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Jüterbog


Blick zum Standort
Foto: Sommer (2009)

die andere Seite
Foto: Sommer (2009)

seitliche Ansicht
Foto: Sommer (2009)

Zustand 1979
Foto: Sommer

Zustand 1965
Foto: Strauch
Quelle: BLDAM

Zustand 1965
Foto: Strauch
Quelle: BLDAM

PLZ: 14913

GPS: N 51° 59,335', O 13° 5,800'

Standort: Im Ort, im ehemaligen Ortsteil Neumarkt, an der B 102.

Größe / Material: 56:56:15 / Granit

Geschichte: Niederes Steinkreuz mit fehlendem Kopfteil und gerundeten Armen.

   Jüterbog, Mordkreuz unweit der Jacobikirche neben der Schmiede. "Ursprünglich soll es 3 Ellen hoch gewesen sein, wurde aber unvorsichtigerweise beim Langholzfahren zerschlagen. Vielleicht besteht auch zwischen diesem Kreuz und dem unmittelbar daneben befindlichen Tanzberge, auf dem in alter Zeit ein Grabmal, eine Art Mausoleum, gestanden, das irrtümlich für Jutrebogs Tempel ausgegeben wurde, irgend welche Beziehung" 14). Dieser offenbar irrtümlichen Ansicht Pastor Hamanns (1903) ist auch der Chronist Brandt (1822); er sagt, Erzbischof Wichmann habe den Wenden zwar ihren Tempel, der dem Jutrebog geweiht war, gelassen, aber unmittelbar daneben, auf dem Neumarkt, dieses Granitkreuz gesetzt, "als Zeichen christlicher Religionspflege". Der Chronist Heffter (1851) teilt mit, daß das Steinkreuz im Jahre 1703 durch einen Zusammenstoß mit einer Langholzfuhre "auf die halbe Länge verkürzt" worden sei. Doch hätten Richter und Schöppen bald danach das Kreuz wieder feierlich eingesetzt. Diese Bemerkung deutet wie bei dem Berliner Steinkreuz auf den Zusammenhang mit der Rechtspflege hin. (Schmidt 1916)

Sage: Neben dem Tempel des Morgengottes Jutro hat man schon frühzeitig ein Kreuz aus Granit, das jetzt nur noch 1½ Fuß aus der Erde hervorragt, ehemals aber mehrere Ellen Länge gehabt haben soll, aufgerichtet und es steht jetzt noch dicht vor dem Hause des Schmiedes. Als man es von da, zur Zeit des Großvaters des jetzigen Schmieds, weil es abgebrochen, weggenommen, da hat sich des Nachts ein fürchterliches Poltern hören lassen und ein weißer Hund hat unausgesetzt an der Stelle gelegen, wo das Kreuz gestanden und ist auch nicht eher gewichen, als bis man dasselbe wieder an die alte Stelle gebracht. (Grässe 1868/71)

Quellen und Literatur:
Brand jun, Die St. Nicolaikirche in Jüterbog, Wittenberg 1822, S.3
Wagner, Friedrich August - Die Tempel und Pyramiden der Urbewohner auf dem rechten Elbufer unweit dem Ausfluß der schwarzen Elster, Leipzig: Hartmann 1828 (Hist.Sax.H.1773)
Haupt, Karl - Das Sagenbuch der Lausitz, Zweiter Theil: Die Geschichte, Leipzig 1863, Nr.155, S.107
Grässe, Johann Georg Theodor - Das Kreuz an der Schmiede zu Jüterbog, in: Sagenbuch des Preußischen Staates, Band 2, Glogau 1868/71, S.365
Heffter, Carl Christian - Urkundliche Chronik der alten Kreisstadt Jüterbock und ihrer Umgebungen, namentlich des Klosters Zinna, der Fabrikstadt Luckenwalde, der Herrschaft Baruth, der vormaligen Herrschaft Dahme, des Ländchens Beerwalde und auch der Stadt Treuenbrietzen, 1851, S.76
Hamann, Führer durch Jüterbog, Berlin 1903, S.89
Schmidt, Rudolf - Märkische Sühnekreuze, in: Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der Deutschen Geschichts- und Alterthumsvereine, 1916, Sp.181-182
Neuber, Dietrich / Wetzel, Günter - Steinkreuze und Kreuzsteine: Inventar Bezirk Cottbus, 1982, S.79
Gustavs, S. / Plate, F. - Geschützte Bodendenkmale der Bezirke Potsdam, Cottbus und Frankfurt/O, Teil 1: Bezirk Potsdam, 1985, S.30
Ansorge, Rolf - Sühnezeichen stehen entlang von Wegen / Viele Standorte sind inzwischen unbekannt, in: Märkische Allgemeine vom 10.10.2008
Ortsakte BLDAM
recherchiert von Andreas Schumann, Reichenbach
Ergänzungen von Dörte Bleul, Lauchhammer
Ergänzungen von Detlef Sommer, Wünsdorf (Fotos von August 2005 und März 2009)



Die Tempel und Pyramiden der Urbewohner auf dem rechten Elbufer unweit dem Ausfluß der schwarzen Elster
von Friedrich August Wagner

... Jetzt zum sogenannten Tanzberg auf dem Neumarkt in Jüterbog. Es ist diess ein schöner runder, offenbar durch Menschenhand mit Mühe und Fleiss errichteter Hügel, der jetzt noch geschätzt, und deswegen nicht nur geduldet, sondern mit Linden be- und umpflanzt ist. Dass es ein heidnisches, sehr altes Denkmal sei, sieht jeder Kenner von dergleichen Gegenständen auf dem ersten Blick, wenn gleich jetzt ein steinernes Kreutz nahe dabei steht und Anlass zum Irreleiten giebt. Die schon hier wiederholt gedachte handschriftliche Chronik sagt folgendes von demselben:

Noch jetzt findet man auf dem Neumarkt einen runden Hügel, auf welchem die Bewohner dieser Vorstadt, nach einem uralten Herkommen bei feierlichen Hochzeiten Tänze halten. Dieser Hügel trug, der Sage nach, einst den wendischen Götzentempel, darinne der heidnische Gottesdienst der wendischen Aurora, oder Morgengöttin soll sein geleistet worden.

Anderen Ortes drückt sich dieselbe Chronik*) folgendermassen über diesen Gegenstand aus:

Das TempeIein, worinne die heidnischen Wenden ihren Götzen verehrten hat auf dem Neumarkt allhier bei dem steinernen Kreutz gestanden und ist in der Länge, Breite und Höhe, bis an das Dach recht viereckig gewesen, und von Mauerstein aufgeführt, hatte oben ein Kreutzgewölbe und darüber ein zugespitztes, viereckigtes Dach gehabt. Die Thüre, oder Eingang von abendwärts ist niedrig gewesen, also, dass man im Eingehen sich etwas bücken müssen. Es hat auch keine Fenster gehabt, sondern nur ein rundes Loch mit einem starken, eisernen Gitter verwahrt, gegen Morgen und zwar genau gegen den Sonnenaufgang der Nachtgleiche, so gross, als der Boden von einer Tonne, ungefähr, dass das Licht hat eingehen können.

Dass indess, das bei obgedachtem Tanzberge jetzt befindliche steinerne Kreutz mit diesem Hügel selbst in keinem Zusammenhange steht, sondern erst nach 1160 dahin gekommen sei, also die ausgesprochene Ansicht von erstgedachtem nicht schwäche, diess beweist folgende Stelle aus eben der Chronik:

Anno 1160 ward Jüterbogk vom Erzbischof Wichmann mit Gewalt erobert, wie auch dessen ganzes Land, und hat sich solches zinsbar gemacht, und abermal christliche Völker sich ansiedeln lassen. Denn wie es scheint ist das seiner Lage nach, in einer sumpfigten Wildniss sehr feste Jüterbogk theils mit Gewalt, theils mit Capitulation eingenommen worden, weil doch bei alledem den wendischen Einwohnern hiesigen Ortes ihre Religion und ihr Tempel gelassen wurde, nur wurde letzterem das erwähnte steinerne Kreutz beigesetzt.

Ausser dem Tanzberge in Jüterbogk findet der Forscher noch zwei dem sehr ähnliche, cirkelrunde, offenbar mit Mühe und Fleiss einst durch Menschenhand errichtete Hügel von abgestumpft kegelförmiger Gestalt in der Nähe von gedachtem Orte. Beide sind jedoch mit Wasser umgeben, was erstgedachtem fehlt. Der eine liegt ungefähr zweihundert Schritte rechts vom Wege entfernt, welcher von Hohenwerbig nach Fröden führt, auf letzgedachter Feldmark nahe an der Grenze, die beide Marken scheidet. Von drei Seiten ist dieser ganz unversehrt erhaltene, in der grossen Ebene, wo er aufgebauet ist, weit sichtbare, aus festen Boden bestehende, gleich einem abgestumpften Kegel dastehende grüne Hügel mit einem etwa vier bis sechs Ellen breiten, im ...

*) auf Seite 43 sagt Wagner zu dieser Chronik: "Ich verstehe darunter nicht die im Jahre 1826 in Druck erschienene Chronik vom D. Brand, sondern eine alte, nur in Handschrift in Jüterbogk vorhandene und mir gefälligst mitgetheilte."

(Wagner, Friedrich August - Die Tempel und Pyramiden der Urbewohner auf dem rechten Elbufer unweit dem Ausfluß der schwarzen Elster, Leipzig: Hartmann 1828 (Hist.Sax.H.1773))


Sühnekreuze & Mordsteine