Ikonographie


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Sichel und Sense
Ein Beitrag zur geschichtlichen Volkskunde Sachsens
von W. Clemens Pfau, Rochlitz

   Obgleich in der Volkswirthschaft Sichel und Sense eine ungemein wichtige Rolle spielen, so werden sie doch in Bezug auf ihre Geschichte von der einschlägigen Literatur auffallend oberflächlich behandelt. In verschiedenen archäologischen Werken sind sie überhaupt nicht erwähnt, während andere derartige Bücher sich mit äußerst kärglichen Angaben begnügen, z.B. daß die Bronzesichel schon in prähistorischer Zeit vorkommt, daß die Sense Attribut des Todes oder gewisser Heiliger (Albertus, Valentinus) ist und dergleichen. Auch die Ortsgeschichte scheint sich sehr ablehnend in dieser Beziehung zu verhalten; ich habe wenigstens in den Veröffentlichungen der lokalgeschichtlichen Vereine noch keinen Aufsatz über diese wichtigen Gebrauchsgegenstände angetroffen. Solche Körperschaften dürfte aber doch in erster Linie die Aufgabe zufallen, Stoff für archäologische Erörterungen über verschiedenes Handwerkszeug, welches uns aus älterer Zeit meist nur in Gestalt von Erdfunden vorliegt, zu schaffen. Es möchte einmal ganz besonders betont werden, daß archäologische Nachweise über das allmähliche Auftreten verschiedenen Handwerkszeugs im Lande äußerst wünschenswerth und nöthig sind, da sie in hohem Grade mit dazu dienen, alte Besiedlungsstellen in Bezug auf ihr Alter genauer bewerthen zu können.
   Bei der jetzigen Lage der Dinge ist es selbstverständlich, daß sich zur Zeit noch keine allgemeine Darstellung der Geschichte von Sichel und Sense für Sachsen geben läßt; es müssen erst Einzeluntersuchungen für verschiedene Gegenden angestellt werden. Die folgenden Zeilen, deren Inhalt sich zum größten Theile als Forschungsergebnisse aus der Rochlitzer Gegend erweisen werden, möchten nur eine Anregung zu weiteren ähnlichen Untersuchungen auf gleichem Gebiete der sächsischen Volkskunde geben.
   Heutzutage spielt die Sichel in der Rochlitzer Gegend gegenüber der Sense nur eine sehr untergeordnete Rolle: man benutzt erstere zum Mähen von Gras meist nur an denjenigen Stellen, wo mit der Sense nicht gut gearbeitet werden kann, z.B. unter Büschen, an Zäunen; fast durchgehendes wird das betreffende Werkzeug von Frauen oder Kindern gebraucht. Auf dem Felde wendet man die Sichel mitunter zum Mähen von Wicken an, oder auch zum Raffen und Wenden des Getreides. Das Wiesengras und das Getreide fällt, wenn nicht eine Maschine in Thätigkeit tritt, unter der Schneide der Sense, die regelmäßig der Mann (Mähder, Schnitter) handhabt, wenn schon mitunter eine Sensenschnitterin auftritt, die zu dieser Arbeit herangezogen wird aus Mangel an ausreichendem männlichen Gesinde.
   Da das Wort "Sense" als ein echt deutsches, altüberliefertes (althochdeutsch segensa) gilt, so sollte man doch meinen, unsere Sense müßte ein oft vorkommendes Fundstück aus vorgeschichtlicher Zeit sein; letzteres ist aber garnicht der Fall. Hingegen kommt die Sichel schon unter den Fundgegenständen der Bronzezeit nicht selten vor, auch in Sachsen. Diese Fundsachen, also die Sichel mit, werden bei uns bei dem jetzigen Stande der prähistorischen Wissenschaft gewöhnlich als germanische betrachtet. Das Wort Sichel faßt man aber als Lehnwort (vom lateinischen secula) auf; es gilt also nicht als echt deutsch. Wir stehen demnach in Bezug auf die Vorgeschichte von Sense und Sichel geradezu vor einem Räthsel. Da wir nur eine einzige urdeutsche Bezeichnung für das Mähwerkzeug haben, so ist doch wohl als sicher anzunehmen, daß die alten Germanen ursprünglich nur ein Mähinstrument kannten. Ein zweites lernten unsere Vorfahren wohl durch die Römer kennen und nahmen nun noch die Bezeichnung secula in ihre Sprache auf. Augenscheinlich ist dabei eine Art Begriffsverwechslung untergelaufen. Denn da sich in den bronzezeitlichen Gräbern der Germanen von Mähwerkzeugen nur das sichelförmige findet, so müßte diesem doch die eigentlich deutsche Bezeichnung "Sense" zukommen. Der Ausdruck "Sichel" aber hätte sich eher auf dasjenige Instrument zu beziehen, welches den Germanen ursprünglich fremd war, unsere jetzige Sense. Sichel und Sense, auch Säge bedeuten im Grunde ziemlich gleiches, da sie auf eine Wurzel zurückzuführen sind, die wir im lateinischen secare (schneiden) antreffen. Zu dieser Wurzel gehören auch die Bezeichnungen (Pflug-) Sech und Sachs, das Messer, nach welchem unser Volk seinen Namen haben soll. Unsere sogenannten wendischen Sicheln haben in der Form eine auffallende Aehnlichkeit mit den üblichen Baumsägenbügeln; die Klinge zeigt etwa die Gestalt einer halben Eilinie. Solche Sicheln waren bei uns noch lange in Gebrauch, als die Deutschen schon im Lande saßen; in der Rochlitzer Pflege grub ich auf dem "Kießling" bei Poppitz im Holz eine solche Sichel, zerbrochen, in Gemeinschaft mit einem silbernen Brakteat, einem klobigen Eisenbeil, Thon- und Glasscherben aus; der Fund dürfte etwa der Zeit um 1250 angehören. Sonst fand ich Bruchstücke von "wendischen" (?) Sicheln bei verschiedenen Dörfern der Gegend (Weiditz, Penna). Ob zur Zeit der Wnden und der beginnenden deutschen Kolonisation schon Sensen in der Rochlitzer Pflege verwendet wurden, kann ich nicht sagen, da ich noch keinen aufklärenden Fund gemacht habe. Es scheint aber aus verschiedenem hervorzugehen, daß ursprünglich um diese weitentlegenen Zeiten nur die Sichel üblich war. Ganz gewöhnlich nahmen unsere altadligen Geschlechter Darstellungen von landwirtschaftlichem Geräth als Wappenbilder an. Ich weiß nicht, ob ein sächsisches Geschlecht seit ältester deutscher Zeit unseres Landes Sensen im Schilde führten. Nach dem "Sächsischen Wappenbuch" von Freiherr v. Zedtwitz (Dresden 1899) weisen verschiedene uralte Geschlechter Sachsens Sicheln im Wappen auf, z.B. v. Tümpling, v. Otto, v. Lüttichau; nach diesem Werke führt aber keine ursprünglich sächsische Familie Arbeitssensen. Es wird zwar in dem Buche das Wappen der Grafen v. Ronow und Bieberstein mit Ackersensen angegeben, doch ist dieses Geschlecht als ursprünglich böhmisch bezeichnet. Das Altsächsische Geschlecht v. Reinhardt führt Kriegssensen (oder Pflugseche?) im Wappen, denn der Dorn oder die Angel ist nicht umgebogen. Auch als Hauszeichen bürgerlicher oder bäuerlicher Gebäude im Mittelalter scheint die Sense nicht verwendet worden zu sein. Nach den Hauszeichen (Hut, Harnisch, Hammer, Beil u.s.w.) nannten sich doch schließlich viele Familien: dem Personennamen "Sense" bin ich noch nie begegnet, während Sichel als solcher vorkommt; man braucht nur an den berühmten Maler zu denken. Ob eine Verfolgung dieser Namensangelegenheit viel Sicheres für geschichtliche Volkskunde, besonders auch für sächsische, zeitigen würde, mag dahin gestellt bleiben; jedenfalls läßt sich für nichtadlige Familien meist schwer nachweisen, woher sie stammen, wo sie ihren Namen angenommen haben. Sollte in Sachsen der Familienname "Sense" vorkommen, so könnte derselbe ursprünglich Ortsname gewesen sein, da (nach Schumanns Lexikon) der Ort Sänitz dialektisch "Sense" gesprochen wurde. In der Rochlitzer Pflege kommt "Sense" auch einmal als Flurname (in Döbeln) vor; es wäre möglich, daß diese Bezeichnung hier eine volksetymologische Umbildung von "Selse" wäre, welches slawische Wort als Flurname in der Gegend mehrfach (z.B. Stöbnig) auftritt und soviel wie "hinter den Erlen" bedeuten soll.
   Die Wetzsteine aus vor- und frühgeschichtlicher Zeit, die man bei Rochlitz oft in uralten Wallanlagen und heidnischen Grenzkultstellen antrifft, sind durchweg sehr klein, demnach wohl mehr für die Sichel berechnet. Wegen des sehr geringen Umfangs barg sie der Schnitter wohl meist in seiner Kleidung, steckte sie in den Gürtel, nicht aber in einen besonderen Behälter, in die sogenannte "Wetzkieze"; mitunter müssen diese Steine auch an Schnuren getragen worden sein, denn öfters zeigen sie gegen das eine Ende ein kleines, kreisrundes Loch. Ihre Schwänze sind meist eigenartig geschweift-spitzig abgewetzt, wie dies kaum durch die Sense geschieht. Das Material der Steine ist nicht gleichartig. Auffällig oft kommen in der Rochlitzer Gegend uralte Wetzsteine aus einem kalkigen Gestein vor, das von harten Adern durchzogen ist. Diese Fundstücke sind regelmäßig sehr stark angewittert; die Adern treten hoch über die angewitterte weiche Masse hervor und die Flächen bedeckt gewöhnlich noch eine dicke, bräunliche Kruste, welche sich in der Erde aufgesetzt hat und die so fest haftet, daß sie beim Abwaschen nicht weicht. Nicht selten wurden in uralter Zeit von Rochlitzer Schnittern als Wetzsteine auch Stücken von dem glimmerhaltigen Quarzitschiefer des "Wetzsteinberges", der auf der Grenze Doberenz-Weiditz liegt, gebraucht. Diese Kuppe trägt noch jetzt einen vorgeschichtlichen Wall; seine Steine fanden auch sonst in prähistorischer Zeit Verwendung: auf dem Rochlitz-Poppitzer "Kießling" grub ich unter einer großen Menge von Feuerstein-Kernstücken und Spänen einen solchen Wetzsteinbergstein aus, der eine tiefe, künstlich eingegrabene Rille zeigt. Zur Zeit der Kolonisation kannte man in der Rochlitzer Pflege auch schon allerhand eingeführte Wetzsteine aus Material fremder Gegenden, wie die Nachgrabungen ergeben. Uebrigens kommen auch schmale Miniaturwetzsteine, sehr zierlich gearbeitet, vor, die man aber wohl nur zum Wetzen kleiner Messer gebrauchte, wenn sie nicht gar als Votivgegenstände aufzufassen sind. Ein solcher kleiner Stein, 5cm lang, fand sich am vorgeschichtlichen Walle auf dem Borschelberge Biesern-Steudten; ein ähnliches Fundstück im Museum des Rochlitzer Geschichtsvereins entstammt einem Walle der Grimmaschen Pflege. Wetzsteine von einer derartigen Kleinheit sind heutzutage bei uns ganz unbekannt.
   Daß die Sense in uralter Zeit entweder garnicht oder nur in sehr beschränkter Weise in der Rochlitzer Gegend verwendet wurde, ergiebt sich auch aus alten Niederschriften über Frohndienste. Nie habe ich in Rochlitzer Quellen den Ausdruck "Sensenfröne" gefunden, während "Sichelfröne" ganz gewöhnlich, z.B. in den Stadtrechnungen, genannt wird. Die alten landwirtschaftlichen Handfrondienste des Rochlitzer Amtes wurden bis 1558 von den Unterthanen wirklich ausgeübt, dann aber in Geld umgewandelt. Die Jahresrechnungen des Amtes im 16.Jahrhundert buchen nun regelmäßig die Summe Geld (19 Schock, 30 Groschen, 10 Pfennige), welche für diese ehemals geleisteten Handdienste bezahlt wurde, geben aber auch zugleich an, worin die einzelnen Dienste früher bestanden. Für unsere Untersuchung sind diese wenigen Aufzeichnungen, welche sich auf das Mähen von Gras und Getreide beziehen, höchst bemerkenswerth; sie haben auch allgemeineren germanistischen Werth. Es heißt da: "Breitenborn haben - 15 Tage mit einer Sichel zubracht; Erlau haben zu gemeinen Jharen - Gras und Grummet gehauen, 20 Tage Korn geschnitten; Krossen haben jherlich 24 Tage Korn geschnitten mit einer Sichel; Roswitz haben jherlich - 4 Tage mit einer Sichel Korn geschnitten; Ratendorf haben jherlichen - 24 Tage mit einer Sichel Korn geschnitten; Spernsdorf haben 5 Tage mit einer Sichel Korn geschnitten, 5 Tage mit einer Sense Gras und Grummet zu Biesern gehauen." Aus dieser Niederschrift scheint hervorzugehen, daß man das Grasmähen auf Wiesen ehemals mit der Sense bewerkstelligte und "Hauen" nannte, während das Getreide mit der Sichel "Geschnitten" wurde. Heutzutage sagt der Bauer nur Grashauen, während er in Bezug auf das Getreide den Ausdruck "hauen" und "schneiden" ziemlich gleichmäßig verwendet. Daß das Getreide ursprünglich allgemein in der Rochlitzer Pflege mit der Sichel geschnitten wurde, geht aus einer weiteren Buchung der Amtsrechungen hervor. Das Amt nahm jährlich unter anderem auch ungedroschenes Getreide als Naturalzins ein, und zwar kam diese Lieferung von 21 Dörfern ein. Stets führt dieses ungedroschene Getreide in den Rechnungen den Namen "Sichelgarben"; es waren ihrer 19 Schock 33½ Garbe. Der Ausdruck "Sensengarbe" findet sich nie. Im "Rochlitzer Wald" wurde das Gras nur mit der Sichel gemäht. Das Amt verpachtete im 16.Jahrhundert die Rochlitzer Waldgräserei, wobei die Einnahme stets nach Sicheln zu 3½ Groschen berechnet wurde; beispielsweise nahm das Amt Michaelis 1582 1 Schock 27 Groschen 6 Pfennige von 25 Sicheln ein. Man darf wohl aus den alten Aufzeichnungen als sicher schließen, daß die Sense erst in verhältnißmäßig später Zeit, nicht vor dem 17.Jahrhundert, in der Rochlitzer Pflege die Vorherrschaft vor der Sichel erlangte.
   Sense und Sichel hat und hatte auch eine hohe Bedeutung im Handel und Handwerk. Ein helles Licht auf diese Erwerbsverhältnisse, welche sich aus dem Gebrauche des in Rede stehenden Handwerkszeugs in alter Zeit herausgebildet hatten, wirft ein Aktenstück des Rochlitzer Rathes aus dem jahre 1699 (I, Cap.VIII, S.1). Der Schleifer Daniel Frenzel in Rochlitz richtete damals an die sächsische Regierung das Gesuch, ihm den Handel mit Sensen, Sicheln und Futterklingen zu gestatten, da er sonst als "armer Mann" nicht wüßte, wie er sich und die Seinen ernähren solle. Die Regierung wandte sich deshalb um nähere Auskunft an den Rochlitzer Rath, der sich wiederum bei den Schmieden der Stadt Aufklärung verschaffte. Das Schmiedehandwerk wandte sich heftig gegen Frenzels Eingabe. Zunächst wurde letzterem Entstellung seiner persönlichen Verhältnisse vorgehalten. Es sei doch "Stadt und Landtkündig, daß deßen Töchter nicht nur den neuesten alamodischen Fontangen, Kleidern und mit Silber bordirten Schuhen einhertretten, sondern er auch schon alle Woch- und Jahrmärkte in zween Buden mit vielerley Wahren noch über sein, man weiß nicht wo, erlerntes Handwerkck, handthieret und handelt." Sodann führen die Schmiede aus, daß der Handel mit Sensen, Sicheln und Futterklingen "als Eißenwaren zu dem Schmiedehandwercke an allen Orten im gantzen heil. röm. Reiche gehören, auch von undencklichen Zeiten her von uns und unsern Vorfahren selbst zubereitet und gemachet worden, theils auch noch gemachet werden. Ungeachtet nun, nachdem das Eißen sehr theuer worden, auch an kleinem Orthe alß bey unß wegen deßelben Pachtes mehrer aufgeschlagen und gilt, wir solche Stücken und Wahren von denen steuermärckischen Kaufleuthen zu Leipziger Meßzeiten keuffen und wohlfeiler derzukommen können, alß wir solche wegen des theuren Eißsens noch selbst macheten, so folget doch nicht deswegen, daß ein ander und Schleiffer gleichermaßen mit solchen Wahren handeln und uns unsern Bißen Brot hierdurch entziehen dürffe." Das Schmiedehandwerk bäte auf Grund der Landes- und Polizeiordnung um Schutz seines Erwerbs und um Abweisung Frenzels um so mehr, da der Rochlitzer Schmiederei schon "von denen in herumbliegenden Dörffern sitzenden Stöhrern und Pfuschern der größte Schade zugezogen wird." Die Angelegenheit zog sich ein ganzes Jahr hin. Frenzel konnte gegen die Schmiede zu seinen Gunsten nichts vorbringen, wurde den 3.Februar 1700 abgewiesen und mußte auf den Sensen- und Sichelhandel verzichten.
   Es mag sein, daß sich ursprünglich die einzelnen Landespflegen unter einander durch gewisse Unterschiede in der Größe und Form der Mähwerkzeuge unterschieden. Derartige Abweichungen mußten Schwinden, als die einheimische Sensen- und Sichelschmiederei einging und man die Waaren von auswärts bezog. Für Rochlitz gilt dies nach obigem für die Zeit um 1700. Wann die uralte Baumsägebügelform der Eisensichel in der Rochlitzer Pflege der Halbmondform Platz machte, läßt sich zur Zeit noch nicht sagen. Ein auffallender Unterschied in der Größe der Sensen ist wahrnehmbar bei den Mäharbeitern auf unsern Rittergütern: die auswärtigen (sogenannten polnischen) Arbeiter führen bei gleicher Arbeit regelmäßig größere Sensen, als die Einheimischen.
   Bisher ist hauptsächlich die Rede gewesen von den Sensen und Sicheln als Mähinstrumenten. Sicher haben diese Werkzeuge auch in unseren Gegenden ihre kriegerische Bedeutung gehabt. Es ist wohl anzunehmen, daß die in Deutschland gefundenen kurzen, kräftigen Sicheln der Bronzezeit wie so viele andere geeignete Werkzeugarten (Hammer, Axt, Keil, Meißel und dergleichen) auch im Kampfe gebraucht wurden. Wir wissen, daß in geschichtlicher Zeit sich die bauern mit Vorliebe mit Sensen bewaffneten, und in dem "tollen Jahr" 1848 spielten ja auch in Sachsen, z.B. bei Erstürmung des Waldenburger Schlosses, die "Sensenmänner" ihre Rolle. Die Arbeitssensen sollen damals zu Kriegszwecken viel umgearbeitet worden sein: man steckte die Sensenangel, so daß ihre Richtung mit derjenigen des Blattes zusammenfiel; mitunter wurde das Blatt auch mit einer Tülle versehen, um die Klinge bequemer am Schafte ("Sensenbaum") befestigen zu können. Eine tüllenlose Kriegssense hat froße Aehnlichkeit mit dem Sech; mitunter erhielt sie noch auf dem Rücken einen Hacken, wodurch eine gläfenartige Waffe entstand. Ich habe aber in der Rochlitzer Gegend von diesen Kriegswaffen noch nichts angetroffen; man scheint hier vielmahr diesen Waffen bals nach dem Aufstande wieder ein friedlicheres Gepräge gegeben zu haben dadurch, daß in die Sensenschneide Zähne eingefeilt wurden, wodurch Stangensägen entstanden. Ich habe solche Stangensägen, die aus Sensen hervorgegangen sind, schon öfters in und um Rochlitz angetroffen, auch eine für das Museum des Rochlitzer Geschichtsvereins zurückgelegt. Mit diesen Sensensägen schnitt man vom Boden aus die Aeste des Baumes ab, die dann der Rückenhacken der Klinge herabwarf.
(Sonntagsbeilage (Wissenschaftl. Beilage) des Dresdner Anzeigers, Nr.27 vom 07.07.1902, S.211-213)

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