[...] Da weder der Aachener Königsthron, noch Grabplatten oder ein vier Meter hohes Mauerwerk
zum Mühlespielen zu benutzen waren, ist anzunehmen, daß die Ritzeinzeichnung eines Mühlespieles auch eine andere Bedeutung gehabt haben muß, als ein normales
Spielbrett. Aber auch als Steinmetzzeichen erscheint das Mühlespiel am nordwestlichen Turm der Untermarkt-Kirche in Mühlhausen / Thüringen. Ebenso hatte die
Straßburger Haupthütte das Mühlespiel als Kennzeichen.
In der Literatur gilt das Mühlespiel vielfach als Symbol der Macht, der Ordnung, Fruchtbarkeit und gänzlich ohne Symbolik einfach als Spielbrett.
Über Mühle- oder Mühlbrettspiele ist in den letzten Jahren viel geschrieben worden. Meistens
sind sie frühgeschichtlich und die Verbreitung dieser Brett- und Mühlespiele reichen als Felszeichnungen von Südnorwegen über Skandinavien bis zur Taman-Halbinsel.
Beispiele finden sich im Eibsandsteingebirge, auf dem Teufelstein im Forst bei der Burg und dem Dorf Lichtenstein bei Ebern. Ebenso mehrfach im Alpenbereich,
Tirol, im Salzburgischen, an der Pyrnpaßstraße bei Spital, in Oberösterreich in der Höll am Warscheneck, meist zusammen mit anderen Felsbildern und vielfachen
Ritzzeichnungen aus der Jungsteinzeit oder früher.
(Büttner, Theo - Die Bildplatte von Schöllkrippen-Ernestkirchen. Ikonographische Vergleiche, Schöllkrippen 1990, S.34, zugleich: Das Kleindenkmal 17, 1993, Nr.1)
Besondere Aufmerksamkeit gilt dem im Planum 2 freigelegten Kreuzstein. Der in Westostausrichtung liegende
Stein befand sich in dem Bestattungshorizont mit den meisten Steinkistengräbern und weist eine Länge von 1,95m, eine Breite von 0,52m und eine Höhe von 0,40m auf.
Der Stein zeigt an seiner Oberseite ein noch 0,45m langes und 0,35m breites, erhaben gearbeitetes, aber verschliffenes Kreuz. Der untere Kreuzbalken scheint
ursprünglich länger gewesen zu sein. In einem Abstand von 0,40m unterhalb des noch sichtbaren Kreuzes befindet sich ein 0,35m x 0,27m großes eingeritztes
Mühlespiel sowie eine Kreuz- und Sternritzung. An den Längsseiten sind noch schwach die Reste einer wohl ehemals umlaufenden Rille zu erkennen. Erst 0,50m unter
dem Kreuzstein konnte eine Bestattung erfasst werden. Ein Zusammenhang beider Befunde ist wahrscheinlich nicht gegeben, zumal der Stein auch nur die linke
Körperseite der Bestattung überdeckt. Die stilgeschichtliche Einordnung des Kreuzsteines bleibt zunächst ungeklärt, sein Erscheinungsbild weist ihn möglicherweise
in die romanische Zeit. Das eingeritzte Mühlespiel kann weniger zu einer Datierung verhelfen, trotzdem sei an dieser Stelle ein Beispiel genannt. Ein Grabstein, der
während der Domausgrabungen im Fundament der ab 1071 errichteten Liudgerkapelle gefunden wurde, zeigt eine vergleichbare Mühleritzung. Die schlanke Form, der
etwa quadratische Querschnitt und seine Länge deuten eventuell auf eine ursprünglich tragende Funktion des Steines hin, der dann in einem älteren Bauwerk in der
Umgebung der Fundstelle gestanden haben müsste.
Direkt über dem Stein sowie in seiner näheren Umgebung ließ sich während der Ausgrabung eine ca. 0,10m starke Schicht aus Sandsteinschutt beobachten, die
vermutlich mit einer Bauphase des Domes in Verbindung gebracht werden kann, aber keine datierbaren Funde enthielt. Die Sohle der Schuttschicht stellt eine zeitweilige
Geländeoberfläche südwestlich des Domes dar und erklärt möglicherweise den Verschliff der Oberseite des Kreuzsteines.
Zur Datierung der Steinkistengräber können vergleichbare Beifunde von den Ausgrabungen im Dom herangezogen werden, die dem 12.Jahrhundert zugeordnet
werden. Der Mangel an zeitlich fixierbaren Beifunden in den Gräbern, erlaubt für die übrigen Bestattungen keine sichere chronologische Zuordnung. Unter dem
Bestattungshorizont mit den meisten Steinkistengräbern folgten noch weitere vier Horizonte die darauf hinweisen, dass der Friedhof im Bereich der Ausgrabung
sicherlich schon im 11.Jahrhundert bzw. noch früher bestanden hatte.
(Kunkel, Friedrich - Die Ausgrabung eines mittelalterlichen Friedhofbereiches südwestlich vor dem Halberstädter Dom, in: Siebrecht, Adolf (Hrsg.):
Geschichte und Kultur des Bistums Halberstadt 804-1648, Halberstadt 2006, S.159-165)