Deutschland Nordrhein-Westfalen Lkr. Höxter

Herstelle


Abbildungen bei
Brockpähler (1963)

PLZ: 37688

GPS: N 51° 38,418', O 9° 24,878'

Standort: Am Aufgang von der Kirche zur Burg und zum Kloster, auf dem Karlsstein.

Größe / Material: 113:64:20 / Sandstein

Geschichte: Benennung: "Bonifatiuskreuz.

Kreuzstein aus Buntsandstein, 113x64x20cm, mit erhaben herausgearbeitetem breitrandigen Kreuz von 65cm Durchmesser. Am Fuße die - aus späterer Zeit stammende - Jahreszahl 797.
Der Stein steht am Aufstieg von der Kirche zur Burg und zum Kloster, etwas abseits rechts im Walde auf dem sogenannten Karlstein. Das ist ein 80cm hoher und 250cm breiter Steintisch, in den der Fuß des Kreuzsteins eingelassen ist. Er hat in der Oberfläche eine flache Verliefung mit seitlich verlaufenden Rillen. Die Kreuzplatte ist durch äußere Einwirkung in jüngerer Zeit quer durchgespalten; die beiden Teile ruhen lose aufeinander. Der Stein ist verwittert und grün bemoost. Die Ausmeißelung, die das altertümliche Kreuz plastisch hervortreten läßt, ist sehr tief. So ist ein ungewöhnliches, wuchtig wirkendes Mal entstanden, das den Eindruck hohen Alters erweckt.
Deutungsversuche: Das Kreuz wird - in Anlehnung an Vorbilder aus dem nahen hessischen Raum - als Bonifatiuskreuz" gedeutet. Der Heilige soll seine Missionsfahrten von Fulda aus bis in das Sachsenland ausgedehnt und neben der Eresburg auch den wichtigen sächsischen Platz Herstelle besucht und hier gepredigt haben. Auf dem Karlstein, der als Opferstein und Rest einer heidnischen Kultstätte gilt, bei der auch Karl der Große Gericht abgehalten habe, sei nach der Überwindung des Heidentums zur Erinnerung an den ersten Glaubensboten der Kreuzstein errichtet worden.
Geschichtliches: Ein Besuch des hl. Bonifatius in Herstelle ist nicht erwiesen; doch hat Kaiser Karl der Große gegen Ende der Sachsenkriege im Jahre 797 hier mit einem Teil seines Heeres Winterquartier gehalten, auf dem Königshofe über dem Wesertal, dem er nach seiner Heimat Heristal bei Lüttich den Namen Herstelle gab, Weihnachten und Ostern gefeiert und mit der Ordnung der Verhältnisse des eroberten Sachsenlandes begonnen.
Der Hersteller Kreuzstein ist der älteste Westfalens. Ein ganz ähnliches Stück wird in Vaison in Südfrankreich aufbewahrt. Dort gibt es auch weitere Steinplatten mit Kreuzen der gleichen Form aus merowingischer oder frühkarolingischer Zeit. Solche Steine, die als Grabstelen dienten, besitzt auch das Trierer Museum; ähnliche sind als Grabmale der christlichen koptischen Bevölkerung Ägyptens schon für die Zeit vom 2.-4.Jahrhundert bezeugt. Oftmals wurde je ein solcher Stein zu Häupten und zu Füßen des Toten aufgestellt; Beispiele für diese Sitte sind auch aus den angelsächsischen und nordischen Ländern bekannt.
Der jetzige Standort des Kreuzes auf dem Karlstein ist sicher nicht der ursprüngliche. Vermutlich ist es bei den umfangreichen Geländearbeiten zum Bau der neuen Burg durch die Familie von Zuydtwyck seit 1823 aus den Trümmern der mittelalterlichen Anlagen, zu denen eine karolingische Kapelle gehört hatte, zu Tage gekommen und von Werner von Zuydtwyck, der ein großer Altertumsfreund war und sich durch vor- und frühgeschichtliche Forschungen im Hersteller Raum verdient gemacht hat, später zur Schaffung der romantischen Anlage des "Karlsteins" mitbenutzt worden. Aus dieser Zeit wird auch die nachträglich in den Stein eingeritzte Jahreszahl 797 stammen.
Wenn die Tatsache berücksichtigt wird, daß Kaiser Karl der Große während des Sachsenkrieges im Jahre 797 in Herstelle Winterruhe und großen Hof gehalten hat, kann immerhin mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß das Kreuz in diesem Jahr von einem fränkischen Steinmetzen im Gefolge des Kaisers nach dem Muster ähnlicher Denkmale in seiner Heimat als Totenmal hergestellt worden ist. (Brockpähler 1963)

Sage:

Quellen und Literatur:
Brockpähler, Wilhelm - Steinkreuze in Westfalen, 1963, S.63-65, 110, 111, 112, 145, 156
Riebeling, Heinrich - Steinkreuze und Kreuzsteine in Hessen, 1977, S.60, Ziff.4322.2.1
Brockpähler, Wilhelm - Herstelle - Der älteste Kreuzstein Westfalens, in: Steinkreuzforschung, Sammelband Nr.12, 1986, S.25-26
Müller / Baumann - Kreuzsteine und Steinkreuze in Niedersachsen, Bremen und Hamburg, 1988, Nr.4322.2
recherchiert und bebildert von Hartmut Blaszczyk, Einbeck (Foto von November 1995)


Sühnekreuze & Mordsteine