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Im Naturpark Lauenburgische Seen, am Ende der Straße "Waldhang".Größe / Material:
280:100:13-14 / gotländischer KalksteinGeschichte:
Wird hier "Das Ansveruskreuz" genannt.Sage:
Quellen und Literatur:
1. Der Heilige
Die älteste Kunde von Ansverus bringt der Geschichtsschreiber Adam von Bremen, Mönch unter
Erzbischof Adalbert, um 1070. Als Abt des Benediktinerklosters Ratzeburg sei Ansverus zusammen mit 18 Mönchen im Jahre
1066 voa den aufständischen Slawen gesteinigt worden und zwar "Idus Junii," d. i. 13. Juni. Er habe die Heiden gebeten, zuerst
seine Genossen zu töten, um sie vor Abfall zu bewahren, und dann ihn selbst. "Nachdem jene die Krone des Lebens empfangen hatten, kniete er selbst nieder, freudig
gleich dem heil. Stefanus." Auch Heiden seien nicht ohne Rührung geblieben. - Einige Christen begruben nach alter Ueberlieferung die Toten am Ort der Steinigung,
Das "Lübecker Passional" von 1492 hatte die Legenden in niederdeutscher Fassung "mit velen nyen merkliken schonen historien" gebracht.
Schon aus 1329 ist von einer legendenhaften Erscheinung die Rede. Der Vater des A., früher Heide, soll ein tapferer, reich begüterter Ritter, die Mutter Agneta eine
fromme Wohltäterin gewesen sein. Geboren um 1040 in Heydebo (Schleswig), habe er statt des Kriegsdienstes das
"Weggeworfensein im Hause Gottes" erwählt, "als daß er wohne in der Sünder Zelt." Noch 1634 zeigte man das Geburtshaus. Erst 15jährig soll er Heimat und Eltern
verlassen haben, um in jenes Kloster auf dem St. Jürgensberg einzutreten. "Liebliche Gestalt, freundliches Antlitz, Demut und
Unschuld befähigten ihn zum Priester." U.a. wird von Offenbarungen berichtet, von seinem Verkehr mit den Engeln im Gebet. Die hl. Jungfrau habe ihm vom Altar den
schönsten Edelstein aus ihrer Krone auf die Stirne gesetzt. Ansverus wurde bald einstimmig zum Abt gewählt. Nach Peträus ließ Bischof Evermod im Jahre 1167 seine
Gebeine in den neuerbauten Dom überführen. Unter dem Fußboden entdeckte man später ein Märtyrergrab, und die Verehrung des Ansverus stieg damit auf das höchste.
Es sei erwähnt, daß 1380 im Dom eine Kapelle geweiht und eine Vikarie gestiftet wurde, mit einer dem hl. Ansver gewidmeten
Messe. Im 15. Jahrhundert werden an vielen Orten Altäre, Kapellen, Vikarien und Seelenmessen gestiftet. Bei der Ratzeburger Bischofswahl mußten seit 1511 Propst
und Kapitulare auf Gott, die hl. Jungfrau, den Apostel Johannes und den hl. Ansverus schwören. Der neue Bischof mußte an
den vier Hauptfesten und an dem Fest des hl. Ansverus die Hochmesse im Dom halten; es war beim großen Jahrmarkt (Ansverusmarkt, 18. Juli) bei allgemeiner
Danksagung für Errettung aus heidnischer Abgötterei. (Kirchenordnung 1585.) 1556 war die Reformation im Stift Ratzeburg
eingeführt worden. Jedes Kind kennt Namen und Lebensgeschichte des Ansverus, der auch in Schleswig als Nationalheiliger gilt. Aus dem Geschlechte der Stoos in
Einhaus wird ein Vorfahre genannt, der ihn auf seinem letzten Gang aus dem Kloster gestoßen, wenn die Familie ein Unglück
trifft, wird es dieser Tatsache zugeschrieben. Wenn 1166 als Jahr der (eigentlichen) Einführung des Christentums durch Graf
Heinrich von Bodwida genannt wird, so reichte doch damals die Ansverusüberlieferung schon 100 Jahre zurück.
2. Das Denkmal
Es erhebt sich an einem von hohen Hecken eingefaßten Feldweg, nordöstlich von Einhaus, wenige
Minuten vom "Alten Zoll", am Hochufer des Sees, wo von jenseits der alte Dom herübergrüßt. Vor 1793 stand der Stein frei im Ackerfeld. Seit 1843 ist er auf
sechsseitigen Unterbau gesetzt, seit 1929 mit einem hohen Schutzgitter umgeben. Eine "Ansveruseiche" in der Nähe ist gefallen. Die Höhe beträgt 2,80m, die Dicke
des Steins 13-14cm, gotländischen Materials. Oben sieht man das uralte Sonnenrad und 4 Kreuzbalken. Die Nabe bildet das
Haupt des Erlösers mit Glorienschein. Der Leib Christi hängt an einem schmäleren Kreuze, dessen Umrisse mit den Kanten
des Steinkreuzes gleichlaufen. Die Antlitzzüge sind verlöscht, im Heiligenschein ist ein kleines Strahlenkreuz erkennbar. Spuren des Lendenschurzes sind noch
vorhanden. Ueber dem Haupte ist die Inschrift zu vermuten. Die Füße, übereinander liegend, sind mit einem Nagel an das
Kreuz geheftet. Unten links kniet ein Bischof (Abt) oder Mönch in Anbetung, barhäuptig, mit breitem tiefumgeschlagenen
Kragen des bis zu den Hüften reichenden gezackten Umhangs, des Skapuliers. Die jugendlichen Gesichtszüge sind nach oben zu dem Gekreuzigten gerichtet. Ueber den
vor der Brust zum Gebet gefalteten Händen windet sich im Bogen aufwärts ein Spruchband. Vielleicht ist (nach
Hellwig 1888 und Warncke 1925) zu lesen: ora deum pro me (bitte Gott für mich!)
In Höhe der Füße über dem Bande sind nach v. Notz 2 Buchstaben CL noch erkennbar. Das Schildchen unter dem Band
wird (so von Hach 1887 und Haupt) als Wappen
des Knieenden gedeutet. 3 Linien des oberen Teils und ein Kreis im Innern lassen sich noch erkennen, das andere ist verlöscht. (Weitere Erklärungen: ein Totenkopf mit
Beinknochen; nach Hellwig ein Medaillon nach Art des Veit Stoß; oder das Schweißtuch der Veronika; ein Barett; ein in eine Kapuze gehülltes Gesicht.) Nach v. Notz
erkennt man ein "heraldisch schräg rechts gelehntes einfaches, dreieckiges, frühgotisches Wappenschild," dessen untere
Spitze im Stein zerstört ist, die beiden Seiten leicht gebogen. Es sei das Wappen des Stifters anstelle des Siegels und stimme mit einem Wappen im Kreuzgang des
Doms überein.
Es sei das Wappen des Gerhard von Holdorp, der 1358 Domherr, 1376 Präpositus und von 1388 bis
1395 Bischof von Ratzeburg war. Das Wappen auf seinen Siegeln sei das gleiche: ein Kranz oder eine Dornenkrone, die Blüten treibt.
3. Für und gegen die "Echtheit" des Denkmals
Bei Wisby auf Gotland erhebt sich auf dem Friedhof des Cisterzienserklosters Solberga ein
Steindenkmal über dem Massengrab der Gotländer Bauern, die am 27. Juli 1361 in ihrem Verzweiflungskampf gegen den Dänenkönig Waldemar Attertag fielen. Es gleicht
dem Ansveruskreuz und deckt sich mit der früheren Wirkungszeit Gerhards von Holdorp. Im Brockhaus'schen Konversationslexikon 1898 wird das Denkmal dem
15. Jahrhundert zugeschrieben, gewiß ein sehr später Termin. V. Bülow (1798) hielt es sogar für keltisch oder germanisch.
Hach (1887) erklärt "aufgrund nüchterner Forschung", das Kreuz habe mit Ansverus nicht das geringste zu schaffen, es sei
wohl ein Sühnekreuz, einem unbekannten Geistlichen gewidmet. Hellwig (1888) spricht sich für die Echtheit aus und weist auf
den fortlaufenden Zusammenhang von Stein, Sage und Name hin. Die Ansverustafel im Dom, die wohl um 1520 entstanden
und 1681 wiederhergestellt, zeigt Bilder aus dem Leben des Heiligen und trägt den Vermerk: "gesteinigt an dem Ort, da der
Kreuzstein steht." Auch die Notiz in einer Ratzeburger Beschreibung von 1588 ist einer viel älteren Tradition entnommen:
"Dessen Gedegnuß ist am selben Ort zwischen Lübeck und Ratzeburg ein steen mit einem eingehaun Crucifix aufgericht."
Auch Nauwerk im "Genius der Zeit" 1799 (Rothenburger Stadtarchiv 2268/11, von Hrn. Dr. Gießberger, Stadtarchivar,
freundlichst überlassen) ist der Ansicht, daß die ersten christlichen Slawen das Denkmal errichteten, und beruft sich auf die örtliche Ueberlieferung. Die erwähnte Tafel
im Dom zeigt auf einem der Bilder den Ansverusstein, wie er heute noch vor uns steht, und es ist doch kaum anzunehmen, daß 1681 neue Einträge gemacht worden
sind. Nach der undeutlichen Inschrift am sog. "Heinrichstein", einem Findlingsblock in der Nähe des Doms,
hat Heinrich, Graf zu Ratzeburg, z.Zt. Herzog Heinrichs von Sachsen, das Christentum eingeführt. Dieser
Heinrich von Bodwida starb um 1166. Hellwig weist darauf hin, daß in der Zeit Gerhard von Holdrops die Ansverusverehrung
in höchster Blüte stand. Die Westseite des Denkmals zeigt Bohrlöcher, die eine vielleicht aufschlußreiche Inschrift andeuten. Gegen ein höheres Alter wendet sich
Warncke und beruft sich auf ein ähnliches Steinkreuz in der Röckstraße zu
Lübeck, 1436 durch den dortigen Bürger Johann von der Heyde. v. Notz wiederum erinnert an das "Bernstoffdenkmal" von 1359, das ganz die gleichen
Merkmale wie unser Denkmal habe; er weist auch mit Recht auf die materielle Seite der vielen dem Dom zugute kommenden Wallfahrten in dieser Zeit hin. Soll nun
der Unterzeichnete einen Standpunkt einnehmen, so möchte er mit anderen den Stil des Denkmals bedenken:
Deutlich tritt der Uebergang vom romanischen zum gotischen Baustil zutage, und dies führt uns in die Zeit des 13. bis
14. Jahrhunderts. Wir können nicht an das Jahr 1166 denken, denn das Christentum mußte lange um den Sieg kämpfen. Es muß auch nicht schon 1066 für die
Entstehung des Denkmals angenommen werden. Aber warum soll man nicht das Kreuz in jene Uebergangszeit versetzen und annehmen, daß es anstelle
des alten Denksteins aufgrund der Ueberlieferung zur Förderung der Wallfahrten errichtet worden ist?
Hr. Dr. Gießberger - Rothenburg, dem hiermit herzlicher Dank für das der Bibliothek des
Steinkreuzvereins überlassene v. Notz'sche Büchlein und für weitere Hinweise bei seinen Vorarbeiten ausgesprochen wird, bemerkt u.a.: "Das Steinbild erweckt
keineswegs den Anschein hohen Alters. Der Gekreuzigte ist kein Leidensmann am Marterholz, kein Sterbender oder Gestorbener. Aus
ihm spricht Würde und Schönheit, verbunden mit klassischer Ruhe .... Auch die Dornenkrone fehlt, und nur der Scheibennimbus erinnert an den königlichen
Helden am Kreuz. Dazu kommt noch die betende Gestalt mit ihrem würdigen Gesichtsausdruck. Der Künstler hat Stilmerkmale
verschiedener Zeiten gemischt."
(Das Steinkreuz, 10.Jg., 1950, S.28-31)
Aus dem umfangreichen Schrifttum, das sich mit diesem Gegenstande befaßt, sei besonders auf folgende Arbeiten verwiesen: R. Haupt und Friedrich Weyser: Bau- und Kunstdenkmäler im Kreise Herzogtum Lauenburg, S.48-51. - Theodor Hach: Das sogenannte Ansveruskreuz bei Ratzeburg. Zeitschrift XVII, 323-363. - L. Hellwig: Die Ansveruslegende. Archiv d. Vereins f.d. Geschichte d. Herzogtums Lauenburg, Bd.II, Heft 2, S.75-105. - Derselbe: Das Ansveruskreuz bei Ratzeburg. Ebenda S.112-118. - Johs. Warnke: Die Steinkreuze (Gedenkkreuze) in Lüneburgs Umgebung. Heimatblätter Lübeck 1925, Nr.12. - Derselbe: Das Ansveruskreuz bei Ratzeburg. Die Heimat 42 (1932) 280-284. - Ferd. v. Notz: Ansverus, der Apostel und Märtyrer Lauenburgs ... Ratzeburg 1929. - Hinweise finden sich noch an vielen Stellen, so durch H. Handelmann in Zeitschrift Bd. IX, 186 u. bei Oldekop, Top.Holstein I, IV 28 u. 107
Ansverus-Kreuz, Vorderseite
Ansverus-Kreuz, Rückseite
Das Ansverus-Kreuz. Aus: Haupt-Weyser: Bau- u. Kunstdenkmäler im Kreise Herzogtum Lauenburg
Das Kreuz steht in einsamer Gegend, auf einem Knickwall am Feldwege von Einhaus nach
Buchholz, unweit der alten landstraße Lübeck-Lüneburg. Der Weg von St. Georgsberg-Ratzeburg dorthin ist bezeichnet, so daß es unschwer zu finden ist. "Vor der
Einkoppelung der Einhauser Flur im Jahre 1793 stand es frei im Ackerfelde, auf einem kleinen Hügel, der vom Pfluge verschont ward. Damals wurde der Weg in seiner
jetzigen Flucht hinter dem Denkmal vorbeigeführt, so dass dieses in dem Knick des Weges zu stehen kam und dem des Weges daherkommenden Wanderer den
Rücken zudreht. Der kleine Hügel wurde abgetragen." V. Notz.
Aufnahme: Theodor Möller
Aufnahme: Theodor Möller
1843 erhielt es den aus behauenen Findlingen hergestellten sechsseitigen Unterbau und ein Schutzgitter, das aber nicht lange gestanden
haben kann. Vor wenigen Jahren (1924) erhielt es ein neuers Schutzgitter. Die von H. Handelmann 1879 geäußerte Ansicht (a.a.O.), daß "das am Fußwege von
Ratzeburg nach Buchholz stehende sogenannte Ansveruskreuz auf der Feldmark Einhaus - - - als das einzige öffentliche Monument anzusehen sein dürfte, welches
auch ohne solche Maßregeln durch die Pietät der Bevölkerung fortwährend geschützt wird", hatte sich denn doch als zu optimistisch erwiesen. Es bestand die große
Gefahr, dass auch die letzten Spuren der eingeritzten Zeichnung durch Narrenhände zerstört werden würden, eine Gefahr, die auch durch das neue Schutzgitter
keineswegs völlig gebannt ist. Die Wirkung des Kreuzes auf den Beschauer hat durch das Schutzgitter natürlich gelitten, auch ist es seitdem nicht mehr möglich,
eine Aufnahme zu machen, die die Zeichnung im ganzen, soviel noch von ihr erhalten ist, zeigt. Man hat eben von zwei Übeln das geringere wählen müssen.
Das Kreuz hat die stattliche Höhe von 2,80m. Die Arme, deren überstehende, d.h. den Ring überragende Enden abgebrochen sind, "klastern
noch etwa einen Meter, der Kreuzstamm unten ist 57-58cm breit, und die Dicke des Steines beträgt 13-14cm". V. Notz. Es ist aus einem harten, weißlichen Gotländer
Kalkstein gearbeitet, einem Material, das früher in der Lübecker Gegend viel zu Denkmalen, Grabsteinen und Altarplatten verwendet wurde. Auf dem Wasserwege war
es verhältnismäßig bequem zu beschaffen.
Die Form des Kreuzes, die nach Haupt ins 13. Jahrhundert weist, ist eigenartig und sehr wirkungsvoll. Die Arme sind durch einen
ausgehauenen Ring miteinander verbunden. Dadurch gab man ihnen eine besondere Festigkeit, und ein solches Kreuz war so recht geeignet, im Freien alle Unbilden
der Witterung und Zerstörung, solange nicht roheste Gewalt in Frage kam, standtzhalten. Ob man allein aus solchen praktischen Überlegungen zu dieser Kreuzform
gekommen ist, oder ob alte heidnische Vorstellungen vom Sonnenrad hierbei mitgesprochen haben, ist natürlich schwer zu entscheiden. Rad- oder Ringkreuze waren
im frühen Mittelalter durchaus üblich. Das aus dem Jahre 1436 stammende Wilsnackkreuz zu Lübeck zeigt die
gleiche Form. Angemerkt sei noch, dass das Radkreuz sich als Symbol weit in die vorchristliche Zeit hinein verfolgen lässt. (Siehe z.B. den Schalenstein bei Brunsoh i. Dithm.)
Die nach Osten gerichtete, dem Wege abgekehrte, Vorderseite weist eine eingeritzte bildliche Darstellung auf, die im ganzen noch leidlich gut
erkennbar, in manchen Einzelheiten aber zerstört ist. Am Kruzifix mit Titulus und Heiligenschein erkennt man eine mit Mantel und Kutte bekleidete knieende Gestalt; den
Kopf zurückgelehnt blickt sie zu dem Gekreuzigten empor. Über den vor der Brust zum Gebet zusammengelegten Händen windet sich ein Spruchband im Bogen aufwärts.
Die nur noch zum Teil erkennbaren Minuskeln der Inschrift liest man: ora deum pro me (Bitte gott für mich.) Über dem Spruchband, in der Höhe der Füße Christi, hat v.
Notz die Buchstaben C.L. feststellen können. Vor der Brust des Betenden sieht man schräg gestellt, eine Zeichnung, die heute nicht viel mehr als die Andeutung einer
solchen ist, und um die viel gerätselt worden ist. Man hat sie für einen Totenkopf, ein Kindergesicht auf einem Kissen, das Schweißtuch der Veronika u.a. angesprochen.
Es dürfte wohl ein Wappenschild sein, vielleicht des Knieenden, wie Th. Hach, R. Haupt und Joh. Warncke meinen, vielleicht auch des Stifters, wie v. Notz glaubt
annehmen zu dürfen. (Als solchen vermutet er Gerhard von Holdrop, der 1388-1395 Bischof von Ratzeburg, vorher Domherr und Präpositus daselbst war und dessen
Wappen: Kreuz mit Dornenkrone, die Blüten treibt, er in der Zeichnung des Wappenschildes glaubt erkennen zukönnen.)
Die dem Wege zugekehrte Rückseite des Denkmals ist, abgesehen von 2 waagerechten Linien in der Mitte des Kreuzesstammes, ohne jegliche
Zeichnung, doch erkennt man auf dem Kreuzbalken eine eingetiefte, fast die ganze Breite einnehmende rechteckige Fläche mit zwei Reihen von je 5 Bohrlöchern. Dort
war zweifellos eine Inschrifttafel eingelassen, die sich wohl im Laufe der Jahrhunderte von ihrer Befestigung gelöst haben mag und dann verschwunden ist. Und das ist
ewig schade, denn sie hätte uns gewiß die heißbegehrte Aufklärung gegeben über Zeit und Art des Geschehnisses, über die dargestellte Person und den Stifter des
Kreuzes. Das Fehlen dieser Angaben hat zu einem regen Meinungsaustausch in den letzten 50-60 Jahren geführt, aber über keinen dieser Punkte herrscht Einmütigkeit
unter den Forschern, nicht einmal über das Alter des Males. Nur darin sind sich alle einig, dass es nicht in die Zeit des Ansverus, als dessen Todesjahr 1066
geschichtlich bezeugt ist, hineinreicht. Während v. Notz es in die zweite Hälfte des 14. Jahrh. Setzen möchte, sind Th. Hach, R. Haupt und Joh. Warncke sich darin
einig, es in die Mitte des 15. Jahrhunderts zu weisen. Herren vom Germanischen Museum haben, nach einer Äußerung von R. Hellwif (a.a.O.) einwandfrei festgestellt,
daß das Kreuz aus dem 15. Jahrhundert stammen muß. Dem wird man sich anschließen müssen.
Viel schwieriger ist die Frage, für wen und von wem es vor rund 500 Jahren errichtet wurde, zu lösen. Sie ist bis heute nicht einwandfrei geklärt
worden. Ja, dürfte man der Volksmeinung folgen, dann wäre der erste Teil der Frage leicht zu beantworten, denn sie weist das Kreuz dem heiligen Ansverus zu, der als
Bischof kurze Zeit im Benediktinerkloster St. Georgsberg bei Ratzeburg wirkte und bei dem großen Slavenaufstand im Jahre 1066 mit zahlreichen Genossen gesteinigt
wurde, und zwar an der Stelle, wo sich das Kreuz erhebt. Aber die Volksmeinung irrt nicht selten. Sie hat z.B. das Wilsnackkreuz
in der Roekstraße in Lübeck, das ursprünglich ein Wegweiser für Pilger war, zu einem Sühnekreuz umgetauft. Beispiele ähnlicher Art begegnen uns noch öfter.
Es ist darum ganz natürlich, daß von der kritischen Forschung starke Zweifel an der landläufigen Annahme bezüglich des Ansveruskreuzes geäußert worden sind. Zwar
die Tatsache des in der Nähe des Klosters erfolgten Märtyrertodes stehen fest, aber schon über die Örtlichkeit gehen die Meinungen auseinander, (L. Hellwig - Th. Hach)
und ebenso sehr, wenn nicht noch schärfer, ist der Zusammenhang des Kreuzes mit dem heiligen Ansverus von der einen Seite behauptet und von der anderen bestritten
worden. Während L. Hellwig, R. Haupt - nach dessen Meinung dieses Kreuz ein älteres ersetzte - und v. Notz es für ein Ansveruskreuz halten, erklärt Th. Hach: "Das
Ansveruskreuz hat mit dem heiligen Ansverus auch nicht das geringste zu schaffen." (A.a.O. S.353.) Denselben Standpunkt vertritt auch Joh. Warncke. In einem
Aufsatz: "Das Ansveruskreuz bei Ratzeburg" (Die Heimat 42, S.283ff.) kommt er auf Grund sorgfältiger Prüfung und Erwägung aller Umstände zu folgenden Ergebnissen:
Daß die Figur des Knieenden am Kreuze Ansverus nicht ist, ist heute wohl klar. Schon Haupt sieht hierin "den Stifter des Kreuzes, den Erneuerer dieses Denkmals."
Das Wappenschild ist so stark zerstört, daß es über den Stifter keine Auskunft mehr geben kann. Der Knieende, von dem das Spruchband sagt: "ora deum pro me", ist
es nicht. Hier kann es sich nur um diejenige Person handeln, die an der Stelle ums Leben gekommen ist, sei es, daß sie erschlagen wurde oder eines plötzlichen Todes
starb. Der im Bilde Dargestellte kann nicht Ansverus sein; ihm fehlt jegliches Attribut. Der Einwand, daß die Metalltafel dieses enthielt, kann nicht gelten, denn das
Mittelalter lebt in Bildern und Symbolen; des Lesens waren nur wenige kundig. Auch hätte die Kirche, wenn es sich hier um die Todesstaätte des Heiligen handelte, sich
nicht mit der Aufrichtung eines einfachen Kreuzes begnügt. Die Ölbildtafel im Ratzeburger Dom, welche die Ansveruslegende in verschiedenen Szenen zeigt, kann nicht
als Beweismittel für die Echtheit des Ansveruskreuzes herangezogen werden. Zwar zeigt sie ein Ansveruskreuz, das dem Ringkreuz bei Einhaus ähnelt, aber dieses
Bild ist 1681 übermalt worden, so daß es zweifelhaft bleibt, ob das Kreuz ursprünglich ist. Ein Bildnis des Ansverus aus der ehemaligen Schelkirche - jetzt Nikolaikirche -
in Schwerin enthält auch ein Kreuz, aber ganz einfacher Art. Wörtlich heißt es dann zum Schlusse: "Wie kommt denn das Kreuz überhaupt zu seiner Bezeichnung?
Das scheint nur so vor sich gegangen zu sein. Im 16. Jahrhundert kam die Minuskel außer Gebrauch. Die Inschrift wurde also nicht mehr verstanden. Das Bild sagte
nichts. Das Volk wollte aber seine Erklärung. So war es denn kein Wunder, dass man das Kreuz in Verbindung brachte mit dem Heiligen, der in Lauenburg so
volkstümlich war." - Diesen Ausführungen kann ich nur zustimmen.
(Möller, Theodor - Sühne- und Erinnerungsmale in Schleswig-Holstein, in: Nordelbingen, Bd.17/18, 1942, S.93-99)