Deutschland Nordrhein-Westfalen Lkr. Steinfurt

Laer


Ansicht der
Rückseite

Abbildung bei
Brockpähler (1963)

PLZ: 48366

GPS:

Standort: Darfelder Straße, beschilderter Abzweig "Am Heidenbaum", als Bestandteil einer Gruppe von alten Bäumen und anderen Steinmalen.

Größe / Material: 162:82:24 / weißlicher Sandstein

Geschichte: Schaft und Arme achteckig (bzw. stark gefast), in einen Sockel (79:78:81) einzementiert. Die Rückseite sehr stark abgeschabt, von ursprünglich 25cm Tiefe bis auf 8cm. Das Steinkreuz wurde zur Sicherung mit starker Stahlplatte armiert.
Die links stehende, hohle, sehr alte Gerichtslinde aus heidnischer Zeit (beachte: Standort "Heidenbaum") ist innen sarniert worden. Direkt daneben der Rest des Stammes der ehemaligen 2. Linde, sowie ein sehr alter Bildstock (aus einem Kreuzweg). Die Frontansicht der Gesamt-Gruppe vermittelt einen nachhaltigen Eindruck.

Vor dem Dorfe erhebt sich an der Straße nach Darfeld, dort, wo von ihr der Weg "Am Heidenbaum" abzweigt, auf beherrschender Höhe über dem Ort das "Heidenkrüs". Es wird überschattet von dem "Heidenbaum" einer alten Linde. Sie schaut nach Westen und Norden auf eine ausgedehnte Eschflur. Südlich entspringt in unmittelbarer Nähe der Ewaldibach. Früher war das Denkmal von mächtigen Findlingen umgeben, die beim Bau der Kunststraße nach Darfeld zerschlagen und zum Straßenbau benutzt worden sind.
Das aus hellgrauem Baumberger Sandstein gehauene Kreuz steht auf hohem Bruchsteinsockel, der wiederum auf einem gemauerten Fundament ruht. Es ist 162cm hoch, 82cm breit und 24cm dick; mit Sockel und Fundament mißt es 255cm. Längs- und Querbalken sind achtkantig. Die Rückseite des Längsbalkens und eines Querbalkens sind bis über die Hälfte des Durchmessers abgeschliffen. Um 1930 hat man das Kreuz durch eine starke Eisenschiene gesichert. Im Kopf ist oben ein kleines gleichseitiges Kreuz von 8cm Länge eingeritzt. Das Heidenkreuz soll an die Christianisierung erinnern, die die Sage mit den beiden heiligen Ewalden in Zusammenhang bringt; sie sollen an dieser Stelle gepredigt haben. - Nach allgemeiner Annahme war der Hügel, auf dem es steht, ein germanischer Begräbnis- und Gerichtsplatz. Nahebei findet sich der Flurname Baakenweg. 1812 und 1845 beim Bau der Kunststraße wurden unweit des Kreuzes Knochenreste, Holzkohlen, Scherben und mit Asche gefüllte Urnen gefunden. Eine Urne enthielt zwei Pferdezähne; zahlreiche Pferdezähne lagen verstreut im Gelände. - Später stand wahrscheinlich unter dem Heidenbaum der Hauptstuhl der Freigrafschaft Laer, "tho Lair thonsynen Lynden".
Wetz- und Schabespuren rühren aber in erster Linie von einer anderen Sitte her, die "auf deutschem und schweizerischem Boden noch bis vor kurzem in der Volksmedizin Verwendung gefunden" (Kirchner, Horst - Über Wetzrillen, 1961) hat. Man schabte von Kirchenportalen, Grabkreuzen und ähnlichen Malen Steinstaub ab, um ihn Kranken, besonders Kindern, als Heilmittel in das Essen zu rühren. Nach Horst Kirchner ist die Sitte ein Ausdruck der Kontaktmagie und "aus großen Teilen der Erde bekannt". Dabei geht es darum, daß der mensch durch die innige Berührung mit dem Stein sich dessen Kraft einzuverleiben sucht. Vielleicht ist die starke Abschürfung des Steinkreuzes von Laer auf diesen uralten Brauch zurückzuführen.
Von den westfälischen Steinkreuzen entspricht dem Bilde, das wir uns vom "Gerichtskreuz" gemacht haben, am ehesten das "Heidenkreuz" von Laer (Kreis Steinfurt). Es steht unter einer alten Linde an beherrschender Stelle an einer alten Straße. In unmittelbarer Nähe entspringt eine Quelle, die für die hier zusammenkommenden Menschen und ihre Reittiere das nötige Trinkwasser spendete. Das Kreuz hebt sich von den gewöhnlichen Steinkreuzen durch einen hohen Sockel ab. Der Sockel ruht auf einem aus Bruchsteinen gemauerten und mit Ziegeln ausgebesserten Fundament, das sicher nicht ursprünglich ist. Leider wissen wir nicht genau, wie es früher ausgesehen hat.
Auch durch den Reichtum an Überlieferungen, die vom germanischen Kultplatz und Ort der Verkündigung des Christentums bis zur mittelalterlichen Gerichtsstätte reichen, nimmt das "Heidenkreuz" eine Sonderstellung ein. Mag manches von den Erzählungen, die es umranken, sagenhaft sein, so doch sicher nicht alles. Laer lag im Zuge einer alten Fernstraße und hatte einen bedeutenden Markt. Ein vorchristlicher Begräbnisplatz beim Heidenkreuz ist durch Funde bewiesen. Totenstätte und Kult- und Gerichtsplatz aber waren ursprünglich eins. So spricht vieles dafür, daß das Heidenkreuz von Laer tatsächlich ein altes Gerichtskreuz ist. (Brockpähler 1963)

Sage: Beim "Heidenkreuz" von Laer sollen früher "die Heiden getauft" worden sein.

Quellen und Literatur:
Brockpähler, Wilhelm - Steinkreuze in Westfalen, 1963, S.34, 117-118 und 150
Breuing, Rudolf - Barocke Wegebilder und Kapellen im Kreis Steinfurt, 1985, S.421 mit Abb.96
recherchiert und bebildert von Benno Lux, Lünne


Sühnekreuze & Mordsteine