Deutschland Baden-Württemberg Zollernalbkreis

Melchingen (I) / OT von Burladingen


Zustand 2011
Foto: Schnepf

die 3 Näpfchen
auf dem Kopf
Foto: Tarazi (2006)

Aufnahme von 1936

PLZ: 72393

GPS: N 48° 21.677', O 9° 8.640'

Standort: Am Ortsausgang Melchingen in Richtung Talheim. An der Südwand der Marienkapelle.

Größe / Material: 60:68:17 / Sandstein

Geschichte: Das Kreuz ist neu gesetzt worden und nunmehr fast ganz zu sehen.

Hat auf dem Kopf drei runde Vertiefungen. Tatzenkreuz, leicht asymmetrisch.
[...] Auch im Zollernalbkreis belegt ein erhaltener Sühnevertrag den Rechtsbrauch der Totschlagsühne: In Melchingen (Gemeinde Burladingen) wurde um 1450 Hans Singer aus Undingen von Hans Noilhart und Hans Boitz im Streit erschlagen. Die Grafen Jos Niklas zu Zollern (Hauptmann der Herrschaft Hohenberg), Eberhard von Württemberg (Herr von Undingen) und Georg von Werdenberg (Besitzer von Melchingen) setzten folgenden Vergleich zwischen den Tätern und den Hinterbliebenen fest:
(1) Die Täter mußten 40 Messen lesen lassen und mit 60 Männern, jeder mit brennenden halbpfündigen Wachskerzen, die Täter mit Kerzen von je einem Pfund, zum Opfer gehen.
(2) Sie mußten ein fünf Fuß hohes und drei Fuß breites Steinkreuz aufrichten lassen;
(3) einen Jahrtag für Hans Singer stiften;
(4) an die Hinterbliebenen 20 Gulden Entschädigung zahlen;
(5) binnen Jahresfrist je eine Wallfahrt nach Aachen und Einsiedeln ausführen.
Durch diesen Vertrag wurden die Parteien versöhnt und die Täter entgingen einer Leib- oder Lebensstrafe. Vermutlich handelt es sich bei einem der erhaltenen Kreuze um das vereinbarte Sühnekreuz. Die typischen Formen der Sühnekreuze haben sich in den jüngeren Erinnerungskreuzen noch lange erhalten.
Auf einen weiteren Sühnevertrag von 1610 nimmt eine Melchinger Urkunde von 1614 Bezug. Hans Jacob Hoch hatte Andreas Goggel von Trochtelfingen (Landkreis Reutlingen) umgebracht. Im Sühnevertrag war u.a. vereinbart, daß der Täter sich 20 Jahre lang im Verteidigungsdienst an den östlichen Reichsgrenzen aufhalten solle. Da er aber keine Anstellung fand und zurückgekehrt war, wurde 1614 eine Abmachung getroffen, wonach der Täter außerhalb der Herrschaft Trochtelfingen wohnen und den Hinterbliebenen aus dem Weg gehen mußte. Für die Einhaltung der sonstigen Sühnevertragspflichten von 1610 bestellte er seinen Bruder zum Bürgen, ferner verpflichtete er sich zur Zahlung von 30 Gulden Unkosten an die Hinterbliebenen und 100 Gulden an die Kirche in Melchingen.
Eines der Kreuze ist vermutlich das Sühnekreuz aus dem obengenannten Totschlag-Sühnevertrag. (Losch 1981)

Sage: 1. Der Volksmund deutet sie verschieden, bringt sie mit Zweikämpfen und Totschlag in Verbindung.
2. Die Kreuze sollen aus alten Kriegszeiten stammen.

Quellen und Literatur:
Losch, Bernhard - Steinkreuze in Südwestdeutschland, 1968, S.31, 63, 64, 109, 111
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S.287, 289
aktuelle Aufnahmen von Rami Odeh Tarazi, Melchingen (Fotos von 2006)
Ergänzungen von Thomas Schnepf, Reutlingen (Foto von April 2011)



Melchingen (II) / OT von Burladingen


Zustand 2011
Foto: Schnepf

Vertiefung auf
dem Kopf
Foto: Tarazi (2006)

Abbildung bei
Losch (1981)

Standort: Wenige Meter neben dem vorigen Kreuz, an der Westwand der Marienkapelle.

Größe / Material: 50:50:19 / Sandstein

Geschichte: Das Kreuz ist neu gesetzt worden und nunmehr fast ganz zu sehen.

Hat auf dem Kopf eine große runde Vertiefung; die Arme sind verkürzt, das Kopfende beschädigt; der Schaft steckt bis zum Querbalken im Boden. Leicht geschwungene Kopfverbreiterung, hoher Kopf.

Sage: siehe Kreuz I.

Quellen und Literatur:
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S.287, 289
aktuelle Aufnahmen von Rami Odeh Tarazi, Melchingen (Fotos von 2006)
Ergänzungen von Thomas Schnepf, Reutlingen (Foto von April 2011)



Melchingen (III) / OT von Burladingen


Rückseite
Foto: Tarazi (2006)

Detail der Inschrift
Foto: Tarazi (2006)

Abbildung bei
Losch (1981)

GPS: N 48° 20,460', O 9° 8,478'

Standort: Ca. 1,5km südlich vom Ort am Waldhang "Eschenrain", links an einem Waldweg in der Hangmitte, Gewann "Burghalde".

Größe / Material: 120:80:20 / Sandstein

Geschichte: Die Balken verschmälern sich zunächst, sind aber zum Ende hin wieder auf Ausgangsmaß verbreitert; Schaft parallelkantig. Die Seitenkanten am Kopf und die oberen sowie unteren Außenkanten der Arme sind abgeflacht.
Das Kreuz ist ein Beispiel für die stilistische Bewegtheit der Konturen im 19. Jahrhundert. Die Ansichtsfläche ist innerhalb eines Konturenbandes zurückgesetzt. Das Schaftende verbreitert sich in einen seitlich ausgreifenden, oval nach unten verlaufenden Fuß (B 85).
Inschrift: In Kopf und Querbalken
INRI
KONRAD BRAUN
1801
Eintrag vom 31.3.1801 im Totenbuch: "Conrad Braun, von einem stürzenden Baum zu Tode geworfen, erhielt – während er verblutete – noch die Generalabsolution und starb" (geb. 1731; bei seiner Verunglückung entweder Ex-Waldaufseher oder Ex-Schultheiß, vgl. Benennung "Schulzenstein" ("Schulzestoi"). (Losch 1981)

Sage:

Quellen und Literatur:
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S.287, 289
aktuelle Aufnahmen von Rami Odeh Tarazi, Melchingen (Fotos von 2006)


Sühnekreuze & Mordsteine