Beiträge zur Geschichte der Steinkreuze


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Geheimnisvolle Steinsäulen im Wasgau
Was es alles nicht mehr gibt: Auf den Spuren alter Pilgerpfade
von Rudolf Wild

   Im südlichen Wasgau haben westlich von Bad Bergzabern vier eigenartig geformte Steinsäulen im Schutze des Waldes die Zeiten überdauert. Die zwischen 90cm und 1,70m hohen Steine sind oben und unten fast quadratisch und gehen im Mittelteil in einen achteckigen Querschnitt über.

Die "Bildeiche" steht östlich von Vorderweidenthal nahe der Abzweigung zum Cramerhaus.
Foto: Rudolf Wild (2003)

   Drei dieser Steine werden in der Volksüberlieferung als "Bild" bezeichnet. Das Bild bei Dörrenbach steht auf dem Sattel zwischen Stäffelsberg und Kolmerkapelle.1) Das "Böllenborner Bild" steht am Waldweg zur Hohen Derst in der Kurve oberhalb des Parkplatzes Drei Eichen.2) Und die "Bildeiche" steht östlich von Vorderweidenthal nahe der Abzweigung zum Cramerhaus.3) Der Name des Steins geht darauf zurück, dass hier früher eine mächtige Eiche gestanden hat.

   Der vierte und kleinste dieser Steine ist das "Löffels-Kreuz" auf dem Bergsattel zwischen Bobenthaler Knopf und Probstberg (Kreis Südwestpfalz). Der Name konnte bisher nicht gedeutet werden. Der Begriff "-Kreuz" könnte auch auf die Lage an einer Wegekreuzung zurückzuführen sein. Um den Stein rankt sich die Sage von einem Mord, der hier geschehen sein soll.4) Und fromme Pilger sollen hier Steine den Berg hinauf getragen haben, um sie neben dem Kreuz abzulegen und sich so ihrer Sünden zu entledigen.5)

   Gemeinsam ist den genannten Steinsäulen, dass sie als Rittersteine gekennzeichnet wurden. Das Einhauen der modernen Beschriftung hat zwar den Denkmal-Charakter beeinträchtigt, doch gleichzeitig die Erinnerung wach gehalten und so zu ihrem Schutz beigetragen. Walter Eitelmann vermutet eine Funktion der Säulen als Grenzzeichen.6) Dies scheint beim Dörrenbacher Bild tatsächlich zeitweise zugetroffen zu haben, wie die Buchstaben "Db" und die Jahreszahl 1756 vermuten lassen. Es erklärt jedoch nicht die ursprüngliche Funktion. Seitlich steht nämlich das Christus-Monogramm IHS,7) und mit etwas Fantasie lässt sich eine kleine Jahreszahl 1490 erkennen.

   Um den gemeinsamen Ursprung der Steinsäulen auf den Grund zu gehen, muss man ein wenig "über den Tellerrand" sehen. In Südthüringen kennt man nämlich ähnliche Steine, die dort als "Dockensteine" bezeichnet werden. Man interpretiert sie als "fragmentierte Bildstöcke" des 15. bis 16.Jahrhunderts, die an alten Wallfahrtswegen als Markierung dienten und gleichzeitig Stellen der Rast und des Gebets waren.8) Als Beleg werden Bildstöcke in Oberösterreich genannt, die als Sockel eine Steinsäule aufweisen, wie sie unseren Bildsteinen entspricht.

   Doch so weit brauchen wir gar nicht zu gehen, denn entlang der Weinstraße gibt es zahlreiche Bildstöcke, die ebenso gestaltet sind. Als Beispiel sei Albersweiler genannt, wo an der Ecke Kirchstraße / Hohlstraße ein alter Bildstock steht.9) Die heutige Kirchstraße hieß früher Heerweg - ein Begriff, wie er als Flurname für einst bedeutsame Fernstraßen verwendet wird und deren Ursprung oft bis in die Vorgeschichte zurückgeht. Seine Verlängerung führte dort, wo sich heute der Steinbruch befindet, ins Queichtal. Eine Funktion als alter Wallfahrtsweg ist durchaus plausibel. So steht bei Annweiler die 1429 geweihte Kapelle "Zu unserer lieben Frau", und weiter im Westen finden wir Hinweise auf alte Stätten der Heiligenverehrung, die zwischen Hauenstein und Hinterweidenthal in den Namen "Katharinenhof" und "Frauenstein" fortleben.10) Und die Fortsetzung nach Osten heißt im Landauer Raum "Speyerer Weg".

   Auch bei den oben erwähnten Bildsteinen könnten alte Wallfahrtswege vorhanden gewesen sein. Der Stein bei der Bildeiche steht an einer Wegeverbindung, die von Klingenmünster und Gleiszellen aus über Busenberg nach Westen führt. Und wenn man bedenkt, dass die Kirche von Busenberg dem heiligen Jakobus geweiht ist, könnte hier einst eine Trasse des Jakobsweges verlaufen sein.

   Beim Bobenthaler Löffels-Kreuz dürfte einst ein Weg verlaufen sein, der zwei der bedeutendsten Klöster unseres Raumes - Hornbach und Weißenburg - miteinander verband. Und sowohl bei Dörrenbach als auch bei Böllenborn sind alte Fernwege denkbar, die im Schutze des Waldes parallel zur Weinstraße verliefen. In der Ortschronik von Dörrenbach wird vermutet, dass man früher bei Prozessionen zur nahen Kolmerberg-Kapelle das Gnadenbild "Maria mit dem Jesuskinde" für alle sichtbar auf der Säule abstellte. Und auch der 500m weiter südlich stehende Ritterstein "Am alten Bild" ist ein deutlicher Hinweis auf einen alten Wallfahrtsweg.

   Während in katholischen Ortschaften wie Hainfeld, Gleisweiler und Deidesheim11) die alten Traditionen wach gehalten und vergleichbare Bildstöcke bis zum heutigen Tag liebevoll gepflegt werden, dürften die vier Bildsteine des Wasgaus nach der Reformation ihre Bedeutung verloren haben. Über ihren einstigen Zweck können wir nur spekulieren. Aber gerade das Geheimnis, das sie umwittert, gibt uns Anlass, sich mit ihnen zu beschäftigen. Doch wenn wir dieses Geheimnis lüften könnten - dann wäre es gar kein Geheimnis mehr.

Quellen:
1) Vgl. Abb. bei www.rittersteineundmehr.de/fundstuecke.php?action=show_id&id=48
2) Vgl. Abb. bei www.rittersteineundmehr.de/fundstuecke.php?action=show_id&id=8
3) Vgl. Abb. bei www.rittersteineundmehr.de/fundstuecke.php?action=show_id&id=117
4) Vgl. A. Nagel (na): Der Kriminalfall des Mathis Scherer. Die Rheinpfalz 13.12.2008, Thema am Samstag - 7
5) Abb. und mehr bei www.suehnekreuz.de/rhein/bobenthal.htm
6) Walter Eitelmann: "Rittersteine im Pfälzerwald" - Gedenksteine und Inschriften - Eine steinerne Geschichtsschreibung - Mit 59 Wandervorschlägen von Ernst Kimmel, Eigenverlag: Pfälzerwald-Verein e.V., Ortsgruppe Neustadt. ISBN: 3-00-003544-3
7) vgl. www.suehnekreuz.de/ikono/krel09.html und http://de.wikipedia.org/wiki/IHS
8) vgl. www.monumentum.net/index.php?level=1&CatID=39&inhalt_id=34&do=showDetail&lexikon=17
9) Abbildung siehe www.suehnekreuz.de/rhein/albersweiler.htm#2
10) Freundlicher Hinweis von Otto Böhner, Annweiler.
11) Vgl. Abbildung bei www.suehnekreuz.de/rhein/deidesheim.htm#2 ähnlich aber andere Funktion Totenleuchte Schaidt: www.suehnekreuz.de/rhein/schaidt.htm#5 gleicher Sockel, aber Kreuzform: www.suehnekreuz.de/rhein/hatzenbuehl.htm#1

(Die Rheinpfalz, Marktplatz regional, Ausgabe Bergzabern vom 9.12.2009)

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