Beiträge zur Geschichte der Steinkreuze |
Steinkreuze finden sich in Deutschland, Böhmen, Mähren,
Niederösterreich, den Alpenländern, Norditalien,
Nordfrankreich, in den Niederlanden, England und den nordischen
Ländern, d. h. also in Gebieten, die germanisch sind oder
längere Zeit unter germanischem Einfluß gestanden haben. Sie
fehlen in den vormals deutschen Ländern des Ostens, in Polen,
Rußland, Ungarn und Südeuropa. Doch mag es auch in
Ostdeutschland Kreuze gegeben haben, die aber wegen Mangel an Stein aus
Holz hergestellt waren. Sie haben sich natürlich nicht erhalten.
Im übrigen weisen zahlreiche Belege darauf hin, daß auch in
Gebieten, die reich an steinernen Kreuzen sind, Holzkreuze gleichen
Ursprungs und gleicher Bedeutung gestanden haben. Am zahlreichsten sind
die Steinkreuze nach den bisherigen Feststellungen im Vogtland, im
Egerland, im östlichen Teil des Erzgebirges, in der Gegend
südlich Dresden, im Kamenzer und Bautzener Gebiet, in der Umgebung
Nürnbergs, doch ist dabei zu bedenken, daß sie im Freistaat
Sachsen besonders gut erfasst sind. In Sachsen hat Kuhfahl 1)
bisher 257 Steinkreuze als noch vorhanden, 74 als verschwunden
feststellen können. Für Schlesien gibt Max Hellmich 2)
als vorhanden 541, als verschwunden 43 Stück an. Die Zahl der
bayrischen Kreuze dürfte sich auf 5 bis 600 belaufen. Von Kuhfahl
wurden nahezu 3000 Standorte in verschiedenen Ländern Europas
verzeichnet.
In der Niederlausitz sind z. Zt. als noch vorhanden 33 Kreuze bekannt,
und zwar im Luckauer 9, im Calauer 6, im Lübbener 2, im Cottbusser
2, im Spremberger 1, im Sorauer 2, im Gubener 11. Sie liegen im
Luckauer Kreise nördlich von Dobrilugk-Finsterwalde bis über
Luckau hinaus. Es sind folgende: bei Arenzhain,
am Ausgang der Dorfstraße nach Trebbus; an der Ecke des
Schulhausgartens in Friedersdorf
bei Brehnitz; an der Schönewalder
Dorfstraße, am Kreuzpunkt nach Frankena; am Ausgang der Werenzhainer
Dorfstraße nach Kirchhain; an der Wegekreuzung
Frankena-Gröbitz und Hennersdorf-Münchhausen;
am Ausgang der Nehesdorfer
Straße nach Finsterwalde; an der Gabelung des Weges von Waltersdorf
nach Wendisch-Drehna und Gehren; am Egsdorfer Graben auf dem Feldweg Garrenchen-Stoßdorf;
in Zieckau
an der Kirchhofsmauer. Im Kreise Calau findet sich je eines an der
Mauer des alten Friedhofes in Senftenberg;
in Scado;
östlich Greifenhain
am Waldrand; in Buckow;
in Lipten;
in Calau.
Im Lübbener Kreise stehen zwei nebeneinander in Pretschen,
im Cottbusser eins an der Biegung des Hammergrabens in der Nähe
des Bahnhofs Merzdorf
bei Cottbus und eins im Gutsgarten zu Sergen. Im
Kreise Spremberg findet sich eins bei Kochsdorf,
im Sorauer eins in Kohlo und ein
kleines in Gassen.
An der Neiße nördlich Forst bis zur Mündung gibt es
Kreuze in Strega,
Markersdorf,
Klein-Gastrose,
in Guben
drei in der Dreikreuzstraße und eins im
Museum, das unter Steinen auf dem Hof des Landgerichtes an der
alten Poststraße entdeckt wurde und jedenfalls aus dem Gubener
Kreise stammt, in Wellmitz 4 an der Kirchhofsmauer. Es ist anzunehmen,
daß namentlich in den mittleren Gebieten der Niederlausitz noch
mehr Kreuze entdeckt werden.
Viele haben ihren Standort gewechselt, z.T. wiederholt. Das ist der
Fall bei dem Kreuz in Friedersdorf
Kr. Luckau, das ursprünglich bei der Sandgrube der Gemeinde
Brehnitz stand, bei dem Kreuz in Schönewalde,
das ehemals bei der Kirche aufgestellt war, beim Zieckauer.
das früher als Hausschwelle diente, jetzt an der Kirchhofsmauer
eingesetzt ist, bei dem Sergener,
das früher bei Kathlow, dicht am Wege, stand, und bei dem von Greifenhain
Kr. Calau, das z. Z. als Brücke über einen Graben benutzt
wird. Die in die Kirchhofsmauern eingesetzten Kreuze von Senftenberg
und Wellmitz
haben ebenfalls einen anderen Standort gehabt. Das Gassener
soll erst 1887 an die Kirche gerückt worden sein. Neu aufgestellt
sind auch die Kreuze von Markersdorf
und Strega.
Die Bestimmung der Kreuze hat sich auch sonst geändert, mögen
sie auch an derselben Stelle geblieben sein. So dienen 4 Kreuze im
Luckauer Kreise, die von Arenzhain,
Friedersdorf,
Schönewalde,
bei Frankena
heute als Wegweise. Am häufigsten finden sich die Kreuze
unmittelbar vor den Ortschaften und besonders auch an Wegekreuzungen.
Zwei nebeneinanderstehende Kreuze gibt es in Pretschen
Kr. Lübben, 3 stehen in Guben zusammen,
4 außerhalb, in und innerhalb der Kirchhofsmauer in Wellmitz.
Als Material der Steinkreuze diente auf Niederlausitzer Gebiet vor
allem Granit; Sandstein ist namentlich in der westlichen Lausitz
benutzt worden. Die Kreuze von Arenzhain,
Friedersdorf,
Schönewalde,
Werenzhain,
bei Frankena
und Garrenchen,
von Zieckau
sind aus diesem Stoff, ferner 2 Kreuze in Wellmitz und
das Kreuz im Gubener
Museum. Die Formen der Kreuze in unserer Heimat sind im allgemeinen
recht einfach; vertreten sind hauptsächlich die beiden Hauptarten,
das sog. lateinische Kreuz, bei dem die Balken rechtwinklig gekreuzt
sind, und das spitzwinklige (Maltheser oder eisernes) Kreuz.
Rechtwinklig ist z. B. das Kreuz in Schönewalde
bei Brehnitz und das Kreuz in Strega.;
die Form des eisernen Kreuzes haben die Steine in Friedersdorf
bei Brehnitz, bei Garrenchen,
vor Calau
und in Markersdorf.
Zwischenformen weisen auf das Senftenberger
und das Zieckauer.
Das Merzdorfer
Kreuz ist vielleicht ein stark beschädigtes Radscheibenkreuz. Die
meisten Kreuze sind verstümmelt, wie vor allem die 3
zusammenstehenden Gubener
Kreuze, das Kreuz im Museum
daselbst und das in Buckow.
Da sich infolge der Beschädigungen die ursprünglichen
Maße der Kreuze vielfach nicht mehr angeben lassen,
außerdem in den meisten Fällen nur die sichtbare Höhe
gemessen werden kann, so erscheinen die Größenbestimmungen
nicht von besonderer Wichtigkeit. Doch will ich die Maße
anführen, soweit ich sie selbst festgestellt habe.
Sichtbare |
Länge |
Dicke: |
||
Angaben in cm |
||||
1. |
Arenzhain, Kr. Lukau |
75 |
75 |
25 |
2. |
Buckow, Kr. Calau |
84 |
62 |
21/28 |
3. |
80 |
60 |
24/32 |
|
4. |
Wegekreuzung Frankena-Gröbitz, Hennersdorf-Münchhausen, Kr. Luckau |
90 |
42 |
12/14 |
5. |
Friedersdorf bei Brehnitz, Kr. Luckau |
154 |
86 |
35 |
6. |
Garrenchen, Kr. Luckau |
98 |
79 |
32 |
7. |
Gassen, Kr. Sorau |
28 |
34 |
7 |
8. |
Greifenhain, Kr. Calau |
142 |
65 |
30 |
9. |
Guben, 1. |
57 |
24 |
19 |
10. |
Guben, 2. |
54 |
35 |
21 |
11. |
Guben, 3. |
40 |
27 |
20 |
12. |
Guben, Museum |
36 |
51 |
23 |
13. |
Klein-Gastrose, Kr. Guben |
100 |
67 |
28 |
14. |
Kochsdorf, Kr. Spremberg |
150 |
58 |
21 |
15. |
Kohlo, Kr. Sorau |
145 |
86 |
15 |
16. |
Markersdorf, Kr. Guben |
125 |
76 |
29 |
17. |
Merzdorf, Kr. Cottbus |
95 |
45 |
26 |
18. |
Nehesdorf, Kr. Luckau |
86 |
72 |
18/21 |
19. |
Pretschen, Kr. Lübben 1. |
40 |
45 |
16 |
20. |
Pretschen, Kr. Lübben 2. |
32 |
45 |
16 |
21. |
Schönewalde,Kr. Luckau |
95 |
105 |
27 |
22. |
Senftenberg, Kr. Calau |
80 |
75 |
? |
23. |
Sergen, Kr. Cottbus |
74 |
55 |
12/14 |
24. |
Strega, Kr. Guben |
71 |
75 |
12 |
25. |
Waltersdorf, Kr. Luckau |
72 |
57 |
34 |
26. |
Wellmitz, Kr. Guben, 1. |
89 |
50 |
14 |
27. |
Wellmitz, Kr. Guben, 2. |
56 |
74 |
27 |
28. |
Wellmitz, Kr. Guben, 3. |
175 |
72 |
30 |
29. |
Wellmitz, Kr. Guben, 4. |
21 |
72 |
23 |
30. |
Werenzhain, Kr. Luckau |
500 |
74 |
18 |
31. |
Zieckau, Kr. Luckau |
82 |
90 |
30 |
Viele haben weder Zeichnung noch Inschrift. Das Senftenberger
Kreuz zeigt einen Kreis, das Scadoer ein
Schwert, das eine in Wellmitz auf
der einen Seite ein Beil, auf der anderen ein Schwert, das in der
Friedhofsmauer daselbst ein Schwert in Kreuzform. An dem mittleren der
drei Gubener
sieht man noch eine längliche Vertiefung, die als Messer (?)
gedeutet wird. Auf dem Kreuz in Kohlo befindet
sich auf jeder Seite ein erhaben gearbeitetes, kreuzförmiges
Schwert.
Sogenannte Kreuzsteine mit eingemeißeltem Kreuz und Schwert
finden sich in Pahlsdorf
und bei Sonnewalde
(an der Landstraße nach Münchhausen) im Luckauer Kreise.
Außer den angeführten, noch vorhandenen Kreuzen, die
sämtlich von mir aufgesucht und aufgenommen wurden (1925), wissen
wir noch von 2 Kreuzen aus Sandstein an der Dorfstraße in Lindena.
Sie wurden 1896 für die Grundmauer des Stallgebäudes eines
Häuslers mitverwendet. Ferner sollen Kreuze gestanden haben in Luckau,
ein zweites in Werenzhain
(Kr. Luckau), im Gubener Kreise in Niemitzsch,
bei Starzeddel
am Wege nach Ossig, bei Räschen,
ein 5.
in Wellmitz und eins in Sommerfeld.
Eine Reihe anderer endlich ist uns in urkundlichen Quellen belegt.
An Sühneverträgen, in denen vom Setzen von Kreuzen die Rede
ist, sind bisher 6 bekannt, aus der Zeit von 1442 bis 1488. Ich
führe sie im folgenden z. T. wörtlich an . Von 1442 stammt
ein Eintrag im Stadtbuch von Lübbenau. Richter und Schöppen
bekunden, daß Hans Gerke Peter Sczeman, sein Schwager, den gegen
Nickel Kule verübten Mord eingestanden und gesühnt haben. Die
beiden sollen 4 Schock Groschen weniger 15 Groschen zahlen, einen
Psalter lesen lassen, ein Glasfenster für die Kirche und je 30
Vigilien und messen stiften. Auch soll der Hauptschuldige eine Fahrt
zum heiligen Blute (nach Wilsnack) tun und ein hölzernes Kreuz
setzen. –
Das älteste Lübbener Stadtbuch verzeichnet zwei
Sühneverträge aus den Jahren 1449 und 1468. Der erste lautet:
Wir burgermeister und ratmanne bekennen mit unserm statbuche, daz vor uns komen sint nemlich der erbar Donat Gribo unde dy erszamen Petir Helncz unde Hans Mischin unde han bekant an eidistat eines entscheides des totslagis, den Mertin Buley unde Damis Ditschich an Andres Duemchin begangin habin, in sulcher weiße, das dy gnanten Mertin und Damas dem dirslagenen hundirt zelemessin sullin lassin haldin unde ein zelebat 3) armen lutin bestellin unde II pfunt wachs hy zeur kirchin geben, unde sullin im ein hulcin cruce lasin seczin.. Sulche berichtunge hot uffgenomen Jenchin Duemchin, des dirslagenen bruder; dem habin si och must I schock gebin und 15 groschen vor sine cerunge; so sullen sie fort gutte frund syn unde der sachin nymmer gedenkin. |
W. bgm. u.r. z. L. bek. m. u. stb., wy Jacuff Henschil ist vor uns komen und hot sich virgetragen mit der Helschilczynne umbe des mortslages wegen, alszosal der gnannte Henschils der gemeltin frauwen 3½ sch. g. gebe. Von den 3½ sch. g. sal der gnannte Henschil 1 sch. g. alle jor jerlich dem Heyligen Geyste [d.h dem Hospital] vorczinnen und der frauwen sal her geben ½ sch. g. uff Weynachtinin dem selbigen jare unde dem gotishausze ½ steyn wachsz zeu geben und eyn creucze zeu setczen; sunder das ander gelt sal der gemeltin frauwen gefallen im 70. Jare. |
Petir Richter von Gensdorff ist komen vor den rath und hot sich entscheidin mit Hansz Ragk umme eynen todslagk, so Ragk eyn folleister 4) ist gewest mit dem richter von Kasow, nemlich das Hans Ragk sal lossin hundert messen unde alzo vil vilgen 5) haldin der armen zele noch und eyn hulczen cruce lossin setczin, do her vom lebin zcum tode ist brocht ... |
Hannis ledich ist komen vor den ersamen rath und hot sich vorczegin vor dem ersamen rathe alle zcusproche, dy her meynet zcu habin von wegin seynes vatern, der in irmorth [ermordet] und irslagin ist. Dovor sal Hannis von der Tzawchen eyn hultczin crutze setzin, dorzcu sal her bestellin fier villigen 6) und funff messin. Factum (!) Dominica ante Johannis Baptiste [17. Juni] von wegin der vom Lamsfeld. – |
(Lehmann, Rudolf; Aus der Vergangenheit der Niederlausitz, Vorträge und Aufsätze; Verlag Albert Heine; Cottbus; 1925)Anhang
Allgemeine Literatur:
G.A. Kuhfahl, Die alten Steinkreuze im Königreich Sachsen. Ein Beitrag zu ihrer Erforschung und Zweckbestimmung. Sonderausgabe aus den Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz für die Mitglieder des Kgl. Sächsischen Altertumsvereins, Dresden 1918
H. Kalliefe, Das Rätsel der Steinkreuze. Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine 66 (1918), Sp.167-186
G.A. Kuhfahl, Der heutige Stand der Steinkreuzforschung, ebenda 67 (1919), Sp.241-245
A. Meiche, Zur Steinkreuzforschung. Neues Archiv für sächsische Geschichte und Altertumskunde 40 (1919), S.189-196
G.A. Kuhfahl, Zur Steinkreuzforschung. Erster Nachtrag. Landesverein Sächsischer Heimatschutz, Mitteilungen Bd.13 Heft 7/8 (1924), S.225-264
Den Steinkreuzen in der Niederlausitz hat zuerst Hugo Jentsch Beachtung geschenkt (Steinkreuze in der Niederlausitz. Ihre Bedeutung. Neues Laus. Mag. 55 [1879], 404) In dem Arbeitsprogramm der Niederlausitzer Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte , mit dem Dr. Siehe-Calau 1885 den ersten Band der Mitteilungen eröffnete, werden auch die alten Kreuze genannt. Die Sammeltätigkeit setzte sofort ein, fast jeder Band der Mitteilungen vom ersten bis zum achten (1904) brachte etwas über diese Zeichen (Verzeichnis der 32 Sühnekreuze in der Niederlausitz 5 [1898], 380 ff.) Dann hörte diese Arbeit auf; andere Aufgaben traten in den Vordergrund. Die sagenhaften Überlieferungen wenigstens von den Kreuzen des Gubener Kreises stellte K. Gander in seinen Niederlausitzer Volkssagen zusammen. In neuerer Zeit ist das Interesse an den Steinkreuzen wieder gewachsen. So ist auch die Zahl der neuentdecken gestiegen. Die Sühnekreuze im Kreise Luckau verzeichnete 1912 Rob. Scharnweber in der Brandenburgia 21, 14 f; die 1917 erschienenen Kunstdenkmäler dieses Kreises brachten ebenfalls eine Zusammenstellung und Abbildungen von 6 derselben. Zusammnstellungen auch der Steinkreuze der Niederlausitz gab Rudolf Schmidt, einmal im Korrespondenzblatt 64 (1916), Sp. 179 ff. und 71(1923) Sp. 31 ff. und dann in der Brandenburgia, Zeitschrift für Heimatkunde und Heimatpflege 2 (1922), 45 und 73. Leider sind die Angaben recht ungenau und fehlerhaft. –
Ewald Müller, Steinkreuze (bes. des Cottbusser Kreises). Unsere Lausitz, Heimatbeilage der Lausitzer Landeszeitung 1925 Nr. 35 (10. Februar).
1) vgl. die Literaturangaben im Anhang
2) Hellmich, Max, Steinerne Zeugen mittelalterlichen Rechtes in Schlesien, 1919
3) Seelenbad.
4) mhd. volleister Helfer, Mithelfer
5) = vigilien, Vigilien gottesdienstliche Handlungen, Totenämter
6) vgl. S.187 Anm. 3 [5]
7) J.G. Worbs, Geschichte der Herrschaften Sorau u. Triebel. Sorau 1826 S.78
8) über die verschiedenen Deutungsversuche vgl. vor allem Kuhfahl, die alten Steinkreuze im Königreich Sachsen. Sonderausgabe aus den Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz Dresden 1918 S.85ff.
9) vgl. Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine 67 (1919), Sp.245 und Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz 13 (1924), 230.
Die Mark Brandenburg ist arm an Sühnekreuzen, wenn wir andere
Teile unseres deutschen Vaterlandes vergleichsweise heranziehen. Sehr
spärlich sind auch die Zeugnissen die sich in der Literatur
vorfinden. Nur das bekannte Berliner
Sühnekreuz, an der Marienkirche, ist ausführlich
beschrieben worden 1) und wird auch in allgemein kulturgeschichtlichen
Werken öfters genannt. Selbst Anton Naegele hat in seiner
grundlegenden Arbeit 2) neben dem Berliner nur das Spandauer Kreuz
erwähnt.
Eine Zusammenstellung märkischer Sühnekreuze und von
Nachrichten über solche fehlt bisher. Einzelmaterial, das
namentlich die sagengeschichtliche Seite berührt, habe ich in
meinen Heimatblättern 3) gegeben. Es bietet die Grundlage für
die von mir nachstehend zusammengestellten Nachrichten, die ich nach
Kreisen geordnet, wiedergebe. Die Altmark scheidet jedoch für das
Gebiet Brandenburg aus.
1. Kreis Ostpriegnitz
Wittstock
auf dem Mühlendamm (jetzt verschwunden). Erinnerte an die Fehde
der Wittstocker mit dem Bischof Wulf. An dieser Stelle
büßten 1480 einige bischöfliche Bauern und ein
Goldschmied ihr Leben ein. "Noch lange" bezeichnete ein auf dem
Mühlendamm zu Wittstock aufgerichtetes Kreuz die Stelle usw. 4)
Dranse
bei Wittstock (nicht mehr vorhanden). In einem Schulzenlehnbrief vom
Jahre 1572 wird das "bei dem Mirowschen Wege" belegene Hofmeisterkreuz
erwähnt - eilff Morgen Landes bei des Hauemeisters kreuze -.
Vermutlich ein Kreuz, was auf der Stelle errichtet war, wo der Rector
curie Dransee, dessen um 1319 gedacht wird, unschuldig getötet
wurde 5).
2. Westpriegnitz
Perleberg
(Stelle nicht anzugeben) Herzog Heinrich zu Mecklenburg verträgt
einen Totschläger zu Perleberg mit den Blutsverwandten des
Erschlagenen: "Ok scal he setten eyn stenen cruce, dar ludeke
ghesclaghen wart" 6).
3. Kreis Westhavelland
Gutenpaaren,
an der Dorfstraße, Granitkreuz 7). In dem Dorfe bestanden
früher zwei Rittersitze. Die Eigentümer, die in stetem Streit
miteinander lebten, griffen eines Tages zu den Waffen, wobei einer
getötet wurde. Der Überlebende mußte zum
Gedächtnis für den Vrestorbenen das Sühnekreuz setzen
und daran eine ewige Lampe unterhalten (Sage).
Tremmen.
An der Südseite des Kirchturmes ist ein Backstein mit einem
Mordkreuz eingemauert (Jahreszahl1400?) 8)
Lietzow.
Am alten Wege nach Nauen liegt östlich seitwärts an einem
Graben ein beschädigtes Sühnekreuz aus rotem Granit. Von den
drei oberen kurzen Kreuzarmen ist der eine seitliche abgebrochen. Auf
dem Scheitel des mittleren sind vier kleine runde Vertiefungen
eingegraben, die vielleicht zur Aufstellung von Kerzen oder einer
ewigen Lampe dienten 9). Sage: Die Leute erzählen von dem
Sühnekreuz folgende Geschichte. Es kam einmal eine Frau mit
Semmeln aus Nauen. Da wurde sie von einem Wolfe verfolgt. In ihrer
Angst warf sie dem Tiere eine Semmel hin Als der Wolf diese verzehrt
hatte, kam er der Frau wieder nach. Nach und nach warf die
geängstigte Frau dem wilden Tiere alle Semmeln hin, in der
Hoffnung, unterdes das Dorf zu erreichen. Noch fünfhundert
Schritte entfernt, hatte sie jedoch keine Semmel mehr. Der Wolf fiel
sie an und fraß sie auf. Zum Andenken richtete man an dieser
Stelle jenes Steinkreuz auf 10).
4. Stadtfreies Spandau
Spandau,
alter Turm. Eingemauertes Sühnekreuz. Herkunft unbekannt. In der
Spandauer Stadtrechnung von 1599 heißt es: "96 Thlr. 7 gr. Die
Kloster Brücke zur rechten Hand, daran das cruzifix gafazt, wieder
auf zu mauern und die andre Seite wieder auszupuzen. 3 Thlr. 12 gr. Das
steinerne Kreuz, so in der Mauer stehz, zu renoviren" 11).
5. Kreis Angermünde
Lunow, Granitkreuz an einem Hause neben der Kirche. 1315 in einer
Grenzbeschreibung erwähnt "... von diesem Male aber ab durch einen
Grund geradewegs hinauf bis zu einem als Malzeichen gesetzten und mit
dem Kreuzeszeichen versehenen Stein von diesem genannten Kreuzstein
weiter hinaus 12) ... Von seinem ursprünglichen Platze an den
Hängen des Odertales ist dieses Granitkreuz später
fortgenommen worden. Seit 1838 befindet es sich eingemauert in der
Plinthe des obengedachten Bauernhauses. Die Lunower Ortsbewohner
nannten das Kreuz früher den Betstein.
6. Kreis Niederbarnim
Eggersdorf,
Granitkreuz vor dem Glieseschen Anwesen in der Bahnhofstraße.
Pastor Giertz in Petershagen hat sich eingehend mit der Geschichte
dieses Kreuzsteins beschäftigt 13). Die Ortstradition berichtet,
daß der ältere Thomas von Röbel und der Junker Lorenz
von Trebus sich an einem Wintertage der ersten Monate des Jahres 1512
im großen Zimmer des Hauses, vor dem das Sühnekreuz steht,
dem damaligen Krug, getroffen und einige Zeit miteinander gezecht
haben. Hierbei kam es zu Reibereien, die den alten Groll des Trebusers
gegen die von Röbel entfachten und sich auf der Straße
fortsetzten. Der alte Röbel war der Fechtkunst des Junkers nicht
gewachsen; zu Tode getroffen brach er mit einem Weheschrei vor
der Tür nieder. An der Stelle aber, wo er gefallen, wurde
später vor dem Gasthofeingangzur Sühne der furchtbaren Tat
ein steinernes Kreuz errichtet.
Nach einer Notiz des alten Eggersdorfer Kirchenbuches wird die
Errichtung des Sühnekreuzes auf folgenden Vorfall
zurückgeführt: "Anno 1613 Sonnabend Crucis Exaltat. ist ein
Schäfferknecht Peter Schilling zu Egkersdorf auf der Starße
im Dorffe Von den Edelleuten erschoßen wurden. Ein ausgehauener
Creutzstein ist noch auf der Ställe zu sehen." Ob das heute noch
vorhandene Steinkreuz identisch ist mit dem hier angeführten, kann
nicht bewiesen werden. Die Meinungen gehen vielmehr dahin, daß
das heute noch vorhandene Steinkreuz älteren Datums sei.
7. Kreis Jüterbog-Luckenwalde
Jüterbog,
Mordkreuz unweit der Jacobikirche neben der Schmiede.
"Ursprünglich soll es 3 Ellen hoch gewesen sein, wurde aber
unvorsichtigerweise beim Langholzfahren zerschlagen. Vielleicht besteht
auch zwischen diesem Kreuz und dem unmittelbar daneben befindlichen
Tanzberge, auf dem in alter Zeit ein Grabmal, eine Art Mausoleum,
gestanden, das irrtümlich für Jutrebogs Tempel ausgegeben
wurde, irgend welche Beziehung" 14). Dieser offenbar irrtümlichen
Ansicht Pastor Hamanns ist auch der Chronist Brandt 15); er sagt,
Erzbischof Wichmann habe den Wenden zwar ihren Tempel, der dem Jutrebog
geweiht war, gelassen, aber unmittelbar daneben, auf dem Neumarkt,
dieses Granitkreuz gesetzt, "als Zeichen christlicher Religionspflege".
Der Chronist Heffter 16) teilt mit, daß das Steinkreuz im Jahre
1703 durch einen Zusammenstoß mit einer Langholzfuhre "auf die
halbe Länge verkürzt " worden sei. Doch hätten Richter
und Schöppen bald danach das Kreuz wieder feierlich eingesetzt.
Diese Bemerkung deutet wie bei dem Berliner Steinkreuz auf den
Zusammenhang mit der Rechtspflege hin.
Kaltenborn,
Steinkreuz. "In der Vorzeit diente es zu einem Merkzeichen geistlicher
Prozessionen aus dem Nonnenkloster" (?) 17).
8. Kreis Calau
Stadt Calau,
Sühnekreuz aus Granit, 1885 noch vorhanden, Näheres nicht
bekannt 18).
9. Kreis Luckau
Garrenchen,
Steinkreuz mit verwittertem Zeichen (Sichel, Messer?)
Werenzhain,
Granitkreuz an der Straße nach Kirchhain. Ein gleiches
Sühnekreuz soll nach der Versicherung des Oberlehrers Kalisch
am anderen Ende des Dorfes gestanden haben, "dürfte jedoch zu
einem Wegweiser umgearbeitet worden sein".
Arenzhain,
Sühnekreuz, aus Granit 19).
10. Stadt- und Landkreis Guben
Stadt Guben,
Granitkreuz auf dem Hofe des Stadtmuseums, aufgefunden auf dem Hof des
dortigen Langerichts.
Drei
Steinkreuze in der Dreikreuzstraße, 1885 noch vorhanden
gewesen. Sage: Die Straße trägt ihren Namen von drei
Steinen. Drei Fleischer sollen sich hier beim Waleien um Stecknadeln
erschlagen haben. Eine andere Sage meldet: Drei Brüder kamen aus
der Fremde. Sie zankten sich um ein Ei, und haben sich dann im Streiet
alle drei gegenseitig erstochen. Endlich berichtet die dritte Sage: In
der Dreikreuzstraße bei den Steinen haben drei Knaben gewaleit
und sich wegen eines Eies erschlagen.
Starzeddel,
Granitkreuz auf dem Wege nach Ossig. "Es ist so hoch wie ein Mensch.
Einige sagen, es bezeichne noch die alte schlesisch -sächsische
Grenze, andere aber erzählen, es sei dort jemand erschlagen
worden" 20). - Ein zweites Steinkreuz steht zwischen Ossig und
Sommerfeld. [Raszyn /
Räschen]
Niemitzsch,
in der Nähe des Friedhofes (noch vorhanden?). Die Sage meldet:
Dort sah man des Nachts bei zunehmenden Monde einen Mann ohne Kopf
stehen, und ein Hund saß neben ihm, den es war ein Jäger.
Wenn die Fuhrleute aus Guben in der Nacht nach Forst zu Markte fuhren,
dann wollten die Pferde nicht vorbei. Der Kutscher mußte vom
Wagen absteigen und die Pferde bei den Zügeln fassen. Wenn sie
aber an dem Steinkreuz vorbei waren, liefen die Pferde, so rasch sie
konnten.
Wellmitz.
Dort gibt es fünf alte Steinkreuze 21). Das eine befindet sich in
der Kirchhofsmauer, zwei stehen außerhalb, zwei innerhalb
derselben. Sage: Vor 50 Jahren lebte dort ein Großbauer, der vier
Söhne hatte. Zwischen diesen war immer Zank. Eines Sonntags
zankten die Brüder sich wieder. Mit Sense, Dreschflegel, Heugabel
und Axt gingen sie aufeinander los. Dem jüngsten wurden beide
Beine abgeschlagen, Dem anderen wurde der rechte Arm, dem dritten der
Kopf abgeschlagen. An dem Ort, wo dies geschah, am Kirchhof, wurden
drei Steine gesetzt. An dem einen Stein fehlen die Beine, man sieht
nur Kopf, Rumpf und Arme. Dar andere hat bloß einen Arm; am
dritten Steine fehlt der Kopf. Der vierte Sohn, welcher nachher die
Wirtschaft bekam, hat die Steine setzen lassen.
11. Kreis Lübben
Pretschen,
im Dorfe zwei Steinkreuze nebeneinander, aus dem frühen
Mittelalter stammend. Nach der Volksüberlieferung handelt es sich
aber um Erinnerungszeichen für zwei hier erschlagene Franzosen.
12. Kreis Beeskow-Storkow
Großschauen.
Überlieferung des Kirchenbuches: Anno 1741 wurde hier von einem
ausreisenden Soldaten ein Schäfer erschossen. Am Orte der Tat
errichtete die Gemeinde ein Sühnekreuz.
Trebatsch,
Steinkreuz am Wege nach Skuhlen [heute Schuhlen]. Es ist ein
Sühnekreuz, das in der Gegend "Wendenkreuz" genannt wird. Nach der
Beeskower Chronik soll an ihm ein Schwert eingemeißelt sein.
13. Kreis Prenzlau
Stadt Prenzlau,
Steinkreuz aus Granit, 1,9m hoch, 80cm breit. Nicht mehr an der
ursprünglichen Stelle. Bekmann 22) erwähnt es 1751; in
Prenzlauer Akten kommt es 1753 vor 23). Vor dem Landhause in der
Stettiner Straße, wo es jetzt steht, hat es nicht immer
gestanden. 1839 gedachte Landrat von Stülpnagel-Dargitz "das alte
steinerne Kreuz, welches auf dem hiesigen Bauhofe liegt", zu einem
Erinnerungszeichen an die Kapitulation des Hohenlohe'schen Korps auf
einen Plan vor dem Stettiner Tor zu versetzen. Dieser Stein - so meinte
der Landrat - liegt unbenutzt auf dem besagten Hofe, und würde als
altes Denkmal des Prenzlauer Weichbildes sich umso mehr hierzu passen.
Die Versetzung ist jedoch unterblieben. Dagegen wurde das Kreuz von
einem Schmiedemeister unter Verwendung starker eiserner Klammern
repariert und an seinem jetzigen Platz wieder aufgerichtet 24).
Über Alter und Bedeutung des Steinkreuzes ist nichts bekannt. Es
soll, so berichtet die Fama, vor Jahrhunderten als Sühnekreuz
für einen Brudermord errichtet worden sein.
Dedelow,
Granitkreuz (Sühnekreuz) an der Straße nach Prenzlau. Auf
beiden Seiten je vier eingemeißelte Kreuze in einem Kreise.
Ellingen,
an der Chaussee, Granitkreuz, etwa 3 Fuß hoch. Ebenfalls von
Bekmann 1571 erwähnt. Es "soll lange vor dem Franzosenkriege
dorthin gesetzt sein, und zwar sagen die einen , das dort ein paar
Riesen einander totgeschossen, von denen der eine auf Ellingschen Felde
gestanden, der andere aber von Klinkow oder Blindow gekommen wäre.
Andere sagen aber wieder, es seien ein paar Offiziere oder
Kürassiere gewesen, die dort gestorben. Und endlich sagen noch
ander, es sei ein großer General gewesen, der an dieser Stelle
gefallen sei 25). Interessant ist bei diesen Geschichten die eigenartige
Wandlung, welche die Sage im Laufe der Zeit durchgemacht hat. Die
anfängliche Bedeutung des Sühnekreuzes ist dem
Volksbewußtsein ganz entschwunden. Denn zwischen dem
Zeitalter der Riesen und der Franzosenzeit sind doch merkliche
Unterschiede.
14. Kreis Teltow
Klein-Machnow,
an der Dorfstraße in die Giebelwand des Stallgebäudes des
Gutshofes eingemauert. Angeblich dem Andenken eines Ritters von
Schlabrendorf geweiht, der hier von einem aus dem Geschlecht von der
Hacke erschlagen wurde.
15. Kreis Lebus
Müncheberg,
rechts neben dem Südportal der Kirche ein länglicher
Steinblock von rötlichem Granit, 1m über den Boden
hervorragend. Auf der Vorderseite in sehr roher Arbeit ein
flacherhabenes Kreuz mit ziemlich gleichlangen Armen. "Es zeigen die
nach unten und oben gehenden Arme eine leichte Ausbeugung, so daß
sie jenen eines eisernen Kreuzes ähneln. Keinerlei Sagen berichten
von diesem Stein. Er stand früher aber nicht an seiner jetzigen
Stelle, sondern vor dem Kirchberg (Kirchhof). Aus allen diesen
Umständen läßt sich mit Bestimmtheit annehmen,
daß dieser Stein mit dem Kreuz lediglich als Marktzeichen, als
Marktkreuz, anzusehen ist und zu den ältesten Denkmälern der
Stadt gehört" 26).
Cliestow,
nicht mehr vorhandenes Granitkreuz. Wann es verschwand ist nicht mehr
festzustellen; sein Vorhandensein ist aber urkundlich bezeugt. Auf
einem der wenigen vergilbten Blätter, welche sich von den alten
Memorialbüchern des Rats der Stadt Frankfurt a.O. erhalten haben,
findet sich nämlich folgende Eintragung: "Anno minore XCVI am
freidage nach conversionis S. Pauli (28. Januar 1469) hat unser
Burgermeister Albrecht Tiden, instatt des Rath, alle zwietracht des
totschlages der Besser gebruder an Thomas Swartzen von Bosen bey Clisto
begangen, zu eynem gruntlichen ende entsatzt und entschieden in dieer
nachfolgenden gestalt also, daß sey Thomas Swartzen Kindern vor
dem todtslag ihres vaters geben sollen X schoc werungen diesere lande .... und
haben darzu eyn Welsenack fart (zum Wunderblut nach Wilsnack)
zu leysten und das Kreutze zu setzen zugesagt, unnd dem ubersten
gerichte II schoc unnd dem nydersten gericht uff Martiny schirft
kommende unverzogentlich I schoc zue geben ....".
16. Kreis Sorau
Kohlo,
Steinkreuz im Dorfe. Sage: Ein Handwerksbursche hat einen anderen wegen
eines Ostereies erschlagen 27).
Gassen,
an der Südostseite der Kirche ein kleines Steinkreuz, im Orte das
Kosakenkreuz genannt. Angeblich errichtet von dem
Schloßmüller, und erst 1887 an die Kirche
herangerückt 28).
Reinswalde,
Sühnekreuz. Kaspar Reintsch, Hans Geppart und Hans Slibes, alle zu
Reinswalde gesessen, ermordeten 1488 den Saganischen Bürger
Vinzenz Smet. Sie zahlten den unmündigen Kindern des Entleibten 30
Mark, taten für seine Seele eine Ochfahrt (Wallfahrt nach Aachen)
und ließen ihm ein steinern Kreuz setzen. 29)
17. Berlin
Außer dem eingangs erwähnten Sühnekreuz
an der Marienkirche kann ich noch eins im Tiergarten nachweisen,
das 1480 noch vorhanden war. In Schulzes Materialien zur Spandauer
Geschichte30) heißt es (Seite 30):
"1480 erlaubte der Churfürst den Berlinschen Fischern, daß
sie mit 6 Kähnen auf der Spree unterhalb Berlin bis an das
steinerne Kreuz im Thiergarten fischen konnten; worüber hiesige
(d.h. Spandauer) Fischer als über etwas, das ihren Rechten
nachtheilig sey, sich beklagten."
In den Flurbüchern von Eberswalde und Trampe (Oberbarnim) habe ich
öfters die Bezeichnung "beim steinern Krug" gefunden. Ich nehme
an, daß hier ganz unzweifelhaft eine Verbindung mit dem
Sühnekreuz besteht. In diesem Zusammenghang möchte ich auch
auf die Ort- und Flurnamen hinweisen, die in Verbindung mit "Kreuz"
stehen. An Ortsnamen nenne ich: Kreuzbruch (Niederbarnim), kreuzburg
und Kreuzkrug (Priegnitz), Kreuzlauch (Oststernberg), Kreuzschänke
(Sorau).- Ferner Kreuzlanke (Angermünde), Kreuzpfuhl (Niederbarnim
und Ruppin), Kreuzsee (Beeskow-Storkow, Weststernberg und Arnswalde),
Kreuzteich (Sorau). In den Brandenburger Schöppenstuhl-Akten 31)
wird ein "Creuz bey Brandenburg" erwähnt.
Literatur:
(Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der Deutschen Geschichts- und Alterthumsvereine, 1916)
1) "Bär" vom 17. Dezember 1881 mit guter Abbildung. Man vergleiche
auch Monke, Berliner Sagen und Erinnerungen, Leipzig 1911 Seite 17 ff.;
Riedel, Codex Brandenb, A XII 489; Kloeden, Diplomat. Geschichte des
Markgr. Waldemar I 121; Jacob Schmidt in Sammlung Berlinischer Merk-
und Denkwürdigkeiten I 22, 23.
2) Fragen und Ergebnisse der Kreuzsteinforschung in Zeitschrift des
Vereins für Volkskunde 1912 Seite 253 bis 277 und 375 bis 398
(dort auch Abbildung des Berliner Sühnekreuzes).
3) Eberswalder Heimatblätter Nr. 171 und 172.
4) Riedel, Codex Brandenb, A II 419
5) Beschreibung der dem Kloster Amelungborn zum Hofe Dransee
gehörigen Dorfschaften (Riedel, Codex Brandenb, A I 452)
6) ebenda A III 356
7) Abbildung in Westhavelländ. Kreiskalender für 1911 Seite 56- vergl. auch Roland, Zeitschrift für Heimatkunde I 141.
8) Abbildung in Kunstdenkmäler des Kreises Westhavelland Seite 242
9) ebenda Seite 95
10) Engelelien & Lahn, Volksmund in der Mark Brandenburg, Berlin 1868, Seite 45.
11) D. F. Schulze, Zur Beschreibung und Geschichte Spandows. Her. V. O.
Recke, Spandau 1912, Seite 121
12) Riedel, Codex Brandenb, A III 236 vergl. auch Bergau,
Inventar der Bau- und Kunstdenkmäler Seite 514, der es als echtes
Sühnekreuz ansieht.
13) Bausteine aus der Geschichte des Barnim I 114 und 591 (Abbildung
Seite 35).
14) Hamann, Führer durch Jüterbog, Berlin 1903 S.89
15) Brand jun, Die St. Nicolaikirche in Jüterbog, Wittenberg 1822,
S.3.
16) Urkundliche Chronik der alten Kreisstadt Jüterbog, I 571 Seite
76
17) F. J. C. Brandt, Geschichte der Kreisstadt Jüterbogk, Torgau
1827, S.63
18) Bergau, Bau und Kunstdenkmäler, S.434. Hauptlehrer Paulitz
gibt in seiner Heimatkunde des Kreises Calau (S.71) eine interessante
Sage über die Entstehung der Steinkreuze in der Lausitz, die er
auf Karl den Großen zurückführt.
19) Bergau, Bau und Kunstdenkmäler, Seite 139.
20) Gander, Niederlausitzer Volkssagen, Berlin 1896, Seite 105
21) Ebenda Seite 104
22) Histor. Beschreibung der Chur- und Mark Brandenburg I 452
23) Dobbert, Prenzlau Seite 41
24) Mitteilungen des Uckermärck. Museums- und Gesch.-Vereins II 154
25) Rudolf Schmidt, Märkisches Sagenbuch Seite 59
26) Sitzungsbericht des Vereins für Heimatkunde vom 1. April 1890
27) W. von Schulenburg, Wendisches Volkstum, Berlin 1882, Seite 148
28) K. Behnke, Geschichte von Gassen (in Monatsblätter des
Touristenklubs f. d. Mk. Brandenburg1909 Seite 31)
29) J. G. Worbs, Geschichte der Herrschaften Sorau und Triebel, Sorau
1826, Seite 78
30) Vergl. Anmerkung Nr.1 , Sp.181 [11]
31) heraugeg. Von Stölzel II 705
Im Jahrgang 1916 des "Korrespondenzblattes" habe ich ein
zusammenfassende Übersicht der "Märkischen Sühnekreuze "gegeben.
Seitdem wurde von mir weiteres Material gesammelt, das ich nachfolgend
übersichtlich, wiederum nach Kreisen geordnet, Zusammenstelle.
Ursprünglich war die Setzung eines Sühnekreuzes bei Totschlägen
rechtliche Vorschrift, wie aus dem Berliner Vorgang vom Jahre 1335
hervorgeht 1), scheint dann aber mehr eine gewisse Freiwilligkeit
geworden zu sein. 1386 erschlug ein Nachbar des Klosters Lehnin, Fritz
v. Prützke, den Conversen Jacob Grünefeld; der Täter und seine Brüder
fanden sich freiwillig deswegen mit dem Kloster ab und stifteten zur
Sühne am Ort der Tat, auf dem Damm im Borsenbruch ein Sühnekreuz - "
und hebben ok tu eyme ewyghen Dechtnisse eyn steynen Crucze gessattet
vppe den vebenumden Dam" 2). Im 15. Jahrhundert, spätestens aber im 16.
Scheint die Sitte ganz abgekommen zu sein. Als 1512 Lorenz Trebbus den
Thomas Röbel getötet hatte, trat sein Vater zum Buße dieser Tat nur das
Patronat über den Erasmus-Altar zu Strausberg dem Kurfürsten ab 3). Von
der Setzung eines Sühnekreuzes ist nicht mehr die Rede. Das schließt
seine gelegentliche Setzung natürlich nicht aus und zweifellos ist dies
auch geschehen. In viel späterer Zeit ist der Brauch aber doch ganz
abgekommen und im Volk durch die Sitte des sog. "Toten Mannes" ersetzt
worden, eine Übung, die sich fast bis in die Gegenwart erhalten hat 4).
1. Kreis Lübben
Lübben (Stadt) Martin Buley und Damis Ditschich haben an Andres
Dümchin im Jahre 1449 einen Totschlag begangen und sollen ihm deswegen
u. a. auch "ein hulcin crüce seczin" 5). Hier wird also die Setzung eines
hölzernen Kreuzes verlangt! - Im Jahre 1468 muß Jacuff Henschil wegen
eines Totschlages "eyn creucze" setzen 6).
2. Kreis Sorau
Sorau,
Stadt (Niedervorwerk). An die Stelle, wo im 16. Jahrhundert Pestkranke
in Hütten gepflegt oder auf dem freien Platz dem elenden Tode
überlassen wurden, setzte man ein Steinkreuz, das man das Elendenkreuz
nannte. "Es stand in der Gegend des Niedervorwerks" 7). Hier handelt es
sich also um kein Mordkreuz, sondern um ein Gedenkkreuz, eine Lesart,
die auch für andere Steinkreuze zutreffen mag, von denen man die nähere
Entstehungsgeschichte nicht kennt.
Kohlo,
Granitkreuz auf dem Dorfanger, dicht beim Schulgarten, 1½m hoch,
zeigt auf beiden Breitseiten je ein herausgearbeitetes Schwert mit
Griff und Querstange. Zwei Handwerksburschen sollen siech hier
gegenseitig ermordet haben, sagt die Sage. Nach einem andern Bericht
hat hier eine Schlacht stattgefunden 8) (Ergänzung zu Nr. 16. Meines
ersten Berichtes).
3. Kreis Zauch-Belzig
Jeserig
(in der Herrschaft Wiesenburg), nordöstlich am Wege nach Klein-Glien
steht ein etwa 3 Fuß hohes Granitkreuz, roh ausgehauen. Bedeutung
unbekannt 9).
4. Kreis Calau
Buckow
bei Calau - Greifenhain
bei Drebkau und Lipten
bei Altdöbern, je ein steinernes Sühnekreuz. Näheres nicht bekannt 10).
5. Landkreis Guben
Klein-Gastrose,
Steinkreuz am westlichen Ausgang des Dorfes. Sagen: a) Dort sollen die
alten Deutschen einen Kampf gehabt haben, den sie verspielten(!). Die
Toten sind hernach alle in eine tiefe Grube geworfen worden, und
darüber hat man das Kreuz gesetzt. b) Ein Offizier soll dort im Duell
gefallen sein. c) Zwei Brüder sollen sich dort erschlagen haben (diese
Lesart kehrt auch bei andern Steinkreuzen wieder) 11).
Markersdorf,
Steinkreuz, seit 1897 wieder aufgerichtet, aber etwas von dem
bisherigen Standort entfernt 12).
Niemaschkleba,
Steinkreuz.
Räschen,
Granitkreuz.
Strega,
Granitkreuz am Kreuzweg nordöstlich vom Dorf. " Die Leute erzählen,
dort liege ein Ritter begraben; andere sagen, es sollen 1813 an der
Stelle drei Franzosen erschossen worden sein" 13).
6. Kreis Luckau
Arenzhain
bei Kirchhain. Das am Ausgang der Dorfstraße stehende Sandsteinkeuz
wird jetzt als Wegweiser benutzt (Ergänzung zur Nr. 9 meines ersten
Berichtes).
Friedersdorf
bei Brehnitz. Sandsteinkreuz am Wege nach Trebbus, an der Ecke des
Schulgartens; wird als Wegweiser benutzt. Es stand früher an der
Sandgrube der Gemeinde Brehnitz 14).
Schönewalde
bei Brehnitz. Sandsteinkreuz an der von Münchhausen nach Friedersdorf
führenden Straße; stand früher an der Kirche. Abbildung in den
Kunstdenkmälern (Anmerkung14)
Münchhausen
bei Sonnewalde. Sühnekreuz auf dem Weg nach Frankena; jetzt als
Wegweiser dienend. Aus Sandstein; der rechte Arm vom Beschauer aus
fehlt. Jetzt Eigentum des Kreises Luckau.
Nehesdorf
bei Finsterwalde. Granitkreuz am Weg nach Finsterwalde. Höhe und Breite
je 70 cm, Stärke 19 cm 15).
Pahlsdorf.
Am Fußsteig nach Zeckerin. Das Kreuz ist in einen Granitblock
hineingearbeitet. Mit eingemeißeltem Schwert "könnte auch ein zweites
kleines Kreuz darstellen, während das dritte Kreuz links mit der
abgesprungenen Ecke verlorenging. Schädelstätte? (s. Anmerkung 14).
Waltersdorf
bei Luckau. Granitkreuz an der Kreuzung der Wege Walstersdorf-Gehren
und Waltersdorf-Wendisch Drehna. Wird jetzt als Wegweiser benutzt.
Wehnsdorf
bei Sonnewalde. Im Ostgiebel der Dorfkirche ist ein verstümmeltes
Steinkreuz eingemauert.
Zieckau
bei Luckau. Steinkreuz, eingemauert an der Kirchhofsmauer; diente
früher als Hausschwelle zu dem Hause Nr. 12 am Südeingang des Dorfes,
Länge 95cm, Breite 92cm 16).
Lindena
bei Dobrilugk. 1895 standen noch zwei guterhaltene Steinkreuze "dicht
nebeneinander an der Dorfstraße". Behla berichtet 17)
"Auf meine Frage,
was diese Kreuze bedeuten, antwortete ein Einwohner: "Sie deuten die
früheren Prozessionswege der Mönche von Dobrilugk an".
Luckau
(Stadt). Steinkreuz. 1898 noch vorhanden 18).
7. Kreis Spremberg
Kochsdorf
bei Spremberg. Sühnekreuz 19).
8. Kreis Krossen
Sommerfeld
(Stadt), Steinkreuz. Das mit dem Jahre 1423 beginnende Schöppenbuch
gibt interessante Nachweise über Sühneverträge für geschehene
Mordtaten. 20).
9. Kreis Soldin
Staffelde.
Im Jahre 1753 wird berichtet: Vorm Dorf steht ein Stein, in welchen ein
Kreuz ausgehauen, und wird dabei erzählet, das zwei vom Adel hier einen
Zweikampf gehalten und beide geblieben, auch unter dem Stein begraben
worden" 21).
10. Kreis Königsberg
Neuglietzen.
Granitstein mit eingemeißeltem Kreuz, am Oderdamm 1856 noch vorhanden 22).
(Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der Deutschen Geschichts- und Alterthumsvereine, 1923)Literatur:
1. Riedel, Codex Brand. A XII 489. - Vgl. auch Gercken, Cod. Dipl. Brand. IV 409 (Landfrieden vom Jahre 1382).
2. Ebenda AX 258
3. Desgl.. A XII 122
4. Siehe Ausführliches in meiner Abhandlung "Der tote Mann" in Nr.278 der "Eberswalder Heimatblätter"
5. Lippert, Urkundenbuch der Stadt Lübben, Dresden 1911, S.45
6. Ebenda S.62
7. Worbs, Geschichte der Herrschaften Sorau und Triebel, Sorau 1826, S.84
8. Gander, Niederlausitzer Volkssagen, Berlin 1896, S.106
9. F[ähndrich], die Herrschaft Wiesenburg, Berlin 1883, S.339
10. Niederlausitzer Mittlgn. V 380
11. Gander, a.a.D., S.106
12. Niederlausitzer Mittlgn. V 381
13. Gander, S.106
14. Kunstdenkmäler des Kreises Luckau, Berlin 1917. Kunstgesch. Übersicht XXXVI, woselbst auch Erklärungen über die wahrscheinliche Bedeutung der Steinkreuze, darunter auch folgende Lesarten.: Erinnerung an den Mätyrertod christlicher Sendboten", sodann "Grenzsteine" und schließlich "Schädelstätte". Urkundliches darüber ist nicht mitgeteilt.
15. Niederlausitzer Mittlgn. IV 421 (mit Abbildung, wie eine solche sich auch in den Kunstdenkmälern befindet)
16. Ebenda IV 221.
17. Ebenda IV 221 unten.
18. Desgl. V 881
19. Desgl. IV 222; vielleicht wären hierher auch die beiden Steinkreuze zu rechnen, die Schulenburg in seinenm 1882 erschienen "Wendischen Volkstum" S.7 erwähnt "Am Wege von Rohno nach Schleife stehen zwei Steinkreuze seitwärts auf dem Felde"
20. Wedekind, Diplom. Chronik der Immediatstadt Sommerfeld, Krossen 1846, S.69
21. Bekmann, Churmark Brandenburg. 2. Band 5.Tl. 1. Buch 2. Kap. S.266
22. Berghaus, Landbuch der Mk. Brandenburg III, 17.