Deutschland Thüringen Ilm-Kreis

Arnstadt (I)

PLZ: 99310

GPS: N 50° 49.348', O 10° 56.370'

Standort: Am südwestlichen Stadtrand, oberhalb der Stadt auf der Alteburg unmittelbar westlich des Walles der Schwedenschanze.

Größe / Material: 90:90:25 / Kalkstein

Geschichte: Auf dem Scheitel des südöstlichen Armes befinden sich mehrere, strahlenförmige zueinander verlaufende Rillen. An erstbekannten Standort am Schaft zerbrochen und ein Arm abgetrennt. 1975 instandgesetzt und am Vorwerk neu aufgeetellt. Der noch im Boden steckende Teil des Schaftes konnte nicht geborgen werden. Durch Abrißarbeiten seit 1977 war dae Steinkreuz erneut stark gefährdet und wurde daraufhin 1978 zum jetzigen Standort gebracht. Der nordwestliche Arm ist neu angefügt. Neuzeitliche Beschmierungen. Mehrere kleine Abschläge. Stärkere oberflächliche Verwitterung.

Sage: Bezogen auf den erstgenannten Standort. Hier soll ein Schäfer bei einem Unwetter vom Blitz erschlagen worden sein.

Quellen und Literatur:
Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.33, Nr.38
Störzner, Frank - Steinkreuze in Thüringen: Katalog, Bezirk Erfurt, 1984, Nr.16



Arnstadt (II)

GPS: N 50° 48.910', O 10° 55.314'

Standort: Südwestlicher Stadtrand, 120m südöstlich des Fahrweges Arnstadt - Espenfeld und nördlich des Pumpwerkes am Wegesrand.

Größe / Material: 60:57:17 / Kalkstein

Geschichte: Vor 420 Jahren wurde erbittert um das Kreuz gestritten.
Und so ist es dann aus heutiger Sicht zwar nur schwer nachvollziehbar, deshalb aber trotzdem nicht weniger interessant, daß man vor 420 Jahren ganz heiß um ein kleines Kreuz aus Muschelkalkstein gestritten hatte, ja sogar fast 30 Jahre lang wegen dieses corpus delicti vor Gericht prozessierte. Beleuchtet man diese längst vergangene Geschichte näher, so entsteht ein Bild, welches kulturgeschichtliche Einblicke gewährt und deshalb von allgemeinerem Interesse ist.
Woraus nun resultierte die Aufmerksamkeit an diesem Steinkreuz? Um 1580 kam es zwischen den Bürgern der Stadt Arnstadt und den Bewohnern der Gemeinden Espenfeld und Siegelbach an der gemeinsamen Flurgrenze auf der Alteburg, wie bereits angedeutet, zu jahrelang anhaltenden Flurstreitigkeiten. Objekt des Haderns war dieses Steinkreuz, welches die Bauern beider Orte "...als die uralte heilige Markscheide zwischen Stadt- und Dorfflur angesehen wissen..." wollten. Die Arnstädter sahen das ganz anders und so blieb heftiger Streit nicht aus. Trieb ein Fleischhauer seinen Hammel oder ein Tuchmacher sein Schaf über das steinerne Kreuz hinaus, so wurden die Tiere von den Bauern genannter Gemeinden gepfändet. Schließlich folgte der Prozeß und die darüber im Arnstädter Kreisarchiv überlieferten Unterlagen enthalten wertvolle Aussagen zur mittelalterlichen Steinkreuzsitte. So ist dann von insgesamt 28, den einzelnen Zeugen gestellten Fragen der Artikel 12 von besonderer Bedeutung für die Steinkreuzforschung. Er lautete im übertragenen Sinne wie folgt:
"Zum zwölften Zeugen zu fragen, ob es Brauch und Gewohnheit war, daß man zu Grenzscheidungen oder Malsteinen große steinerne Kreuze, worein Schwerter und andere Mordwaffen gehauen waren, aufzurichten pflegte, oder weshalb sonst vor Alters solche Kreuze aufgerichtet wurden".
16 der insgesamt 18 vernommenen Zeugen, also die große Mehrzahl, bestätigten durch ihre Aussagen, daß die Steinkreuze in ihrem Ursprung Sühnekreuze waren. Lediglich zwei Bürger standen dieser Auffassung entgegen, wobei einer, der 73jährige Hans Henner sen., angab, daß man zur Flurscheidung Holzkreuze mit dem Leiden Christi setzte.
Besonderer Erwähnung bedarf die Aussage des 71 Jahre alten Bürgers und Fleischhauers Bernhardt Anemuller. Er erschien als einziger Zeuge, der noch selbst erlebt hatte, als einstmals nach begangenem Totschlag ein heute verschwundenes Steinkreuz in der Nähe des einstigen Siechhofes (Arnstadt, Bahnhofstr. 21) gesetzt wurde. Anemuller sagte: "Er habe woll gesehen Wo ein todtschlagk geschehen sey, Das man solche Creutze Hette gesatztt gehatt. Wie dan eynes einmall nicht weitt vom Siechhofe allhier gesetztt wordenn, do eyner erschlagen wordenn, Es sey langk, das es geschehen sey, Er gedencke es Kaum, Aber doch wiße er sichs Zuer Innern". Obwohl der Quellenwert der Aussage hoch ist, muß man beachten, daß außer einem Zeugen niemand sonst eine Steinkreuzsetzung nach erfolgter Tötung eines Menschen erlebt hatte. Die Äußerungen ergeben, daß die anderen Zeugen mit Ursprung und Zweck der Steinkreuze nur durch die Überlieferung vertraut waren.
Hinzu kommt, daß die Gegenseite dazu eine völlig andere Auffassung vertrat. Die Espenfelder erklärten während der Zeugenvernehmung, daß an dieser Stelle ursprünglich ein Malstein gestanden hätte, der in Erde zu verschwinden drohte. Zu Bekräftigung des Malstein-Standortes, so die Espenfelder, entfernten ihre Vorfahren ein vor ihrem Dorfe stehendes Steinkreuz und stellten es oben auf der Alteburg neben dem Malstein auf...
Aus dem späteren Verlauf der Arnstädter Flurzüge erkennt man, daß die Dorfschaften Recht behielten, "...doch wohl, weil das Recht auf ihrer Seite stand".
Jahrhunderte später erregte das kleine Steinkreuz auf der Alteburg nochmals die Gemüter. Im Januar 1936 stellte man behördlicherseits den Diebstahl des Denkmals, das gleichzeitig als Flurgrenzstein fungierte, fest. Polizeiliche Suchmaßnahmen blieben ohne Erfolg, worauf der Oberbürgermeister in der Presse 25,- RM Belohnung für die Wiederbeschaffung aussetzte. Ende Februar 1936 wurde es schließlich gefunden und am alten Standort, der Flurgrenze zwischen Arnstadt, Espenfeld und Siegelbach wieder aufgestellt. (Unger)

Sage:

Quellen und Literatur:
Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.32, Nr.29
Störzner, Frank - Steinkreuze in Thüringen: Katalog, Bezirk Erfurt, 1984, Nr.17
Peter Unger



Arnstadt (III)

GPS: N 50° 50.969', O 10° 55.676'

Standort: Nordwestlich der Stadt am Weg Arnstadt - Haarhausen an der Böschung zum Feld, östlich des Weinbergs.

Größe / Material: 110:87:25 / Sandstein

Geschichte: Lateinische Kreuzform, Umrißkanten leicht gerundet.

Sage: Ein Fuhrmann soll hier von seinem Langholzwagen überfahren worden sein.

Quellen und Literatur:
Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.33, Nr.41
Störzner, Frank - Steinkreuze in Thüringen: Katalog, Bezirk Erfurt, 1984, Nr.18



Arnstadt (IV)


Abbildung bei
Köber (1960)

GPS: N 50° 50.800', O 10° 55.784'

Standort: Am nordwestlichen Stadtrand an der Kreuzung der Straße "Zum Riesenlöffel" mit dem Weg nach Haarhausen.

Größe / Material: 229:?:?

Geschichte: Der Bildstock stand zwischenzeitlich im Schloßhof, weil er 1972 angefahren wurde und zerbrach. Wird hier "Riesenlöffel" genannt.

Sage: Ein Riese soll seinen Löffel verloren haben, der jetzt mit dem Stiel im Boden steckt.

Quellen und Literatur:
Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.33, Nr.45
Störzner, Frank - Steinkreuze in Thüringen: Katalog, Bezirk Erfurt, 1984, Nr.15
Unger, Peter - Der "Riesenlöffel", in: Urgeschichte und Heimatforschung, Heft 21, 1994, S.35-37



Der "Riesenlöffel"
von Peter Unger

Baumaßnahmen aller Art gefährden zunehmend den Bestand an Bodendenkmalen, den materiellen Hinterlassenschaften vergangener Gesellschaftsepochen.
So wurde auch der "Riesenlöffel" bei Arnstadt, ein über den Kreis hinaus bekannter Bildstock umgefahren und zerstört. Im Volksmund ist der "Riesenlöffel" zum geläufigen Begriff geworden, da der Bildstock im übertragenen Sinn einem großen Löffel ähnelt. Er wurde aus Sandstein, vermutlich aus dem Seeberger Raum, aus einem Stück gefertigt. Das tabernakelartige Oberteil mit der großen Nische steht auf einem im Querschnitt viereckig abgefaßten Schaft. Diese obere, spitzbogige Nische weist eben so, wie die unmittelbar darunter ausgehauene, wohl der Aufnahme des "ewigen" Lichtes dienende kleine spitzbogige Nische, gut sichtbare Dübellöcher auf, die wahrscheinlich von Verschlußelementen für Gitter (?) herrühren.
Den in drei Teile zerbrochenen "Riesenlöffel" brachte man in den Garten des Schloßmuseums Arnstadt, um ihn, im Zuge der Neugestaltung des Museumsgartens geschützt, wieder aufzustellen. Seine Restaurierung und Aufstellung erfolgte am 15. Oktober 1982 durch die Feierabendbrigade unter Leitung von Jürgen Dressel. Das geschah folgendermaßen: Nachdem der etwa 10 Zentner schwere Fuß in den Boden eingelassen war und die entsprechenden Löcher in Fuß und Mittelstück gebohrt waren, verfestigte man vier etwa 1,5cm starke Messingdübel mit Mökotur. Außerdem wurden die noch relativ scharfen Bruchflächen damit bestrichen. Nach der Trockenzeit wurde das Mittelstück mit einem Flaschenzug auf die Dübel im Fuß aufgesetzt und ausgerichtet. Eine Schwierigkeit stellte der Bruch direkt durch die untere kleine Nische dar. Hier war Vorsicht geboten, um bei zu derbem Bohren nicht die etwas schwächere Wandung zu brechen. Mehrere 0,5cm bis 1,0cm starke Messingdübel wurden nach dem bereits genannten Verfahren eingelassen. Danach setzte man die große Nische auf und verkeilte die beim Umfahren ausgebrochenen Stellen zur Gewährleistung der Standsicherheit. Nach angemessener Trockenphase wurde die Verkeilung entfernt und die geringen Fehlstellen ergänzt.
Urkundlich ist über diesen Bildstock, der rechts am Weg von Arnstadt nach Haarhausen stand (Mbl. 3195 Arnstadt O 19,2cm, N 23,2cm), nichts überliefert. Nur indirekt erhalten wir Hinweise auf dieses Denkmal.
Über einen Flurumzug von 1507, der St. Markus-Prozession, schreibt Einicke (S.121f) u.a.: "Wenn man an die erste an Kesselbrunnen befindliche Monstranznische kam, wurde das in ainer Monstranz befindliche Sakrament in diese gesetzt, der vorgeschiebene Kultus dabei beobachtet und dann weiter die Flur umgangen." Es ist anzunehmen, daß es sich bei hier erwähnter Monstranznische um unseren Bildstock handelt. Im Rechtszettelbuch von 1652 (Kreisarchiv Arnstadt Sig. 953-03, S.43b) erscheint dann noch eine Flurbezeichnung "...am Kesselbrun bey dem Langensteine...". Durch die Lageangabe "am Kesselbrun" läßt sich in dem "Langensteine" durchaus der einst an dieser Stelle 2,15m hoch aufragende "Riesenlöffel" vermuten.
Der Name "Riesenlöffel" dürfte erst in der Zeit der Romantik, Anfang des 19.Jh., entstanden sein, da bei der Masse der Bevölkerung in unserer damals protestantischen Gegend die Beziehung zu ehemals katholischen Andachtsmalen verloren gegangen war. In Quellen und Literatur aus der Zeit vor dem 19.Jh. wurde die Bezeichnung "Riesenlöffel" bisher nicht gefunden. Erst Ludwig Bechstein (1823) publizierte, sichtlich beeindruckt von der Schlichtheit dieses Denkmals, ein Märchen mit dem Titel "Der Riesenlöffel"Anm.1
Als Zweiundzwanzigjähriger hatte er gerade seine Apothekerlehre beendet und arbeitete als Gehilfe in der Apotheke "Unter der Galerie" in Arnstadt. Trotz aller Märchen- bzw. sagenhaften Gestaltung des Stoffes vergißt bereits der junge Bechstein nicht, auf seine eigentliche Quelle, nämlich den Volksmund mit seiner unerschöpflichen, bildhaften Phantasie, zu verweisen: "Die dunkle Sage ist längst verhallt, aber ohnweit einer gesunden, kühlenden Quelle, welche der Kesselbrunnen genannt wird, steht noch der hohe Stein, von Alt und Jung im Volke der Riesenlöffel genannt."
Durch praktische Initiative und das Zusammenwirken von staatlichen Einrichtungen und gesellschaftlichen Organisationen, wie der Gesellschaft für Heimatgeschichte und Denkmalpflege im Kulturbund der DDR, kann nun ein so populäres Kleindenkmal, wie der "Riesenlöffel", in alter Schönheit besichtigt werden.

Anmerkungen
1 Für den freundlichen Hinweis auf dieses Märchen danke ich Herrn F. Störzner (Erfurt) recht herzlich.

Literatur:
Bechstein. L.: Der Riesenlöffel. Ein Märchen. Allg. Thür. Vaterlandskunde, Bd. 2 (1823), 7. Stück, S.54. Erfurt.
Einicke, E.: Schwarzburgische Reformationsgsschichte, Bd. I, S.1521-1531, Nordhausen (1904).

(in: Urgeschichte und Heimatforschung, Heft 21, 1994, S.35-37)



Arnstadt (V)

GPS:

Standort: An der Nordwand des nördlichen Seitenschiffes der Liebfrauenkirche.

Größe / Material: 176:82:? / Sandstein

Geschichte: Grabstein dreier Schwestern von Saalfeld um 1400. In der heimatkundlichen Schrift "Aus der Vergangenheit der Stadt Arnstadt" (1995) ist u.a.dazu zu lesen:
Plastisches Tatzenkreuz auf Postament Umschrift in vertieften gotischen Minuskeln, von oben links:
Und•diese•steyne•legn•dry swest•dy•sit•gewest•dyneri•d• •lebn•fruwv•d•zogy•kather•alheid•kather•vo•salfelt.
Dieser Stein wurde 1704 an der östlichen Außenmauer der Liebfrauenkirche mit Klammern befestigt, und erst nach 1842 in die Kirche gebracht. Interessant bei dieser Grabplatte ist der Umstand, dass auch bei ihm die Darstellung eines Kreuzes auf einem Halbbogen stehend zu finden ist. Auch wenn die eigentliche Kreuzdarstellungen bei vergleichbaren anderen Darstellungen (Ottendorf, Sachsen oder Obersynderstedt, Thüringen) aus dieser Epoche unterschiedliches Aussehen haben, ist immer der untere Abschluss ein Halbbogen. Versucht man in einschlägiger Literatur dazu eine Erklärung zu finden erhält man sehr unterschiedliche Erklärungen die im Einzelnen alle einen glaubhaften Inhalt besitzen. Schlussfolgernd sei also hierzu festzustellen, dass es sich bei dieser Symbolik um eine dazumal allgemein bekannte Darstellungsform gehandelt haben muss, die aber heute in ihrer Aussage in Vergessenheit geraten ist.

Sage:

Quellen und Literatur:
Aus der Vergangenheit der Stadt Arnstadt, Heft 5, 1995
recherchiert und bebildert von Jost Häffner, Erfurt (Foto von März 2009)


Sühnekreuze & Mordsteine