Karl | Region | Hessen | Inhalt | Azzoia, Juliane und Friedrich Karl: Mittelalterliche Scheibenkreuz-Grabsteine in Hessen. Hessische Forschungen zur geschichtlichen Landes- und Volkskunde. Heft 10 (1972). - Auch in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde. Band 82 (1971), S.9-60. Mit 117 Tafeln.
Es wird eine Grabsteinform behandelt, die erstmalig 1958 von den Verfassern beobachtet wurde. Jetzt sind in Hessen schon insgesamt 37 Exemplare dieser Scheibenkreuzgrabsteine bekannt; sie sind zum überwiegenden Teil publiziert. Bei diesen Denkmälern handelt es sich um Steine, die aus einer bearbeiteten runden Scheibe bestehen, welche sich auf einem Schaft erhebt. Dieser Schaft steckt ganz oder verhältnismäßig selten überwiegend in der Erde. - Parallelen sind in Thüringen bisher nur vom Nordhäuser Holungsbühel bekannt geworden. Ähnlichkeiten bestehen hier zu Butzbach und Büdingen, wobei freilich der Nordhäuser Stein beiderseitig nur je ein Kreuz zeigt, und zwar auf der einen Seite ein ähnlich dem Krückenkreuz aus drei Kreuzen zusammengesetztes Kreuzzeichen, dessen vierter Arm sich als Schaft nach unten ständerartig verbreitert, auf der anderen Seite jedoch ein einfaches griechisches Kreuz im Vierpaß.
Nach einer kurzen Einleitung, in der die beiden Verfasser auf die Wurzeln der Kreuze in der merowingisch-karolingischen Grabmalkunst hinweisen, folgen Angaben über die Verbreitung der Kreuze in Hessen und die Beschreibung der einzelnen Objekte. Diese Beschreibung ist gegliedert in romantische Scheibenkreuz-Grabsteine, gotische mit beiderseits gleicher Kreuzdarstellung, ebensolche mit abweichender Kreuzdarstellung auf Vor- und Rückseite, weitere mit zwei Kreuzen und Wappen, solche mit einem Kreuz und einer Inschrift, weitere mit Kreuz, Wappen und Inschrift, sowie Spätformen.
Neben Grabsteinen mit reichem künstlerischem Schmuck gibt es schlichtere, die durch die Volkskunst geprägt sind. Soziale Differenzierungen lassen sich erkennen - solche Steine bekamen Adlige, wohlhabende Bürger, Handwerker und selbst Bauern gesetzt. In den Einzelbeschreibungen werden jedoch hierzu keine Angaben gemacht, es sei denn, die Steine weisen Handwerkszeichen und Wappen auf. Die Verfasser gehen im Schlußkapitel noch einmal auf die vermeintlichen Wurzeln der Scheibenkreuze in der karolingischen Grabmalkunst ein, erkennen aber selbst das Fehlen entsprechender Zwischenglieder, so daß wohl mit Recht darauf hingewiesen werden muß, daß sich die erwähnten karolingischen Grabplatten eher in Richtung auf die Scheibenkreuzplatten entwickelt haben dürften. Diesen Mangel versuchen die Verfasser durch die Erklärung der Kreuzdarstellung als Licht- und Lebenszeichen bzw. Christussymbol abzuschwächen. - Mit Recht, verweisen sie auf das Weiterleben der Seheibenkreuzgrabsteine in Schweden und dem übrigen Ostseeraum bis ins 19. Jahrhundert hinein. Sie vermuten daher, daß sich in diesem Raum keine Auseinandersetzung mit dem Rechteck-Scheiben-Grabstein vollzogen hat. Dieser Vermutung kann man jedoch nicht zustimmen, zumal die Erklärung des Entwicklungsganges der mecklenburgischen Mordwangen, deren Oberteil Anklänge an die Scheibenkreuzgrabsteine zeigen, noch aussteht. Die Mordwangen gehören meist dem 15. Jahrhundert an und sind anscheinend ausschließlich für Angehörige des Feudaladels und des städtischen Patriziats errichtet worden. Weiterentwicklungen der Mordwangen sind die Beschlagsteine in den baltischen Ländern der UdSSR.
Vermißt wird weiter ein Eingehen auf die soziale Stellung der Toten, denen die Grabsteine gesetzt wurden. Der Neufund eines Grab-Steinkreuzes in Wandersleben von beachtenswerter Kleinheit bezeugt vielleicht die Verelendung erheblicher Volksteile vor und nach dem Bauernkrieg, so daß möglicherweise einfache Scheibenkreuz-Grabsteine, denen die Verfasser ein höheres Alter zubilligen, erst aus dieser Zeit stammen könnten.
Die vorliegende Monographie ist ein beachtlicher Beitrag zur Erforschung der Kreuzsteine und ähnlicher Denkmäler, zeigt aber auch, daß wir noch am Anfang unserer Forschungen stehen.
Walter Saal
(aus: Alt-Thüringen, Jahresschrift des Museums für Ur- und Frühgeschichte Thüringens, 14.Bd., Weimar 1977, S.346-247) | Periodika | Hessische Forschungen zur geschichtlichen Landes- und Volkskunde. Heft 10 | Bestellung | | ISBN | | Typ | Artikel |
|