Deutschland Rheinland-Pfalz Rhein-Pfalz-Kreis

Schifferstadt (I)

PLZ: 67105

GPS: N 49° 22,554', O 8° 24,448'

Standort: Am Ende der Waldseer Straße im Wald. Über die Ranschgraben-Brücke in das ehemalige "Ami-Lager". Den ersten Weg, ungefähr 50n nach rechts folgen. Oder: Am Ende der Herzog-Otto-Straße nach rechts, ca. 700m im Schifferstader Unterwald, dann hinter der Ranschgraben-Brücke halblinks nochmals ca. 400m.

Größe / Material: 100:81:24 / Sandstein

Geschichte: Der Denkstein wird hier "Wittkreuz" genannt und erinnert an den Mord am Forst- und Waldhüter Martin Witt am 6. Mai 1876. Mörder war der Wilddieb und Tagelöhner Daniel Imo.
Das Sandsteinkreuz ist eine Kopie, das Original befindet sich im Forsthof.
In gotischer Schrift ist eingemeißelt:
Hier wurde am 6. Mai 1876 morgens sechs Uhr
der Forsthüter Martin Witt 45 Jahre alt
in der Erfüllung seines Berufes
durch Mörderhand erschossen

Sage:

Quellen und Literatur:
Brück, W. - Das Wittkreuz, auf: schifferstadt.com
recherchiert und bebildert von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach



Das Wittkreuz
von W. Brück

Wer sich in seiner Heimatgemeinde Schifferstadt umschaut, wird feststellen, dass viele alteingesessene Familien ihren "Beinamen" oder "Uznamen" hatten. Es ist köstlich und bereitet viel Spaß, in der Spitznamen-Broschüre von Herrn Karl Spindler zu schmökern.

Aber auch die einzelnen Dörfer hatten ihren "Übernamen". Der unsrige war nicht gerade schmeichelhaft, nannte man uns doch die "Krautköpp" oder die "Schlotte".
Und wenn die Nachbardörfer spotteten:

Die Schifferstadter Schlotte,
die reiten uff de Krotte,
die reiten uff de Kitzelstee
unn kennen nimmi hemgeh.
Dann kam die Retourkutsch:
In Hassloch
hotts noch
Zwiwle unn Knowloch.

In früheren Zeiten waren wir sogar die "Braconniers", eine französische Bezeichnung, auf deutsch: die "Wilderer". Ob bei uns die Wilddiebe besonders zahlreich waren? Es ist wahrscheinlich.

Am bekanntesten wurde der Taglöhner Daniel Imo, der am 6. Mai 1876 morgens 6 Uhr den Forst- und Waldhüter Martin Witt, 45 Jahre alt, erschoss. Wie der Mord geschah und wann der Mörder im Zuchthaus Kaiserslautern starb, findet man ausführlich in dem lesenswerten Buch "Sellemols" von Bernhard Kukatzki.

Wilderer waren populär. Sie wagten es, gegen die Obrigkeit aufzubegehren. Zudem besorgten sie ihren verschwiegenen Anhängern Fleisch, das weniger kostete als in der Metzgerei. Ohne Jagdschein erlegten sie Wildschweine, Hirsche, Rehe, Hasen, Feldhühner...
Werfen wir einen Blick zurück:
Nach altem germanischen Recht durfte jeder frei Bauer jagen. Im Mittealter jedoch sicherten sich die Adligen das Privileg der Jagd. So hatten z.B. die Pfälzer Kurfürsten bis zur Französischen Revolution (1789) das Jagdrecht in unseren Wäldern. Oft mussten die hungernden Bauern zusehen, wie das zur Plage gewordene Wild die arbeitsintensiven Felder verwüstete. Angesichts der drakonischen Strafen trauten sie sich jedoch nicht, selbst ein Wild zu erlegen, und sei es nur ein Häschen für den eigenen Kochtopf.

Dafür hatten die Adligen ihr "Jägervergnügen". Sie machten Treibjagden, Parforcejagden, Hetzjagden. Mit eine Hundemeute jagte man das Wild, besonders Hirsche, bis zur Erschöpfung. Es ging über Stock und Stein, querfeldein. Felder der Bauern wurden verwüstet.

Alle im Dorf kannten natürlich die Wilderer. Diese aber waren so geschickt in ihrem "Beruf", dass man ihnen nichts nachweisen konnte. Sie hatten ihre Tricks: Sie bauten zerlegbare Gewehre. Oder sägten die Läufe ab, um die Gewehre besser verstecken zu können. Auch wurden sie als Spazierstöcke getarnt. Schuhe wurden verkehrt herum besohlt, um die Wald- und Feldschützen zu täuschen. Der Schifferstadter Wilddieb Daniel Imo trug seinen braunen Filzhut beispielsweise nur zum Wildern im Wald und hatte auch hier sein Gewehr versteckt.

Die offiziellen Wald- und Feldhüter kannten natürlich auch diese Rechtsbrecher. Solange sie aber nichts beweisen konnten, war es unmöglich, vor Gericht gegen sie vorzugehen. Sie mussten schon den Betreffenden auf frischer Tat erwischen, was dem Schifferstadter Martin Witt gelang - und ihm den Tod brachte. Die Bevölkerung half bei der Aufklärung der Wilddieberei nicht mit. Sie hielt dicht, sagte nichts gegen sie aus, teils aus Angst vor Rache, teils aus Bewunderung für diese kühnen Rechtsbrecher, teils aus Genugtuung darüber, dass dem Landesherrn ein Schnippchen geschlagen wurde.

Mit dem Mord an Martin Witt im Jahre 1876 war diese Sympathie jedoch zuende. Dass sie Tiere töteten, ließ man gelten. Aber Menschen? Waldhüter, die ihren Beruf ausübten? Das ging zu weit!

Wenn Sie, lieber Leser, die Mordstelle suchen, dann gehen Sie am Ende der Waldseer Straße im Wald über die Ranschgraben-Brücke in das ehemalige "Ami-Lager": Den ersten Weg, ungefähr 50 Meter nach rechts und mit viel Glück finden Sie die Kreuz-Kopie links im Gras und Gestrüpp. Sie ist 90cm hoch, 80cm breit und aus Sandstein. In gotischer Schrift ist eingemeißelt:

Hier wurde am 6. Mai 1876 morgens sechs Uhr
der Forsthüter Martin Witt 45 Jahre alt
in der Erfüllung seines Berufes
durch Mörderhand erschossen

Das Original ist im Forsthof. Warum man im Jahre 1877 hier ein Sühnekreuz errichtete?
Nun, bei unseren Vorfahren, den Franken, war es wie bei allen Germanen Brauch, dass jeder Getötete oder Ermordete gesühnt werden musste. Wer einen anderen umgebracht hatte, ob absichtlich oder zufällig, musste dies mit seinem eigenen Tod büßen. War er nicht erreichbar, musste ein anderer aus seiner Sippe dafür getötet werden. Ein schreckliches Beispiel der "Sippenhaft"!

Als unsere Vorfahren den christlichen Glauben annahmen und die Männer hörten, wie die Priester predigten: "Du sollst deinem Nächsten verzeihen", waren sie gar nicht damit einverstanden. Der Tod musste gesühnt werden!

Die Kirche fand einen großartigen Ausweg aus diesem Dilemma: Der Mörder musste - unter anderem - am Ort des Verbrechens ein steinernes Kreuz setzen, das nicht immer billig war. So finden wir in unserer Heimat verstreut noch solche wuchtigen Kreuze mit eingemeißeltem Namen des Toten, Todestag, nähere Umstände usw.

Wer glaubt, die Wilderei gehören der Vergangenheit an, ist im Irrtum. Es wird immer noch gewildert. Das Motiv ist heute nicht mehr der Hunger, sondern der Reiz des Verbotenen bzw. der Stolz darüber, eine Jagdtrophäe zu besitzen. Nach dem Strafgesetzbuch wird die Wilderei mit einer Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder einer saftigen Geldbuße bestraft.
Aber auch gewöhnliche, unbestrafte Mitbürger können als Wilderer bestraft werden: Wer mit seinem Auto auf der Straße ein Wild überfährt und mitnimmt, ist ein Wilderer. Wenn Sie also in Zukunft, lieber Leser, Nachtfahrten machen wollen, lassen Sie das Auto zuhause und fahren Sie mit dem Rad. Wenn dann auf einem stillen Waldweg ein Wildschwein auftaucht, können Sie immerhin noch bremsen. Und das Viech schlägt sich seitwärts in die Büsche, zufrieden grunzend, dass es unverletzt davonkam.

Oder möchten Sie als Wilderer "mittelalterlich" bestraft werden? Dann betrachten Sie sich intensiv die entsprechenden Einrichtungen an der Nordseite unseres prächtigen Alten Rathauses: Da steht links der Pranger, an dem Sie festgebunden werden, zum Spott und Hohn der Passanten. Auch eine Befestigung für das Halseisen ist noch darüber vorhanden. Tut auch weh. Oder wie wäre es mit dem "Cachot", dem "Betzekämmerle" gleich daneben? Hinter "Schloss und Riegel". Bei Wasser und Brot? Und die Gassenbuben grölen vor der mit drei Vorhängeschlössern gesicherten Tür:

Schmid, Schmid, Schmid,
nämm doi Hämmerle mit!
"Hetscht doi Hämmerle mitgenumme,
wärscht a net ins Kämmerle kumme!"

Aufgehängt werden Sie nicht! Der Galgen im Süden von Schifferstadt ist seit Menschengedenken nicht mehr vorhanden. Nur noch die "Galgenbergstraße".



Schifferstadt (II)


Zustand 2011
Fotos: Wild

Zustand 2010
Foto: Wild

GPS: N 49° 22,082', O 8° 23,316'

Standort: Entlang der L 454 Richtung Speyer, hinter Ranschbrücke und "Carl-Benz-Straße" ca. 30m weiter, südlich der Straße im Waldbezirk "Großes Land".

Größe / Material: 100:70:27 / Sandstein

Geschichte: Das 2010 als umgefallen gemeldete Kreuz wurde inzwischen wieder aufgestellt. (Wild 02/2011)

Der eine Kreuzarm ist abgeschlagen, eine Eisenklammer hält den Schaft zusammen. Seitlich ist ein Hufeisen eingemeißelt, wie es auch auf Schifferstadter Grenzsteinen vorkommt - wahrscheinlich eine spätere Zutat.

Sage: Nach der Überlieferung sollen 14 Kreuze als Stationen eines Kreuzweges bis zur Lorenzkapelle beim Rinkenberger Hof gestanden haben. Zu der Zeit des Lorenzkirchleins kannte man aber noch keine 14 Stationen. Es kann sich demnach nur um Sühne- oder Gedenkkreuze handeln.

Quellen und Literatur:
recherchiert und bebildert von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach (aktuelles Foto vom 8.12.2005 / Bild-Ergänzungen vom 23.02.2010 und 16.02.2011)



Schifferstadt (III)


die andere Seite
Foto: Gehm (2010)

GPS: N 49° 21,911', O 8° 23,691'

Standort: Entlang der L 454 ca. 500m weiter Richtung Speyer, etwa 30m südlich der Straße.

Größe / Material: 150:80:23 / Sandstein

Geschichte: Das Kreuz stammt wahrscheinlich aus dem Mittelalter. Im Schnittpunkt der Balken befindet sich das stark verwitterte Relief eines Kopfes. Es soll noch 1930 deutlich zu erkennen gewesen sein. Auf der Rückseite sind deutliche Wetz- bzw. Schleifspuren zu erkennen.

Sage:

Quellen und Literatur:
recherchiert und bebildert von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach
Ergänzungen von Michael Gehm, Ludwigshafen (Foto von Januar 2010)



Schifferstadt (IV)

GPS: N 49° 22,835' O 8° 24,015'

Standort: In der Waldabteilung Otterstadter Weg: 200m in der verlängerten Herzog-Otto-Straße, nach rechts an einem Fußpfad, ca. 1km nördlich vom Waldfriedhof.

Größe / Material: 110:53:30 / Granit

Geschichte: Gedenkstein für einen Sexualmord, mit Inschrift:
† Hier starb durch Mörderhand
am 15. August 1926
Agatha Thomas
8 Jahre alt

Sage: Ein kurz nach der Tat Verhafteter, den die Volksmenge fast gelyncht hätte, erwies sich als unschuldig. Der wahre Mörder wurde niemals zur Rechenschaft gezogen. Es wurde damals gemunkelt, ein Familienvater, der sich bald nach Tat im Wald erhängt hatte, sei der Täter gewesen.

Quellen und Literatur:
Köller, Julia - Betretenes Schweigen bei Spurensuche, in: Die Rheinpfalz, Nr.172 vom 28.07.2015
recherchiert und bebildert von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach



Schifferstadt (V)


Blick zum Standort

GPS: N 49° 23,155', O 8° 22,203'

Standort: In der "Burgstraße" neben einer großen Toreinfahrt.

Größe / Material:

Geschichte: Bildstockaufsatz mir Christusmonogramm IHS im Flachrelief. Über den ursprünglichen Standort des Bildstockes ist nichts bekannt.

Sage:

Quellen und Literatur:
recherchiert von Michael Ohmsen, Leipzig (Fotos vom 6.06.2013)



Schifferstadt (VI)


Blick zum Standort

GPS: N 49° 23,159', O 8° 22,201'

Standort: Am selben Gebäude wie voriger.

Größe / Material:

Geschichte: Vermutlich Reststück eines Bildstockes.

Sage:

Quellen und Literatur:
recherchiert von Michael Ohmsen, Leipzig (Fotos vom 6.06.2013)


Sühnekreuze & Mordsteine