Rechtsbräuche |
La naissance du roi de Rome en mars 1811: gravure de Benjamin Zix parue dans le "Hinkende Bote am Rhein" |
Wer aufmerksam durch das nördliche Elsass fährt, der kennt die aus vier Steinquadern zusammengesetzten Kleindenkmäler,
die als Napoleonsbänke bezeichnet werden.
Und als Hintergrund ihrer Entstehung wird gern erzählt, Napoleon Bonaparte persönlich habe ihre Aufstellung befohlen, nachdem er immer wieder
beobachtet hatte, wie schwer sich die Frauen auf dem Lande damit abmühen, schwere Lasten auf dem Kopf zu tragen – selbst während der Schwangerschaft. Er wollte
ihr Los dadurch erleichtern, dass sie an steinernen Ruhebänken (frz. "reposoir") ihre Last absetzen und eine Pause einlegen konnten. Eine Variante dieser Legende
besagt, die Kaiserin Marie Louise habe ihn auf diese Missstände aufmerksam gemacht.
Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Geschichte kommen auf, wann man die Bänke näher betrachtet und dabei feststellt, dass viele dieser Denkmale
im Sturz die Jahreszahl 1854 tragen. Unter diesem Gesichtspunkt könnte man die Legende auf Napoleon III. übertragen, doch auch dies ist unwahrscheinlich, denn bei
näherer Betrachtung zeigt sich, dass die charakteristische Form der Napoleonsbänke fast nur im Departement Bas-Rhin vorkommt.
Ein erster Hinweis auf die Ruhebänke findet sich im zweisprachigen "Recueil officiel des Actes de la Préfecture du Département du
Bas-Rhin" vom 22.April 1811. Der weit vorausschauende Straßburger Präfekt Lezay-Marnesia sah die Feierlichkeiten, die für das Tauffest des lang ersehnten Thronfolgers
vorgesehen waren, als Chance, staatliche Fördermittel dafür einzusetzen, dass eine nutzbringende und bleibende Erinnerung geschaffen wurde. Zwischen den Zeilen ist
zu lesen, dass es sich bei den vorgeschlagenen Bänken nicht um eine neu geschaffene Idee handelt, sondern um Reparatur und Ergänzung von Ruhebänken, die damals
bereits dem Verfall preisgegeben waren.
In dem Erlass (circulaire) wurde die Taufe des Thronfolgers für den 2.Juni 1811 angekündigt. Aus späteren Dokumenten ist jedoch zu
entnehmen, dass sie erst am 9.Juni stattfand.
Im Zuge der Feierlichkeiten sollen etwa 120 Bänke aufgestellt worden sein, die man später als "Banc du roi de Rome"
bezeichnete. Diese Bänke waren nicht einheitlich gestaltet. Es gab auch Bänke, denen der obere Sturz fehlte. Ein Entwurf von 1812 zeigt einen Vorschlag, wie man auf
diese Weise eine preiswerte Bank aufstellen konnte. Doch der Stern Napoleons I. begann zu sinken, und so wurden in der Zeit nach 1811 wohl kaum noch weitere Bänke
aufgestellt.
Napoleonsbank bei Frœschwiller |
Zierform einer Napoleonsbank bei La Petite Pierre |
Typische Napoleonsbank im Elsass bei Lobsann, im Sturz datiert mit 1854 |
Napoleonsbank bei Ilbesheim / Pfalz |
Ruhebank bei Ingenheim am Rhein |
Nachbildung einer Napoleonsbank bei Essingen / Pfalz |
Le "Wisch" ou "Bauschde", coussinet sur lequel reposait la charge. Celui-ci provient de
Hunspach. (Tragekissen). |
Marie-Louise, fille de l'empereur d'Autriche François II: gravure anonyme. |
Dessin de Francis Mathés |
Dessin de Francis Mathés
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(Wild, Rudolf - L'origine des bancs napoléoniens, Cercle d'histoire et d'archéologie de l'Alsace du Nord, in: Revue l'Outre-Forêt n° 143, p.29-34)Anmerkungen:
1) Bonnel, Yves: Monuments de Légende – Les petits Monuments Napoléoniens en Alsace – Les Bancs-Reposoirs, 1ére Partie Strasbourg 1982, 2ème Partie 1983
2) Wolf, Reinhard: Gruhen – Steinerne Ruhebänke, GEEK-Informationen Nr.34 / August 1997
3) Wolf, Reinhard: Gruhen im Landkreis Ludwigsburg, in: Ludwigsburger Geschichtsblätter, 36/1984
4) vgl. Riebeling, Heinrich: Historische Verkehrsmale in Hessen. Ein topographisches Handbuch zur Verkehrsgeschichte. Dossenheim/Heidelberg 1981; Ihle, Fritz: Der Ruhstein. in: Mitteilungsblätter der Deutschen Steinkreuzforschung, 34.Jg. Heft 1, 1978, S.1-17
Literatur (Auswahl):
Bonnel, Yves: Monuments de Légende - Les petits Monuments Napoléoniens en Alsace - Les Bancs-Reposoirs, 1ère Partie Strasbourg 1982, 2éme Partie 1983
Ihle, Fritz: Der Ruhstein. in: Mitteilungsblätter der Deutschen Steinkreuzforschung, 34.Jg. Heft 1, 1978, S.1-17
Mötzing, Kurt: Ruhen, Mahnsteine und Napoleonsbänke; in: Hessische Heimat (Neue Folge) 17. Jg. 1967 H.1, S.28-30
Oberste-Lehn, Gert: Pfälzer Weinsteine. Thema und Variationen, Wachenheim 2001, S.219-226
Weber, Gesine: Vom Reisen und Rasten im 18. und 19.Jahrhundert. Der ruhende Verkehr - Rastplätze für Fuhrwerke und Fußgänger, in: Achse Rad und Wagen 5 (1997) S.120-125
Recueil officiel des Actes de la Préfecture du Département du Bas-Rhin. Tome XII (1811) Strasbourg 1812. Landesarchiv Speyer, G 83
Riebeling, Heinrich: Historische Verkehrsmale in Hessen. Ein topographisches Handbuch zur Verkehrsgeschichte. Dossenheim/Heidelberg 1981
Röder, Josef: Rechts- und volkskundliche Denkmäler aus dem Neuwieder Becken, RheinischeVierteljahres-Blätter, Heft 1-4 1948, – Rasten S.184-192
Wild, Rudolf: Vom Ruhstein zur Napoleonsbank, Volkskundliche Beiträge zur Kulturgeschichte der Pfalz - Heft 1, Annweiler-Queichhambach 1997
Wild, Rudolf: Die Steinfelder Ruhbank, in: Steinfeld 1250 bis 2000. Steinfeld 2000, S.438-440
Wild, Rudolf: Die Ruhbank bei Pirmasens – Ein Vergleich mit den Napoleonsbänken im benachbarten Elsaß, in: Heimatkalender für das Pirmasenser und Zweibücker Land 2001, S.191-193
Wild, Rudolf: Zu Ehren Napoleons II. – Die Napoleonsbank bei Ilbesheim erinnert an die französische Zeit der Pfalz, in: Die Pfalz, Zeitschrift für Politik, Kultur und Wirtschaft, Nr.1, 1.Quartal 2007, S.3
Wild, Rudolf: Napoleonsbank und Krönungsgarten, in: Chronik Wollmesheim, Landau 2007, S.77-80
Wilhelm, Franz (Pilsen): Ruhsteine – Dorfsteine – Gerichtssteine, in: Landesverein sächsischer Heimatschutz, Mitteilungen Heft 1-4, Band XXV, 1936, S.57-61
Wilms, Rudolf: Napoleonssteine und -Bänke, in: Pfälzer Heimat, Jahrgang 9,1958 Heft 1, S.22-24
Wolf, Reinhard: Gruhen im Landkreis Ludwigsburg, in: Ludwigsburger Geschichtsblätter, 36/1984
Wolf, Reinhard: „Gruhen“ – Steinerne Ruhebänke, in: Blätter des Schwäbischen Albvereins, 102.Jahrgang Nr. 1/1996, S.4-6
Wolf, Reinhard: Gruhen – Steinerne Ruhebänke, GEEK-Informationen Nr. 34 / August 1997