PLZ:
37296GPS:
Standort:
Südlich des Kirchberges am Feldweg nach Ifta.Größe / Material:
75:60:16-21 / KalksteinGeschichte:
Wird hier "Leprakreuz" genannt.Sage:
Zwei Versionen werden erzählt:Quellen und Literatur:
Fam. Cappellan, Erwähnung bei Seib |
GPS:
Standort:
Wir beginnen unsere Tour zum ca. 800m entfernten Jägerstein an der Lüderbacher Kirche und begeben uns zunächst 50m in westlicher Richtung um dann mit dem Feldweg in den Talgrund nach Norden abzubiegen. Nach der Überquerung des Seegelbaches biegt am Waldrand des Eichenberges ein nach links führender Feldweg ab, hier ist auch ein eher unauffälliges Schildchen "Jägerstein" an einem Baum angebracht.Größe / Material:
Geschichte:
Der "Jägerstein trägt folgende Inschrift:DIE. MAY. 30. CHRI: STOPHERUS. GUN: CKEL. VENATOR. D: CHRISTIANI. LUDOVICI DE: CAPELLAN. SE. IP: SUM. JACULTUS. EST: |
Sage:
Quellen und Literatur:
Der dicht an der Zonengrenze gelegene kleine Ort Lüderbach ist in volkskundlicher und heimatgeschichtlicher Hinsicht eine der interessantesten Gemeinden des
Kreises Eschwege. Die Siedlung als Haufendorf, teils in Tal-, teils in Hanglage, hat sich infolge geringer Bautätigkeit und weniger eingreifender Bauveränderungen
während der vergangenen Jahrzehnte im wesentlichen ihr Bild, wie es in den letzten zwei- bis dreihundert Jahren geformt wurde, bewahrt. Wenn auch die Bauernhäuser
als Fachwerkbauten im Vergleich mit Bauten der Werratal- und selbst der Netrataldörfer sehr bescheiden und im großen und ganzen jünger als die Häuser jener Dörfer
sind - es sind nur noch zwei bis drei Häuser aus der Zeit vor 1700 erhalten -, so hat sich uns der Gesamtcharakter der Siedlung des 18. Jahrhunderts in derartiger
Ursprünglichkeit erhalten wie in kaum einem zweiten Dorf des Kreisgebietes.1)
Zwei Bauwerke in diesem Ort sind es, die besondere Aufmerksamkeit verdienen: die Kirche2) mit dem bemerkenswerten
Beweinungsaltar aus dem frühen 16. Jahrhundert und einigen sehenswerten Grabsteinen des 17. und 18. Jahrhunderts und das 1560 erbaute und später mehrfach
umgebaute Schloß der Herrn von Capellan.
Das alles soll uns aber heute nicht interessieren. Wir wollen uns vielmehr einem Flurdenkmal in der Gemarkung des Ortes zuwenden, das bisher noch nirgendwo
in der Literatur zum Gegenstand der Betrachtung genommen ist, dessen Erwähnung selbst in den Heimat- und Wanderführern fehlt, das nur einige Lüderbacher und
Rittmannshäuser kennen. Warum wir uns gerade heute damit beschäftigen, wird aus den folgenden Zeilen ersichtlich werden. Zuvor sei aber noch darauf hingewiesen,
daß dieses Flurdenkmal nicht das einzige in der Lüderbacher Gemarkung ist. Einige hundert Meter unterhalb des Kirchberges mit dem 1776 erbauten Mausoleum des
Herrn von Capellan und seiner Schwester3) steht linker Hand des asphaltierten Feldweges an einer Böschung ein aus
einheimischem Muschelkalk gehauenes Steinkreuz, vermutlich ein spätmittelalterliches Sühnekreuz, also ein "Totschlagzeichen", ein Vertreter einer Denkmälergattung,
die uns in gleicher Art noch in sechs weiteren Exemplaren im Kreisgebiet erhalten ist.
Nun aber zu unserem Betrachtungsobjekt!
Etwa zehn Minuten vom Dorf entfernt steht in etwa 345 Meter Höhe am Hang des Großen Eichenberges im Fichtenmischwald - ganz unauffällig im Dunkel des
Waldes - ein 81cm hoher Stein, leicht nach rückwärts geneigt, aus feinkörnigem roten Sandstein (s. Foto).
Über schmalem rechteckigem Sockel erhebt sich beidseitig in gedrungenem S-Kontur eine 16cm starke Stele, die oben mit einem Flachgiebel abschließt. In die
Vorderseite eingeschrieben und leicht zurückgesetzt ist ein ovaler Schriftspiegel mit folgender achtzeiliger Inschrift in lateinischen Kapitalbuchstaben:
DIE. MAY. 30. CHRI: STOPHERUS. GUN: CKEL. VENATOR. D: CHRISTIANI. LUDOVICI DE: CAPELLAN. SE. IP: SUM. JACULTUS. EST: |
"d. 6t. Juniy ward auf eingeholten fürstl: Consistorial-Befehl Christoph Gunckel Hochadel. Capellischer Jäger des Abends in aller Stille ohne Klang und Gesang, abseits hinder der Kirche nach dem Zaun begraben, weiln er den 31t. May in dem Eichenberge erschoßen gefunden worden unter dem Kinn hinein, u. oben zum Kopf wieder heraus: jedoch niemand wißen können, ob er es mit fleiß gethann, oder durch den morbum epilepticum, darann er schuldichen laboriret, gestürtzed, das Gewehr unversehens loß gedrückt habe, p." |
(Das Werraland, Heft 3, 16.Jg., September 1964, S.48-49)Anmerkungen:
1) Einen kurzen Bericht über Lüderbach bringt J. C. Krummel: "Notizen über das Kirchdorf Lüderbach". In: "Hessischer Gebirgsbote" NF der Mtsschr. "Touristische Mitteilungen" Jg.28 1920 Nr. 3/4 S.9/10.
2) S. Dieter Großmann: Die Kirche von Lüderbach und ihr Altar. In: "Das Werraland" 8. Jg. 1956 H.1, S.4/9.
3) Auch dieses Denkmal könnte man in der weiteren Begriffssetzung als Flurdenkmal bezeichnen.
4) * 17.10.1664 in Solz bei Bebra, von 1704 bis 1744 Pfarrer in Lüderbach.
5) 1. Kirchenbuch der Gemeinde Lüderbach, unbetitelt, Vollpgmt. d.Zt. 8° - evangl. Pfarramt Netra - hier findet sich der Originaleintrag. Abschrift des bereits starke Gebrauchsspuren aufweisenden Kirchenbuches von Pfarrer Böhling in: "Aufgebots-Buch für die Gemeinde Lüderbach seit dem Jahre 1832" - Hlbldb. d.Zt. Quer-8°-Blatt 16 ff unter: "Kyrchenbuch u. Verzeichnis derer, so im Herrn seelig entschlafen"; leider ist die Abschrift nicht buchstabengetreu; im Anschluß an den Eintrag über den Vorfall Zusatz von Böhling: Erwähnung des Gedenksteins im Eichenberg mit Angabe der Inschrift.
6) Allerdings sind die Dinge nicht ganz so einfach wie von mir skizziert: Die Frage, wo Selbstmörder beerdigt werden sollten, ist im Hessischen Kirchenrecht festgelegt: S.C.W. Ledderhose: Versuch einer Anleitung zum Hessen-Casselischen Kirchenrecht, Cassel 1785. § 467 S.423/424. Den Selbstmördern wurde wie den mit dem Schwert Hingerichteten und den "ewig mit Staupenschlägen des Landes verwiesenen" ein "unehrliches viehisches Begräbnis" (sepultura inhonesta asinina: Eselsbegräbnis) gegeben; sie wurden normalerweise außerhalb des Totenhofes beerdigt, nur mit "landesherrlicher Dispensation" konnte eine Beerdigung auf dem Friedhof erfolgen.
S. dazu auch C. W. Ledderhose: Kurhessisches Kirchenrecht, neu bearbeitet von Ch. H. Pfeiffer, Marburg 1821 § 285 bis § 288 (S.255/261). Hier werden bereits der Selbstmordursache entsprechend unterschiedliche Begräbnisarten vorgeschrieben.
S. auch G. L. Büff: Kurhessisches Kirchenrecht, Cassel 1861 § 213 S.509. Daß auch Im übrigen Deutschland die Selbstmörder im, allgemeinen nicht auf dem Friedhof beerdigt wurden, dazu: H. Derwein: Geschichte des Christlichen Friedhofs in Deutschland; Frankfurt 1931, S.34. Hier der Hinweis, daß Selbstmördern meist ein "Eselsbegräbnis", nach dem Spruch Jeremias 22, 19: "Er soll wie ein Esel begraben werden, zerschleift und hinausgeworfen vor die Tore Jerusalems", bereitet wurde.
7) Vorliegender Aufsatz wurde am 28. Mai konzipiert; er erschien in etwas gekürzter und leicht abgewandelter Form ohne Anmerkungen in der "Werra-Rundschau" vom Sonnabend, dem 30. Mai. S.5, als "Jägerstein bei Lüderbach - ein Flurdenkmal".