[...] Den stärksten Anlaß zu thätlichen Ausschreitungen boten die Kirchweihen, wo es, trotz
obrigkeitlichen Friedgebotes und Kirchweihschutzes, immer toll und voll herging; gewöhnlich entwickelten sich in oder vor dem Wirtshause blutige Scenen - z.B.
1498, 1533 und 1546; seltener beim Nachhausegehen. Letzteres begegnete einem "jungen Gesellen" aus Langenpreising, der 1567 nach der Tauberfelder Kirchweihe
in Buxheim von dem dortigen Bader mit einem Schweinßspieß gestochen und am folgenden Morgen im Dorfe tot aufgefunden ward. Der Schweinsspieß, auch
Schweinsfeder oder Saufänger genannt, war eine gerne geführte Waffe, die viel Unglück anrichtete. 1518 hatte ein Spalter, "so ettween (ehedem) der von Nurenberg
einrüsser (soviel wie Einspänner, Soldknecht mit einem Roß) gewest", vor dem Wirtshaus zu Meilenhofen einen damit erstochen. Aus dem Jahre 1534 wird berichtet,
"hat des Graulens son zu Egweil ein jung gesellen von Joßhofen mit einem spieß zu tod geschlagen vnd entlossen, ist der entleibt zu Nassenfels begraben worden." 1544
fand man einen Bürger und Bäcker aus Eichstätt in der Altmühl zwischen Obereichstätt und Breitenfurt, durch einen Schweinsspieß getötet, und Ende Dezember 1559
gebrauchte ein Müller zu Breitenfurt gegen seinen nachts von der Rockenstube ("vom Rockenliecht") heimkehrenden Mühlknecht dieselbe Waffe mit gleich schlimmen
Ausgang.
(Rieder, Otto - Totschlagssühnen im Hochstift Eichstätt. Nach Beispielen aus dem 15. und 15.Jahrhundert, in: Sammelblatt des Historischen Vereins
Eichstätt, VI.Jahrgang 1891, S.22-23)
Unter den Stoßwaffen behauptet die Lanze (Reisspiess) ihren Rang bis Ende 16.Jh.; im
gewöhnlichen Gebrauch äußerst primitiv, denn sie wurde massenhaft "verstochen", für Prunkzwecke und den Ernstfall sehr sorgfältig bearbeitet, der Schaft in Öl
gesotten, bemalt und vergoldet, oft auch kanneliert, gegen den Handgriff hin anschwellend, hier mit Brechscheibe versehen, am Fuß mit Gegengewicht. Die Länge
geht bis zu 4m. Der Spieß als Infanteriewaffe kam durch die Schweizer zu Ehren und in den Schlachten gegen die burgundische Ritterschaft zu Weltruhm,
zuerst bis 4,5m, bei den Landsknechten bis zu 6m lang, ein dünner, zäher Schaft und eine kleine Spitze mit Dille oder Schaftfedern. Im Fußturnier brauchte
man einen kurzen leichten Ahlspieß, Kanoniere trugen den "Lundenspieß", Jäger den "Schweinspieß" mit breiterer, blattförmiger Klinge. Auch der Wurfspieß
(Atiger, Atzger), das pfeilförmige, gefiederte "Schäfflin", wurde mehr als Jagdwaffe gebraucht.
(Bergner, Heinrich (Hrg.) - Handbuch der Bürgerlichen Kunstaltertümer in Deutschland, 2.Band, Leipzig 1906, S.556)
Das Spießrecht, sagt Hoyer (Geschichte der Kriegskunst I.194), unterschied sich vom Kriegsrecht
dadurch, daß der Verbrecher auf der Stelle von den Gemeinen gerichtet und bestraft ward; und beschreibt hierauf die, vom 15 bis zu Anfang des 17. Jahrhunderts
unter den Lanzknechten aller nationen übliche Strafe: des Jagens durch die Spieße, die auch im Bauernkrieg, vor
Weinsperg, 1525 die Bauern an verschiedenen gefangenen Rittern vollzogen.
Hoyer schöpfte aus Leonh. Fronspergers Kriegsbuch Fol. Erfurth 1596. I. S.12f. mit Uebergehung verschiedener Partikularitäten, weshalb wir
hier Fronsperger selbst reden und erzählen lassen wollen, wie es eigentlich dabey zugegangen.
[...] "Hierauf läßt man wiederumb umbschlagen, daß keiner alten Neyd oder Schaden rächen soll, damit lassen sie die Spieß nieder und
die Fänderich sehen, daß sie den ruken gegen der Sonnen kehren und mit der Spieß des Fendlings gegen den Armen Menschen stehen. Also schleuset ihn der Profoß
aus den Eysen, und nimpt Urlaub von ihm, daß er ihm verzeihen soll, und was er than hat, das hat er müssen thun, von wegen des Regiments, eben so des Profoßen
Fürsprecher. Darnach stellt der Profoß den Armen Mann für sich und gibt ihm drey Streich auf die rechte Achsel, im Namen des Vaters, Sohns, und des heiligen
Geistes, und stellt ihn gegen den Spießen und laßt ihn laufen.
Wenn der arm Mensch verschieden ist, so kniet man nieder und thut ein Gebet, dennoch macht man ein Ordnung, und ziehen dreymal umb
den todten Körper, und die Schützen schießen Dreymal ab, im Namen der Heiligen Dreyfaltigkeit, und ziehen darnach wiederumb und machen einen Beschuß-Ring.
Da bedanket sich der Profoß fast gegen den Hellen Hauffen, daß sie so ehrlich Regiment helfen führen und halten, und bittet den ganzen Hellen
Hauffen, daß einer von dem andern Straff wolt annehmen, und nit einer den andern so Liderlich übergeben und ein Exempel sollen nehmen bey diesem abgestorbenen
Menschen, denn was er thun, das müsse er thun von wegen des Regiments." [...]
Auf dem, dieser Darstellung Fronspergers vom Spießrecht, wie es gehalten werden soll, beygefügten Holzschnitt, stehen am obersten Ende
der Langen Gasse, in der Mitte, zwey Fähndriche, mit aufgerichteten fliegenden Fahnen; zu beyden Seiten, neben ihnen, ein Haufen Hellebartierer mit aufgerichteten
Hellebarten, und von ihnen an, bis gegen den Vorgrund, zu jeder Seite eine vierfache Reihe Lanzknechte mit gefällten Spießen, so, daß zwischen den Spießen
derselben ein Raum von etlichen Schritten bleibt. Am untern Ende der Gasse, neben den ersten lanzknechten, erblickt man auf jeder Seite einen, mit aufgehobenen
Schlachtschwert. Zwischen diesen in der Mitte aber, steht der Deliquent in seiner gewöhnlichen Kleidung, doch ohne Hut oder Mütze und ohne eigene Waffe, neben
ihm der Profoß, seine linke Hand auf dessen Schulter und, etwas zurück, zwey Offiziers. Quer über, ganz im Vordergrund, eine doppelte Reihe Schützen, ihre Büchsen
auf der Schulter oder bey Fuß haltend.
Hoyer beschließt seine Nachricht mit den Worten, daß der Verurtheilte bald zu Anfang der Gasse niedergestochen worden seye. Diese Strafe,
fährt er fort, war jedoch nicht allgemein, sondern wurde nur in einzelnen Fällen angewendet, wenn die Insubordination oder die Ausschweifungen gegen die Landleute
zu sehr überhand nahmen, um alsdann einen lebhafteren Eindruck auf die gemeinen Soldaten zu machen. Sie verschwand endlich ganz durch Abschaffung der Piquen,
und das Arkebusiren oder Erschießen trat an ihre Stelle.
Gonsalvo von Cordova ließ 1504 in Italien mehrere Soldaten wegen verübter Räubereyen und Erpressungen so hinrichten. Wahrscheinlich
entstand hieraus, in der Folge, das Spießruthen laufen. Dieses soll Gustav Adolph v. Schweden
zuerst eingeführt haben. [...]
(Das Spieß-Recht wie es die Landsknecht führen mit den langen Spießen, in: Die gute alte Zeit geschildert in historischen Beiträgen
zur näheren Kenntniß der Sitten, Gebräuche und Denkart, vornehmlich des Mittelstandes, in den letzten fünf Jahrhunderten; nach großentheils alten und seltenen
Druckschriften, Manuscripten, Flugblättern ec., hrg. von J. Scheible, Stuttgart 1847, S.25-38)
Die Saufeder
Bei Eberjagden (daher der name) im Spätmittelalter verwendete Waffe mit glatter, messerförmiger Klinge. a mit, b ohne Knebel;
Schaftlänge 0,80m. Gewöhnlich werden solche Spieße als Kriegs waffen angesehen; in der Schlacht bei Hastings 1066
zwischen den Normannen u. Angelsachsen waren zwar von letzteren viele mit Knebelspießen bewaffnet; jedoch später wurde der Knebelspieß nur mehr als Jagdwaffe
benützt.
(Deutsche Gaue, 30.Band, 1929, 2. Lief., Nr.573-576, S.38)