Deutschland Mecklenburg-Vorpommern Lkr. Ludwigslust

Wittenburg


Abbildung bei
Iggensen (1972)

als Motiv für einen
Notgeldschein (1922)

Abbildung bei
Schlie (1899)

PLZ: 19243

GPS: N 53° 30.775', O 11° 4.285'

Standort: Vor der St. Bartholomäus Kirche in Wittenburg.

Größe / Material: 110:68:33 / Granit

Geschichte: Ursprünglicher Standort des Steines war die Feldmark zwischen Wittenburg und Waschow. Der Graf-Heinrich-Stein wurde anlässlich der 750 Jahrfeier der Stadt Wittenburg von seinem alten Standort zur Kirche in Wittenburg umgesetzt. Gesamtlänge des Steines: 170cm.
Welcher Graf Heinrich an dieser Stelle den Tod fand, ist nicht erwiesen.
1922 wurde der Graf-Heinrich-Stein als Motiv für einen Notgeldschein verwendet.

Im Kreise Hagenow sind zwei Steinkreuze aus dem Mittelalter erhalten, die als Sühnesteine anzusehen sind, der Heinrichstein bei Wittenburg und der Schäferstein bei Dammereez.
Der ältere ist der Heinrichstein, oder auch der Lange Stein genannt, der an der Chaussee von Wittenburg nach Waschow steht. Er gehört wohl zu den ältesten Steindenkmälern der DDR und stammt vermutlich aus dem Übergang vom 12. ins 13.Jahrhundert. Der rohe Granitblock ist etwa 170cm lang, ragt aber nur etwa 110cm über der Erdoberfläche auf, seine größte Breite beträgt ca. 68cm, seine Stärke etwa 33cm. In ihn ist ein Kreuz eingehauen, dessen Seitenarme an die Breite des Steines heranreichen. Vom oberen Rand her zieht sich eine lateinische Inschrift in Form einer Halbellipse über den oberen Kreuzarm hinweg.
In kunstlosen römischen Buchstaben finden wir die folgenden Worte eingehauen:
O (BIIT) HEINRICUS COMES ORATE P (RO) EO
Es starb Graf Heinrich, betet für ihn.
Diese Fürbitte für den Verstorbenen kennzeichnet das Denkmal als Sühnestein. Er wurde für einen Grafen Heinrich gesetzt, der eines gewaltsamen Todes starb. Leider ist aber über die Person des Grafen nichts festzustellen. Das Denkmal steht auf einem Gebiet, das von der Zeit seiner Errichtung bis zur Schlacht bei Waschow (1201) zur Grafschaft Ratzeburg gehörte. So liegt die Vermutung nahe, daß es sich bei dem Getöteten um ein Mitglied des Grafenhauses Ratzeburg handelt, welcher Graf Heinrich es ist, konnte bisher nicht festgestellt werden.
Auf der Bischofsinsel in Ratzeburg befindet sich ein zweiter Heinrichstein. Die Übersetzung seiner lateinischen Inschrift lautet: "Zu den Zeiten König Konrads (Konrad III. 1138-1152) und des Sachsenherzogs Heinrich (Heinrich der Löwe 1142-1195) kam Graf Heinrich von Ratzeburg und begründete dort als erster das Christentum". (Die Zeitangaben in Klammern befinden sich nicht auf dem Stein).
Ein Schriftvergleich beider Steine läßt die Vermutung zu, daß sie von einer Hand stammen könnten, und sie gehören wohl auch in dieselbe Zeit.
Der Ratzeburger Stein ist jedoch kein Sühnestein, sondern ist dem Gedächtnis des Grafen Heinrich von Badwide gewidmet. Er kam aus dem Lüneburgischen und begründete das Grafenhaus Ratzeburg. Als Vasall Heinrich des Löwen erhielt er von seinem Territorialherrn das Polabenland bis zur Sude, ausgenommen das Territorium Boizenburg/E. Graf Heinrich von Badwide ist um 1164 unter unbekannten Todesumständen verstorben. Bisher sind Urkunden hierüber unbekannt und so bleibt es vorerst noch zweifelhaft, ob ihm oder einem anderen Grafen Heinrich dieser Sühnestein gesetzt wurde. Bei einem Vergleich mit dem Ratzeburger Stein ergibt sich die Vermutung, daß der Waschower Stein frühestens um 1170 gesetzt wurde. (Iggensen 1972) Man brachte den Stein auch mit der Schlacht bei Waschow. Mai 1201. in Verbindung, jedoch ist bisher kein Graf Heinrich bekannt, der in dieser Schlacht gefallen ist.

[...] Denkstein. In der Nähe der Stadt, an dem rechts von der Zarrentiner Chaussee, bald hinter der Windmühle sich abzweigendem Wege (dem Langstein'schen Wege) steht ein roher Denkstein von Granit, es ist der Stein eines Grafen HEINRICH. Er mag mit der Schlacht bei Waschow im Jahre 1200 im Zusammenhang stehen, aber ungewiss bleibt es, auf was für einen Graf Heinrich er sich bezieht. (Schlie 1899)

Sage: Graf Heinrich sei hier erschossen worden.

Quellen und Literatur:
Schlie, Prof. Dr. Friedrich - Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin, Band III, Schwerin 1899, S.64
Iggensen, Jochen - Steinkreuze im Kreise Hagenow, in: Deutscher Kulturbund. Bezirksleitung Schwerin. Kommission Natur und Heimat. Informationen des Bezirksarbeitskreises für Ur- und Frühgeschichte Schwerin, Nr.12, April 1972, S.39-42
Ritter, J. - Der Lange=Stein bei Wittenburg, in: Jahrbuch des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Band 10, 1845, S.197-198
Chronik - 800 Jahre Schlacht bei Waschow
wittenburg.mvweb-kunden.de
Nachlaß Walter Saal, Merseburg (Ordner Mecklenburg)
recherchiert und bebildert von Henry Klinkradt, Duisburg
ergänzende Infos von Forschungsgruppe Preußische, Mecklenburgische und Anhaltische Meilensteine e.V.



Der Lange=Stein bei Wittenburg
von J. Ritter

Fast in der Mitte zwischen Wittenburg und Waschow steht auf dem wittenburger Stadtfelde ein Stein aus Granit, welcher der lange Stein heißt, und einem mit der Waschow–Wittenburger Landstraße fast gleichlaufenden Feldwege den Namen: "Langsteinscher Weg" gegeben hat. Der Stein ist 6 Fuß lang, 2' 10" breit und 1–2' dick, auf einer Seite glatt behauen, auf den übrigen Seiten roh. Auf der glatten, nach Süden gekehrten Seite ist ein Kreuz eingehauen, dessen Balken 3' und 2' lang und 6" breit sind. Ueber diesem Kreuze ist in halbovaler Form die Inschrift eingehauen:


(= Obiit Heinricus comes. Orate pro eo.)

Die Sage, welche sich an diesen Stein knüpft, ist: der Graf Heinrich sei, von dem jetzt abgebrochenen Amtsthurme aus an dieser Stelle, wo er im Lager vor seinem Zelte gestanden habe, erschossen. Dazu ist nun die Entfernung, fast ¼ Meile, zu groß, indeß deutet diese Sage wohl darauf, daß der Graf1) hier im Kampfe gefallen sei. Zugleich will die Sage, daß ein früher in der Kirche zu Wittenburg befindlich gewesener, reich mit Gold verzierter Panzer und ein jetzt m der großherzoglichen Alterthümersammlung aufbewahrter Helm (welcher oben den Hieb eines Streithammers zeigt) diesem Grafen gehört habe.

Einige hundert Schritte nordwestlich von diesem Steine ist auf dem Acker eine Senkung mit einem Soll, auf dessen östlicher Seite ein Erdwall sich befindet, mit Gebüsch bewachsen, welcher die Schanze heißt, also früher wohl einmal zum Schutze, vielleicht eines Lagers aufgeworfen ist. Doch ist darüber keine Sage bekannt, auch ungewiß, ob und inwieferne diese Schanze mit dem langen Steine in Verhältniß stehe.

1) Die Beantwortung der Frage, welcher Graf hier gestorben sei, ist nicht ohne Wichtigkeit. Sollte der Graf Heinrich von Ratzeburg hier seinen Tod gefunden haben? Das Material des Steins, der Styl der Arbeit, die Form der Buchstaben deuten auf eine sehr ferne Zeit.

(Quelle: "Jahrbuch des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde", Band 10, 1845, S.197-198)



Die Schlacht bei Waschow
Wie kam es dazu?

Nach dem Tode Kaiser Heinrich VI., des Sohnes Friedrich Barbarossas, wählten die Staufen 1198, da der Erbe der Kaiserkrone noch ein Kind war, den Bruder Heinrich VI., Philipp von Schwaben, zu ihrem Herrscher. Aber die zahlreichen Feinde der Staufen und eines mächtigen Kaisertums, vor allem die Erzbischöfe von Köln und Trier, erhoben den Sohne Heinrichs des Löwen, den Welfen Otto IV., auf den Kaiserthron. Jetzt entspann sich zwischen den beiden Parteien ein langer Kampf, der Deutschland von Norden bis zum Süden in helle Flammen auflodern ließ. Der Ruf "Hie Welf! Hie Waibling!" erscholl durch alle deutschen Gaue. Nun war für alle eroberungssüchtigen und raublustigen Leute Gelegenheit, Feindseligkeiten, die um ganz anderer Ursachen willen entstanden waren, auf dem Schlachtfeld zum Austrag zu bringen. Zu den Feinden der Welfen gehörte auch der Graf Adolf von Dassel, der durch die Heirat mit der Witwe des Grafen Bernhard von Ratzeburg, Adelheid, sich zum Grafen von Ratzeburg gemacht hatte.
Er verbündete sich mit dem Grafen Adolf von Holstein und dem Herzog Bernhard von Sachsen, der nach der Absetzung Heinrichs des Löwen mit Sachsen belehnt war, gegen den König Kanut von Dänemark, der auf der Seite der Welfen stand und auch Schleswig, wie auch das westliche Mecklenburg beherrschte. Durch Einfälle in sein Land suchten sie den König zu reizen, und der Zorn des Königs ergrimmte gegen sie. Um die Ruhestörer zu strafen, beauftragte er seine Vasallen, Heinrich Borwin von Mecklenburg und Nikolaus von Rostock sowie auch die beiden Grafen von Schwerin, den aufgezwungenen Kampf auszufechten. In Verbindung mit dem Bruder Kanuts, dem Herzog Waldemar von Schleswig, zu dem wahrscheinlich auch Jaromar, der Fürst von Rügen, stieß, fielen sie in die Grafschaft Ratzeburg ein. Auf der Ebene zwischen Wittenburg und Waschow stellte sich ihnen Adolf von Dassel mit seinen Verbündeten entgegen. Hier kam es zur Schlacht. Zu den Streitern unter der Führung Adolf von Dassels gehörten als Untertanen des Landes Wittenburg auch die Bewohner Hagenows. Mit dem Ruf: Hie Welf! stürzten sie sich mit den übrigen Streitern in die Schlacht. Der Kampf war heiß. Auf beiden Seiten wurde mit großer Tapferkeit gefochten. Nikolaus von Rostock drang mit den Seinen mit Ungestüm gegen die Feinde vor. Es kam zu einem Handgemenge.
Dabei wurde er von den Seinen getrennt; er wurde umzingelt und erschlagen. […Faktenunterschiede verursachen, dass nicht eindeutig geklärt ist, ob die Schlacht im Jahr 1200 oder 1201 ausgefochten wurde….]
Graf Adolf musste fluchtartig die Grafschaft Ratzeburg verlassen und verschwand seitdem aus der Geschichte. In ihrer Not erbündeten sich die Ratzeburger nun mit den Dänen, die sich auf der Seite der Welfen in den Bürgerkrieg eingemischt hatten. Die Burgen Gadebusch und Wittenburg öffneten ihnen die Tore, und bald befand sich das Land zwischen Elbe und Oder unter dänischer Herrschaft. Im Jahre 1203 zum König der Dänen und der Wenden ausgerufen, überließ Waldemar II. das Land Wittenburg der Grafschaft Schwerin. Erst der kühne Handstreich des Grafen I. von Schwerin, die Gefangennahme des dänischen Königs in seinem eigenen Land (1223) und die Schlacht bei Bornhöved am 22. Juli 1227 bereitete der dänischen Herrschaft in Norddeutschland ein Ende. Das Land Ratzeburg kam an die Herzöge von Sachsen.
Herzog Albert I. schloß mit Herzog Heinrich I. von Schwerin ein Bündnis und belehnte diesen mit den Ländern Boizenburg und Wittenburg. Damit wurde infolge der Schlacht bei Waschow die heutige Westgrenze Mecklenburgs zum Kreis Herzogtum Lauenburg im wesentlichen festgelegt, denn die Grafschaft Schwerin fiel 1358 an das Herzogtum Mecklenburg. Zarrentin erfuhr seit dieser Zeit zusammen mit anderen Ortschaften das wechselhafte Schicksal eines Grenzortes mit allen seinen Schattenseite, bis in die jüngste Vergangenheit.
(Auszug aus der "Chronik - 800 Jahre Schlacht bei Waschow")

Der Heinrichstein bei Waschow

Vermutungen lassen schlussfolgern, das in Folge der Schlacht bei Waschow ein Gedenkstein errichtet wurde, der an die Opfer der kriegerischen Auseinandersetzung erinnern soll. Dieses, als Heinrichstein bezeichnete Denkmal ist eines der ältesten Steindenkmäler im Norden Mecklenburgs (auch der lange Stein genannt) – bei Waschow.
Es gibt aus dem Mittelalter zwei Denksteine im Kreisgebiet, die noch erhalten sind und wohl als Sühnesteine anzusehen sind: der Wittenburger und er Damreezer. Der älteste ist der Heinrichstein oder der Lange Stein, wie er auch genannt wird, auf der Wittenburger Feldmark am Wege nach Waschow. Er stammt aus dem Übergang vom 12. ins 13. Jahrhundert. Dieser Sühnestein aus Granit ragt 1,10m aus dem Boden, der Stein ist 1,70m lang, er ist 68cm breit und 33cm stark. Gut sichtbar eingehauen ist ein Kreuz. Kaum lesbar - und daher zur Nachbehandlung Denkmalpflegern anempfohlen ist die Schrift, die als Halbellipse über das Kreuz hinweggeht.
Die Inschrift lautet:
O [biit] Heinrich [COMES] ORATE P [ro] EO
Es starb Graf Heinrich, betet für ihn.
[…] Die genaue Identität des angesprochenen Heinrichs ist nicht eindeutig geklärt. Er könnte ein Mitglied des Ratzeburger Grafenhauses gewesen sein, denn bis zur Schlacht von Waschow gehörte das Gebiet, auf dem das steinerne Monument steht, zu dieser Grafschaft. […] Die Todesumstände dieses besagten Heinrich von Badowide, der 1164 starb sind unbekannt, weshalb es denkbar wäre, dass ihm das Waschower Monument gilt.
(Quelle: wittenburg.mvweb-kunden.de)


Sühnekreuze & Mordsteine