Deutschland Baden-Württemberg Lkr. Karlsruhe

Sulzbach / OT von Malsch


Abbildung bei
Müller (1930)

Das Wappen von
Sulzbach mit dem
Pflugsech

PLZ: 76316

GPS: N 48° 53,797', O 8° 22,202'

Standort: Seit 1976 in der Franz-Vetter-Straße bei der katholischen Kirche, in einer Nische der Betonmauer.

Größe / Material: 65:52:16 / Sandstein

Geschichte: Kreuz aus dem 16.Jahrhundert. In die Vorderseite ist ein großes Pflugsech eingearbeitet. Das Kreuz stand früher zwischen der Umgehungsstraße und dem Ort. Es wurde wegen Kanalisationsarbeiten 1973/74 versetzt, dabei ist ein zweites, in der Nähe stehendes Kreuz verschwunden. (Losch 1981)

[...] einige Meter östlich des Römerwegs, steht in den Wiesen (Gewann "Wickenwiesen“ oder "Sedich“) zwischen zwei Weidenbüschen ein sehr regelmäßig gehauenes Kreuz aus rotem Sandstein, das wieder klar lateinische Form zeigt und verhältnismäßig gut erhalten ist. Nur der Kopf hat eine Einbuchtung und von vorn nach hinten eine Rille, ähnlich denen bei Grenzsteinen. Am rechten Querbalken ist eine Stelle stark ausgeschliffen. Dies findet man übrigens oft bei Steinkreuzen im Feld. Anscheinend hat man an den alten Kreuzen gern Messer und Sichel gewetzt. Als Zeichen begegnet uns hier zum ersten mal das Pflugsech oder Pflugmesser [...] (Müller 1930)

Sage: 1. Ein Ritter beauftragte seinen Knecht, einem pflügenden Bauern die Ochsen wegzunehmen. Der Bauer erschlug aber den Knecht mit dem Sech.
2. Zu dem zweiten (seit 1973/74 verwschunden) Kreuz gibt es folgende Sage: Ein Räuber wollte einem Bauern das Pferd stehlen. Der Bauer habe jedoch den Räuber mit dem Pflugsech erschlagen und dadurch der Ortschaft einen Dienst erwiesen. Deshalb führe das Ortswappen den Pflugsech.

Quellen und Literatur:
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981
Müller, Otto August - Steinkreuze in Mittelbaden, in: Mein Heimatland, 17.Jg., 1930, S.195-222
recherchiert und bebildert von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach



Auszug aus
Steinkreuze in Mittelbaden
von Otto August Müller, Bühl

Sulzbach

Abb.1: Steinkreuz bei Sulzbach
Gewann Wickenwiesen

   Die Sulzbacher Straße, die wir vorhin in Malsch noch im Ort verlassen haben, biegt unterhalb Sulzbach plötzlich schroff nach rechts ab 1). Ihre gerade Fortsetzung als Wiesenweg wird wohl mit Recht "der alte Römerweg" genannt. Einige Meter über den Bruchwiesen läuft dieser Weg über die vorderste Bodenschwelle in gerader Richtung gegen Ettlingen zu. Ein kleiner Hügel, im Volksmund als alte Burg angesprochen, birgt nach einer mündlichen Mitteilung von Professor Dr. Schumacher, dem ehemaligen Direktor des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz, eine römische "Villa". Auf römischen Wegbau und römische Siedlung lassen auch die Flurnamen "Hörweg“ und der Fund eines Votivbildes des Dis und der Aericura 2) schließen. In der Nähe dieses "Burghügels", einige Meter östlich des Römerwegs, steht in den Wiesen (Gewann "Wickenwiesen" oder "Sedich") zwischen zwei Weidenbüschen ein sehr regelmäßig gehauenes Kreuz aus rotem Sandstein (Abb.1), das wieder klar lateinische Form zeigt und verhältnismäßig gut erhalten ist. Nur der Kopf hat eine Einbuchtung und von vorn nach hinten eine Rille, ähnlich denen bei Grenzsteinen. Am rechten Querbalken ist eine Stelle stark ausgeschliffen. Dies findet man übrigens oft bei Steinkreuzen im Feld. Anscheinend hat man an den alten Kreuzen gern Messer und Sichel gewetzt. Als Zeichen begegnet uns hier zum ersten mal das Pflugsech oder Pflugmesser, das wir neben Pflugschar und Pflugeisen noch häufig als Kennzeichen des bäuerlichen Standes antreffen werden. Auf irgendeine Weise ist also hier ein Bauer ums Leben gekommen. Die Sage bringt allerdings eine andere Erklärung: Ein Bauer von Sulzbach pflügte im Gewann "Sand“, westlich des Römerwegs mit zwei schönen Ochsen. Der Schlossherr eines Schlosses im "Gefallwald“ (auf Gemarkung Oberweier) sah dies, als er von Malsch her kam, und beauftragte einen seiner Edelknaben (Knechte?) mit der Wegnahme der Tiere. Im Streit überschritten dann Bauer und Knecht den Römerweg nach Osten, und da, wo heute das Kreuz steht, habe der Landmann seinen Gegner mit dem Sech getötet. Wie gewöhnlich sieht hier das Volk (wie übrigens auch manche Steinkreuzforscher) das eingeritzte Zeichen als das Mordinstrument an, während es doch wohl meist das Berufszeichen des Toten ist. Wir werden noch sehen, dass in Gegenden, wo Ackerbau getrieben wird, Pflugsech und Pflugeisen überwiegen, dagegen in heutigen oder früheren Reborten (z.B. Weingarten, Ringelbach bei Oberkirch, Sulz bei Lahr, Zell-Weierbach) das Rebmesser, die sogenannte "Pfahlheb“ auftaucht, und in kleinen Städtchen mit viel handwerklicher Bevölkerung verschiedene Handwerkszeichen sich auf den Kreuzen finden. (Maße: L.B. 87 H., 15 Br., 15 T.; Q.B. 15 H., 52 Br., 15 T.; Kopf 18 H., 15 Br., 15 T.)

Abb.2: Steinkreuz bei Sulzbach
Gewann Gefäll

   Auf richtiger Spur ist aber die Volksmeinung, wenn sie den Ursprung des Kreuzes ins Mittelalter verlegt. Kaum jünger wird wohl das Steinkreuzchen sein, das einige hundert Meter nordwärds im Gewann "Gefäll“, ebenfalls östlich des "Römerwegs“ am Pfad von Sulzbach nach dem Bahnhof Bruchhausen halb versteckt im Gras sich findet (Abb.2). Kaum jünger, trotzdem unter den Buchstaben T. H. S. W. die Jahreszahl 1827 eingehauen ist. Die Ausführung ist so plump, unbeholfen, unsymetrisch, das Kreuz ohne richtige Bearbeitung, vorn nach innen gebogen, hinten ausgebuchtet, dass es in auffallendem Gegensatz stände zu den übrigens seltenen Steinkreuzen des 19. Jahrhunderts, die durchweg sehr sorgfältig, scharfkantig und lotrecht gehauen sind. Die Jahreszahl 1827 darf uns bei der Datierung nicht zu stark beeinflussen. Wir werden noch an einem besonders markanten Beispiel sehen, dass Steinkreuze oft später mit neuen Jahreszahlen, vielleicht auch Zeichen versehen wurden, gewöhnlich dann, wenn man ein altes Kreuz an einem anderen Platz wieder aufstellte, oder wenn man ein altes Sühnekreuz als ein günstig gelegenes Grenzzeichen verwandte. Ob eine Grenzbegehung 1827 stattfand, konnte ich zwar bis jetzt nicht ermitteln. Doch könnte schon das kleine, quer liegende Pflugsech auf eine Verwendung eines alten Steinkreuzes als Grenzbezeichnung hinweisen, wenn man beachtet, dass das Gemeindesiegel von Sulzbach heute ein stehendes Pflugsech aufweist 3). Das Volk erzählt zwar: Zwei Männer gingen nach Bruchhausen um Zimmermannsarbeiten zu übernehmen. Auf dem Rückweg bekamen sie Streit. Der eine verlangte von dem anderen das Messer und stach ihn dann damit tot. Die Männer sollen Urgroßväter von heutigen Schülern gewesen sein, so dass man bei der Datierung etwa auf die Jahreszahl des Kreuzes käme. Neben den schon erwähnten formalen Gründen spricht aber gegen die Ansicht der Bevölkerung die Tatsache, dass dem Volk der geschichtliche Sinn und jeglicher Begriff für richtige Datierung fehlt. Auf irgendein Ereignis, das die Gemüter der Dorfbewohner besonders nachhaltig bewegte – und zwar ist es gewöhnlich das letzte bedeutende – wird willkürlich ein nicht mehr genau zu datierendes Geschehnis übertragen. Sagensammlungen geben dafür zahlreiche Belege. Auch die vielen Schweden-, Franzosen-, Russen-, Revolutionskreuze (vgl. das Kreuz bei Muggensturm) sind so zu deuten. Wenn man die Erzählung des Volkes nicht als völlig haltlos in der Datierung abweisen will, könnte man annehmen, dass in Sulzbach vor langer Zeit tatsächlich ein ähnlicher Mordfall, vielleicht sogar noch in der Gegend wo das Kreuz steht, vorgekommen ist. Da bei einer größeren Zeitspanne, die nicht mehr genau zu fixieren ist, das Volk gern den Begriff "100 Jahre" einsetzt, diese Datierung etwa mit der Jahreszahl auf dem Kreuz zusammenträfe, dieses Kreuz aber in der Volksmeinung schon immer und noch immer als Mordkreuz fortlebte, wäre möglich, daß in jüngerer Zeit zwei Morde, die beide einer fernen Vergangenheit angehörten, zu einem Fall verschmolzen worden sind 4). Sollte aber die Aussage des Volkes ausnahmsweise wirklich wörtlich zu nehmen sein, so müsste durch Kirchenbucheinträge dies festzustellen und die Buchstaben T. H. S.W. bei der geringen Zeitspanne leicht zu entziffern sein. Dies ist jedoch meinem Gewährsmann, Herrn Hauptlehrer Geiger, Sulzbach, bis jetzt nicht gelungen. (Maße: L.B. 50 H., 25 Br. Oberhalb, 24 Br. Unterhalb des Querbalkens, 20 T.; Q.B. 16 H., 55 Br., 20 T.; Kopf 19 H., 25 Br. Oben 27 Br., 18 T.)

Literatur:
1) In Malsch, auf Malscher Gemarkung und an der Straße nach Sulzbach stehen übrigens einige schöne, alte Kruzifixe, die der Aufnahme wert wären.
2) Krieger, Topographisches Wörterbuch des Großherzogtums Baden, II. Band, S.1118
3) Pflugsech und Pflugschar als Zeichen im Gemeindesiegel findet sich meist nur in Orten mit landwirtschaftlicher Bevölkerung (z.B. Pflugschar in Malsch, Busenbach, Vimbuch usw.). Dort wird aber auch als häufigstes Berufszeichen Pflugsech oder Pflugschar anzutreffen sein. Unbedingt gültige Schlüsse können darum auf die Zeichen in diesem Fall nicht aufgebaut werden.
4) Das Motiv der Sagen ist meist beständig. Doch wandelt sich mit den Zeiten auch langsam das Kleid. Sagen schreiten hinsichtlich ihrer Einkleidung immer in einem gewissen Abstand hinter der von ihnen angegebenen Zeit her, sie schreiten mit der Zeit aber doch immer weiter. Vgl. O.A. Müller, "Vom Wesen der Volksage“. Cimbria, Beiträge zur Geschichte..., S.104ff.

(aus: Müller, Otto August - Steinkreuze in Mittelbaden, in: Mein Heimatland, 17.Jg., 1930, S.195-222


Sühnekreuze & Mordsteine