Deutschland Mecklenburg-Vorpommern Lkr. Ostvorpommern

Grüttow


Zustand 2012
Fotos: Gerth

Rückseite
Abbildung bei
Jakob (1979)

Abbildungen bei
Lemcke (1899)

PLZ: 17391

GPS: N 53° 51,998', O 13° 31,993'

Standort: An der Straße nach Jarmen, am Abzweig nach Grüttow.

Größe / Material: 100:80:40 / roten Granitfindling

Geschichte: Auf der Rückseite des Steines ist in einer bogenförmigen Umrahmung eine strichartige Figur unvollständig eingeritzt. Sie trägt einen in Falten geworfenen bis unter die Knie reichenden Mantel.

Eine besondere archäologische Kostbarkeit besitzt der Kreis Anklam im Wartislawstein bei Grüttow, direkt an der Chaussee (von Anklam) nach Jarmen gelegen. Es ist einer der seltenen slawischen Bildsteine. Auf einer Seite trägt er das christliche Kreuz neben dem heidnischen Füllhorn, wie auch auf den Bildsteinen in Bergen und Altenkirchen zu sehen, auf der anderen Seite ist eine menschliche Figur eingeritzt. ("Hügelgrab und Rillenstein" 1989)

Die erste urkundliche Erwähnung Stolpes reicht zurück bis ins Hochmittelalter, als 1136 in Stolpe der zum Christentum übergetretene pommersche Herzog Wartislaw I. aus dem Greifengeschlecht (der Greif im pommerschen Landeswappen entstammt seinem Wappen) von einem wendischen Edelmann ermordet wurde, und dadurch zum Märtyrer wurde. Am vermutlichen Tatort, im sog. "Grüttowschen Grund" in der Nähe Stolpes, wurde später zum Gedenken an die Bluttat der Wartislaw-Stein errichtet.
Die Söhne Wartislaws errichteten in Stolpe zum Gedächtnis an ihren Vater eine Kirche und setzten seine Leiche in ihr bei. Um die Christianisierung, für die Wartislaw gestorben war, weiter voranzubringen, stiftete sein Bruder Ratibor I. im Jahre 1153 ein Kloster. Dieses Kloster gehörte zum Benediktinerorden und war das erste in Vorpommern. (Stürken o.J.)

   * Denkstein (Fig.91 und 92). Etwa 1km nördlich vom Dorf steht in einer Wiese unmittelbar neben der nach Demmin führenden Steinstrasse, nördlich von derselben, dort, wo die Strasse nach Wussentin sich südwärts abzweigt, ein ungefähr 1m über den Erdboden hervorragender und ebenso breiter, nur an den Flachseiten bearbeiteter Stein von rothem Granit. Er ist an diese Stelle erst bei dem Bau der Steinstrasse versetzt worden; auf seiner südlichen Seite ist ein lateinisches Kreuz, dessen Stiel und Balken 9cm breit sind, sehr flach eingemeisselt; unter dem (vom Beschauer) linken Kreuzarm ebenso ein gekrümmtes, mit der Spitze nach unten gerichtetes Horn. Auf der nördlichen Seite sieht man bei seitlicher Beleuchtung noch deutlich innerhalb einer vertieften Umrahmung eine menschliche Figur in Umrisslinien ganz in der unvollkommenen Art und Zeichnung dargestellt, die auf den ältesten, aus heidnischer Zeit stammenden Steinbildern Rügens vorkommt. [...]
   Der Stein wird von der Ortssage als ein Denkmal aufgefasst, das dem ersten christlichen Fürsten Pommerns, Wartislaw dem Bekenner, (vgl. unten StoIpe) errichtet sei, der unweit von Stolpe am Peenestrand von einem heidnischen Wenden 1135 erschlagen wurde. Die rohe Arbeit, die Aehnlichkeit mit den als wendisch geltenden Steinen von Altenkirchen und Bergen weist auf die Zeit der ersten Anfänge höherer Kultur in unsern Landen sehr deutlich hin. Die Verbindung des Kreuzes mit dem Horn, dem Symbol des wendischen Heidenthums (vgl. die Schilderung des Swantewit nach Saxo Grammaticus bei Barthold) lässt die Beziehung auf den ersten zum Christenthum übergetretenen Pommernfürsten sehr wohl zu. Die bildliche Darstellung auf der nördlichen Seite des Steines war bisher unbekannt, sie wurde durch einen glücklichen Zufall bei der Untersuchung des Steines erst vor kurzem wieder entdeckt und wenn die Beziehung auf Wartislaw den Bekenner - für die ja auch der Standort spricht und - seine Zeit nicht mehr bestritten werden kann, muss dem Stein von Grüttow eine besondere Bedeutung zuerkannt werden; er ist das älteste historische Denkmal Pommerns und zugleich das erste Steindenkmal aus seiner historischen Zeit. (Lemcke 1899)

Sage: Der Volkssage nach soll er zu Ehren des um 1136 bei Stolpe von einem Slawen ermordeten ersten christlichen Herzogs Pommerns Wartislaw I. errichtet worden sein. Wobei das Kreuz das Christentum symbolisieren soll, das Horn die slawische Führungsschicht.

Quellen und Literatur:
Heller, Carl - Chronik der Stadt Wolgast, 1829
Gadebusch, W.F. - Chronik der Insel Usedom,1863
Lemcke, Hugo - Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Stettin, Heft II: Der Kreis Anklam, Stettin 1899, S.198-200
Jakob, Hans - Der Schamelstein bei Kirchleus, in: Archiv für Geschichte von Oberfranken, 59.Bd., Bayreuth 1979, S.19 m.Abb.
"Hügelgrab und Rillenstein", in Norddeutsche Neueste Nachrichten, vom 11.03.1989
Hinz, J. - Wegweiser Pommern, 1996
Mohr, Lutz - Aus alten Überlieferungen ausgekramt: Die Sage vom Wartislaw-Stein bei Stolpe, in: Heimathefte für Mecklenburg und Vorpommern (Schwerin), 7.Jg., Heft 1/1997, S.49-50
Stürken, Axel - Stolpe - Ein geschichtlicher Abriß, o.J.
Neuwald, Hartwig K. - Es beginnt mit Wartislaw und Ratibor, in: Nordkurier, Beilage Heimatkurier, vom 30.09.2013, S.23
recherchiert und bebildert von: Forschungsgruppe Preußische, Mecklenburgische und Anhaltische Meilensteine e.V. (Foto von 2005)
Ergänzungen von Sven Gerth, Meerane (Fotos vom 21.05.2012)



Herzog Wartislaw I. von Pommern
(reg. 1107 bis 1135 / 1136?) später der "Bekenner" genannt

Er war der erste erbliche Herzog in der vorpommerschen Linie und ein Sohn des Svantibor's I., des Stammvaters aller pommerschen Herzöge. Wartislaw residierte in Wolgast. Er war bemüht, die Pommern zum Christentum zu bekehren. Im Frühling des Jahres 1128 erließ der Herzog Wartisiaw auf Betreiben des Bischofs Otto von Bamberg eine Aufforderung an alle Grafen, Freiherren, an die Städte, Hauptleute und Amtleute zur Teilnahme an einem, am 1. Pfingsttage, in der Stadt Usedom abzuhaltenden Landtag, auf welchem Wege und Mittel zur Ausbreitung des Christentums in Pommern beraten werden soll. Der Landtag, im Beisein Otto von Bamberg, war gut besucht. Es wurde der Beschluß gefaßt, jeweils zwei Diener der christlichen Kirche in die größeren Gemeinden zu senden, Doch die Einführung des Christentums ging nicht ohne Kampf vonstatten. Nachdem ein Aufstand des heidnischen Volkes in Wolgast bekannt wurde, begab sich Bischof Otto von Bamberg in Begleitung des Herzog Wartislaw mit einer Schar Kriegsvolk von der Stadt Usedom nach Wolgast, wo der Aufstand gedämpft wurde und die Zerstörung des Tempels des Heidengottes Borowitt und die Bekehrung der Einwohner glücklich vonstatten ging. Es wurde Zeit daß das Christentum eingeführt wurde. Denn um diese Zeit stand der Herzog Boleslaw von Polen mit einem Heer an der Grenze und gedachte die Pommern mit Gewalt zu dem christlichen Glauben, der bereits 1124, bei der ersten Reise des Otto von Bamberg, teilweise angenommen wurde, aber viele wieder abtrünnig geworden waren, zurückzubringen. Als Otto von Bamberg vom Kaiser Lothar zurückberufen wurde, schrieb sein Biograph: "...zärtlich schied er von seinem Freunde Wartislaw und kehrte durch Polen nach Bamberg um Weihnachten 1128 zurück". Otto von Bamberg bat Wartislaw, seine 24 Nebenweiber abzuschaffen und nur bei der rechtmäßigen Gemahlin zu bleiben.
Diesem Beispiel folgten viele vornehme Wenden. Streng untersagte auch Otto von Bamberg das Töten von weiblichen Neugeborenen, was wendische Sitte war. Aus dem Leben des Herzog Wartislaw ist noch anzuführen, daß er nach dem Tode seiner ersten Gemahlin Heila sich mit Ida, einer dänischen Königstochter, verehelichte und im Begriff stand, eine Reise nach Rom zu unternehmen, um die päpstliche Bestätigung des Bistums nachzusuchen, als er im Jahre 1135/1136 bei Grüttow in der Nähe des Dorfes Stolp an der Peene von einem heidnischen Lutizier, der einige Jahre im Dienste des Herzogs gewesen war, meuchelmörderisch bei Nacht im Schlafe überfallen und erstochen wurde. Beim Erwachen ergriff der tödlich verwundete Herzog noch mit kräftiger Hand den Kinnbacken des Mörders und riß ihm denselben aus, so daß beide gleichzeitig umkamen. Ein solches Ende nahm der wackere Herzog, der sich um sein Land verdient gemacht hatte und als beklagenswertes Opfer der Religionswut fiel.
Von seinen beiden Gemahlinnen hinterließ er zwei unmündige Söhne, Bogislaw und Casimier. Nach ihm regierte sein Bruder Herzog Ratibor. An der Weggabelung nach Grüttow an der Straße zwischen Anklam und Jarmen steht das älteste historische Denkmal Pommerns, der Wartislaw-Stein.
Spätestens 1148 wurde dem an der Straße liegenden roten Granitfindling das Kreuz eingemeißelt zum Andenken an den ersten christlichen Herzog Pommerns.
Auf der südlichen Seite ist ein lateinisches Kreuz mit 9cm breiten Balken sehr flach eingemeißelt, unter dem linken Kreuzarm ist ein gekrümmtes Hörn, Auf der Nordseite kann man die Urnrißlinien einer menschlichen Gestalt erkennen.
(Quellen: Gadebusch, W.F. - Chronik der Insel Usedom,1863 / Heller, Carl - Chronik der Stadt Wolgast, 1829 / Hinz, J. - Wegweiser Pommern, 1996)


Sühnekreuze & Mordsteine