Literatur-Datenbank
weitere Datenbanken  

  Alles   Neu   Suchen   Auswahl   Detail 

ID124
TitelSteinkreuze in Südwestdeutschland
Jahr1968
AutorLosch, Bernhard
RegionBaden-Württemberg
InhaltGestalt, Verbreitung und Bedeutung im volkstümlichen Leben:
Das Steinkreuz als Flurdenkmal.
Das Steinkreuz als Rechtsdenkmal und als Erinnerungszeichen.
Das Steinkreuz in der volkstümlichen Überlieferung.
159 Seiten, 29 Abb. und 3 Karten
Bernhard Losch: Steinkreuze in Südwestdeutschland.
( = Volksleben, Bd.19) Tübingen, Tübinger Vereinigung für Volkskunde e.V., 1968. DM 14,25.

   Bereits in den dreißiger Jahren konnte die Steinkreuzforschung in Deutschland die Fessel lokaler Betrachtung sprengen. Damals veröffentlichten Hellmich und Steller (Schlesien), Kuhfahl (Sachsen) und Hoffmann (Niedersachsen) ihre Arbeiten. Es folgten die Untersuchungen über die Steinkreuze in Böhmen und im Sudetengau (von Dreyhausen, 1940) sowie in Schleswig-Holstein (Möller, 1942); doch damit brach die so erfreuliche Entwicklung ab. Erst nach einer Pause von fast 20 Jahren erschienen die Arbeiten über die Steinkreuze Thüringens (Köber, 1960) und Westfalens (Brockpähler, 1963).
   Noch Schmerzlicher ist die Lücke in der Reihe der Dissertationen, liegen doch zwischen den Promotionen Walter von Dreyhausens in Prag und der hier vorgelegten Tübinger Arbeit Bernhard Loschs nahezu 30 Jahre! Nach einer so langen Zeitspanne zählt eine zusammenfassende Darstellung und kritische Sichtung des derzeitigen Forschungsstandes zur wesentlichsten Aufgabe, die Bernhard Losch souverän löst. Von der ersten Seite an lotet L. sein Thema nach allen Seiten hin aus, prüft .die vielen, aus regionalen Untersuchungen hervorgegangenen, einander häufig widersprechenden Hypothesen, wägt sie gegeneinander ab und gelangt schließlich zu klärenden Aussagen, die überzeugen!
   Nach einer einleitenden Skizze über die Verbreitung der Steinkreuze Südwestdeutschlands referiert L. kurz über die Steinkreuze anderer Landschaften aufgrund vorliegender Literatur. Hier mögen die von L. zusammengetragenen, teils bunt schillernden Theorien, die während der letzten 50 Jahre aufgestellt wurden, obgleich noch lange keine Inventarisation der Steinkreuze Mitteleuropas vorliegen wird, jedem Steinkreuzforscher zur Mahnung gereichen. Um angesichts der Fülle verwirrender Meinungen Klarheit zu gewinnen, beginnt L. seine eigene Untersuchung mit einer Darlegung über die Standorte der Steinkreuze in Feld und Wald, an Wegen und auf Grenzen, einzeln oder in Gruppen, wobei er auch die häufig bedauernswerte denkmalpflegerische Situation erwähnt, die weitere, wohl vermeidbare Verluste zur Folge haben wird. Darauf folgt ein kurzer Abschnitt über das äußere Erscheinungsbild der Denkmäler und ihr Material.
   Größte Beachtung aller Steinkreuzforscher verdient der Abschnitt "Steinkreuzformen". Ohne eine einheitliche, durch Definitionen vorgegebene Nomenklatur wird es der Steinkreuzforschung nie gelingen, Ergebnisse unmißverständlich zu verbreiten. Darum ist zu begrüßen, daß sich L. neueren Bemühungen um eine verbindliche Sprachregelung anschließt und sie konsequent anwendet. Der denkmalkundliche Teil schließt mit zwei Abschnitten über Steinkreuzzeichen, meist Handwerks- und Berufsmale, und -Inschriften, die jedoch kaum Schlüsse auf die lange, inschriftlose Zeit zulassen.
   Diese Epoche der inschriftlosen Denkmäler ist das zentrale Problem der Steinkreuzforschung. Sie läßt sich nur durch Urkunden, meist Sühneverträge, erschließen. Erstaunlich, wie viele Belege L. hierzu aus der Literatur im zweiten Hauptteil seiner Arbeit zusammentragen konnte - und er stützt wesentliche Teile seiner Aussagen auf diese Belege! Sicherlich liegen noch heute in so manchen Archiven ungehobene Schätze, zumal in Hessen, da bisher - soweit Rez. bekannt - noch keine hessischen Sühneverträge veröffentlicht wurden. So zügig auch die Inventarisation der hessischen Steinkreuze voranschreiten mag, so bedauerlich ist gerade hierin der Rückstand unserer landesgeschichtlichen Forschung, da ihr bisher ein entscheidender Beitrag zum mittelalterlichen Brauch der Sühnemal-Errichtung in Hessen nicht gelang. Dabei weist L. mit Recht darauf hin, daß "gerade von der Bearbeitung dieser Fragen die Steinkreuzforschung wesentliche Aufschlüsse zu erwarten hätte" (S.85). Um Ansätze entsprechender Untersuchungen zu erleichtern, setzt sich L. selbst eingehend mit rechtsgeschichtlichen Fragen auseinander.
   In seinem dritten Hauptteil zeigt L., welche Stellung das Steinkreuz in der volkstümlichen Überlieferung einnimmt. Hier geht es um die zunächst recht einfach erscheinenden und doch so komplizierten Probleme der Benennung, der Flurnamenkunde und um eine Klärung der Frage, in welchem Umfang „Kreuz"flurnamen Schlüsse auf ehemals vorhandene Denkmäler zulassen. Auch die überlieferten Sagen kreisen meist um ein zentrales Thema: der gewaltsame Tod eines oder mehrerer Menschen. Diese Sagen werden jedoch auf vielfältige Weise variiert. L. bringt eine Fülle wertvollen Materials, das jedem Steinkreuzforscher bei der Sichtung eigener Erhebungen nützen dürfte.
   Treffend ist die Analyse der gegenwärtigen Entwicklung im Verhältnis der Menschen unserer Tage zu den Steinkreuzen. Es bewegt sich zwischen "Naivität, Preisgabe und bewußter Zuwendung", wobei „ein zumindest aufgelockertes, oft aber auch entschieden distanziertes Verhältnis" (S.129) überwiegt. Wenn sich diese Entwicklung unmittelbar im Verlust vieler Kreuze äußert, so wird deutlich, welche Aufgaben auf die Denkmalpflege zugekommen sind. In Baden-Württemberg ist das erkannt worden; das Staatliche Amt für Denkmalpflege, Stuttgart, wird Dr. Loschs Inventar unter dem Titel: „Die Steinkreuze in Baden-Württemberg" herausgeben. Wo eröffnet sich der hessischen Steinkreuzforschung eine entsprechende Möglichkeit? Loschs vorzügliche, richtungweisende Arbeit schließt mit einem umfangreichen Apparat aus einem Literaturverzeichnis, einer Zusammenstellung der Grundmotive unter den südwestdeutschen Steinkreuzsagen sowie einem Orts-, Personen- und Sachregister. Jeder Steinkreuzforscher wird diese Veröffentlichung mit reichem Gewinn durcharbeiten und gern immer wieder zur Hand nehmen.

Friedrich Karl Azzola


Bernhard Losch: "Steinkreuze in Südwestdeutschland". Herausgegeben: „Tübinger Vereinigung für Volkskunde e. V.", Tübingen-Schloß. In der Reihe "Volksleben", Bd.19. Brosch. 159 Seiten, viele Abb. und Karten. Tübingen 1968. Preis 14,25 DM.

Es ist kein Inventar, das uns hier vorliegt, in dem jeder Standort der einzelnen Denkmale aufgezeigt wird, es ist mehr. Bernhard Losch setzt sich weitgehend mit der Forschung selbst auseinander und das ist gut. Die Arbeit gliedert sich in drei Hauptabteilungen mit den entsprechenden Unterabteilungen.

Teil I. "Das Steinkreuz als Flurdenkmal". Hier werden einzelne Standorte herausgegriffen und ihre eventuelle historische Vergangenheit untersucht. Das Erscheinungsbild der Steinkreuze ist zwar eine sehr anregende Angelegenheit, im Enderfolg aber bringt es nicht viel mehr als wie das bisher Bekannte. Es wäre gut gewesen, wenn der Verfasser sich die territoriale Gliederung seiner Heimat noch etwas mehr angesehen hätte als wie er es getan hat. Für die Formen der Steinkreuze läßt sich hier ganz bestimmt ein greifbares und aussagefähiges Ergebnis erarbeiten; denn Bauvorschriften gibt es für das 15.Jh. in recht erheblichem Umfang. In jedem Territorium sind diese anders, das hätte über die Erscheinungsform sicher einiges zu sagen. Leider ist in dieser Richtung auch von anderen in dieser Beziehung noch nichts geschehen. Man hat sich auf das Trachtenbild, oder auf Konfessionsgrenzen, oder die Mundart festgelegt und nicht daran gedacht, daß diese Dinge ja auch der Ausfluß einer territorialen Verwaltung sind.

Im II.Teil beschäftigt sich der Verfasser mit dem "Steinkreuz als Rechtsdenkmal und als Erinnerungszeichen". Hier allerdings ist er so recht in seinem Element. Alle historischen Belege für Baden-Württemberg, soweit es ihm nur irgendwie möglich war, hat er erfaßt und dadurch einen guten Überblick über die vorhandenen Urkunden gegeben, wie er überhaupt bei seiner ganzen Arbeit den größten Wert auf einen "Überblick" legt und nur bei einzelnen Objekten ins Detail geht. So ein grundlegender Überblick ist wohl sehr erwünscht, dennoch wäre es gut, wenn die vorhandenen archivalen Belege einmal in gebündelter Form mit der Angabe der Lagerorte, vorgestellt würden. Es würde viel mühsame Arbeit ersparen.

Der Verfasser beklagt sich in dieser Abteilung bitter darüber, daß die Leute, die sich mit der Steinkreuzforschung beschäftigen, das rechtsgeschichtliche Motiv der Flurdenkmäler so stark vernachlässigen und das Gewicht auf die volkskundliche Seite legen! Das liegt erstens daran, daß juristisch vorgebildete Menschen sich mit dem archaischen Recht unserer Steinkreuze fast nicht mehr abgeben, es werden zwar einzelne Teile des alten Strafrechts bearbeitet, wie z.B. Wachs als Bußauflage, das Anathema für unversöhnliche Parteien usw. Alle diese Dinge werden sehr sorgfältig dargestellt, aber die Verfasser bringen es nicht zu den Steinkreuzen in Beziehung, da sie wahrscheinlich von den Steinkreuzen noch nie etwas gehört haben (von His, Künßberg, Fröhlich oder Frauenstädt u.a. möchte ich selbstverständlich absehen). Steinkreuzforschung ist meist Laienforschung und dieser Personenkreis ist zum größten Teil nicht juristisch gebildet. Er kommt vielmehr aus dem Interessenkreis der Heimatkunde und damit zwangsläufig aus den Reihen der Volkskundler; deshalb also der starke Hang zum volkskundlichen Problem der Steinkreuze.

Der Verfasser hat hier ein recht heißes Eisen mit großem Geschick und recht viel Verstand aufgegriffen, er hat aber auch neue Zielrichtungen gesetzt, dafür muß man ihm schon Dank sagen. Er darf aber "das Kind nicht mit dem Bade ausschütten" und das ganze Heil in der rechtsgeschichtlichen Vergangenheit der Denkmäler suchen. Die volkskundlichen Forschungen werden noch ihre Früchte tragen, die die Steinkreuzforschung vielleicht aus ihrer drangvollen Enge heraus auf eine breitere Ebene führen. Das ist die Absicht.

Im III. Teil beschäftigt sich Bernhard Losch mit den Flurnamen, den Überlieferungen und Sagen. In einer fast statistischen Form bringt der Verfasser die einzelnen Ursprungsmotive der Errichtung der Steinkreuze im südwestdeutschen Raum. Ein Orts-, Personen- und Sachregister rundet das wirklich ausgezeichnete Werk ab und macht es zu einem stets hilfsbereiten Werkzeug. Sehr wertvoll ist die umfangreiche Bibliographie, die weit über den südwestdeutschen Raum hinausgreift und auch die einschlägige juristische Literatur mit berücksichtigt. Wer sich heute mit Steinkreuzforschung beschäftigt, wird kaum an der Arbeit von Bernhard Losch vorbeikommen, aus zwingenden Gründen muß er sogar vor Beginn seiner Arbeiten sich mit dem Buch auseinandersetzen. Ich wünsche dem Buch eine große Verbreitung, es ist es wert.

Leonhard Wittmann

(Bucka, Hans - Flurdenkmale der Stadt Selb und des Landkreises Rehau, in: Mitteilungsblätter der Deutschen Steinkreuzforschung, 25.Jg., 1969, Heft 2, S.22-23)
PeriodikaTübinger Vereinigung für Volkskunde e.V. Reihe Volksleben Bd. 19
Bestellung
ISBN
TypBuch
60 erwähnte Objekte


Sühnekreuze & Mordsteine