PLZ:
95508GPS:
N 49° 53,437', O 11° 53,821'Standort:
Der Kreuzstein seht an der Kemnather Straße (St 2177) am südwestlichen Ortsende von Kulmain am östlichen Straßenrand und ist von der Straße her nicht zu übersehen.Größe / Material:
115:62-75:24-27 / SandsteinGeschichte:
Die unregelmäßige Platte aus örtlichem Sandstein ist am Kopf bogenförmig gerundet. Jede der beiden Schauseiten ist ausgefüllt von einem altertümlichen, erhaben hervortretenden Kreuz. Der nach unten unförmig auseinandergehende gemeißelte Kreuzesfuß nimmt die Unterseite der Steinplatte ein, welche mit einer fast geraden Unterkante abschließt. Die Räume zwischen den beiden Armen sind ca. 3 bis 5cm eingetieft, so daß eine Art "Eisernes Kreuz" plastisch im Halbrelief hervortritt. Diese Form entspricht dem Typus des "griechischen Kreuzes". [...] Der Kreuzstein lag schon um 1978 zerbrochen am Feld, und der Voreigentümer Hans Hörl erzählt, daß der Kreuzstein beim Kanalbau (Kulmain - Kemnath 1970-1973) zerstört wurde. Auf einer der Schauseiten sieht man deutlich frische Austiefungen durch zwei Baggerzähne! Damals zerbrach der Kreuzstein durch große Gewalteinwirkung in drei Teile. Die beiden größeren Teile stellte der Landwirt Josef Götz sicher; der dritte Teil war unauffindbar. Nachdem Götz erkannte, daß beide Gesteinsbrocken zugehauen waren, informierte er Mitglieder des HAK. Nach etlichen Kraftanstrengungen war die Lage gefunden, in welcher die beiden Trümmer nahtlos aneinanderpassen. Der Kreuzstein muß schon viele Jahre vor seiner mutwilligen Zerstörung mehr gelegen als gestanden sein, denn heute ist immer noch die eine Schauseite mit Resten von dickem, kurzem Steinmoos besetzt. (Fähnrich 1988)Sage:
Es soll der Grabstein eines an dieser Stelle verstorbenen Fuhrwerkers sein.Quellen und Literatur:
"Kreuzstein" ist nicht nur ein wissenschaftlicher Terminus der Kleindenkmalforscher, er bezeichnet im Volksmund jene
Steine (in Naturform oder zubearbeitet), denen deutlich sichtbar ein Kreuz aufgemalt, eingehauen oder herausgehauen ist. Solch eine Naturform mit erhaben
herausgearbeitetem Kreuz sieht der Wanderer am Entenbühl: "Kreuzstein" heißt er seit jeher. Er ist eine aus dem Mittelalter stammende wichtige Grenzmarke.
Ein anders aussehender Kreuzstein (Das Kreuz nimmt die ganze Stirnfläche ein) liegt inzwischen wohlverwahrt in Kulmain. Dieser Kreuzstein von Kulmain hatte eine
rechtliche und eine religiöse Aufgabe, in Sinn und Zweck vergleichbar mit jenen fast 40 Steinen im Stiftland, wogegen man im Altlandkreis Kemnath nur ein Steinkreuz
findet: jenes von Witzlasreuth. Die Gemarkung "Am Kreuzstein" südwestlich von Erbendorf hat ihren Namen von einem sich dort befindlichen Steinkreuz; der Volksmund
unterscheidet nicht zwischen Steinkreuz und Kreuzstein. Selbst bei den offiziell als Kreuzsteine1) bezeichneten Denkmälern
an der handelt es sich um Steinkreuze.
Abb.1 Kreuzstein von Kulmain: Zustand 1988 - die beiden Schauseiten. Die Kanten der Eintiefungen zwischen den Kreuzesarmen sind mit Kreide nach gezogen; man erkennt deutlich die runden Kanten zum Zentrum hin. Die Pfeile auf einer Schauseite weisen auf die rechteckigen Eindrücke zweier Baggerzähne, durch deren Wucht die liegende Platte wohl (in drei Stücke) zerbrach. Foto: Fähnrich |
Abb.2 Rekonstruktion des spätmittelalterlichen Kreuzsteines von Kulmain; der ergänzte Teil ist weiß. Die Kreuzseiten wurden unsymmetrisch aus dem hiesigen Sandstein gehauen - vom örtlichen Handwerker? Zeichnung: Fähnrich |
Abb.3 Lageskizze des Kreuzsteins von Kulmain. Zeichnung: Fähnrich |
(Steinkreuzforschung, Sammelband Nr.16 (NF 1), 1989, S.56-60)Anmerkungen und Quellenangaben:
1) Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern. X Bezirksamt Kemnath, München 1982, S.26
2) Kein Volksglaube lebt bei den Katholiken so fort wie der Armen-Seelen-Glauben: Der Jetzige Eigentümer meinte, man solle den Stein wieder an seinem alten Platz aufstellen, damit der Fuhrmann seine Ruhe hätte.
3) In Kulmain ist die Erinnerung noch sehr lebendig, daß man aus örtlichem Sandstein Schleifsteine u.ä. produzierte (vgl. dazu Günther Zwick: "Schleifsteine aus Kulmain" in "Kemnather Heimatbote" 1981, S.53f.
4) Brockpähler Wilhelm: Steinkreuze in Westfalen, Münster 1963, S.64.
5) Vordergründig ist die Behauptung, daß unser Kreuzstein als "Halbplastik" altersmäßig Vorgänger der Vollplastik-Steinkreuze sein müsse.
6) Vgl. Anm.3, Text dazu S 63-65, Abb. S.74 u. 75
7) Brief an den Autor vom 28.09.1988
8) Vgl. zu diesem wichtigen Stilelement und deren zeitliche Einordnung: Azzola Friedrich Karl / Schnabel Berthold: "Das Steinkreuz von Rommersheim" i: "Alzeyer Geschichtsblätter", Heft 22, Alzey 1988.S.138ff
9) Vgl. Anm.8
10) Die beidseitige Darstellung ist vielleicht eine stilistische Weiterentwicklung, verglichen mit dem "einseitigen" Kreuzstein von Herstalle.
11) Diesen Typus von Kreuzstein gibt es z.B. weder im Ldkr. NEW oder SAD, noch ein zweites Mal im Ldkr. Tirschenreuth. Ein ähnlicher, knapp 30cm kleinerer findet sich in der CSSR, Bezirk Taus: Am Dorfplatz von Chrastawitz steht er. Vgl. dazu "Steinkreuzforschung", Regensburg 1986. S.65f.