Tassilokelch in Kremsmünster (nach Bock).
Der älteste bekannte Kelch befindet sich unter dem Namen des "Stifterbechers" in Kremsmünster und rührt, der rings um den Fuß laufenden Inschrift
zufolge, von Herzog Tassilo und seiner Gemahlin Liutpirc her, welche das Kloster im Jahre 777 gegründet haben.
Quelle: Otte (1883)
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Kelch in St. Aposteln in Köln (nach Bock).
Entstanden im 12. Jahrhundert. Der Knauf hält in den Durchbrechungen eines Filigrannetzes zartes Laubwerk mit erdbeerähnlichen Früchten, und um die Cuppa läuft eine
Arkadenreihe mit den zwölf Aposteln in gravierter Arbeit.
Quelle: Otte (1883)
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Kelch zu Zehdenik (nach v. Quast).
Romanischer Grundtypus mit schlichter, halbkugeliger Cuppa, einen weit vortretenden, nach oben und unten durch achteckig-prismatische Anläufe mit dem
Schafte verbundenen Knauf mit acht kleinen, die Evangelistenzeichen und einen viermal wiederholten Christuskopf darstellenden Relief-Medaillons, und auf dem Fuße
vier erhabene Medaillons mit neutestamentlichen Bildern und dazwischen angeordneten Engeln mit Spruchbändern; das der Natur nachgebildete Pflanzenornament
(Weinlaub und Eichenblätter) am Ständer und Knauf deutet dagegen auf die der Gotik eigentümliche Schmuckweise.
Quelle: Otte (1883)
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Die ältesten Kelche bis ins XI. Jahrhundert, soweit deren bekannt sind, erinnern an den Typus gewisser
antiker Trinkgefaße (pocula), welche bei den Gastmählern der Römer in der Kaiserzeit vielfach zu den Libationen in Gebrauch waren und zwei durch einen
breiten mittleren Knauf verbundene Trinkschalen von gleicher Größe bildeten, so daß beliebig aus beiden getrunken werden, und beim Niedersetzen jede von beiden
als Fuß dienen konnte. Denn obgleich bei den Kelchen der angegebenen Periode die Cuppa und der Fuß stets von ungleicher Größe und auch verschieden gebildet
sind, so sind doch beide ebenfalls durch einen Knauf miteinander verbunden , und der Fuß, der immer die Form eines Trichters hat, könnte ebenfalls zum Trinken
gebraucht werden, wenn der Kelch umgekehrt wird.
Bei den Kelchen des XII. und XIII. Jahrhunderts hat die Trinkschale mehr oder weniger die Form einer
Halbkugel, der große runde Fuß ist flach und gestaltet sich in der Mitte in geschwungener Linie zu einem kurzen cylindrischen Schafte, der zuweilen auch sich oberhalb
des kugeligen Knaufes als Träger der Cuppa noch fortsetzt In den schönsten und anmutigsten Verhältnissen sind besonders mehrere Kelche gebildet, welche aus der
Übergangszeit des XIII. Jahrh. stammen und im ganzen zwar dem älteren, romanischen Typus getreu, dennoch schon in dem eckig gestalteten Knauf und in einzelnen
Ornamenten, sowie in der schmucklos und schlicht gehaltenen Cuppa auf die folgende gotische Periode hindeuten.
Wenn bei den Kelchen der romanischen Periode in allen Details die Kreislinie vorherrscht, so tritt, den Prinzipien des sich auch der
omamentistischen Künste bemächtigenden gotischen Baustiles gemäß, im XIV. bis XVI. Jahrhundert das Polygon und der Spitzbogen allmählich an deren Stelle, wovon
eine größere Schlankheit in der äußeren Erscheinung der durchschnittlich 0,16 bis 0,21 hohen, regelmäßig aus vergoldetem Silber verfertigten Kelche die notwendige
Folge war. Die Cuppa verläßt die Halbkugelform, wird eiförmig, kegelförmig, zuletzt geschweift oder kuppelartig gerundet Der in der frühromanischen Zeit ganz fehlende,
später sich einschiebende Ständer wird zu einem selbständigen Hauptteile und nimmt statt der bisherigen kreisrunden, bald die vieleckige Gestalt an. Der Knauf bleibt
zwar anfangs noch eine plattgedrückte Kugel, jedoch mit vielen Einkerbungen, so daß der Querschnitt desselben einen Stern mit abwechselnd abgerundeten und spitzen
Strahlen bildet; häufiger indes treten aus dem flachrunden Nodus sechs runde oder übereckgestellt viereckige Zapfen (rotuli) hervor. Der Fuß, anfangs noch kreisrund,
zerlegt sich in die Form der sechsblätterigen Rose und steigt steil zum Ständer empor. - Dem Ornamente ist in der gotischen Periode bei den Meßkelchen, anscheinend
aus liturgischen Rücksichten, ein engeres Feld angewiesen: es beschränkt sich meist auf Ständer, Knauf und Fuß und besteht in der Regel aus architektonischem
Maßwerk, seltener aus der Natur nachgebildeten Blättern. Die Schilder der sechs Rotuli sind häufig emailliert oder nielliert und mit den Buchstaben des Namens Jesu
ihesvs, auch maria bezeichnet Auf dem Fuße, dessen Rand oft von Vierblättchen durchbrochen erscheint, ist fast regelmäßig der kirchlichen
Vorschrift zufolge das Signaculum angebracht, auch nach alter Sitte oft eine ringsum laufende Inschrift mit den Namen der Donatoren.
(Otte, Dr. Heinrich - Kunst-Archäologie des Deutschen Mittelalters, Erster Band, 1883, S.220-230)