Deutschland Sachsen-Anhalt Kreisfreie Stadt Halle

Dölau / OT von Halle


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Abbildung bei
Wittmann (1933)

PLZ: 06120

GPS:

Standort: In Dölau folgt man der "Neuragoczystraße" bis rechts der "Jungfrauenweg" abzweigt, dem man bis zum Ende folgt (rechts von diesem Weg befindet sich eine Kleingartenanlage). Auf einer kleinen Anhöhe steht hier links vom letzten Garten der große Menhir am Feldrand.

Größe / Material:

Geschichte: Auf der Erläuterungstafel ist zu lesen:
Der Dölauer Menhir führt die Bezeichnungen "Steinerne Jungfrau", "Heidenstein", "der lange Stein". Seine Höhe beträgt 5,50m. Der ehemals helle Quarzit ist durch Verschmutzung überwiegend dunkelgrau bis schwarz gefärbt. In der Spalte auf der Südost-Seite steckt in Augenhöhe ein großer Nagel. Eine Reihe weiterer Nägel ist wegen der schwarzen Färbung des Steins nur schwer zu erkennen.
Auf einer Karte aus dem Jahre 1840 sollen an dieser Stelle insgesamt drei Steine eingetragen gewesen sein. Zudem soll der Menhir im 19.Jh. noch 3m höher gewesen sein: Durch Verwitterung wären im Jahre 1890 aber Teile abgestürzt. Heute liegen um den Menhir herum Steintrümmer, die von Absplitterungen herrühren dürften. Alten Berichten zufolge hatten die drei Prediger der umliegenden Ortschaften die Verpflichtung, abwechselnd an diesem Steine jährlich eine Predigt zu halten, woraus sich eine kultische Verehrung der "Steinernen Jungfrau" in heidnischer Zeit erschließen läßt. So soll auch früher auf der Spitze des Steins ein Götzenbild gestanden haben.
Die "Steinerne Jungfrau" stellt einen Menhir dar (Menhir bedeutet in der bretonischen Sprache "langer Stein"). Solche wurden bevorzugt in der Jungsteinzeit aufgestellt. Sie symbolisierten Ahnen und dienten als Ersatzleib und Sitz der Seele der Verstorbenen. Um deren Hilfe zu erbitten und sie um Rat zu befragen, waren magische Riten erforderlich, die den Stein zum Leben erweckten, ihn "sprechen ließen". Dabei dürfte Blut als Sitz der Lebenskraft und als lebenspendende Substanz eine Rolle gespielt haben, mit dem man den Stein vitalisieren konnte.
Mit dem Stein sind Sagen verbunden: So soll eine Riesin (alternativ: eine Mutter mit zwei Kindern oder drei Frauen) während eines Gewitters, um ihr Kleid nicht zu beschmutzen, Brote in eine Pfütze geworfen haben, um diese trockenen Fußes zu überqueren. Wegen dieses Frevels wurden sie und ihre Brote versteinert. Die Eisennägel lassen sich dem Volksglauben zufolge nur bei Gewitter oder Platzregen eintreiben.

Der große Monolith aus Sandstein war wohl schon ein Heiligtum der hier lebenden germanischen Bewohner und später auch der Sorben, die sich in ihren Kulturen glichen. Der Stein trägt seinen Namen wegen der äußeren Form. Wahrscheinlich wurde der Stein schon vor rund 4000 Jahren als Kultstätte aufgerichtet. Der Stein ist 8 1/2 Ellen hoch (1Elle = ca. 52cm) und hat unten einen Umfang von 11 Ellen. Früher wurde am Stein auch Gericht gehalten. Es worden Mörder, Diebe und anderes Gesindel verurteilt. Auch übte man hier die Sitte das Nageleinschlagen um die Götter zu beschwören. Man wollte damit Unglück und Krankheiten in den Stein bannen oder den Willen der Gottheit erkunden. War die Gottheit günstig gestimmt, so gelang das Nageleinschlagen. Das galt auch als Glücksprobe für junge Brautleute. Noch Anfang des 19 Jhd. hielten die Prediger der umliegenden Orte an diesem Stein einmal im Jahr einen Gottesdienst. Von dessen kleiner Anhöhe kann man hinüber zum Petersberg ,schauen. Es gibt verschiedene Geschichten und Sagen über die Steinerne Jungfrau. (Wikipedia)

   14) In der Dölauer Mark, unweit Halle, steht nach Mitternacht zu in dem Feldschlage Guricke ein großer langer runder Stein, welcher inwendig etwas hohl und über der Erde 8½ Elle hoch ist, während der Umfang unten 9 Ellen, ganz oben aber 3¼ Elle beträgt, der heißt der lange Stein oder die steinerne Jungfrau. Auf ihm soll zu heidnischen Zeiten nach uralter Überlieferung ein Götzenbild getanden haben. Nach einer Mitteilung des Herrn Professor Kirchhoff in der Saalezeitung ist dieser ansehnliche Monolith in der Umgebung von Halle ein Braunkohlensandstein, und auch er ist ein Nagelstein. Allerdings hat Herr Professor Kirchhoff nur noch einen Nagel mit einem Kopf von 4cm im Durchmesser an der ausgehöhlten Südostseite des "langken Steens" entdecken können, weil sich an den andern, die wohl leichter herauszuziehen waren, moderne Neugierde und Spielerei vergriffen haben. (Größler 1896)

Sage: In grauer Vorzeit soll eine Riesin nach ihrem Einkauf einmal in ein gewaltiges Gewitter geraten sein; um trockenen Fußes voranzukommen, warf sie die soeben erstandenen Brote in die sich bildenden seeartigen Pfützen. Zur Strafe dafür wurde die Riesenjungfrau zu Stein. Und nun steht sie da, am Rand der Dölauer Heide.

Quellen und Literatur:
Größler, Hermann - Altheilige Steine in der Provinz Sachsen, in: Neujahrsblätter, Herausg. von der Hist. Kommission der Prov. Sachsen, Halle 1896, S.14
Größler, Hermann - Nagelsteine, in: Die Scheuer - Blätter für Heimatforschung und heimatliches Leben, 3. Folge, Heft 3/4, um1925, S.18-22
Matthias, Waldemar - Heidensteine in und um Halle, in: Hallische Monatshefte, 1956, S.19ff.
Wittmann, Leonhard - Der Ursprung des Steinkultes, in: Die Flurdenkmäler des ehemaligen Reichsstadtgebietes Nürnberg, 1933
Schrickel, W. - Westeuropäische Elemente im Neolithikum und in der frühen Bronzezeit Mitteldeutschlands, Leipzig 1957
Graichen, Gisela - Das Kultplatzbuch, 1997, S.354-355
Wikipedia
recherchiert und bebildert von Ute Fuhrmann / Rainer Vogt, Juli 2007


Sühnekreuze & Mordsteine