Deutschland Mecklenburg-Vorpommern Lkr. Nordvorpommern

Grün Kordshagen


Rückseite

Detail der
Minuskel-Inschrift
(Vorderseite)

Detail der
Minuskel-Inschrift
(Rückseite)

Abbildung in den
Bau- und
Kunstdenkmalen
(1996)

Skizze der Vorder-
und Rückseite

PLZ: 18442

GPS:

Standort: Im Grundstück "Hauptstraße 7", im Gemüsebeet.

Größe / Material: 240:60:21 / Kunstharz mit Steinmehlbeschichtung (Kopie)

Geschichte: In der älteren Literatur auch unter Berthke geführt. Typische Stelenform mit rundem Kopfstück. Eine originalgroße Kopie von ca. 1999. Höhe 2,40m, Breite 0,60m, Dicke 0,21m. Material: Kunstharz, mit Steinmehl beschichtet.
Auf Nordseite des Steines:
Im oberen Teil eine eingeritzte Darstellung Christi als Weltenrichter. Darunter ganzfigurige Darstellung eines betenden Mönches, dem sich von unten ein Schwert in den Leib, oberhalb der Gürtellinie, bohrt. Nach den durch die Parierstange und die Größe des Griffes angedeuteten Maßverhältnissen muß die Verletzung sofort tödlich gewesen sein.
Von den Händen ausgehend verläuft ein nach unten geschwungenes Spruchband. Dessen Minuskelinschrift lautet:
misere[re] mei deus.
Das heißt: "Gott erbarme dich meiner". Unter der Figur ist eine fünfzeilige Minuskelinschrift angeordnet:
Anno dni m [c]ccc.xc [...] fei sec•post d[o]minica[m] q•canta’ incovavit obii[t] frater detmarus mwrdorp or p eo.
Das heißt: "Im Jahre des Herrn 1440 zwei Tage nach dem Fest Incovavit (also am 18. Februar) starb Bruder Detmarus Mordorf (Muurdorp). Bittet für ihn".
Detmarus Mordorf war Landreiter des in der Nähe liegenden Zisterzienserklosters Campe (später Neuenkamp / Franzburg).
Auf der Rückseite des Steines:
Im oberen Teil eine Darstellung der Kreuzigungsgruppe, darunter unter einem mit Krabbenornamenten besetzten Bogen die ganzfigurige Gestalt eines betenden Mönches. Ganz unten ist eine vierzeilige plattdeutsche Inschrift:
Alle de her henne gan ik bidde se en klenasta unde bidde got kortedit make desele pyne qujd.
Das heißt: "Alle die hier gehen (vorübergehen), ich bitte sie, ein Kleines stehen (zu bleiben) und bitte Gott, kurze Zeit mache die Seele von Pein frei.
Die Inschrift und ihre Übertragung werden nach einer im Institut für Denkmalpflege, Arbeitsstelle Schwerin, erhaltenen handschriftlichen Aufzeichnung des früheren Konservators A. Stubenrauch wiedergegeben, der den Stein um 1895 säuberte, beide Seiten fotografierte und die Inschrift deutete. Die in [ ] gesetzten Buchstaben waren damals bereits unkenntlich.
Anfang der 1990er Jahre hatte der Stralsunder Kreistag 15 000 Mark für die Restaurierung bereitgestellt. Es war der einzige Posten im Plan "Wissenschaft, Forschung, Kulturpflege". Die Neuanfertigung erfolgte 1994/95 in Stralsund, Jakobiturmstraße, im Atelier vom Bildhauer Hans-Peter Jaeger. Zuvor wurde am alten Standort in Grün Kordshagen eine Säuberung und eine Nachzeichnung der Ritzzeichnungen mittels Holzkohle von ABM-Kräften angefertigt (siehe Foto unter Steinhagen). In Stralsund wurden in der Werkstatt je ein Gipsabdruck von beiden Seiten des Sühnesteines gegossen, die die Grundlage für die Kopie aus Epoxidharz bildete. Anschließend wurde die beiden Hälften des Kunststoffobjektes zusammengefügt und mit Steinmehl beschichtet.
Diese originalgroße Kopie in Grün Kordshagen steht seit 1999 am Originalstandort im Grundstück von Herrn Karlheinz Rhode, Hauptstraße 7, im Gemüsebeet.
Der von witterungseinflüssen gefährdete Original-Sühnestein wurde vorher im benachbarten Ort Steinhagen aufgestellt.
Die Kopie ist äußerst exakt und detailgetreu hergestellt und teilweise besser erhalten als das heutige Original.
Der Stein gibt sogar heute noch Rätsel auf", erzählt Restaurator Hans-Peter Jaeger, "Wir wissen beispielsweise nicht, was die französische Lilie bei dem Christus zu bedeuten hat."

Sage: Der Mönch hatte ein Liebesverhältnis mit einer jungen Bäuerin. Er wurde von dem Klosterbauern erwischt. Der aus dem Haus tretende Mönch wurde auf dem Gang zu seinem Pferd vom abwartetem Bauern niedergestochen. Da die Bauern nun nicht ständig Schwerter bei sich trugen, darf man getrost mißtrauisch bei der Täterbeschreibung und dem Tathergang sein, so Dr. Hartmut Schmied. Nach der Reformation und der Säkularisierung der Klöster (Überführung des Kirchengutes in weltlichen Besitz, meist des Adels, des Landesherrn oder der Städte) wurde das Klosterleben gern ins schlechte Licht gerückt, um die Enteignungen zu begründen.

Quellen und Literatur:
Saal, Walter - Beischlagsteine und ihre Beziehungen zu Grabkreuzen und Sühnezeichen, in: Steinkreuzforschung, Sammelband Nr.4, 1982, S.30-35
Schmied, Hartmut - Die schwarzen Führer Mecklenburg-Vorpommern, Eulen Verlag, Freiburg i. Br., 2001, S.54-55
"Uns Dörp. Eine Landpartie der OZ-Lokalredaktion heute in Grün Kordshagen“.- In: Ostsee-Zeitung.
Die Bau- und Kunstdenkmale in Mecklenburg-Vorpommern. Vorpommersche Küstenregion, Henschel Verlag, Berlin 1996, S.54, mit s/w-Foto.
Ende, Horst - Denk- und Sühnesteine in Mecklenburg – In: Informationen des Bezirksarbeitskreises für Ur- und Frühgeschichte, Heft 13 (1973), S.56-67 unter Berthke
Recherche und Bilder von: Forschungsgruppe Preußische, Mecklenburgische und Anhaltische Meilensteine e.V.


Sühnekreuze & Mordsteine