Ikonographie


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Darstellungen des Pfluges aus der Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels
von Dr. jur. Dietlinde Munzel-Everling

Der Pflug dient der vorbereitenden Bodenbearbeitung (Wenden und Lockern der obersten Bodenschicht) und wird im Mittelalter durch Tier- oder Menschenkraft gezogen und dabei von dem hinten gehenden Pflüger gelenkt. Er hat sich in seinen Einzelteilen zwischen hohem Mittelalter und Neuzeit kaum verändert.
Er besteht aus dem Radvorgestell, dem senkrecht stehenden Messer (Sech), welches das Erdreich senkrecht schneidet, aus der Pflugschar, welche die Erde waagerecht trennt, und dem Streichbrett, das den bearbeiteten Erdstreifen zur Seite schiebt und gleichzeitig wendet. Sie sind beide am Rumpf befestigt, der mit dem Pflugbalken (Grindel) verbunden ist, an dem auch das Sech hängt. Der Grindel ist mit den beiden Vorderrädern verbunden. Gelenkt wird der Pflug durch den Doppelsterz, der vom Pflüger gehalten wird. Vor den Pflug sind in der Regel ein oder zwei Tiere gespannt (Ochsen, Pferde).
Die Darstellung des Pfluges wird verwendet:


als Symbol des Rechtes des Zinsmanns am Gut - 9v/4

Landrecht Buch II Artikel 59 § 2 Satz 2 zu S in der 4.Bildleiste (folio 9v / 116):

Beschreibung:
In der Bildmitte steht der Zinsmann mit feinen Gesichtszügen im längsgestreiften rot-gelben Kittel mit bäuerlichen Riemen an den Beinen und zahlt mit der linken Hand seinen Zins an den rechts sitzenden neuen Herrn in Herrentracht mit Schapel auf dem Haupt. Dieser trägt einen weiten grünen Umhang, der auch seine Arme und Hände bedeckt und empfängt darin die Geldzahlung. Mit der rechten Hand fasst der Zinsmann an den Pflug, der dem Text entsprechend sein Recht an dem Gut gewährleistet.

Transkription:
Stirbit
ouch der herre, der man gibit sinen czins, den he deme herren
gelobet hatte, ieme, an den daz gut geuellet, vnde be-
darf nimandes, der in gewere, wen sinen phluc.

Übersetzung:
Stirbt auch der Herr, so gibt der Mann seinen Zins, den er dem Herren gelobt hatte, demjenigen, an den das Gut fällt, und er bedarf niemandes, der ihn gewert (*E 104), als seinen Pflug.


als Gegenstand des beständigen Friedens - 11r/4

Landrecht Buch II Artikel 66 § 1 S.2, 2.Halbsatz und § 2 Satz 1 zu A in der 4.Bildleiste (folio 11r / 133):

Beschreibung:
Der Zuordnungsbuchstabe "A" ist inhaltlich noch im Text des vorhergehenden Bildes enthalten, weil ein Teil der Aussagen dort illustriert ist. Von den im Text genannten befriedeten Stätten und Dingen sind nur dargestellt eine doppelschiffige Kirche mit zwei Türmen, Apsis und einem Kirchenkreuz, sowie eine Mühle mit oberschlächtigem Wasserrad und ein Pflug.

Transkription:
kirchen vnde
kirchhoue vnde iclich dorf binnen sime graben vnde sime czv-
ne, phlûge vnde molen vnde des kvniges straze in wazzere
vnde in velde, die sullen steten vride haben vnde allez, daz
da binnen kvmt. § 2 heilige tage vnde gebundene tage, di
sin allen luten czu vride tagen gesaczt, dar czv in iclicher
wochen vier tage: dvnrestac vnde vritac, svnnabint vnde
svntac.

Übersetzung:
Kirchen und Kirchhöfe und jedes Dorf innerhalb seines Grabens und seines Zaunes, Pflüge und Mühlen und des Königs Straße (*E 66) zu Wasser und zu Lande, die sollen beständigen Frieden haben und alles, was dort hinein kommt. § 2 Heilige Tage und gebundene Tage (*E 10) sind allen Leuten als Friedenstage gesetzt, dazu kommen in jeder Woche vier Tage: Donnerstag und Freitag, Sonnabend und Sonntag.


als Ackergerät bei unberechtigter Landbearbeitung - 15r/4, 28v/1

Landrecht Buch III Artikel 20 §§ 1-3 zu S in der 4.Bildleiste (folio 15r / 192):

Beschreibung:
§§ 1 und 3 sind nicht illustriert, lediglich § 2: In der linken Bildhälfte steht hinter dem Pflug derjenige, der unberechtigt pflügt. Deswegen darf der rechtmäßige Besitzer des Landes die beiden vor dem Pflug gehenden, (nicht angeschirrten) Pferde pfänden, indem er die Zügel ergreift und mit der Redegebärde seinen Rechtsanspruch ausdrückt. In der Bildmitte steht ein Mann, der die typische Kleidung des Fronboten (rot-weiß-grün gestreifter Rock) und die Peitsche trägt. Er zeigt mit der linken Hand den Trauergebärde, mit der er einen Rechtsmangel oder Rechtsverlust ausdrückt. Die Bedeutung dieser Person ist nicht ganz klar, da dem Text nach die Pfändung ohne gerichtliche Mitwirkung stattfinden kann, die Anwesenheit des Fronboten also nicht nötig ist. Er läßt sich auch als Helfer des unberechtigt Pflügenden deuten, der seine Trauer über die Pfändung ausdrückt.

Transkription:
Swer des anderen lant vnwizzende ert, da en volget kein
wandel nach. swer aber lant eret, daz he im czu saget, wirt
iz im mit rechte an gewnnen, he mûz iz bezzern. § 2: he mûz
ouch wol phenden vf sime lande den, der daz lant eret,
ane des richters orlop, durch daz he rechtes mite bekv°-
me. § 3: Mit erene en mac sinen lip noch sin gesunt nimant
vor wirken, iz en si denne also, daz im daz lant vor ge-
richte vor teilt si vnde vride dar vber geworcht si.

Übersetzung:
Wer des Anderen Land unwissend eret (*E 136), da folgt kein Wandel (*E 112) nach. Wer aber Land eret (*E 136), das er sich zusagt (*E 140), wird es ihm mit Recht (*E 93) abgewonnen, er muß es bessern (*E 98). § 2: Er darf auch wohl denjenigen auf seinem Land pfänden, der das Land eret (*E 136), ohne des Richters Erlaubnis, damit er dadurch Recht bekomme. § 3: Mit Eren (*E 136) kann niemand seinen Leib (*E 83) noch seine Gesundheit (*E 135) verwirken, es sei denn also, daß ihm das Land vor Gericht vorteilt (*E 137) und Frieden (*E 123) darüber gewirkt sei.


Landrecht Buch III Artikel 86 § 1 zu S der 1. Bildleiste (folio 28v / 360):

Beschreibung:
In der Mitte des Bildes befinden sich zwei Bauern; sie tragen einen einfarbig gelben bzw. grünen kurzen Rock mit Beinriemen über den grünen bzw. roten Strümpfen. Einer von ihnen ist mit dem Pflug dargestellt, vor dem ein Pferd gespannt ist, von dem man nur noch den Schweif und die Hinterbeine sieht, der Andere mit dem Spaten. Beide haben mit diesen Geräten Gemeindeland ihrer Nachbarn bearbeitet. Einer dieser Nachbarn steht am linken Bildrand im kurzen roten Gewand und mit Beinriemen über den gelben Strümpfen. Mit der Aufmerksamkeitsgebärde seiner linken Hand fordert er die ihnen dafür zustehende Buße, die ihm einer der Schädiger mit der Gebärde der Handreichung gelobt. Unter dieser Gebärde sind die römische Zahl "III" und 3 x 4 Münzen, wohl Pfennige, zu sehen, die auf die Buße von drei Schillingen hindeuten (12 Pfenninge = 1 Schilling). Die über dem Pflug stehende römische Zahl "LXXXVI" ist die Kapitelzählung des danebenstehenden Textes.

Transkription:
Swer siner nakebûre gemeine ab eret ader
grebet ader czûynet, wirt he vor deme bûr-
meistere dar vmme beclaget ader gerûget,
he mûz wetten dri schillinge. weigert he aber
rechtes vor dem bûrmeistere vnde wirt he be-
claget dem obersten richtere, he mûz im
wetten vnde den geburen mit drizic schillingen
bûzen vnde ire gemeine widerlazen.

Übersetzung:
Wer seiner Nachbarn Gemeine (*E 223) ab eret (*E 136) oder gräbt oder umzäunt, wird er vor dem Bauermeister (*E 53) darum beklagt oder gerügt, er muß drei Schillinge (*E 60) wetten (*E 73). Verweigert er aber Rechtes (*E 93) vor dem Bauermeister (*E 53) und wird er beklagt (vor) dem obersten Richter, er muß ihm wetten (*E 73) und den Bauern es mit dreißig Schillingen (*E 60) büßen und ihre Gemeine (*E 223) ihnen wieder lassen.


als Zeichen der Pflicht zur Weiterbearbeitung des Gutes nach dem Tode der Ehefrau - 25v/2-3

Landrecht Buch III Artikel 76 § 3 zu N der 2 u. 3.Bildleiste (folio 25v / 324)

Achtung! Es ist ein Doppelbild! Der Zuordnungsbuchstabe "S" ist nicht korrekt, er gehört zum nachfolgenden Text (325), der nicht illustriert ist.

Beschreibung:
Der Rechtstext ist in zwei zusammenhängenden Bildern illustriert: In der linken oberen Bildhälfte heiratet ein verwitwer Adlige, gekleidet in ein gelbes Gewand mit roten Querstreifen eine ebenfalls adlige Witwe, die ein langes grünes Gewand und einen Schleier trägt. Die Eheschließung ist durch die beiden Ringe, die sie mit den Händen hochhalten, symbolisiert. Mit der linken Hand zeigt der Ehemann auf das untere Bild, in der die Rechtsfolgen des Todes der Ehefrau dargestellt sind. Die Ehefrau liegt, nunmehr mit einem gelben ärmellosen Übergewand über dem grünen Kleid bekleidet, in der rechten Bildhälfte tot da, wie ihre geschlossenen Augen zeigen. Im unteren Bild ist die Pflicht des Ehemanns zur Weiterbearbeitung des Gutes durch einen Pflug dargestellt, der von einem Knecht, einem Mann mit groben Gesichtszügen im kurzen roten Rock mit grünen Strümpfen, geführt wird. Der Pflug wird von zwei Pferden gezogen, hinter denen der Gespannführer, ebenfalls mit groben Gesichtszügen gezeichnet, im grün-gelb quergestreiften Gewand zu sehen ist, der zu dem Pflügenden zurückblickt. Er hält mit der linken Hand einen langen Stecken über die Schulter gelehnt und zeigt mit der rechten auf das darüberstehende Bild, um ebenfalls den Zusammenhang anzudeuten.

Transkription:
Nimt ein man eine wittewe, di ei-
gen ader len ader lipgedinge ader czins gût hat, waz
he in deme gûte mit sime phlûge geerbeitet,
stirbit sin wip er der sat, he sal iz vol arbeiten vnde
sein vnde sniden vnde czins ader phlege dar ab geben
ieme, uf den daz gût irstirbit.

Übersetzung:
Nimmt ein Mann eine Witwe, die Eigen (*E 37) oder Lehen (*E 38) oder Leibgedinge (*E 36) oder Zinsgut (*E 34) hat; was er auf dem Gut mit seinem Pflug bearbeitet, stirbt sein Weib vor der Saat, so soll er es fertig bearbeiten und säen und schneiden und Zins oder Pflege (*E 212) davon geben jenem, auf den das Gut erstirbt (*E 213).

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