Geschichte & Forschung Ikonographie heidnische & religiöse Motive

Kelche und Hostien


 Einzeichnungen auf Steinkreuzen und Kreuzsteinen 

Wenigenhasungen
Hessen / Lkr. Kassel

Im Kreuzungsfeld ist beidseitig im Relief ein Kelch eingemeißelt.
Foto: Riebeling (1977)


Hohenbostel (II)
Niedersachsen / Lkr. Region Hannover

Kreuzsteinfragment. Unter dem erhaltenen rechten Kreuzarm die deutliche Einzeichnung eines Kelches mit Hostie darüber.
Foto: Marx (2007)


Stetten bei Haigerloch
Baden-Württemberg / Zollernalbkreis

Im Kreuzungsfeld beginnen, bis auf den Schaft reichend: großer Kelch.
Foto: Losch (1981)



Ramstein
Rheinland-Pfalz / Lkr. Kaiserslautern

Auf der Ostseite des "Pfaffenkreuz" ist ein Kelch und ein Buch dargestellt, auf der Westseite ist nur der Kelch zu erkennen.
Foto: Weinmann (1975)


Böhmischbruck I
Bayern / Lkr. Neustadt an der Waldnaab

Relief eines Kelches im Kreuzungsfeld.
Quelle: Hager (1907)


Unterauerbach
Bayern / Lkr. Schwandorf

Unmittelbar außerhalb des Dorfes am Wege nach Schwarzach ein Steinkreuz von Granit, worauf in Relief ein Kelch. Ohne Tradition. Wohl Sühnekreuz für die Ermordung eines Geistlichen.
Das Steinkreuz ist seit etwa 1945 verschwunden, 1967 wurde eine Kopie gesetzt.
Zeichnung: Hager (1907)



 Darstellungen in anderer Verwendung 

Reliefierter Kelch auf einer Grabplatte aus dem 17.Jh. im Kirchhof von Geithain (SN).
Foto: Gerth (2007)

Kelch mit Hostie auf einer Grabplatte aus dem 17.Jh. im Kirchhof von Geithain (SN).
Foto: Gerth (2007)

Kelch in ein Wappen gefasst. Detail einer Grabplatte aus dem 17.Jh. im Kirchhof von Geithain (SN).
Foto: Gerth (2007)

Die Darstellung von Kelch und Hostie (?) in der Codex Manesse, der Großen Heidelberger Liederhandschrift, die zwischen 1300 und 1340 in Zürich enstand.

Ein Kerzenständer auf dem Altar, einer Kelchdarstellung zum Verwechseln ähnlich. Codex Manesse (Bruder Eberhard von Sax).

Messingkelch um 1500, Silber, vergoldet. Altarleuchter, 16.Jh. aus der Marktkirche St. Jacobi Chemnitz (jetzt im Schloßbergmuseum Chemnitz)
Foto: Gerth (2008)

Grabstein des Hochwürd. Herrn Jh. Friedr. Leßner Pfarrer in Pautzfeld v.1744-1800 mit Kelchdarstellung als Attribut eines Pfarrers.
Foto Sauer (2008)



 Kunsgeschichtliche Entwicklung der Kelche 

Tassilokelch in Kremsmünster (nach Bock).
Der älteste bekannte Kelch befindet sich unter dem Namen des "Stifterbechers" in Kremsmünster und rührt, der rings um den Fuß laufenden Inschrift zufolge, von Herzog Tassilo und seiner Gemahlin Liutpirc her, welche das Kloster im Jahre 777 gegründet haben.
Quelle: Otte (1883)

Kelch in St. Aposteln in Köln (nach Bock).
Entstanden im 12. Jahrhundert. Der Knauf hält in den Durchbrechungen eines Filigrannetzes zartes Laubwerk mit erdbeerähnlichen Früchten, und um die Cuppa läuft eine Arkadenreihe mit den zwölf Aposteln in gravierter Arbeit.
Quelle: Otte (1883)

Kelch zu Zehdenik (nach v. Quast).
Romanischer Grundtypus mit schlichter, halbkugeliger Cuppa, einen weit vortretenden, nach oben und unten durch achteckig-prismatische Anläufe mit dem Schafte verbundenen Knauf mit acht kleinen, die Evangelistenzeichen und einen viermal wiederholten Christuskopf darstellenden Relief-Medaillons, und auf dem Fuße vier erhabene Medaillons mit neutestamentlichen Bildern und dazwischen angeordneten Engeln mit Spruchbändern; das der Natur nachgebildete Pflanzenornament (Weinlaub und Eichenblätter) am Ständer und Knauf deutet dagegen auf die der Gotik eigentümliche Schmuckweise.
Quelle: Otte (1883)

   Die ältesten Kelche bis ins XI. Jahrhundert, soweit deren bekannt sind, erinnern an den Typus gewisser antiker Trinkgefaße (pocula), welche bei den Gastmählern der Römer in der Kaiserzeit vielfach zu den Libationen in Gebrauch waren und zwei durch einen breiten mittleren Knauf verbundene Trinkschalen von gleicher Größe bildeten, so daß beliebig aus beiden getrunken werden, und beim Niedersetzen jede von beiden als Fuß dienen konnte. Denn obgleich bei den Kelchen der angegebenen Periode die Cuppa und der Fuß stets von ungleicher Größe und auch verschieden gebildet sind, so sind doch beide ebenfalls durch einen Knauf miteinander verbunden , und der Fuß, der immer die Form eines Trichters hat, könnte ebenfalls zum Trinken gebraucht werden, wenn der Kelch umgekehrt wird.
   Bei den Kelchen des XII. und XIII. Jahrhunderts hat die Trinkschale mehr oder weniger die Form einer Halbkugel, der große runde Fuß ist flach und gestaltet sich in der Mitte in geschwungener Linie zu einem kurzen cylindrischen Schafte, der zuweilen auch sich oberhalb des kugeligen Knaufes als Träger der Cuppa noch fortsetzt In den schönsten und anmutigsten Verhältnissen sind besonders mehrere Kelche gebildet, welche aus der Übergangszeit des XIII. Jahrh. stammen und im ganzen zwar dem älteren, romanischen Typus getreu, dennoch schon in dem eckig gestalteten Knauf und in einzelnen Ornamenten, sowie in der schmucklos und schlicht gehaltenen Cuppa auf die folgende gotische Periode hindeuten.
   Wenn bei den Kelchen der romanischen Periode in allen Details die Kreislinie vorherrscht, so tritt, den Prinzipien des sich auch der omamentistischen Künste bemächtigenden gotischen Baustiles gemäß, im XIV. bis XVI. Jahrhundert das Polygon und der Spitzbogen allmählich an deren Stelle, wovon eine größere Schlankheit in der äußeren Erscheinung der durchschnittlich 0,16 bis 0,21 hohen, regelmäßig aus vergoldetem Silber verfertigten Kelche die notwendige Folge war. Die Cuppa verläßt die Halbkugelform, wird eiförmig, kegelförmig, zuletzt geschweift oder kuppelartig gerundet Der in der frühromanischen Zeit ganz fehlende, später sich einschiebende Ständer wird zu einem selbständigen Hauptteile und nimmt statt der bisherigen kreisrunden, bald die vieleckige Gestalt an. Der Knauf bleibt zwar anfangs noch eine plattgedrückte Kugel, jedoch mit vielen Einkerbungen, so daß der Querschnitt desselben einen Stern mit abwechselnd abgerundeten und spitzen Strahlen bildet; häufiger indes treten aus dem flachrunden Nodus sechs runde oder übereckgestellt viereckige Zapfen (rotuli) hervor. Der Fuß, anfangs noch kreisrund, zerlegt sich in die Form der sechsblätterigen Rose und steigt steil zum Ständer empor. - Dem Ornamente ist in der gotischen Periode bei den Meßkelchen, anscheinend aus liturgischen Rücksichten, ein engeres Feld angewiesen: es beschränkt sich meist auf Ständer, Knauf und Fuß und besteht in der Regel aus architektonischem Maßwerk, seltener aus der Natur nachgebildeten Blättern. Die Schilder der sechs Rotuli sind häufig emailliert oder nielliert und mit den Buchstaben des Namens Jesu ihesvs, auch † maria bezeichnet Auf dem Fuße, dessen Rand oft von Vierblättchen durchbrochen erscheint, ist fast regelmäßig der kirchlichen Vorschrift zufolge das Signaculum angebracht, auch nach alter Sitte oft eine ringsum laufende Inschrift mit den Namen der Donatoren.
(Otte, Dr. Heinrich - Kunst-Archäologie des Deutschen Mittelalters, Erster Band, 1883, S.220-230)



 Weiterführende Quellen und Literatur (speziell) 
Hager, Georg (Hrg.) - Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern, 2.BD, Regierungsbezirk Oberpfalz und Regensburg, 1907
Mittler, Elmar / Werner, Wilfried - Codex Manesse, die Große Heidelberger Liederhandschrift. Katalog zur Ausstellung, Universitätsbibliothek Heidelberg 1988
Otte, Dr. Heinrich - Kunst-Archäologie des Deutschen Mittelalters, Erster Band, 1883


nach oben

Sühnekreuze & Mordsteine