Deutschland Thüringen Wartburgkreis

Mihla (I)


Ansicht von Norden

Abbildung bei
Störzner (1984)

Abbildung bei
Riske (1981)

PLZ: 99826

GPS:

Standort: Der Stein steht etwa 4½ km von der Ortsmitte Mihla entfernt am nordöstlichen Rand der Gemarkung im Fordstbezirk "Silbertannen". Man beginnt die Tour von Mihla aus am Propel, nördlicher Orsrand, der Propel ist ein alter Richtplatz - ursprünglich "Brachbühl" genannt. Man folgt nun den gut ausgeschildertem Wanderweg in Richtung "Reckenbühl".
Zunächst geht es etwa 1000m in östlicher Richtung entlang eines kleinen Baches auf den Hainich zu. Der Weg führt nun neben dem Bach in einem schmalen Tal an der ehemaligen Köhlerbaude vorbei zur Harstallswiese mit einem Landwirtschaftlichen Anwesen auf der rechten Seite. Hier befand sich die Wüstung Harstal - ein mittelalterlichen Herrensitz und Herkunftsort des thür. Adelsgeschlechts von Harstall.
Nun folgt man dem Wanderweg zum Reckenbühl und erreicht nach weiteren 2000m das Steinkreuz auf der linken Seite des gut ausgebauten Forstweges.
Hinweis: Sollte man für den Rückweg noch etwas Zeit übrig haben, sollte man unbedingt auch das Reckenbühl besichtigen, hier stand eine vom Eisenacher Katharinenkloster betreute hochmittelalterliche Klause die wohl erst im 30-jährigen Krieg aufgegeben wurde.

Größe / Material: 98:27:18 / Kalkstein

Geschichte: Der Ritter-Kreuzstein steht schon in der Kammerforster Gemarkung. Weil die vorangegangenen Inventarwerke von Riske (1981) und Störzner (1984) eine Zuordnung unter Mihla wählten, wurde diese hier beibehalten, obwohl sie nicht korrekt ist.

Benennung: "Ritterkreuz". Gedenkstein für den verunglückten Ludwig Ritter, errichtet 1862 oder kurz danach.
Steinblock mit viereckigem Querschnitt und leicht nach außen gewölbtem Scheitel. Darauf ist ein griechisches Kreuz aufgesetzt, das seitlich - beidseitig zurückgesetzt - durch Halbbögen auf dem Block abgestützt wird. Scharfkantig.
Eingeritzt auf der Südsüdostseite:
LUDWIG
RITTER
ERSCHLA
GEN DEN
14 NOVBR
1862
Darunter eingeritzt: Zwei gekreuzt schrägliegende, lateinische Kreuze. Darunter eingeritzt: NS. Eingeritzt auf der Nordnordwestseite:
DURCH
EINEN
BAUM
Darunter eingeritzt: Kleines, gleichschenkliges Kreuz. Darunter CS. Stärkere oberflächliche Verwitterung, dadurch besonders Inschrift beeinträchtigt. (Störzner 1984)

Nr.77. Mihla, Hainich. "Ritterkreuz"
Diese Rarität finden wir im Hainich in der Nähe der unter Naturschutz stehenden "Silbertannen". Es ist ein Unfallmal. Es ist 98cm hoch, 27cm breit und 18cm stark und aus Kalkstein angefertigt.
Es ist anzunehmen, daß bei diesem Unfallmal das etwa 500m entfernt beim Forstort Reckenbühl stehende "Schützkreuz" von 1640 als Vorbild genommen wurde, denn hier befindet sich die Inschrift: "Curt Schuze erschossen" und die Jahreszahl. Die Rückseite ist ebenfalls beschriftet, aber nicht mehr lesbar: "Just Michel, ...Schu..."
Wegen seiner eigentümlichen Ausführung wurde das Ritterkreuz in die Liste der unter Denkmalschutz stehenden Objekte aufgenommen. Ein weiterer Unfallstein befand sich seit 1933 ausgangs der ersten Kurve vom Vachaer Stein nach Eisenach. Es war eine kleine Felsplatte, auf der 3 Kreuze und ein Name eingehauen waren. Seit der Straßenerneuerung 1978 ist er verschwunden. (Riske 1981)

Sage:

Quellen und Literatur:
Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.43, Nr.517
Riske, Erwin - Steinkreuze und artverwandte Flurdenkmale im Kreis Eisenach, Eisenacher Schriften zur Heimatkunde, Heft 14, 1981, Nr.17
Störzner, Frank - Steinkreuze in Thüringen / Inventar Bezirk Erfurt, 1984, Nr.47
recherchiert und bebildert von Manfred Beck, Wutha-Farnroda



verschwundesnes SteinkreuzMihla (II)


Einzeichnung auf
einer topogr.Karte
a. d. 1980er Jahren

Reste einer
Beschilderung?

GPS: N 51° 5.948', O 10° 22.783'

Standort: Zunächst folgt man der Wegbeschreibung zum Ritterkreuz. Man folgt nun den Weg weiter in Richtung Reckenbühl bis man von rechts eine Schneise mit Gasleitungsmarkierung bemerkt, gleichzeitig ist eine Art schmale Wiese beidseits des Weges erreicht.
Man folgt nun der Schneise quer über die Haardt ca. 600m bis die Schneise den Hainichrennsteig (Schotterweg) schneidet und talwärts nach Westen abbiegt. Man geht unter Wald - ca. 30m vom Schneisenrand entfernt talabwärts und erreicht so nach ca. 30m den ersten Grenzstein. Nun geht es rechts an der Böschungskante entlang, hier führt auch der alte Grenzweg entlang, er ist zwar etwas verwachsen, führt aber sicher zum Ziel. Man benutzt nach ca. 80m den ersten abwärts führenden Forstweg zum Hochsitz mit dem Steinkreuzrest, ca. 100m von der Grenzsteinlinie entfernt.

Größe / Material:

Geschichte: Der gesuchte Stein stand an einer Forstwegekreuzung - siehe Kartenausschnitt, exakt an dieser Position befindet sich heute eine Buche mit dem benachbarten Hochstand. An dieser Buche befindet sich an der Ostseite eine pfeilförmige Einritzung, der Pfeil zeigt auf den Wurzelstock und den darin befindlichen Steinrest. Im Bild ist der etwa 15x20cm messende Steinrest markiert, möglicherweise hat der wachsende Baum den Stein zerbrochen, der abgebrochene Teil wurde von Unbekannt aufgenommen und entfernt.
Im September 2007 wurde eine Standortbegehung durchgeführt. Der Standort ist relativ leicht zu lokalisieren, denn nördlich, in unmittelbarer Nähe verläuft auch die Gemarkungsgrenze zwischen Mihla und dem Waldbezirk Kammerforst (Flur Reckenbühl), bis 1919 zugleich Landesgrenze: SWE / KP; dann Kreisgrenze: Eisenach - Langensalza; heute Kreisgrenze WAK - UH. Diese Grenzlinie ist durch die vorhandene Topographie - Hangkante - vor allem aber durch zahlreiche markante Grenzsteine gut im Gelände zu verfolgen.
Der zugehörige Forstort ist die Haardt, der Stein stand in Hanglage im Südhang unmittelbar im Kreuzungsbereich zweier Forstwege (zur Zeit eingewachsen).
Der Stein wurde anscheinend bei der topographischen Landesaufnahme in den 80er Jahren von den Geometern eingemessen und in die amtliche topographische Karte TK10 "Ausgabe Volkswirtschaft" eingetragen. Kartenmaterial - insbesondere von Grenzgebieten und Militärgelände waren in der DDR geheim, entsprechende Flächen wurden großzügig aus dem Kartenbild ausgespart, das heißt als weißer Fleck belassen. In älteren Kartenmaterialien (Messtischblätter TK25 Blatt Mihla / Blatt Oberdorla) wurde der Stein auch nicht dargestellt, er war da möglicherweise noch unbekannt; kurioserweise sitzt der Standort exakt auf der Schnittlinie dieser beiden Kartenblätter.
Über dem in den Baum eingeschnitzten Pfeil sind die Reste von zwei Schrauben von einer quadratischen Gummischeibe zu erkennen, wie sie häufig von E. Riske (†) in den 80er Jahren bei der Ausschilderung der Bodendenkmale im Altkreis Eisenach verwendet wurde. Als Kreisbodendenkmalpfleger hatte Herr Riske möglicherweise auch Möglichkeiten, um kontrolliert militärisches Übungsgebiet zu betreten, was sonst strikt verboten war und was u.a. eine Erklärung für das völlige Vergessen dieses Steines in der Mihlaer Bevölkerung sein könnte. Der Standort befindet sich im Nahbereich der ehemaligen NVA-Militärobjekte "Harsberg" und "Schießplatz Weberstedt".
Erwin Riske hat 1981 in seiner Publikation "Steinkreuze und artverwandte Flurdenkmale im Kreis Eisenach" alle ihm bis zum Redaktionsschluß bekannten Hinweise auf ehemals vorhandene Steinkreuze verwendet und publiziert. Daraus lässt sich mglw. ableiten, das der Stein erst nach seiner Publikation gefunden wurde und das Riske seinen Wissenszuwachs bis zu seinem überraschenden Tot nicht mehr an einen Nachfolger weitergeben konnte.
Zwar gibt es anscheinend keinen direkten literarischen Beleg auf den Stein, hierzu findet sich aber eine Begebenheit aus dem Dreißigjährigen Krieg:

Ein dramatisches Geschehen um das Reckenbühl ist vom Dreißigjährigen Krieg überliefert: Am 14. September 1632 überfielen mehrere marodierende Söldner das einsame Forsthaus, um die dortigen Pferde zu stehlen. Der Anschlag mißlang jedoch, denn die Bewohner setzten sich heftig zur Wehr. In einem Feuergefecht wurden die Räuber zersprengt, ein Söldner getötet und ein weiterer schwer verwundet. Er konnte jedoch noch flüchten und wurde von Mihlaer Bauern im Tal aufgefunden, auf einen Bäckerkarren geladen und in die "Schwarze Herberge" gebracht.
Im Kirchenbuch vermerkte der Mihlaer Pfarrer: "...nannte sich Heinrich Stauer aus Heinsam im Braunschweiger Land ... war verbunden worden und in folgender Nacht gestorben. Ward mit christlichen Ceremonien begraben, weil er unserer Confessio. Und ohn Unterlaß in seinen schmerzen Gott und den Namen Jesum angerufen."
Aus jener Zeit wurden bis in unsere Tage hinein Sagen von Generation zu Generation weitergegeben, die von Räubern und Gesindel im Hainichwald berichten (nach Rainer Lämmerhirt).
Heute erinnern nur noch einige Haustrümmer, umgeben von Wiesen, an das einstige Forsthaus Reckenbühl. Es diente bis 1945 als Forsthaus und war dann noch bis 1968 bewohnt. Seitdem wurde es nicht mehr genutzt und verfiel zusehends. Neben den heimatgeschichtlichen Eindrücken findet der Wanderer hier ein idyllisches Fleckchen Erde mit beschaulicher Ruhe. Auch H. Gutbier war 1894 von diesem Umfeld beeindruckt: "Alte Fichten halten die Wacht. Unter der starken Eiche ein klarer Brunnen... ". (Rockstuhl / Störzner 1998)

Es erscheint somit ziemlich wahrscheinlich, dass der damals getötete Söldner auf dem Weg in Richtung Mihla - entspricht der Fundsituation - mglw. an Ort und Stelle beerdigt wurde. In unmittelbarer Nachbarschaft der Buche fiel mir noch ein Lesesteinhaufen von ca. 3x1m auf, dieser Platz entspricht ganz dem Schema eines "Toten Mann" er müsste noch näher untersucht werden, wozu der Spätherbst aber geeigneter erscheint.

Sage:

Quellen und Literatur:
Rockstuhl, H. / Störzner, F. - Hainich Geschichtsbuch. Geschichte und Geschichtszeugen eines Naturerbes in Thüringen, 1998, S.54
recherchiert und bebildert von Manfred Beck, Wutha-Farnroda


Sühnekreuze & Mordsteine