Deutschland Baden-Württemberg Lkr. Heilbronn

Weinsberg (I / II)
Zur Einzelansicht die Steinkreuze anklicken.

Weinsberg I Weinsberg II

Ansicht der
Rückseite
bei Losch (1981)

PLZ: 74189

GPS: N 49° 09,037', O 9° 16,979'

Standort: In der öffentlichen Anlage "In der Bleich", hinter der Bushaltestelle "Linde" an einer alten Eiche.

Geschichte: Mattes erwähnt in seinem Artikel in der Heilbronner Stimme 1948 die Weinsberger Sühnekapelle. Mit ihr hat es folgenbdes auf sich:
Auf der Wiese vor dem Unteren Tor gab es eine städtische Tuchbleiche, die im Bauernkrieg traurige Berühmtheit erlangte. Nach der Erstürmung Weinsbergs durch die Odenwälder und Hohenloher Bauern wurden hier am Ostersonntag 1525 der Obervogt der Stadt und viele Ritter durch die Spieße gejagt und ermordet. Diese schreckliche Tat ging als "Weinsberger Blutostern" in die Geschichte ein. Zur Strafe wurde die Stadt durch das Bundesheer angezündet und zum Dorf degradiert. In einem Vertrag verpflichteten sich die Weinsberger, an der Mordstelle eine Sühnekapelle zu errichten. Eine reich geschnitzte Tür der inzwischen abgetragenen Kapelle ist im Kerner-Haus erhalten. Am gleichen Standort befand sich auch eine Linde, unter der Gericht gehalten wurde.
An eben jenem Ort sind die beiden neuentdeckten Kreuze aufgestellt, die dortige Bushaltestelle trägt den Namen "Linde", gepflanzt sind dort aber Eichen.

Die Kreuze wurden 1948 in der Nähe des heutigen Standorts bei Ausschachtungsarbeiten gefunden. Beispiel für eine gelungene Neuaufstellung in einer öffentlichen Anlage. (Losch 1981)

Auf der Westseite der Bleich unweit des 1967 abgebrochenen Steinlen-Strohmeierschen Hauses befinden sich heute zwei Steinkreuze. Die Ansichten über ihre Herkunft gehen auseinander. Wahrscheinlich müssen wir sie als Grabkreuze für Aussätzige betrachten; denn schon 1342 wird ein "Ussätzelhaus" (Aussätzigenhaus) erwähnt, dessen Standort wir uns in der Lindenstraße unweit des Stadtbaches denken müssen, also vor den Mauern der Stadt und jenseits des Grabens. In der Nähe befand sich zuvor eine Feldsiedlung von Aussätzigen. Mit dieser bringt E. Weismann die Steinkreuze in Verbindung, eine Ansicht, die durch G. Albrecht in seiner Veröffentlichung des Historischen Vereins Heilbronn vom Jahre 1951 bekräftigt wird: "Wenn der Tod einen der Armen von seinen Qualen erlöste, wurde er im Raum seiner Hütte begraben, diese selbst mit allem Inhalt verbrannt und ein Kreuz als Gedenkstein auf der Stelle aufgerichtet". (Ostertag / Becker 1970)

Sage: Die Kreuze stehen außerhalb der früheren Stadtmauer. Dort soll der Aussätzigen-Friedhof gewesen sein und die Kreuze sind von damals.
Auch im benachbarten Heilbronn war eine Ansammlung von 30 bis 60 Steinkreuzen als Aussätzigen-Friedhof gedeutet worden. Dort konnte diese Deutung durch Grabungen nicht bestätigt werden. Das letzte Kreuz dieses verschwundenen Steinkreuznestes soll das Kreuz in Heilbronn vor dem Städtischen Krankenhaus sein.

Quellen und Literatur:
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S.57
Weismann, Erich - Zur Geschichte der Stadt Weinsberg, Weinsberg 1959, S.87
Mattes, Wilhelm - Die Steinkreuze von Weinsberg, In: Heilbronner Stimme vom 14.8.1948.
Was zwei Steinkreuze erzählen, in: Weinsberg - Bilder aus seiner Vergangenheit, herausgegeben von Fritz-Peter Ostertag und Rolf Becker anläßlich des 75jährigen Bestehens der Ortsgruppe Weinsberg im Schwäbischen Albverein e.V., 1970, S.20-22 mit Abb.
Bleiche mit ehemaliger "Alter Linde", auf: www.burgen.strasse-online.de
Recherchen, Wegbeschreibung, aktuelle Infos und Aufnahmen von Leopold Hessek, Oedheim
zusammengestellt und bearbeitet von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach



Weinsberg (I)
nach oben

Größe / Material: 105:75:19 / Schilfsandstein

Geschichte: Formales Merkmal von Kreuz I ist der hohe Kopf. Datierung: ca. 15.16.Jh.

Sage:



Weinsberg (II)
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Abbildung bei
Ostertag / Becker
(1970)

Größe / Material: 115:85:23 / Schilfsandstein

Geschichte: Die Kanten sind abgeschrägt. Einige Zentimeter vor den Balkenenden und am Schaftende hat das Kreuz einen vollständigen Rechteckquerschnitt, sonst einen Achteckquerschnitt. Die dreifach abgerundeten Balkenenden treten dadurch besonders hervor. Es ist somit als sog. Krückenkreuz ausgeführt.
Datierung: ca. 16.Jh.

Sage:



Die Steinkreuze von Weinsberg
von Wilhelm Mattes

   Bei dem Neubau Tränkle in Weinsberg kamen 100 Schritte westlich der früheren Linde in der SO-Ecke der Ausschachtung 60cm unter der Oberfläche zwei Steinkreuze von 1,30m Höhe zum Vorschein. Sie wurden ausgegraben und zeigten weder Inschrift noch Zeichen. Das eine war roh und grob vierkantig, das andere sauber geglättet mit abgeflachten Kanten. Sie waren einst neben dem unteren Tor an der alten Straße in den lettigen Untergrund des Saubachs gesetzt worden, wurden von Hochwassern zugeschwemmt und in neuerer Zeit mit Schutt vollends der Sicht entzogen. Es sind Sühnekreuze, wie sie bis 1525 häufig nach Mord und Totschlag vom Täter oder dessen Angehörigen an vielbegangenen Plätzen gesetzt werden mußten, um die Vorübergehenden zu veranlassen, für das Seelenheil des so jäh aus dem leben Geschiedenen zu beten. Die Flur, in der sie stehen, trug den Namen Schießmauer, daneben sind die Turnieräcker, die alte Straße vom Neckartal führte hier vorbei zum unteren Tor der Stadt: So war hier der für Sühnekreuze geeignete Platz.
Die Vermutung, daß sie mit der Bluttat von 1525 in Zusammenhang stünden ist hinfällig, denn die damals geforderte Sühnekapelle konnte im Jahre 1800 bei einem Neubau noch samt dem Fundament des Altars in ihrem achteckigen Grundriß festgestellt werden. Das ebenfalls vorgeschriebene große Steinkreuz müßte andere Ausmaße gehabt haben als die der beiden nun gefundenen Steinkreuze, die nur den üblichen Größen entsprechen. So sind diese beiden Steinkreuze eben der übrigen in unserem Kreise noch zahlreich vorhandenen Sühnekreuzen zuzurechnen. Sie sollten bei der später vorgesehenen Instandsetzung des alten Lindenplatzes mit seiner so bedeutenden Geschichte dort Aufstellung finden als wirkliche, alte Zeugen von Tod und Sühne: Stumme Mahner an Unverträglichkeit und Leid.
(Heilbronner Stimme vom 14.8.1948)



Weinsberg (III)


Rückseite

Abbildung bei
Albrecht (1951)

Abbildung bei
Rau (1970)

GPS: N 49° 08,776', O 9° 15,801'

Standort: Auf dem Schnarrenberg, ca. 1,75km südwestlich Weinsberg, ca. 12m nördlich der Markungsgrenze zu Heilbronn.

Größe / Material: 100:86:19 / Sandstein

Geschichte: Die in das Kreuz eingemeißelte Sichel wird von Losch (1981) als Rebmesser interpretiert. Die Jahreszahl 1625 auf der anderen Seite ist heute wegen Beschädigung nicht mehr erkennbar.

Um das Kreuz herum hat man das Unterholz bewusst nicht entfernt, damit es einigermaßen vor Diebstahl und Vandalismus geschützt ist. Es ist daher für den vorübergehenden Spaziergänger praktisch nicht zu sehen.
Das Kreuz steht genau über dem Eisenbahntunnel Heilbronn / Weinsberg. Vor Jahrhunderten überquerte hier den Höhenzug ein alter Nachbarschaftsweg, welcher die schnellste Verbindung zwischen Heilbronn und Weinsberg darstellte. (Rau 1970)

[...] Das Steinkreuz über dem Weinsberger Tunnel steht einige Schritte östlich der Waldstraße und der Grenze auf Weinsberger Markung, umgeben von schönen Buchen, Eichen und einem Kirschbaum. Dem 1,04m hohen Stamm und den 0,34m langen Armen gab der Steinhauer eine achteckige Form. Die Vorderseite zierte er in 0,64cm Höhe mit einer sauber eingemeißelten Hape. Das gut erhaltene Denkmal - Kopf und linker Arm sind etwas beschädigt - ruht auf einem Steinfuß, fest in ihn einzementiert. Auf der Rückseite ist die Zahl 1625 zu lesen. Sie dürfte vor nicht gar langer Zeit, vielleicht bei der Wiederaufrichtung, mit schwarter Oelfarbe erneuert worden sein. Dabei wählte der Schreiber jetzt gebräuchliche Formen, die mit den ursprünglichen wohl kaum übereinstimmen. Nach Aufzeichnungen im Archiv ist das Steinkreuz bedeutend älter. Das Heilbronner Marksteinbuch vom Jahr 1581 zeigt auf der Heilbronner Ebene westlich des Weinsberger Fußpfads in der Nähe "der Steingrube, die Jerg Biß erfunden hat", unweit des Grenzsteins Heilbronn - Weinsberg ein Steinkreuz, das offenbar mit dem noch jetzt vorhandenen übereinstimmt. Angaben über die Anbringung fehlen. Stand es schon vor 1580, oder wurde es kurz vor Anlegung des Marksteinbuchs aufgestellt? - In einer älteren Aufstellung der Marksteine fehlt das Kreuz. - Eine Antwort ist schwer zu finden. Die Aufschrift 1625 lichtet das Dunkel keineswegs. Die Zahl kann, wie schon erwähnt, durch ungenaue Auffrischung entstanden sein. Auch ist nicht ausgeschlossen, daß der schon vorhandene Stein für ein Opfer des 30jährigen Krieges benützt wurde. Einem Weingärtner zu Ehren steht das Steinkreuz auf dem schmalsten Teil der Heilbronner Ebene. Ob es ein Sühne- oder Erinnerungskreuz ist, läßt sich trotz der Zahl 1625 nicht feststellen. (o.A. 1937)

Das Kreuz könnte als Grenzmarkierung verwendet worden sein, wie dies bei Steinkreuzen oft festgestellt werden kann. In der Umgebung findet man auf der Gemarkungsgrenze Weinsberg / Heilbronn zahlreiche Grenzsteine, teils aus dem 16. Jahrhundert. (Hessek 2006)

Sage: Zur Geschichte ist nicht viel zu erzählen. Es stimmt, dass es zwischen zwei Mädchen im Pestjahr 1625 zu einem erbitterten Streit kam, vermutlich um das Recht, an dieser Stelle das magere Waldgras zu mähen. Im Verlauf des Streites wurde eine der beiden mit einer Sichel tödlich verletzt. Die Sichel ist erhaben im Steinkreuz eingemeißelt. Die Täterin starb auf dem Schafott, deren Eltern mussten das Sühnekreuz errichten. Die Jahreszahl 1625 ist ebenfalls eingemeißelt.
Dies ist eine kleine, sehr schmerzliche Episode aus einer Zeit, die nichts Anderes kannte als die Rohheit und Lust einer marodierenden Soldateska und unerträglicher Pein auf Seiten der bis aufs Blut gequälten Bevölkerung. (Weinsberg 1970).

Quellen und Literatur:
o.A. - Alte Steindenkmäler im Unterland. Sühne- und Erinnerungskreuze als Ausläufer altgermanischen Sippenrechts, in: Heilbronner Heimatblätter, Nr.3 vom 24. Juni 1937, S.1-4.
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S.57, mit Abb.80
Albrecht, Georg - Topographie und Geschichte von Heilbronn. Aus Flurnamen belichtet, In: Historischer Verein Heilbronn, 20. Veröffentlichung, Jubiläumsschrift,1951, S.98/99 mit Abb.9
Rau, Rolf - Der Heilbronner Stadtwald und sein Lehrpfad. Kleine Schriftenreihe des Archivs der Stadt Heilbronn, 1970, S.41 mit Abb.15
Weinsberg - Bilder aus seiner Vergangenheit, herausgegeben von Fritz-Peter Ostertag und Rolf Becker anläßlich des 75jährigen Bestehens der Ortsgruppe Weinsberg im Schwäbischen Albverein e.V., 1970, S.30/31 mit Abb.
Recherchen, Wegbeschreibung, aktuelle Infos und Aufnahmen von von Herrn Hallmann, Weinsberg und Leopold Hessek, Oedheim
zusammengestellt und bearbeitet von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach


Sühnekreuze & Mordsteine