Geschichte & Forschung Ikonographie sonstige Motive

das Mühlespiel


 Einzeichnungen auf Steinkreuzen und Kreuzsteinen 

Ernstkirchen
Bayern / Lkr. Aschaffenburg

Die erst 1958 entdeckte Platte zeigt eine Vielzahl an Darstellungen, u.a. auch ein Mühlespiel.
Foto: Büttner (1990)


Quedlinburg II
Sachsen-Anhalt / Lkr. Lkr. Quedlinburg

In der Wipertikrypta befindet sich eine Grabplatte, die 3 Mühlespiele aufweist. Zwei oberhalb des Kreuzbalkens und eines rechts am Kreuzstamm.
Foto: Fuhrmann / Vogt (2009)


Neuhaus im Solling (II)
Niedersachsen / Lkr. Holzminden

Benennung: "Bredenstein". Vermutlich ein frühgeschichtlicher Kultstein. Auf der Oberseite befindet sich eingeritzt ein Mühlespiel.
Foto: Blaszczyk (2009)



 Darstellungen in anderer Verwendung 

Römerturm (Südseite) in Regensburg, möglicherweise Mühlespiel und Radkreuze als eingeritzte Steinmetzzeichen.
Quelle: Bauer (1970)

Im oberen Wohnturmgeschoß des "Schlössel" bei Klingenmünster / Pfalz befindet sich auf einer Fenstersohlbank ein eingeritztes Mühlespiel aus der Zeit zwischen 1118 bis 1168, das von der Turmbesatzung als Spielbrett benutzt worden sein könnte.
Quelle: Büttner (1990)


 Weitere Hinweise und Deutungsversuche 

[...] Da weder der Aachener Königsthron, noch Grabplatten oder ein vier Meter hohes Mauerwerk zum Mühlespielen zu benutzen waren, ist anzunehmen, daß die Ritzeinzeichnung eines Mühlespieles auch eine andere Bedeutung gehabt haben muß, als ein normales Spielbrett. Aber auch als Steinmetzzeichen erscheint das Mühlespiel am nordwestlichen Turm der Untermarkt-Kirche in Mühlhausen / Thüringen. Ebenso hatte die Straßburger Haupthütte das Mühlespiel als Kennzeichen.
In der Literatur gilt das Mühlespiel vielfach als Symbol der Macht, der Ordnung, Fruchtbarkeit und gänzlich ohne Symbolik einfach als Spielbrett.
Über Mühle- oder Mühlbrettspiele ist in den letzten Jahren viel geschrieben worden. Meistens sind sie frühgeschichtlich und die Verbreitung dieser Brett- und Mühlespiele reichen als Felszeichnungen von Südnorwegen über Skandinavien bis zur Taman-Halbinsel. Beispiele finden sich im Eibsandsteingebirge, auf dem Teufelstein im Forst bei der Burg und dem Dorf Lichtenstein bei Ebern. Ebenso mehrfach im Alpenbereich, Tirol, im Salzburgischen, an der Pyrnpaßstraße bei Spital, in Oberösterreich in der Höll am Warscheneck, meist zusammen mit anderen Felsbildern und vielfachen Ritzzeichnungen aus der Jungsteinzeit oder früher.
(Büttner, Theo - Die Bildplatte von Schöllkrippen-Ernestkirchen. Ikonographische Vergleiche, Schöllkrippen 1990, S.34, zugleich: Das Kleindenkmal 17, 1993, Nr.1)

Besondere Aufmerksamkeit gilt dem im Planum 2 freigelegten Kreuzstein. Der in Westostausrichtung liegende Stein befand sich in dem Bestattungshorizont mit den meisten Steinkistengräbern und weist eine Länge von 1,95m, eine Breite von 0,52m und eine Höhe von 0,40m auf. Der Stein zeigt an seiner Oberseite ein noch 0,45m langes und 0,35m breites, erhaben gearbeitetes, aber verschliffenes Kreuz. Der untere Kreuzbalken scheint ursprünglich länger gewesen zu sein. In einem Abstand von 0,40m unterhalb des noch sichtbaren Kreuzes befindet sich ein 0,35m x 0,27m großes eingeritztes Mühlespiel sowie eine Kreuz- und Sternritzung. An den Längsseiten sind noch schwach die Reste einer wohl ehemals umlaufenden Rille zu erkennen. Erst 0,50m unter dem Kreuzstein konnte eine Bestattung erfasst werden. Ein Zusammenhang beider Befunde ist wahrscheinlich nicht gegeben, zumal der Stein auch nur die linke Körperseite der Bestattung überdeckt. Die stilgeschichtliche Einordnung des Kreuzsteines bleibt zunächst ungeklärt, sein Erscheinungsbild weist ihn möglicherweise in die romanische Zeit. Das eingeritzte Mühlespiel kann weniger zu einer Datierung verhelfen, trotzdem sei an dieser Stelle ein Beispiel genannt. Ein Grabstein, der während der Domausgrabungen im Fundament der ab 1071 errichteten Liudgerkapelle gefunden wurde, zeigt eine vergleichbare Mühleritzung. Die schlanke Form, der etwa quadratische Querschnitt und seine Länge deuten eventuell auf eine ursprünglich tragende Funktion des Steines hin, der dann in einem älteren Bauwerk in der Umgebung der Fundstelle gestanden haben müsste.
Direkt über dem Stein sowie in seiner näheren Umgebung ließ sich während der Ausgrabung eine ca. 0,10m starke Schicht aus Sandsteinschutt beobachten, die vermutlich mit einer Bauphase des Domes in Verbindung gebracht werden kann, aber keine datierbaren Funde enthielt. Die Sohle der Schuttschicht stellt eine zeitweilige Geländeoberfläche südwestlich des Domes dar und erklärt möglicherweise den Verschliff der Oberseite des Kreuzsteines.
Zur Datierung der Steinkistengräber können vergleichbare Beifunde von den Ausgrabungen im Dom herangezogen werden, die dem 12.Jahrhundert zugeordnet werden. Der Mangel an zeitlich fixierbaren Beifunden in den Gräbern, erlaubt für die übrigen Bestattungen keine sichere chronologische Zuordnung. Unter dem Bestattungshorizont mit den meisten Steinkistengräbern folgten noch weitere vier Horizonte die darauf hinweisen, dass der Friedhof im Bereich der Ausgrabung sicherlich schon im 11.Jahrhundert bzw. noch früher bestanden hatte.
(Kunkel, Friedrich - Die Ausgrabung eines mittelalterlichen Friedhofbereiches südwestlich vor dem Halberstädter Dom, in: Siebrecht, Adolf (Hrsg.): Geschichte und Kultur des Bistums Halberstadt 804-1648, Halberstadt 2006, S.159-165)



 Weiterführende Quellen und Literatur (speziell) 
Büttner, Theo - Die Bildplatte von Schöllkrippen-Ernestkirchen. Ikonographische Vergleiche, Schöllkrippen 1990, zugleich: Das Kleindenkmal 17, 1993, Nr.1
Bauer, Karl - Regensburg, 1970, S.302
Oehrl, Dr.Sigmund - Der Bredenstein bei neuhaus und die Bedeutung der "Mühlespiel"-Ritzungen, in: Sollinger Heimatblätter, Heft 3, 2008, S.16-25


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