Möller (1942) |
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Standort:
In der Marienkirche in AhrensbökGröße / Material:
307:?:? / Gotländer KalksteinGeschichte:
Ehemaliger Standort: eingemauert an der nördl. Außenmauer des Hauptschiffes. Das Denkmal besteht aus einem Steinkreuz mit reliefierter Kreuzigungsszene, welches auf einem Grabstein plaziert wurde. Es ist nicht erwiesen, dass Kreuz und Grabstein zusammengehören.Sage:
Quellen und Literatur:
Schrifttum: E. Wallroth: Beiträge zur Geschichte Ahrensböks. Ahrensböker Nachrichten von 183-84, 53. Fortf. - Oldekop, Top. Holstein II, XVI 13. - Hugo Rathgens: Die Kirche des ehemaligen Karthäuserklosters zu Ahrensbök. Nordelbingen III, 97-152. - Joh. Warncke: Die Steinkreuze (Gedenkkreuze) in Lübecks Umgebung. Heimatblätter Lübeck 1925, Nr.12.
Obgleich Hugo Rathgens, Lübeck, das Ahrensböker Kreuz im III. Bande dieser Zeitschrift
erschöpfend behandelt hat und Wesentliches seitdem von der Forschung nicht zutage gebracht ist, kann es dennoch nicht mit einem einfachen Hinweis abgetan werden.
Schon die Rücksicht auf diejenigen Leser, die den Band nicht zur Verfügung haben, fordert eine ausführliche Darstellung, mehr aber noch die überragende Stellung, die
das Kreuz unter den Denkmalen ähnlicher Art in unserem Lande einnimmt. Denn nicht nur an Größe, sondern auch an künstlerischer Höhe übertrifft es alle. Rathgens
nennt es mit Recht ein steinernes Kruzifix von überragender Bedeutung. Aus seinen Ausführungen sei hier das Wesentliche wiederholt und einiges nachgetragen.
Aus: Nordelbingen III Aus: Nordelbingen III
Anno domini
Bis vor wenigen Jahren war es an der nördlichen Außenmauer des Hauptschiffes der Ahrensböker Kirche eingemauert, allen Unbilden der
Witterung, denen es nicht lange mehr standgehalten hätte, ausgesetzt. Schon Rathgens hatte 1924 seine Anbringung in der Kirche gefordert. Das ist auch vor wenigen
Jahren geschehen, aber nicht, wie Rathgens vorgeschlagen hatte, an der Westwand des Seitenschiffes, sondern an der Südwand des Hauptschiffes. Dieser Platz ist
insofern nicht günstig, als das durch die hohen Fenster zu beiden Seiten hereinflutende Gegenlicht ein eingehenderes Betrachten nahezu unmöglich macht. Die Höhe
des Kreuzes beträgt 3,07m, die Breite des Kreuzesstammes 0,65m. Es steht auf einem gotischen Grabstein von gleicher Breite, dessen Höhe 1,25m ist. Beide sind
aus Gotländer Kalkstein gearbeitet.
Auf dem Grabstein ist noch eine verwitterte Inschrift (bit Got vor...) teilweise lesbar und ein Wappen mit 3 Rosen - zwei oben, eine unten -
schwach erkennbar. Ein Wappenschild mit drei Rosen führte das holsteinische Geschlecht derer von Travemünde und - nach Joh. Warncke - die Lübecker Familie Rose.
Das Kreuz zeigt innerhalb eines größtenteils abgewitterten Rahmens das flachaufliegende Christuskreuz, während der Gekreuzigte selbst in
halb- bis dreiviertelrundem Relief in nahezu Lebensgröße (1,53m) herausmodelliert ist. "Der schlanke, leicht nach links geschwungene Körper des Gekreuzigten ist in
edler Durchbildung und mit lebendigem anatomischen Gefühl gearbeitet. Von ganz besonderer Schönheit ist das zwischen den Schultern eingesunkene, auf die rechte
Achsel geneigte Haupt ... In fein geringelten Locken fällt das von der Dornenkrone umflochtene Haupthaar über die Schultern. Hinter dem Kopf sind noch Reste eines
Lilienkreuzes als Glorie erkennbar. Dieselbe sorgfältige Einzelbehandlung zeigt der übrige Körper und das schmale Lendentuch, dessen Zipfel zwischen den
Oberschenkeln durchgeschlagen ist und rechts frei flattert. Am Kreuzhaupt in vertieften Majuskeln der Titel: I N (R I). Die Gestalt trägt den Ausdruck tiefen schmerzhaften
Ernstes, aber es fehlt ihr das Schreckhafte; die ausgeglichene Ruhe des Überwinders liegt auf dem Ganzen." Die am Kopf des Kreuzes befindliche Minuskelinschrift ist
stark verwittert. Rathgens hat sie, wie folgt, gelesen:
Schon Haupt hat die Vermutung ausgesprochen (Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler), daß es sich bei diesem Kreuz ursprünglich
um ein Feldkreuz handelt. Darauf deuten die in den Kreuzwinkeln vorhandenen Kreisausschnitte, die das Kreuz in seiner Vierung verstärken. Sie finden sich ähnlich bei
dem Padelügger und - dort als Ring freigestaltet - bei dem Ansverus- und
Wilsnackkreuz.
1485 iar. vp
s. dodeda (c?)
/ / s. mats. do
/ / / / / / tro
de (m) got. genade.
Ob Kreuz und Grabstein zusammengehören, weiß man nicht. Warncke erscheint es fraglich, Rathgens vermutet es. Die gleiche Breite von
Kreuz und Grabstein und die gleiche Bearbeitung und Entstehungszeit scheinen ihm darauf hinzudeuten. Trifft diese Vermutung zu, und war das Kreuz, wie wir annehmen
dürfen, ein Wegekreuz, dann können nicht beide ursprünglich zusammengestanden haben. Wir haben es uns dann so zu denken, daß der Grabstein sich über dem
Grabe des Verstorbenen befand, während das Kreuz die Stelle bezeichnete, wo der plötzliche Tod erfolgt war. "Später wurden dann Grabstein und Kreuz in der
gegenwärtigen Weise miteinander verbunden."
Die Ahrensböker mögen sich freuen, daß dieses seltene Denkmal, das schon dem Untergange geweiht schien, jetzt gerettet ist. Diese Freude
wird aber, darüber bin ich mir klar, dort nur bei wenigen zu finden sein. Ich kenne es schon seit reichlich 40 Jahren, habe oft betrachtend vor demselben gestanden, aber
nie bemerkt, daß jemand sonst - auch von den vielen Kirchgängern nicht - ihm auch nur mehr als einen flüchtigen Blick gewidmet hätte. Pietät und natürliches
Kunstempfinden waren in den letzten 75 Jahren in erschreckendem Maße abhanden gekommen, ansonsten müßte ein solches Werk, das sich turmhoch über
gewöhnliche Werkstattarbeit erhebt und trotz des Verfalls seine ursprüngliche Schönheit noch stark und lebendig ausstrahlt, von vielen als etwas Bedeutendes
empfunden und - genossen werden.
Die Frage nach dem Verfertiger dieses Males ist, wie auch bei allen übrigen, in Dunkel gehüllt. Obgleich bisher kein Bildwerk aus Stein dem
berühmten Schnittker Berndt Notke in Lübeck hat zugeschrieben werden können, hält Rathgens dafür, daß derselbe möglicherweise als Meister in Frage kommen
könnte. Hier ruht noch eine dankbare Aufgabe für den Kunstforscher.
(Möller, Theodor - Sühne- und Erinnerungsmale in Schleswig-Holstein, in: Nordelbingen, Bd.17/18, 1942, S.111-115)