Deutschland Baden-Württemberg Lkr. Karlsruhe

Bruchsal (I)


Das Pestkreuz
flankiert von
Grabkreuzen
aus dem 17. Jh.

PLZ: 76646

GPS: N 49° 7.232', O 8° 36.182'

Standort: Südlich der Peterskirche in der Friedhofsmauer.

Größe / Material: 118:85:? / Sandstein

Geschichte: In die Mauer neben der Treppe, die von der Pauluskirche zum Friedhof führt, sind mehrere alte Grabkreuze eingelassen, darunter das sogenannte Pestkreuz aus dem Jahr 1514. Es trägt eine Inschrift in gotischen Minuskeln:
1514
Bittent gott fur luft;
geschlecht .und fur die
arme sel
Die Aufstellungsgründe sind ungeklärt. Fest steht nur, dass zu Beginn des 16. Jahrhunderts in Bruchsal die Pest wütete.
Die zweite Ziffer der Jahreszahl kann auf den ersten Blick für eine 4 gehalten werden, es ist jedoch eine frühe Schreibweise der 5, wie sie bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts verwendet wurde.

142 Bruchsal, Friedhof bei St. Peter 1514
Steinkreuz, in die Böschungsmauer hinter dem Chor eingelassen. Aus einem Block aus rotem Sandstein gearbeitet; auf der Stirnseite oben Jahreszahl, in der Höhe der Kreuzarme dreizeilige Inschrift, darunter auf dem Kreuzstamm zwei viereckige Vertiefungen (Dübellöcher?); Oberfläche bestoßen.
H. 117, B. 84, Bu. 7cm. - Gotische Minuskel. Abb. 54
1 5 1 4a) / Bittent gott fur luft • / geschlecht • vnd fur die / arme(n) sel /
Die ältere Literatur bezeichnet das Denkmal als Grabstein, Rott - und nach ihm die neueren Autoren - sprechen von "Peststein" oder "Pestkreuz"1). Die Inschrift enthält keinen direkten Hinweis auf eine Anrufung Gottes in Pestgefahr oder auf eine 1514 herrschende Epidemie2). Die äußere Form ist die der Sühnekreuze3). (Seeliger-Zeiss 1981)
a) Die Ziffer 5 in der älteren spätgotischen Form.
1) Money a.a.O. 55; Heiligenthal 144 (beide Autoren lesen das Jahr als 1414); KdmBaden IX 2, 43.
2) vgl. nr. 230.
3) Dazu vgl. B. Losch. Die Flur-Steinkreuze in Baden-Württemberg. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg 1, (1972) H.4, S.28-38.

Sage:

Quellen und Literatur:
Seeliger-Zeiss, Anneliese - Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe, München 1981, S.70f. Ziff.142
Meier, Günter - Kleindenkmale im Landkreis Karlsruhe, 1989, S.40, Abb.27
recherchiert und bebildert von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach



Bruchsal (II)


Kreuzspitze
mit Titulus

Corpus

(Foto Marburg)

GPS: N 49° 07,457', O 8° 35,848'

Standort: Chor der kath. Stadtkirche "Unsere liebe Frau", in der Joseph-Kunz-Straße.

Größe / Material: ca. 450cm hoch / Sandstein

Geschichte: Das Kreuz stand früher auf der Nordseite der Kirche - flankiert von zwei Inschrifttafeln.
Nach der Zerstörung der Kirche im 2. Weltkrieg wurde das Kreuz im Chorraum aufgestellt. Die beiden Tafeln befinden sich heute im Magazin des Stadtmuseums im Schloss. Aus dem Text der einen Inschrift ist zu entnehmen, dass 1581 zu beiden Seiten der Kirche ein Friedhof geweiht wurde und das Kreuz mit den beiden Tafeln 1583 geschaffen wurde.

Das Kreuz erinnert an das Kruzifix des Niclaus Gerhaert von Leyden in der Stiftskirche von Baden-Baden aus dem Jahr 1467. Eine Besonderheit ist die dreisprachige Inschrift (titulus) entsprechend Joh. 19, 19 - Jesus von Nazareth, der König der Juden - die hier im vollen Text wiedergegeben ist.
1.) aramäisch:

2.) griechisch:
IHSOUS O NAZARAIOS O BASILEUS TWN IOUDAIWN


3.) lateinisch:
IE[SV]S NAZAREN[VS] REX IVDEORVM
Bei 1.) ist teilweise eine tiberiensische Punktation erkennbar: ješuca nåşraja' malka' dîjhudaje'. 
Bei 3.) wurde das Wort Jesus in der griechischen Form als IHS abgekürzt.
Unterhalb der Füße des Corpus befindet sich eine weitere Inschrift:
O VOS O[MN]ES QVI
TRANSITIS PER
VIAM ATTENDI
TE ET VIDETE
SI EST DOLOR SI
CVT DOLOR MEVS
TER MI: TREN : I
"Ihr alle, die ihr vorübergeht: schauet doch und sehet, ob irgendein Schmerz sei wie mein Schmerz."
Die Angabe der Bibelstelle "Hieremi(as) Threni; Jer. (Lam.) 1, 12" (= Klagelieder 1,12) wurde falsch ergänzt. - Die Stelle bezieht sich im Textzusammenhang auf die zerstörte Stadt Jerusalem; sie wird traditionell auf das Leiden Jesu am Kreuz übertragen.

Sage:

Quellen und Literatur:
Seeliger-Zeiss, Anneliese - Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe, München 1981, S.144 f., Nr.280, mit Abb.105
vgl. dazu M. Ohnmacht, Das Kruzifix des Niclaus Gerhaert von Leyden in Baden-Baden von 1467. Bern, Frankfurt 1973, 26ff. (Europ. Hochschulschriften R.28, Bd.2)
recherchiert und bebildert von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach (Fotos vom 26.7.07)


Sühnekreuze & Mordsteine