Deutschland Bayern Lkr. Miltenberg

Buch (I) / OT von Kirchzell


Abbildung bei
Azzola (1976)

PLZ: 63931

GPS: N 49° 36,950', O 9° 11,718'

Standort: Am Radweg nach Kirchzell, ca. 200m westlich von Buch.

Größe / Material: 136:70:17 / Sandstein

Geschichte: Das Steinkreuz war ungefähr 6 Meter oberhalb seines derzeitigen Standortes an der Gemarkungsgrenze Buch - Kirchzell tief im Erdreich verborgen, lediglich ein kleiner Teil des Kopfes verblieb sichtbar und wurde traditionsgemäß als Grenzstein angesprochen. Von der Existenz eines Kreuzes an dieser Stelle war nichts bekannt; auch kein Flurname ließ auf ein Steinkreuz schließen. Als um 1965 bei einem Kontrollgang der Feldgeschorenen die Grenzsteine der Gemarkung wieder einmal freigelegt wurden, versuchte man dem schwer verständlichen Zustand nachzugehen, daß an einer bestimmten Stelle der Gemarkungsgrenze Buch - Kirchzell   z w e i  Grenzsteine nur ungefähr einen Meter voneinander entfernt standen. Während man die beiden Steine freilegte, bemerkte man, daß es sich bei dem einen Stein nicht um einen Grenzstein handeln könne, trat doch der Querbalken eines Kreuzes zutage. Später wurde das Kreuz freigelegt, gehoben und an seinem jetzigen Standort neu aufgestellt. Am ehemaligen Standort verblieb im Boden der Sockelstein, in dem das Kreuz stak, es weist also keinen bossierten Fuß auf; es ist bis unten hin geglättet; auch das untere Ende des Schaftes ist geebnet.

Sockelstein und Steinkreuz waren nicht im Boden eingesunken, vielmehr war im Lauf der Jahrhunderte Erdreich vom abschüssigen Hang abgerutscht, so daß das Kreuz mehr und mehr darin verschwand. Das im Auftrag der Fürstlich Leiningischen Domänenverwaltung neu aufgestellte Kreuz gehört zu den wertvollsten Steinkreuzfunden der Nachkriegszeit und zu den mächtigsten Denkmalen des Odenwaldes. Bedeutsam erscheint in diesem Zusammenhang der sorgfältig gearbeitete Spieß in Kombination mit der Jahreszahl 1535. (Azzola / Bormuth / Schäfer 1976) / (Bormuth u.a. 1997)

Sage:

Quellen und Literatur:
Azzola, Friedrich Karl - Das Steinkreuz am alten Kirchweg von Buch nach Kirchzell aus dem Jahr 1535: Das Denkmal eines bei der Bärenjagd umgekommenen?, in: "Der Odenwald" - Zeitschrift des Breuberg-Bundes. Heft 4 / Dezember 2006
Azzola / Bormuth / Schäfer - Dolch, Schwert und Spieß als Steinkreuzzeichen im hinteren Odenwald, in: Zur Kultur und Geschichte des Odenwaldes, Breuberg-Neustadt 1976, S.55-62
Bormuth u.a. - Steinkreuze im bayerischen Odenwald, 1997, S.484f. (mit Abb.)
Manesseschen Liederhandschrift der Universität Heidelberg
Schönmüller, Roland - Mit Jagdspieß auf Bärenhatz, in: Bote vom Untermain vom 25.3.2008
recherchiert und bebildert von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach



Das Steinkreuz am alten Kirchweg von Buch nach Kirchzell aus dem Jahr 1535:
Das Denkmal eines bei der Bärenjagd umgekommenen?

von Friedrich Karl Azzola

Abb.1: Das 1,355m hohe Steinkreiz bei Buch nahe Amorbach links des alter Kirchweges nach Kirchzell auf der Gemarkungsgrenze, 1535, mit einem Jagdspieß als Zeichen
Foto: Azzola

Abb.2: Bärenjagd im Spätmittelalter. Die zu Beginn des 14. Jahrhunderts entstandene Darstellung aus der Manesseschen Liederhandschrift zeigt den Minnesänger "Herr Hawart" und ist die bisher älteste, bekannt gewordene Darstellung einer Bärenjagd mit einer langen Stangenwaffe gleich der Stangenwaffe auf dem Odenwälder Steinreuz zwischen Buch und Kirchzell
Reproduktion 4)

Das mächtige Steinkreuz bei der Gemarkungsgrenze links des alten Kirchweges von Buch nach Kirchzell (Abb.1) zeichnet sich durch einen vorzüglich gehauenen, langen Jagdspieß als Stangenwaffe und durch die Jahreszahl 1535 aus. Es gehört demnach zu den seltenen datierten Steinkreuzen des Spätmittelalters. Zugleich ist es eines der Steinkreuze des hinteren Odenwaldes mit einer Waffe als Zeichen 1). Die bemerkenswerte Höhe des Denkmals von 1,355m und die beachtliche Qualität der beiden Attribute, Jahreszahl und Spieß, lassen darauf schließen, das Steinkreuz der Abbildung 1 sei einst zum Gedenken an einen Menschen herausgehobenen Standes errichtet worden. Herausgehoben waren vor 500 Jahren die GeistIichkeit und der Adel.
Für einen Geistlichen wurde das Steinkreuz nicht errichtet, denn es fehlt der obligatorische Kelch als Zeichen und Attribut des Denkmals. Demnach wäre das Steinkreuz des Jahres 1535 mit dem Gedenken an einen umgekommenen Adeligen in Verbindung zu bringen. Zugleich erwiesen sich erste Überlegungen, die Waffe als ein Zeichen bäuerlichen Standes zu werten, als nicht mehr haltbar; vielmehr festigte sich die Deutung der Waffe als Jagdspieß 2). Die Meinung, das Steinkreuzzeichen sei eine Saufeder 3), kann nicht überzeugen, denn eine Saufeder ist eine kurze Waffe, demgegenüber ist das Steinkreuzzeichen eine lange Stange, also eine Distanzwaffe. Eine solche Distanzwaffe wird bei der Jagd auf ein gefährliches Tier eingesetzt. Die beiden hier beigegebenen Abbildungen 2 und 3 zeigen Jäger bei der Bärenjagd mit langen Jagdspießen gleich dem Spieß als Steikreuzzeichen (Abb.1). Dabei ist die Darstellung aus der Manessesehen Liederhandschrift 4) (Abb.2) deutlich älter als das Steinkreuz am Kirchweg von Buch nach Kirchzell, Abbildung 3 hingegen 40 bis 50 Jahre jünger 5).
In Anlehnung an diese zwei Abbildungen wird man auch das Steinkreuzzeichen als eine der Bärenjagd dienende lange Stangenwaffe deuten dürfen. Demnach wurde das Steinkreuz an einen im Jahr 1535 bei der Bärenjagd unversehen - ohne Ausstattung mit dem Sterbesakrament - umgekommenen Adeligen als Jäger erinnern, sofern in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im hinteren Odenwald noch Bären gejagt wurden Hierzu scheinen allerdings bisher zuverlässige Nachrichten nicht vorzuliegen Sollten jedoch künftig Berichte zur Bärenjagd im Odenwald bekannt werden, wäre das mächtige und vorzüglich gearbeitete Steinkreuz wie hier vorgeschlagen zu interpretieren. Nach überlieferter Tradition wurde zu seinem Gedenken das Steinkreuz am alten Kirchweg aufgestellt. Es forderte die Vorübergehenden auf, für die arme Seele 6) des unversehen Umgekommenen Fürbitten zu halten, denn es oblag den Lebenden, für die Selen der Verstorbenen, insbesondere für die Seelen der unversehen Umgekommenen, zu sorgen. Hierzu diente auch die Aufstellung eines standesgemäßen Steinkreuzes links des alten Kirchweges von Buch nach Kirchzell, denn dieser Standort sicherte dem Umgekommenen mehr Fürbittgebete als jeder andere Standort in der näheren Umgebung.

Abb.3: "Sobald aber der Bär sich beschädiget oder verwundet befindet, alsdann mag sich ein jeder aufs best verwahren und versehen", nach J. du Fouilloux und S. Feyerabend. um 1573/1582
Reproduktion 5)



Literatur:
1) Friedrich Karl Azzola, Heinz Bormuth und Fritz Schäfer: Dolch, Schwert und Spieß als Steinkreuzzeichen im hinteren Odenwald. Eine denkmalkundlich-ikonologische Untersuchung, in: Zu Kultur und Geschichte des Odenwaldes. Festgabe für Gotthilde Guterbock. Herausgegeben im Auftrag des Breuberg-Bundes von Winfried Wacker-Fuß, Peter Assion und Rolf Reutter. Breuberg-Neustadt 1976, 2. unveränderte Auflage 1982, S.55-62, insbes. S.59-60 mit der Abbildung 14
2) Friedrich Karl Azzola Die beiden Steinkreuze bei Buch nahe Amorbach und in der Stadt Langen - Zugleich ein Beitrag zu Spieß und Hörn als Zeichen spatmittelalterlicher Denkmale der Jäger/Jagdgehilfen, in: Der Odenwald 45.Jg., Heft 4 (Dezember 1998), S.160-164, msbes. die Abbildung auf der S.161
3) Heinz Bormuth, Gerhard Glieschke und Fritz Schäfer "Steinkreuze im bayerischen Odenwald", in: Beitrage zur Erforschung des Odenwaldes und seiner Randlandschaften Band VI, herausgegeben im Auftrag des Breuberg-Bundes von Winfried Wacker-Fuß, Breuberg-Neustadt 1997, S.477-491, msbes S.484-485, "Kreuz 21" mit der Abb.23.
4) Wilfried Ott: Die besiegte Wildnis - Wie Bär, Wolf, Luchs und Steinadler unserer Heimat verschwanden. Lemfelden-Echterdingen 2004, die Abbildung auf der S.69.
5) Wie Anmerkung 4 die Abbildung auf der S.82 nach J. du Fouilloux: La Venerie. Paris 1573; deutsche Ausgabe von S. Feyerabend: Neuw Jag und Weydwerck Buch. Frankfurt 1582.
6) Mengis Arme Seelen. Stichwort im Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, herausgegeben von Hanns Bächtold-Stäubli und Eduard Hoffmann-Krayer, Unveränderter Nachdruck Berlin und New York 2000, Band 1 (Aal - Butzemann), Sp.584-597. ("Der Odenwald" - Zeitschrift des Breuberg-Bundes. Heft 4 / Dezember 2006)



Buch (II / III) / OT von Kirchzell

GPS: N 49° 37,138', O 9° 12,143'

Standort: Nordöstlich von Buch am Radweg nach Amorbach, ca. 200m östlich der Staatsstraße 523.

Größe / Material: links: 124:91:26 / Sandstein
rechts: 130:94:26 / Sandstein

Geschichte: Die Kreuze stehen oberhalb einer Böschung auf einem gemeinsamen Podest. Die Oberfläche ist stellenweise stark verwittert.
Die Kreuze wurden 1934 von der leiningischen Verwaltung dort aufgestellt, nachdem der damalige Eigentümer der Kreuzäcker beim Pflügen drei Kreuze in seinem Acker gefunden hatte, von denen eines zerbrochen war. Außer dem Namen "Kreuzäcker" gab es keine Erinnerung an die Denkmale, so ist zu vermuten, dass sie schon längere Zeit im Boden vergraben waren.
Das dritte Kreuz galt als verschollen. Bei einer Exkursion fanden sich jedoch wenige Schritte westlich behauene Steine in einer Ackerfurche, die von dem Torso stammen könnten. (Bormuth u.a. 1997)

Sage:

Quellen und Literatur:
Bormuth u.a. - Steinkreuze im bayerischen Odenwald, 1997, S.487 (mit Abb.)
recherchiert und bebildert von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach


Sühnekreuze & Mordsteine