Einhaus


Blick zum Standort

die andere Seite

Perspektive

Reste d. Einzeichnung
im Kreuzungsfeld

Reste d. Einzeichnung
am Schaft

Erläuterungstafel

Das Wappen
von Einhaus

Vorderseite
Abbildung bei
Möller (1942)

Rückseite
Abbildung bei
Möller (1942)

Zeichnung bei
Haupt / Weyser
(1926)

Zeichnung bei
Buddin (1906)

PLZ:

GPS:

Standort: Im Naturpark Lauenburgische Seen, am Ende der Straße "Waldhang".

Größe / Material: 280:100:13-14 / gotländischer Kalkstein

Geschichte: Wird hier "Das Ansveruskreuz" genannt.
Im Jahr 1066 erhoben sich alle Slawenstämme im Raum Schwerin, Lübeck, Oldenburg und Ratzeburg.
Am 7.6.1066 wurde der Wendenfürst Gottschalk und der Priester Eggo in der Kirche zu Lenzen an der Elbe ermordet.
Am 15.6.1066 drangen die Aufständichen auch gegen das Kloster St.Georg vor. Sie trieben den Abt Ansverus und 18 Mönche nach Rinsberg - das ist der heutige Zeltplatz am Ansveruskreuz in Einhaus - und steinigten seine Mönche und dann ihn. Das Steinkreuz, das im 15.Jh. aufgestellt wurde, erinnert an den Märtyrertod des Ansverus.
Ein Opfer dieser wild aufschäumden Bewegung wurde die Kirche und die Klosteranlage auf dem St.Georgsberg. Die kirchliche Organisation mit den Bistürmern Ratzeburg und Mecklenburg lösten sich in nichts auf. Erst 1093 gelang es dem Slawenfürsten Heinrich im Hunde mit dem Sachsenherzog Magnus die Ostseeslawen bei Schmilau zu schlagen.

   [...] Ein ähnliches Spiel mag die Sage treiben mit dem Ansveruskreuz bei Ratzeburg. Nach alter Tradition, die bis 1520 zurückverfolgt werden kann, soll das Kreuz zum Andenken an den Mönch Ansverus errichtet worden sein, der an der Stelle im Jahre 1066 von den aufständischen Wenden erschlagen ward. Das Denkmal zeigt in gering vertieften Linien ein Kruzifix und dabei die übliche knieende Figur. Die Inschrift lautet zu Häupten der Christusfigur: J. N. R. J., und im Spruchbande: or d'n p. me, also im Zusammenhang: Jesu Nazarene, rex Judaeorum, ora deum pro me. Entgegen der Herstellungsart unserer anderen Steinkreuze verrät die Darstellung eine Künstlerhand. Herr Professor Hellwig in Ratzeburg, ein eifriger Forscher auf diesem Gebiet, schreibt, daß die Zeichnung nach dem einstimmigen Urteile der Sachverständigen aus dem 15. Jahrhundert stamme, daß die Zeichnung der Christusfigur mit den dürren Armen ganz der Darstellungsweise des Straßburger Künstlers Martin Schongauer entspräche und daß die knieende Figur die Tracht eines Domherrn aus dem 15. Jahrhundert zeige. Danach wäre die Herstellungszeit auch hier dieselbe wie bei den anderen Kreuzen. Ob aber ein Zusammenhang mit der Ansveruslegende vorhanden ist? Professor Hellwig läßt die Frage offen, da ihm eine Handschrift aus dem 14. Jahrhundert, also älter als der Stein, bekannt ist, die die Ansveruslegende berichtet, und so muß man warten, bis kundige Forscher die Sache weiter verfolgt haben. Was über die Gedenksteine im Ratzeburgischen zu sagen wäre, das dürfte im Vorstehenden ziemlich erschöpft sein. Zu wünschen bleibt, daß auch in anderen Gegenden nach ähnlichen Zeugen mittelalterlicher Kunst und Kultur Umschau gehalten und daß das Ergebnis von kundiger Hand an dieser Stelle veröffentlicht werde.

Sage:

Quellen und Literatur:
Buddin, Fr. - Mittelalterliche Gedenksteine im Ratzeburgischen, in: Niedersachsen, 11.Jg., Nr.8, 15.1.1906, S.146-148
Haupt, Richard - Geschichte und Art der Baukunst in Nordelbingen in den Herzogtümern Holstein und Lauenburg sowie den Fürstentümern Lübeck und Ratzeburg. Aus der Reihe Die Bau- und Kunstdenkmäler in der Provinz Schleswig-Holstein, 6.Band, 1925
Möller, Theodor - Das Anveruskreuz bei Einhaus, in: Sühne- und Erinnerungsmale in Schleswig-Holstein, in: Nordelbingen, Bd.17/18, 1942, S.93-99
Kreppel, Ottmar - Das Ansverusdenkmal, in: Das Steinkreuz, 10.Jg., 1950, S.28-31
Stutz, Benno - Ratzeburger Land. Mecklenburgs ungewöhnlicher Landesteil zwischen Wismar und Lübeck, Neuer Hochschulschriften Verlag, Rostock, 2.Auflage 1997, S.92-97
Wikipedia - Ansverus
Wikipedia - Ratzeburg
Nachlaß Walter Saal, Merseburg (Ordner Mecklenburg)
aktuelle Aufnahme von Ingo Laabs, Kiel (Fotos von März 2009)



Das Ansverusdenkmal
von Ottmar Kreppel, Zirndorf

1. Der Heilige
   Die älteste Kunde von Ansverus bringt der Geschichtsschreiber Adam von Bremen, Mönch unter Erzbischof Adalbert, um 1070. Als Abt des Benediktinerklosters Ratzeburg sei Ansverus zusammen mit 18 Mönchen im Jahre 1066 voa den aufständischen Slawen gesteinigt worden und zwar "Idus Junii," d. i. 13. Juni. Er habe die Heiden gebeten, zuerst seine Genossen zu töten, um sie vor Abfall zu bewahren, und dann ihn selbst. "Nachdem jene die Krone des Lebens empfangen hatten, kniete er selbst nieder, freudig gleich dem heil. Stefanus." Auch Heiden seien nicht ohne Rührung geblieben. - Einige Christen begruben nach alter Ueberlieferung die Toten am Ort der Steinigung,
   Das "Lübecker Passional" von 1492 hatte die Legenden in niederdeutscher Fassung "mit velen nyen merkliken schonen historien" gebracht. Schon aus 1329 ist von einer legendenhaften Erscheinung die Rede. Der Vater des A., früher Heide, soll ein tapferer, reich begüterter Ritter, die Mutter Agneta eine fromme Wohltäterin gewesen sein. Geboren um 1040 in Heydebo (Schleswig), habe er statt des Kriegsdienstes das "Weggeworfensein im Hause Gottes" erwählt, "als daß er wohne in der Sünder Zelt." Noch 1634 zeigte man das Geburtshaus. Erst 15jährig soll er Heimat und Eltern verlassen haben, um in jenes Kloster auf dem St. Jürgensberg einzutreten. "Liebliche Gestalt, freundliches Antlitz, Demut und Unschuld befähigten ihn zum Priester." U.a. wird von Offenbarungen berichtet, von seinem Verkehr mit den Engeln im Gebet. Die hl. Jungfrau habe ihm vom Altar den schönsten Edelstein aus ihrer Krone auf die Stirne gesetzt. Ansverus wurde bald einstimmig zum Abt gewählt. Nach Peträus ließ Bischof Evermod im Jahre 1167 seine Gebeine in den neuerbauten Dom überführen. Unter dem Fußboden entdeckte man später ein Märtyrergrab, und die Verehrung des Ansverus stieg damit auf das höchste. Es sei erwähnt, daß 1380 im Dom eine Kapelle geweiht und eine Vikarie gestiftet wurde, mit einer dem hl. Ansver gewidmeten Messe. Im 15. Jahrhundert werden an vielen Orten Altäre, Kapellen, Vikarien und Seelenmessen gestiftet. Bei der Ratzeburger Bischofswahl mußten seit 1511 Propst und Kapitulare auf Gott, die hl. Jungfrau, den Apostel Johannes und den hl. Ansverus schwören. Der neue Bischof mußte an den vier Hauptfesten und an dem Fest des hl. Ansverus die Hochmesse im Dom halten; es war beim großen Jahrmarkt (Ansverusmarkt, 18. Juli) bei allgemeiner Danksagung für Errettung aus heidnischer Abgötterei. (Kirchenordnung 1585.) 1556 war die Reformation im Stift Ratzeburg eingeführt worden. Jedes Kind kennt Namen und Lebensgeschichte des Ansverus, der auch in Schleswig als Nationalheiliger gilt. Aus dem Geschlechte der Stoos in Einhaus wird ein Vorfahre genannt, der ihn auf seinem letzten Gang aus dem Kloster gestoßen, wenn die Familie ein Unglück trifft, wird es dieser Tatsache zugeschrieben. Wenn 1166 als Jahr der (eigentlichen) Einführung des Christentums durch Graf Heinrich von Bodwida genannt wird, so reichte doch damals die Ansverusüberlieferung schon 100 Jahre zurück.

2. Das Denkmal
   Es erhebt sich an einem von hohen Hecken eingefaßten Feldweg, nordöstlich von Einhaus, wenige Minuten vom "Alten Zoll", am Hochufer des Sees, wo von jenseits der alte Dom herübergrüßt. Vor 1793 stand der Stein frei im Ackerfeld. Seit 1843 ist er auf sechsseitigen Unterbau gesetzt, seit 1929 mit einem hohen Schutzgitter umgeben. Eine "Ansveruseiche" in der Nähe ist gefallen. Die Höhe beträgt 2,80m, die Dicke des Steins 13-14cm, gotländischen Materials. Oben sieht man das uralte Sonnenrad und 4 Kreuzbalken. Die Nabe bildet das Haupt des Erlösers mit Glorienschein. Der Leib Christi hängt an einem schmäleren Kreuze, dessen Umrisse mit den Kanten des Steinkreuzes gleichlaufen. Die Antlitzzüge sind verlöscht, im Heiligenschein ist ein kleines Strahlenkreuz erkennbar. Spuren des Lendenschurzes sind noch vorhanden. Ueber dem Haupte ist die Inschrift zu vermuten. Die Füße, übereinander liegend, sind mit einem Nagel an das Kreuz geheftet. Unten links kniet ein Bischof (Abt) oder Mönch in Anbetung, barhäuptig, mit breitem tiefumgeschlagenen Kragen des bis zu den Hüften reichenden gezackten Umhangs, des Skapuliers. Die jugendlichen Gesichtszüge sind nach oben zu dem Gekreuzigten gerichtet. Ueber den vor der Brust zum Gebet gefalteten Händen windet sich im Bogen aufwärts ein Spruchband. Vielleicht ist (nach Hellwig 1888 und Warncke 1925) zu lesen: ora deum pro me (bitte Gott für mich!) In Höhe der Füße über dem Bande sind nach v. Notz 2 Buchstaben CL noch erkennbar. Das Schildchen unter dem Band wird (so von Hach 1887 und Haupt) als Wappen des Knieenden gedeutet. 3 Linien des oberen Teils und ein Kreis im Innern lassen sich noch erkennen, das andere ist verlöscht. (Weitere Erklärungen: ein Totenkopf mit Beinknochen; nach Hellwig ein Medaillon nach Art des Veit Stoß; oder das Schweißtuch der Veronika; ein Barett; ein in eine Kapuze gehülltes Gesicht.) Nach v. Notz erkennt man ein "heraldisch schräg rechts gelehntes einfaches, dreieckiges, frühgotisches Wappenschild," dessen untere Spitze im Stein zerstört ist, die beiden Seiten leicht gebogen. Es sei das Wappen des Stifters anstelle des Siegels und stimme mit einem Wappen im Kreuzgang des Doms überein.
   Es sei das Wappen des Gerhard von Holdorp, der 1358 Domherr, 1376 Präpositus und von 1388 bis 1395 Bischof von Ratzeburg war. Das Wappen auf seinen Siegeln sei das gleiche: ein Kranz oder eine Dornenkrone, die Blüten treibt.

3. Für und gegen die "Echtheit" des Denkmals
   Bei Wisby auf Gotland erhebt sich auf dem Friedhof des Cisterzienserklosters Solberga ein Steindenkmal über dem Massengrab der Gotländer Bauern, die am 27. Juli 1361 in ihrem Verzweiflungskampf gegen den Dänenkönig Waldemar Attertag fielen. Es gleicht dem Ansveruskreuz und deckt sich mit der früheren Wirkungszeit Gerhards von Holdorp. Im Brockhaus'schen Konversationslexikon 1898 wird das Denkmal dem 15. Jahrhundert zugeschrieben, gewiß ein sehr später Termin. V. Bülow (1798) hielt es sogar für keltisch oder germanisch. Hach (1887) erklärt "aufgrund nüchterner Forschung", das Kreuz habe mit Ansverus nicht das geringste zu schaffen, es sei wohl ein Sühnekreuz, einem unbekannten Geistlichen gewidmet. Hellwig (1888) spricht sich für die Echtheit aus und weist auf den fortlaufenden Zusammenhang von Stein, Sage und Name hin. Die Ansverustafel im Dom, die wohl um 1520 entstanden und 1681 wiederhergestellt, zeigt Bilder aus dem Leben des Heiligen und trägt den Vermerk: "gesteinigt an dem Ort, da der Kreuzstein steht." Auch die Notiz in einer Ratzeburger Beschreibung von 1588 ist einer viel älteren Tradition entnommen: "Dessen Gedegnuß ist am selben Ort zwischen Lübeck und Ratzeburg ein steen mit einem eingehaun Crucifix aufgericht." Auch Nauwerk im "Genius der Zeit" 1799 (Rothenburger Stadtarchiv 2268/11, von Hrn. Dr. Gießberger, Stadtarchivar, freundlichst überlassen) ist der Ansicht, daß die ersten christlichen Slawen das Denkmal errichteten, und beruft sich auf die örtliche Ueberlieferung. Die erwähnte Tafel im Dom zeigt auf einem der Bilder den Ansverusstein, wie er heute noch vor uns steht, und es ist doch kaum anzunehmen, daß 1681 neue Einträge gemacht worden sind. Nach der undeutlichen Inschrift am sog. "Heinrichstein", einem Findlingsblock in der Nähe des Doms, hat Heinrich, Graf zu Ratzeburg, z.Zt. Herzog Heinrichs von Sachsen, das Christentum eingeführt. Dieser Heinrich von Bodwida starb um 1166. Hellwig weist darauf hin, daß in der Zeit Gerhard von Holdrops die Ansverusverehrung in höchster Blüte stand. Die Westseite des Denkmals zeigt Bohrlöcher, die eine vielleicht aufschlußreiche Inschrift andeuten. Gegen ein höheres Alter wendet sich Warncke und beruft sich auf ein ähnliches Steinkreuz in der Röckstraße zu Lübeck, 1436 durch den dortigen Bürger Johann von der Heyde. v. Notz wiederum erinnert an das "Bernstoffdenkmal" von 1359, das ganz die gleichen Merkmale wie unser Denkmal habe; er weist auch mit Recht auf die materielle Seite der vielen dem Dom zugute kommenden Wallfahrten in dieser Zeit hin. Soll nun der Unterzeichnete einen Standpunkt einnehmen, so möchte er mit anderen den Stil des Denkmals bedenken: Deutlich tritt der Uebergang vom romanischen zum gotischen Baustil zutage, und dies führt uns in die Zeit des 13. bis 14. Jahrhunderts. Wir können nicht an das Jahr 1166 denken, denn das Christentum mußte lange um den Sieg kämpfen. Es muß auch nicht schon 1066 für die Entstehung des Denkmals angenommen werden. Aber warum soll man nicht das Kreuz in jene Uebergangszeit versetzen und annehmen, daß es anstelle des alten Denksteins aufgrund der Ueberlieferung zur Förderung der Wallfahrten errichtet worden ist?
   Hr. Dr. Gießberger - Rothenburg, dem hiermit herzlicher Dank für das der Bibliothek des Steinkreuzvereins überlassene v. Notz'sche Büchlein und für weitere Hinweise bei seinen Vorarbeiten ausgesprochen wird, bemerkt u.a.: "Das Steinbild erweckt keineswegs den Anschein hohen Alters. Der Gekreuzigte ist kein Leidensmann am Marterholz, kein Sterbender oder Gestorbener. Aus ihm spricht Würde und Schönheit, verbunden mit klassischer Ruhe .... Auch die Dornenkrone fehlt, und nur der Scheibennimbus erinnert an den königlichen Helden am Kreuz. Dazu kommt noch die betende Gestalt mit ihrem würdigen Gesichtsausdruck. Der Künstler hat Stilmerkmale verschiedener Zeiten gemischt."
(Das Steinkreuz, 10.Jg., 1950, S.28-31)



Das Ansveruskreuz bei Einhaus
von Theodor Möller

   Aus dem umfangreichen Schrifttum, das sich mit diesem Gegenstande befaßt, sei besonders auf folgende Arbeiten verwiesen: R. Haupt und Friedrich Weyser: Bau- und Kunstdenkmäler im Kreise Herzogtum Lauenburg, S.48-51. - Theodor Hach: Das sogenannte Ansveruskreuz bei Ratzeburg. Zeitschrift XVII, 323-363. - L. Hellwig: Die Ansveruslegende. Archiv d. Vereins f.d. Geschichte d. Herzogtums Lauenburg, Bd.II, Heft 2, S.75-105. - Derselbe: Das Ansveruskreuz bei Ratzeburg. Ebenda S.112-118. - Johs. Warnke: Die Steinkreuze (Gedenkkreuze) in Lüneburgs Umgebung. Heimatblätter Lübeck 1925, Nr.12. - Derselbe: Das Ansveruskreuz bei Ratzeburg. Die Heimat 42 (1932) 280-284. - Ferd. v. Notz: Ansverus, der Apostel und Märtyrer Lauenburgs ... Ratzeburg 1929. - Hinweise finden sich noch an vielen Stellen, so durch H. Handelmann in Zeitschrift Bd. IX, 186 u. bei Oldekop, Top.Holstein I, IV 28 u. 107

Ansverus-Kreuz, Vorderseite
Aufnahme: Theodor Möller

Ansverus-Kreuz, Rückseite
Aufnahme: Theodor Möller

Das Ansverus-Kreuz. Aus: Haupt-Weyser: Bau- u. Kunstdenkmäler im Kreise Herzogtum Lauenburg

   Das Kreuz steht in einsamer Gegend, auf einem Knickwall am Feldwege von Einhaus nach Buchholz, unweit der alten landstraße Lübeck-Lüneburg. Der Weg von St. Georgsberg-Ratzeburg dorthin ist bezeichnet, so daß es unschwer zu finden ist. "Vor der Einkoppelung der Einhauser Flur im Jahre 1793 stand es frei im Ackerfelde, auf einem kleinen Hügel, der vom Pfluge verschont ward. Damals wurde der Weg in seiner jetzigen Flucht hinter dem Denkmal vorbeigeführt, so dass dieses in dem Knick des Weges zu stehen kam und dem des Weges daherkommenden Wanderer den Rücken zudreht. Der kleine Hügel wurde abgetragen." V. Notz.
   1843 erhielt es den aus behauenen Findlingen hergestellten sechsseitigen Unterbau und ein Schutzgitter, das aber nicht lange gestanden haben kann. Vor wenigen Jahren (1924) erhielt es ein neuers Schutzgitter. Die von H. Handelmann 1879 geäußerte Ansicht (a.a.O.), daß "das am Fußwege von Ratzeburg nach Buchholz stehende sogenannte Ansveruskreuz auf der Feldmark Einhaus - - - als das einzige öffentliche Monument anzusehen sein dürfte, welches auch ohne solche Maßregeln durch die Pietät der Bevölkerung fortwährend geschützt wird", hatte sich denn doch als zu optimistisch erwiesen. Es bestand die große Gefahr, dass auch die letzten Spuren der eingeritzten Zeichnung durch Narrenhände zerstört werden würden, eine Gefahr, die auch durch das neue Schutzgitter keineswegs völlig gebannt ist. Die Wirkung des Kreuzes auf den Beschauer hat durch das Schutzgitter natürlich gelitten, auch ist es seitdem nicht mehr möglich, eine Aufnahme zu machen, die die Zeichnung im ganzen, soviel noch von ihr erhalten ist, zeigt. Man hat eben von zwei Übeln das geringere wählen müssen.
   Das Kreuz hat die stattliche Höhe von 2,80m. Die Arme, deren überstehende, d.h. den Ring überragende Enden abgebrochen sind, "klastern noch etwa einen Meter, der Kreuzstamm unten ist 57-58cm breit, und die Dicke des Steines beträgt 13-14cm". V. Notz. Es ist aus einem harten, weißlichen Gotländer Kalkstein gearbeitet, einem Material, das früher in der Lübecker Gegend viel zu Denkmalen, Grabsteinen und Altarplatten verwendet wurde. Auf dem Wasserwege war es verhältnismäßig bequem zu beschaffen.
   Die Form des Kreuzes, die nach Haupt ins 13. Jahrhundert weist, ist eigenartig und sehr wirkungsvoll. Die Arme sind durch einen ausgehauenen Ring miteinander verbunden. Dadurch gab man ihnen eine besondere Festigkeit, und ein solches Kreuz war so recht geeignet, im Freien alle Unbilden der Witterung und Zerstörung, solange nicht roheste Gewalt in Frage kam, standtzhalten. Ob man allein aus solchen praktischen Überlegungen zu dieser Kreuzform gekommen ist, oder ob alte heidnische Vorstellungen vom Sonnenrad hierbei mitgesprochen haben, ist natürlich schwer zu entscheiden. Rad- oder Ringkreuze waren im frühen Mittelalter durchaus üblich. Das aus dem Jahre 1436 stammende Wilsnackkreuz zu Lübeck zeigt die gleiche Form. Angemerkt sei noch, dass das Radkreuz sich als Symbol weit in die vorchristliche Zeit hinein verfolgen lässt. (Siehe z.B. den Schalenstein bei Brunsoh i. Dithm.)
   Die nach Osten gerichtete, dem Wege abgekehrte, Vorderseite weist eine eingeritzte bildliche Darstellung auf, die im ganzen noch leidlich gut erkennbar, in manchen Einzelheiten aber zerstört ist. Am Kruzifix mit Titulus und Heiligenschein erkennt man eine mit Mantel und Kutte bekleidete knieende Gestalt; den Kopf zurückgelehnt blickt sie zu dem Gekreuzigten empor. Über den vor der Brust zum Gebet zusammengelegten Händen windet sich ein Spruchband im Bogen aufwärts. Die nur noch zum Teil erkennbaren Minuskeln der Inschrift liest man: ora deum pro me (Bitte gott für mich.) Über dem Spruchband, in der Höhe der Füße Christi, hat v. Notz die Buchstaben C.L. feststellen können. Vor der Brust des Betenden sieht man schräg gestellt, eine Zeichnung, die heute nicht viel mehr als die Andeutung einer solchen ist, und um die viel gerätselt worden ist. Man hat sie für einen Totenkopf, ein Kindergesicht auf einem Kissen, das Schweißtuch der Veronika u.a. angesprochen. Es dürfte wohl ein Wappenschild sein, vielleicht des Knieenden, wie Th. Hach, R. Haupt und Joh. Warncke meinen, vielleicht auch des Stifters, wie v. Notz glaubt annehmen zu dürfen. (Als solchen vermutet er Gerhard von Holdrop, der 1388-1395 Bischof von Ratzeburg, vorher Domherr und Präpositus daselbst war und dessen Wappen: Kreuz mit Dornenkrone, die Blüten treibt, er in der Zeichnung des Wappenschildes glaubt erkennen zukönnen.)
   Die dem Wege zugekehrte Rückseite des Denkmals ist, abgesehen von 2 waagerechten Linien in der Mitte des Kreuzesstammes, ohne jegliche Zeichnung, doch erkennt man auf dem Kreuzbalken eine eingetiefte, fast die ganze Breite einnehmende rechteckige Fläche mit zwei Reihen von je 5 Bohrlöchern. Dort war zweifellos eine Inschrifttafel eingelassen, die sich wohl im Laufe der Jahrhunderte von ihrer Befestigung gelöst haben mag und dann verschwunden ist. Und das ist ewig schade, denn sie hätte uns gewiß die heißbegehrte Aufklärung gegeben über Zeit und Art des Geschehnisses, über die dargestellte Person und den Stifter des Kreuzes. Das Fehlen dieser Angaben hat zu einem regen Meinungsaustausch in den letzten 50-60 Jahren geführt, aber über keinen dieser Punkte herrscht Einmütigkeit unter den Forschern, nicht einmal über das Alter des Males. Nur darin sind sich alle einig, dass es nicht in die Zeit des Ansverus, als dessen Todesjahr 1066 geschichtlich bezeugt ist, hineinreicht. Während v. Notz es in die zweite Hälfte des 14. Jahrh. Setzen möchte, sind Th. Hach, R. Haupt und Joh. Warncke sich darin einig, es in die Mitte des 15. Jahrhunderts zu weisen. Herren vom Germanischen Museum haben, nach einer Äußerung von R. Hellwif (a.a.O.) einwandfrei festgestellt, daß das Kreuz aus dem 15. Jahrhundert stammen muß. Dem wird man sich anschließen müssen.
   Viel schwieriger ist die Frage, für wen und von wem es vor rund 500 Jahren errichtet wurde, zu lösen. Sie ist bis heute nicht einwandfrei geklärt worden. Ja, dürfte man der Volksmeinung folgen, dann wäre der erste Teil der Frage leicht zu beantworten, denn sie weist das Kreuz dem heiligen Ansverus zu, der als Bischof kurze Zeit im Benediktinerkloster St. Georgsberg bei Ratzeburg wirkte und bei dem großen Slavenaufstand im Jahre 1066 mit zahlreichen Genossen gesteinigt wurde, und zwar an der Stelle, wo sich das Kreuz erhebt. Aber die Volksmeinung irrt nicht selten. Sie hat z.B. das Wilsnackkreuz in der Roekstraße in Lübeck, das ursprünglich ein Wegweiser für Pilger war, zu einem Sühnekreuz umgetauft. Beispiele ähnlicher Art begegnen uns noch öfter. Es ist darum ganz natürlich, daß von der kritischen Forschung starke Zweifel an der landläufigen Annahme bezüglich des Ansveruskreuzes geäußert worden sind. Zwar die Tatsache des in der Nähe des Klosters erfolgten Märtyrertodes stehen fest, aber schon über die Örtlichkeit gehen die Meinungen auseinander, (L. Hellwig - Th. Hach) und ebenso sehr, wenn nicht noch schärfer, ist der Zusammenhang des Kreuzes mit dem heiligen Ansverus von der einen Seite behauptet und von der anderen bestritten worden. Während L. Hellwig, R. Haupt - nach dessen Meinung dieses Kreuz ein älteres ersetzte - und v. Notz es für ein Ansveruskreuz halten, erklärt Th. Hach: "Das Ansveruskreuz hat mit dem heiligen Ansverus auch nicht das geringste zu schaffen." (A.a.O. S.353.) Denselben Standpunkt vertritt auch Joh. Warncke. In einem Aufsatz: "Das Ansveruskreuz bei Ratzeburg" (Die Heimat 42, S.283ff.) kommt er auf Grund sorgfältiger Prüfung und Erwägung aller Umstände zu folgenden Ergebnissen: Daß die Figur des Knieenden am Kreuze Ansverus nicht ist, ist heute wohl klar. Schon Haupt sieht hierin "den Stifter des Kreuzes, den Erneuerer dieses Denkmals." Das Wappenschild ist so stark zerstört, daß es über den Stifter keine Auskunft mehr geben kann. Der Knieende, von dem das Spruchband sagt: "ora deum pro me", ist es nicht. Hier kann es sich nur um diejenige Person handeln, die an der Stelle ums Leben gekommen ist, sei es, daß sie erschlagen wurde oder eines plötzlichen Todes starb. Der im Bilde Dargestellte kann nicht Ansverus sein; ihm fehlt jegliches Attribut. Der Einwand, daß die Metalltafel dieses enthielt, kann nicht gelten, denn das Mittelalter lebt in Bildern und Symbolen; des Lesens waren nur wenige kundig. Auch hätte die Kirche, wenn es sich hier um die Todesstaätte des Heiligen handelte, sich nicht mit der Aufrichtung eines einfachen Kreuzes begnügt. Die Ölbildtafel im Ratzeburger Dom, welche die Ansveruslegende in verschiedenen Szenen zeigt, kann nicht als Beweismittel für die Echtheit des Ansveruskreuzes herangezogen werden. Zwar zeigt sie ein Ansveruskreuz, das dem Ringkreuz bei Einhaus ähnelt, aber dieses Bild ist 1681 übermalt worden, so daß es zweifelhaft bleibt, ob das Kreuz ursprünglich ist. Ein Bildnis des Ansverus aus der ehemaligen Schelkirche - jetzt Nikolaikirche - in Schwerin enthält auch ein Kreuz, aber ganz einfacher Art. Wörtlich heißt es dann zum Schlusse: "Wie kommt denn das Kreuz überhaupt zu seiner Bezeichnung? Das scheint nur so vor sich gegangen zu sein. Im 16. Jahrhundert kam die Minuskel außer Gebrauch. Die Inschrift wurde also nicht mehr verstanden. Das Bild sagte nichts. Das Volk wollte aber seine Erklärung. So war es denn kein Wunder, dass man das Kreuz in Verbindung brachte mit dem Heiligen, der in Lauenburg so volkstümlich war." - Diesen Ausführungen kann ich nur zustimmen.
(Möller, Theodor - Sühne- und Erinnerungsmale in Schleswig-Holstein, in: Nordelbingen, Bd.17/18, 1942, S.93-99)


Sühnekreuze & Mordsteine